Unberührte Rabca (Reichert 1990)

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Unberührte Rabca


Diesen Text verfasste Werner Reichert im Jahre 1990. Er ist in der DDR-Zeitschrift "Der Kanusport" erschienen.


Geboren wurde der Gedanke, die Rábca zu befahren, an einem Ruhetag der 1989er "Rába-Fahrt" am abendlichen Kessel-Gulasch-Lagerfeuer. Die Rábca, ein Fluss in Nordwestungarn von ca. 150 km Länge, fließt parallel zur Rába und mündet gleich ihr in Győr in die Mosoni-Donau.

Győr war auch der Ausgangspunkt einer kleinen Gruppe, aber immerhin aus drei verschiedenen Ländern kommend, die sich Mitte Juli vergangenen Jahres aufmachte zu ihrer Erstbefahrung dieses wenig bekannten ungarischen Flusses. Mit PKW und "Dachgepäck" ging es zunächst auf der Europastraße 5 in nördlicher Richtung. Fünf km außerhalb Győrs bogen wir in westlicher Richtung auf die 85 nach Csorna ob. Bei Enese verließen wir die Hauptstraße 85, um auf einer "Nebenstraße" (vergleichbar mit den besten Teilabschnitten unserer DDR-Autobahn) nordwärts in Richtung Lébénymiklós durch idyllische Dörfer und reizvolle Landschaften zu fahren, nur einmal unterbrochen durch eine große Rindviehherde, die beim gemächlichen Überkreuzen der vorher spiegelblanken Straße leider auch große grüne Spuren hinterließ.

An einer Brücke, kurz hinter Győrsövényház, fanden wir dann einen günstigen Platz, die Boote abzuladen und zu (Rábca)Wasser zu lassen. Ungarische, in den PKW mitgefahrene Sportfreunde vom jederzeit gastfreundlichem Kanu-Klub "RABA-TEX", brachten dann die Wagen nach Győr zurück, wir übrigen nahmen die zügig fließende, aber nicht Wildwasser bedeutende Rábca in Angriff.

Und wie der Titel dieses Berichtes schon aussagt, um uns und vor uns war unberührte Natur. Klares, chemikalienfreies Wasser, leider aber stellenweise reichlich Entengrütze. Nach etwa einstündiger Fahrt begegnen wir dem ersten Einheimischen, einem Angler mit seinem Taplizo, einem in diesem Gebiet gebräuchlichen eigenartigen Hebenetz zum Fangen der Köder.

Als Tiefbaukanute, die ja bekannt sind als Kilometerschrupper, musste ich mich allerdings dieser mehr Naturfreundekanuten zugehörigen Gruppe anpassen, denen es statt der Kilometer doch mehr um die Beachtung der Natur, von Fischreihern und vieler mir leider unbekannten Vogelarten ging.

Etwa zur Hälfte der etwa 30 bis 35 km langen Fahrt machten wir Rast, verbunden mit der Besichtigung eines alten, sehr interessanten Pumpenwerkes, einstmals gedacht zum Überpumpen des Hochwassers in einen Nebenkanal der Rábca. Erbaut 1889, lesen wir auf einer der alten Pumpenanlagen. Also ein Exemplar noch aus der alten k.u.k.-Zeit und ein hundertjähriges Jubiläumsstück dazu. Aber zum Feiern fehlt es in dieser Gegend an Leuten, und auch auf dem Gelände der alten Pumpstation ist niemand zu sehen. Geistertechnik inmitten unberührter Natur.

Nach kurzer Rast geht es weiter. Wenig Windungen hat der Fluss. Kanalartig könnte er wirken, wären seine Ufer nicht von so saftigem Grün und voller wilder Sträucher und Bäume.

Gegen Ende der Fahrt bahnt sich so etwas wie ein Flussdelta an. Eine Eisenbahnbrücke überquert die Rábca, auf ihr ein Zug voller Menschen, die ersten nach dem Angler und nach vierstündiger Fahrt.

Leider mündet die Rábca nicht wie die Rába direkt in die Mosoni-Donau. Ein Überleitungsrohrsystem versperrt uns die Weiterfahrt, und es gibt ganz zum Schluss noch eine Umtrage, und wir werden wieder nach wunderschönen Stunden der Geruhsamkeit in der Natur von der Donau und vom Menschenstrom "Hungaria-Tourist" aufgenommen.


Quelle

Dieser Artikel stammt von Werner Reichert, Schulzendorf, und erschien in der Zeitschrift "Der Kanusport, Mitteilungsblatt des Deutschen Kanu-Sport-Verbandes der Deutschen Demokratischen Republik", 37. Jahrgang 3/1990, S. 16.

Der Text wurde aus der Zeitschrift übertragen, dabei wurde die neue deutsche Rechtschreibung berücksichtigt und die Schreibweise der Ortsnamen dem ungarischen Schriftbild angeglichen. Eine Aktualisierung der Fakten des Berichts auf heutigen Stand (eventuelle Einschränkungen durch nach 1990 eingerichteten Fertő-Hanság-Nationalpark usw.) wurde nicht durchgeführt. Neue Fahrtberichte der letzten Jahre werden gerne entgegengenommen!

Vielen Dank an Werner Reichert für seine Genehmigung zur Veröffentlichung im Faltbootwiki.


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