Südkarpaten-Kajaktour '74 (Meyner 1975)

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Süd-Karpaten-Kajak-Tour '74

Horst Meyner, Altenburg, berichtet in Wort und Bild über eine Expedition ins "Wildwasser-Neuland"


Die Veröffentlichung eines Berichtes österreichischer Kajakfahrer aus dem Jahre 1971 (s. Kanusport Heft 1/72) gab den ausschlaggebenden Anstoß zur Durchführung eines ähnlichen Unternehmens. Der Gedanke dazu bestand schon länger, und die Voraussetzungen waren gegeben.

So konnten wir im Mai/Juni 1974 mit sechs Personen als Sportler des DKSV der DDR unsere Erkundungen in Rumänien durchführen. Neben den von den Österreichern bereits gefahrenen Flüssen brachte die Gruppe zusätzlich eine Anzahl neuer Strecken und Flüsse in ihren Fahrtenbüchern mit nach Hause. Über die Vorbereitungen, die territorialen Besonderheiten, die Ergebnisse und Erkenntnisse dieser Fahrt soll berichtet werden. Bewusst wird auf Wiederholungen aus der vorliegenden Beschreibung verzichtet. Wir vertreten die Meinung, dass jeder Interessierte sich diese beschaffen kann. Darüber hinaus sind die Teilnehmer gern bereit, in speziellen Fällen mit Rat und Hinweisen zukünftige Unternehmungen zu unterstützen.

Unterwegs in den Südkarpaten waren die Sportfreunde Christine und Wolfgang Belz, Dietmar Groß, Christine und Peter Rudolph von der BSG Motor Textima Schönau und Horst Meyner von der BSG Lokomotive Altenburg.


Vorbereitungen

Die Vorbereitungen begannen bereits im Winter 1973/74 mit dem Bau neuer Boote, und, nachdem die allerdings geringe Schneeschmelze eingetreten war , mit der Befahrung einer Vielzahl von Wildflüssen in der DDR und der ČSSR mit steigenden Schwierigkeitsgraden. Da die Teilnehmer zum überwiegenden Teil aus der Kanutouristik kamen, galt es, die Technik zu vervollkommnen und entsprechende Erfahrungen auf echten, schweren Wildflüssen zu sammeln. So wurden u. a. Pressnitz, Schwarze Pockau, Schwarzwasser, Otava, Vydra, Iser, Kamenice und Elbe bei guten Wasserständen teilweise mehrfach befahren. Als positiv war einzuschätzen, dass alle Beteiligten über einige Klettererfahrung verfügten, die bei eventuellen Zwischenfällen von großem Wert gewesen wäre. Schwierigkeiten bei der Beschaffung von Reisepapieren gab es erwartungsgemäß nicht.

Bei der Zusammensetzung der Gruppe spielten die Transportprobleme eine nicht untergeordnete Rolle. Mit einem Trabant können auf großer Strecke ohne wesentliche Behinderung zwei Boote transportiert werden. Da auch in Rumänien die Transportfrage mit eigenen Fahrzeugen gelöst werden sollte, wurde davon ausgegangen, dass zur Erkundung der einzelnen Flüsse zwei Pkw mit je drei Personen und drei Booten ausreichen. Der dritte Wagen bleibt inzwischen unterwegs, an der voraussichtlichen Aussetzstelle, stehen. Mit ihm können die beiden anderen Fahrzeuge leicht nachgeholt werden.

Da nur Pkw "Trabant" zur Verfügung standen, ergab es sich, dass sechs Personen in drei Autos als günstigste Variante angesehen wurden. Optimal dürfte allerdings ein Kleinbus sein, der von einem "Film- und Fotomann" gefahren werden sollte.

Kartenmaterial gab es so gut wie keines. Universelle Stützen waren der Straßenatlas von Rumänien im Maßstab 1:500.000 und die Touristenkarte1:850.000. Die in der Gestaltung wesentlich bessere Karte des rumänischen Reisebüros stand leider nicht zur Verfügung.

Detailkarten der einzelnen Gebiete gibt es im Handel nicht. Aus dem Kletter- und Wanderführer "Munţii Retezat" wurde eine Fotokopie der Karte des Retezat einschließlich des Râul Mare angefertigt. Alles in allem waren die Unterlagen dürftig, jedoch ausreichend , sofern man sich auf den Hauptstraßen bewegte. Abseits davon musste das eigene Orientierungsvermögen helfen.


