Severn

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Allgemeines

Der Severn ist mit 354 km der längste Fluß Großbritanniens und durchläuft Wales und Ostengland. Er entspringt in 613 m Höhe am Höhenzug Plynlimon (Pumlumon Fawr) der Cambrian Mountains und mündet südlich von Gloucester in den Gezeitentrichter des Bristol Channel. Seine mittlere Wasserführung beträgt 107,12 m³/s (Reihe 1996-2003). Ab Brigdnorth (16 miles bzw. 26 km westlich von Birmingham) ist der Severn schiffbar, allerdings gibt es keine Berufsschiffahrt mehr.

Wie auch Themse und Wye, ist der Severn einer der britischen Flüsse, die ohne Genehmigung gepaddelt werden dürfen. Zwischen Stourport und Gloucester herrscht Frachtschiffverkehr (Wellen!) Ein Gezeitensperrwerk (Upper Lode Lock) steht kurz unterhalb der Mündung des Avon, zwischen Tewkesbury und Deerhurst; ab hier herrscht auf den letzen 20 km die Tide. Das Befahren des Severn für kleine Boote ist nur bis Gloucester erlaubt (wo man in den Gloucester & Berkeley Channel einbiegen kann, der entlang der Flußmündung bis Sharpness weiterführt). Unterhalb Gloucester ist das Befahren des Severn und seines Mündungstrichters für Sportboote verboten.

Der Severn ist über mehrere Kanäle mit dem mittelenglischen Kanalsystem verbunden. Daher werden Kanäle und Fluß oft von umgebauten alten Frachtkähnen, den "Narrowboats", befahren, die man mieten kann.

Da das Einzugsgebiet des Severn, ebenso wie das des Wye, in den regenreichen Cambrian Mountains wurzelt, wird der Fluß im Winter und Frühjahr oft von starken Hochwassern betroffen. Mitunter steigen sie auch über die Kante des Hochufers: Im Nov./Dez. 2000 stand das Wasser im Museum of The Gorge in Ironbridge 2,20 m hoch unter Wasser (4,20 m über Normalpegel), 1998 1,30 m (3,30 m über Normalpegel). Das ist jedoch wenig gegenüber dem Dez. 1795, als mit 5,50 m über Normalpegel das ganze Erdgeschoß der Halle in den Fluten versank! Der Pegel des Ober- und Mittellaufs kann über Telefon abgerufen werden: 0891 / 12 26 33.

Sehr sehenswert ist das Tal rund um Ironbridge, das eiszeitliche Schmelzwasser vor 15.000 Jahren in das Gestein schnitten. Ironbrigde selbst ist der Ort, von dem ab 1750 die industrielle Revolution in England ausging. Jedem Paddler wird dies durch die namengebende Eisenbrücke deutlich, die sich seit 1779 über den Fluß spannt und als erste ihrer Art ein Pionierbau ist. Die Industriewerke jener Zeit sind jetzt Freilichtmuseum und zählen zusammen mit der Brücke zum UNESCO-Weltkulturerbe. Ein Anlegen am Ruderclub und mindestens ein Tag Aufenthalt sind jedem Technikliebhaber angeraten, das Eisengießen in der nachgebauten "Victorian Town" und ein Besuch des "Tar Tunnel" mit seinem natürlichen Bitumenbecken lohnen sich!

Auf vielen Strecken begleiten Hochufer den Fluß. Deshalb entgehen viele Landschaftsbilder den Blicken des Paddlers. Schöner soll der Avon River sein, der kurz oberhalb des Gezeitensperrwerkes bei Tewkesbury in den Severn mündet; er hat flachere Ufer mit Landschaftsblick und ist ebenso wie der Severn für Motorsportboote freigegeben. Der DKV-Führer läßt freies Avon-Paddeln ab Stratford zu, wenn man eine Plakette der British Canoe Union am Boot hat (Näheres zum durch Northamptonshire fließenden Avon siehe DKV-Auslandsführer Großbritannien und Irland 1997, S. 119 ff.)

Bis Anfang April ist der Severn einsam zu paddeln. Zwischen Ende April und Ende Juni fahren einige wenige Motorboote. Die Hochsaison mit mittlerem Sport- und Motorbootverkehr dauert von der letzten Juliwoche bis Ende August. Zwischen Anfang September und Ende Oktober herrscht Nachsaison bei geringem Touristenaufkommen.

Im 19. Jh. war der Severn durch das Abwasser der angrenzenden Industriezentren (Shrewsbury, Ironbridge, Worchester) stark mit Schwefel-, Aluminium-, Chlor- und Eisenverbindungen verseucht. Vor der Einführung von Wasserwerken in der 2. Hälfte des 19. Jh. starben Tausende durch schmutziges Trinkwasser an Cholera. (Wie die Arbeiter damals leben mußten, kann man in Friedrich Engel's Buch "Die Lage der arbeitenden Klasse in England" nachlesen, der in seinem Erstling 1845 das Elend im nahen Manchester beschrieb.) Mit dem Zusammenbruch der alten Industrie und der Errichtung von Klärwerken ist das Severn-Wasser jetzt relativ klar. Im Juni 2010 führte er bei Ironbrigde trübes, schwach modrig riechendes Wasser, was man mit Schwebstoffen erklärte, die vorheriger starker Regen aus den Bergen in Wales gewaschen hatte ("the river carries silt"). Man spürt den Stolz auf die Leistung, wenn der Severn heute als einer der fischreichsten Flüsse Englands gepriesen wird. Zahlreiche Angler stippen im Oberlauf auf Bachforellen und Äschen, Wehren auf Lachse, im Mittellauf auf Barben, Döbel und Plötzen.

Vor der Erfindung der Eisenbahn war der Severn eine der wichtigsten Verkehrsadern Großbritanniens und auf 160 Meilen (260 km) bis hinauf nach Welshpool schiffbar; stromauf wurden die Kähne von Pferden gezogen, deren Treidelpfad auf manchen Strecken erhalten ist. Allerdings hinderten winterliches Hoch- und sommerliches Niedrigwasser die Fahrt beträchtlich. Mit dem Ausbau des Eisenbahnnetzes ab 1840 löste der schnellere und zuverlässige Schienenweg die Severnschifffahrt ab. Die Korakelrennen der Enthusiasten sind aber geblieben und werden jährlich am August Bank Holiday als "Annual Coracle Regatta" von Ironbridge ab ausgetragen (Infos in englisch unter Tel. 01952 / 432769). Korakel sind leicht gebaute Anglerboote, die wie ein Rucksack auf den Schultern getragen werden können und in der Urform mindestens seit der Bronzezeit bekannt sind (mancher dürfte sie durch den Freizeitpaddler Robert L. Stevenson kennen, der ein Korakel in seinem Roman "Die Schatzinsel" eine abenteuerliche Rolle spielen läßt.) Die letzten Exemplare fuhren noch nach dem Krieg auf dem Severn und sind heute im Museum of The Gorge in Ironbridge zu besichtigen.

Es herrscht kräftige Strömung, vereinzelt liegen leichte Schwälle oder Steine im Wasser. Treibgut früherer Hochwasser hing in Ironbridge 5 m über dem Wasserspiegel im Gestrüpp, 1 m über der Kante des Hochufers.

Einsetzen in Ironbridge am Ruderclub am oberen Ende des Riverside-Parks, kurz hinter der Albert-Edward-Brücke gegenüber den Kühltürmen des Kraftwerks (Stufen ins Wasser), 500 m oberhalb der namengebenden Eisenbrücke gelegen. Eine weitere Möglichkeit besteht an der Sandbank vor dem Museum of The Gorge. Anlegen ist am Gelände des Tar-Tunnels (China Museum) möglich (hinter der Straßenbrücke am rechten Ufer).

Ein Problem dürften weniger die Einsetzpunkte als die fehlenden Übernachtungsmöglichkeiten (Ruderclubs, Campingplätze) bilden. Auch der Bootsverleih in Ironbridge bietet nur Tagestouren an.

Ein Public Footpath verläuft am Südufer.

Der Fluß trägt keine Kilometrierung am Ufer. Der Pegel von Ironbridge steht in Buildwas, 2 km stromauf, auf 36 m ü. NN.

Für das Paddeln wird die zeitweilige Mitgliedschaft in der Britischen Kanu-Union empfohlen.

Für weitere Infos zum Land und den Gegebenheiten britischen Paddelns siehe den Artikel Großbritannien.


Die Flutbrandung des Severn

In den Mündungstrichtern mancher britischer Flüsse kann bei einströmender Flut der Pegel durch eine Bore bzw. Gezeitenwelle (engl. tidal bore) ruckartig ansteigen. Bei diesen Flüssen kommt die Flut nicht allmählich, sondern durch einen einmaligen raschen Pegelanstieg, der von großen Wellen gefolgt ist, die kürzere oder längere Zeit anhalten. Mitunter fehlt der rasche Anstieg, und die Flut bricht nur mit mehreren starken Wellen ein ("Flutbrandung"). Schwache Boren sehen so aus, doch gibt es auch größere.

Die Bore des in den Bristolkanal mündenden Severn (Tidenhub (tidal range) an der Mündung 13 bis 15 m) ist stark genug, um gekenterte Schwimmer zu gefährden. SAGER (1987) zitiert dazu das Seehandbuch: "Die Bore beginnt gewöhnlich 2 Seemeilen unterhalb Sharpness, bildet aber zuerst eine zusammenhängende Welle von Ufer zu Ufer bei Longney, 9 Seemeilen oberhalb Gloucester (d.h. 5 miles/8 km südwestlich der Stadt). Dort läuft sie mit gewaltigem Geräusch flußaufwärts, ihre Vorderkante ist 1,2 bis 1,5 m hoch. Die Bore ist am höchsten bei der fünften Tide nach Voll- und Neumond. Ihre Geschwindigkeit beträgt anfangs 3 3/4 Seemeilen (7 km/h), wächst allmählich an auf 13 3/4 Seemeilen (25 km/h) bei Rosemary, dann nimmt sie wieder ab. Die Bore soll für Boote nicht gefährlich sein, die in der Mitte des Flusses liegen. Man rudert oft Boote in die Mitte des Flusses, wenn die Bore herankommt, und hält dann den Kopf auf die Welle. Wenn die Boote am Lande nicht festgemacht sind, können sie überschwemmt oder zerschlagen werden, da die Welle längs der Ufer sehr stark brandet. In der Flußmitte jedoch ist die Welle, falls sie nicht durch Untiefen behindert wird, eine einfache Wasserhebung mit glatter Oberfläche."

Zur Severn-Bore gibt es eine eigene Webseite. In voller Stärke tritt sie nur etwa viermal im Jahr auf, kleinere Boren sind jedoch häufig. Unterhalb Gloucester ist das Befahren des Severn deshalb nicht erlaubt, nicht nur der Bore, sondern auch des Tidenhubs und der nicht beherrschbaren Gezeitenströmung wegen.


Für Schiffsfreunde noch eine Meldung zum Mündungsbereich des Severn:

Kein Schutz für Schiffsfriedhof auf Severn River

(19.10.08) Auf den Bänken des Severn River dämmern seit Jahrzehnten die sogenannten Purton Hulks vor sich hin. Die Wracks erstrecken sich auf eineinhalb Meilen Länge und sollten der Erosion der Flussufer entgegenwirken. Nach Meinung örtlicher Historiker sind die Wracks zwar nicht mit der "Mary Rose" vergleichbar, doch sind dennoch geschichtliche Zeugnisse. Es handele sich um den größten Schiffsfriedhof Englands, sei aber leider bislang nicht unter Schutz gestellt. Zwischen 1909 und 1963 wurden rund 80 Schiffe in Purton auf Grund gesetzt. Vorausgegangen war ein massiver Landverlust zwischen dem Fluss und dem parallel laufenden Gloucester Canal. Danach wurden örtliche Schiffseigner gebeten, alte ausrangierte Boote auf Grund zu setzen, um die Bresche zu schließen. Schiffe wurden herangeschleppt und vor der Flut losgeworfen, sodass sie in die Bank trieben. Bei fallendem Wasser wurden die Rümpfe angebohrt und füllten sich erst mit Wasser, dann auch mit Schlick und Sand. Die Methode hatte Erfolg: Wo einst eine schmale Flussbank war, erstreckt sich jetzt Grasland. Die darin eingebetteten Wracks ziehen Historiker und Schiffsliebhaber an. Von einigen sind nur einige Planken sichtbar, andere sind ganz unter Gras verschwunden. Von dem 127 Fuß langen Schoner "Katherine Ellen", der 1921 wegen Waffenschmuggels für die IRA beschlagnahmt wurde, blieb nur eine Bilgenpumpe. Intakter ist die "Harriet", eine Kennet-Canal-Barge. Der Name ist noch am Heck erkennbar. Die "Edith" wurde 1963 auf Grund gesetzt, ein Arbeitsschiff speziell für diesen Fluss, der die zweithöchste Tide der Welt hat. Die imposantesten Relikte sind jene der Betonbargen, große Leichter, die im 2. Weltkrieg in Zeiten des Stahlmangels erbaut wurden. Sie waren Vorläufer der Pontons, die zur Invasion in der Normandie 1944 eingesetzt wurden. 19 der Wracks sind mit Plaketten versehen, die auf ihre Identität hinweisen. Es gibt auch geführte Touren über den Schiffsfriedhof. Doch das historische Erbe ist gefährdet, entweder durch Souvenirjäger oder Vandalismus. Bootsplanken wurden in der Vergangenheit einfach verfeuert oder Wrackreste vorsätzlich in Brand gesetzt. Ein Appell, das Wrackfeld als English Heritage zu schützen, wurde abgelehnt in diesem Jahr. Ein Wrack im Meer kann durch den Wreck Act geschützt werden, und es gibt Schutzgesetze fürs Land. Doch auf dem Vorland greift kein Schutzgesetz. Für 2010 wird die Marine Bill erwartet, die eine weitere Chance bieten könnte. Bis dahin aber werden die Wracks weiter verfallen und anders als die "Cutty Sark" oder "Mary Rose" finanziell unterstützt werden - ihr Wert für die Seegeschichte ist aber wohl vergleichbar, nur weniger spektakulär.

QUELLE: http://www.esys.org/news/sos_0810.html , sich auf http://www.esys.org/buecher/tip_0404.html berufend


Fahrtberichte


Weblinks


Literatur

  • DKV-Auslandsführer Band 8: "Großbritannien, Irland". DKV-Wirtschafts- und Verlags-GmbH Duisburg, 1. Auflage 1997, ISBN 3-924580-55-3, S. 114 (Beschreibung des Flusses mit Kilometrierung und Hinweise zur Befahrbarkeit.)
  • Severn, Avon and Birmingham. HarperCollins Publishers Glasgow 2009, ISBN 978-0-00-728161-9 (Wassersportführer für die Kanäle und Wasserwege um Birmingham und den River Severn auf Basis topographischer Karten 1:30.000: River Avon, Birmingham Canal Navigations (Main Line), Droitwich Canal, Gloucester & Sharpness Canal and the River Severn, Staffordshire & Worcestershire Canal, Stourbridge and Dudley Canals, Stratford-on-Avon Canal, Worcester & Birmingham Canal.)
  • Staffordshire & Worchestershire Canal with the River Severn and the Glouchester & Sharpness Canal. Flußkarte von GEOprojects Ltd. Reading, ISBN 9780863511776 (Die Karte zum Fluß! Hier sind im Maßstab 1:60.000 von Stourport an Sehenswürdigkeiten, Wassersportclubs und alle Schleusen eingetragen. Vermutlich deckt die Karte auch den Oberlauf oberhalb der Schiffbarkeit ab.)


Artikel in Paddelzeitschriften

Siehe auch


Kanu-Sport

  • Breska, Sigrid v.: Paddeln in Großbritannien - gar nicht so einfach. "Kanu-Sport" 5/1996, S. 213-215


Kanumagazin

  • hier steht noch nichts


Kajak-Magazin

  • Koch, Gabriele: Die Britischen Inseln - Paddeln mit Hindernissen. "Kajak-Magazin" 5/2010 (Sept./Okt. 2010), S. 32-35



Quellen

  • Murphy, Michael & Laura: The Natural Waterways of Great Britain. A Traveller's Guide to Rental Boating. Interlink Books New York / Northampton 2000, ISBN 1-56656-346-1, S. 153 ff. (Kurze Beschreibung der Themse für Freizeitkapitäne, die ein Motor- oder Narrowboot mieten wollen. Von hier stammen die Angaben zur Saisonlänge und zum Avon.)