Kfz-Probleme

Für Trabant, Wartburg und Moskwitsch gibt es in Rumänien Servicestationen. Ihre Entfernungen zueinander betragen durchschnittlich 70 bis 100 km. Die Tankstellen liegen in der Regel rund 50 km auseinander. Ihre Öffnungszeiten sind denen bei uns ähnlich, sonntags ist geöffnet. Mit dem Kraftstoff OZ kamen wir gut zurecht. Schwierigkeiten gab es lediglich mit dem Öl und dem Mischen. Ölsorten sind nicht klar zu trennen, das führte zu einem chronischen Kerzensterben. Nach Beendigung der Fahrt fanden wir in der Zeitschrift "Der deutsche Straßenverkehr" Heft 6/74 folgende Tabelle:

  • Bulgarien: Kraftstoff Benzin OZ 88, Motorenöl LT - 2 T, Getriebeöl M 10 C
  • ČSSR: Kraftstoff Spezial MOZ 86, Motorenöl M 2 T, Getriebeöl PP 80
  • Polen: Kraftstoff Benzin MOZ 94, Motorenöl Mixol, Getriebeöl Hipol 10 oder 20
  • Rumänien: Kraftstoff Premium 98 CO, Motorenöl M 40, Getriebeöl T 90 EP 2
  • Ungarn: Kraftstoff Normalbenzin E 86, Motorenöl Arol 2 T, Getriebeöl C 80
  • UdSSR: Kraftstoff Benzin A 98, Motorenöl Asp 10


Wir empfehlen, kein Öl mitzunehmen, der Trabant ist außerordentlich robust und hat von 1:20 bis 1:50 alles vertragen. Unerlässlich dagegen ist ein 20 l Reservekanister. Die wichtigsten Ersatzteile sollte man unbedingt mitführen, da diese neben der schwierigen Beschaffung auch sehr teuer sind. Für "Geländefahrten" empfiehlt sich ein Auspuffkrümmer und eine Federhauptlage vorn im Gepäck, ferner natürlich das ganze "Kleinzeug" wie Schlauchbänder, Unterbrecher usw.

Bei mehreren Fahrzeugen gleichen Typs können allerhand Ersatzteile mitgeführt werden, jeder bekommt einen Teil der Ausrüstung.

Die Straßen ab Zinnwald sind ausgezeichnet. Bis unmittelbar in die Südkarpaten führt der Weg ausschließlich auf Europastraßen. Die Nationalstraßen Rumäniens sind gleichfalls sehr gut. Vorsicht geboten ist bei den sogenannten "anderen modernisierten Straßen" und den "gepflasterten Landstraßen". Diese sind teilweise erst im Bau oder geplant und mitunter nur für Geländewagen und "Trabant" passierbar - vorausgesetzt, man hat die oben erwähnten Auspuffkrümmer mit.

Nachts auf einer belebten Straße in Kolonne zu fahren, ist recht schwierig. Wir halfen uns, indem wir am Dachhalter eine Parkleuchte montierten, die in der Dunkelheit mitbrannte. Damit konnten wir uns jederzeit gegenseitig gut erkennen.


Rumänischer Alltag

Unser kleiner Konvoi erregte allgemeines Aufsehen. Während das Interesse für uns in den Städten noch im normalen Rahmen blieb, waren die Bergbauern in den entlegenen Dörfern vollkommen aus dem Häuschen. Unsere Ankunft in Rusca an einem Sonntagnachmittag wurde zu einem Volksfest. Sogar unterwegs auf der Europastraße wurden wir an der Weiterfahrt gehindert.

Eine Bauernhochzeit spielte sich auf der Straße ab, und nur die Existenz der Autos rettete uns vor allzu reichlichem Alkoholgenuss.

Trifft man dagegen die Bauern auf den Dorfstraßen und Feldern allein, sind sie etwas zurückhaltend und scheu. Ein freundlicher Gruß und das direkte Ansprechen öffnen schnell die Herzen.

Hilfe wurde uns überall sofort zuteil. Sei es, dass die Boote mit Lkw mitgenommen werden sollten, oder dass wir über größere Strecken zu unserem Camp mussten. Selbst auf der Schmalspurbahn fanden wir alle im Führerstand (!) der doch so kleinen Lokomotive Platz. Zückt man die Kamera, finden sich sofort geeignete Fotomotive. Jeder lässt sich gern fotografieren und bietet dann auch gleich seine Adresse an. Man sollte daher viel mit Schwarz-Weiß arbeiten, um so wenigstens einige Wünsche erfüllen zu können.

Die rumänische Küche war etwas ungewohnt für uns. Die Normalverpflegung hatten wir in Form von reichlichen Konserven. mit. Dadurch spart man erhebliche Geldmittel, denn die Preise liegen in Rumänien allgemein über den unsrigen. .


Stationen

Vorgesehen waren Befahrungen der Wildflüsse in der Retezat-Godeanu-Gruppe, dem westlichsten, hohen Gebirgsstock der Südkarpaten. Im Osten wird das Gebiet vom Jiul, im Westen vom Timiş und der Cerna begrenzt. Nördlich liegen die Staatsstraßen Nr. 66 und 68, Petroşani - Haţeg - Caransebeş, im Süden bildet die Donau gleichzeitig die Grenze zu Jugoslawien. Wir fuhren von Caransebeş südwärts und dann in mehreren Etappen um die Gebirge herum.

  • Hideg (Hidegul), fast alle Flüsse enden auf die Silbe -ul oder werden Râul Hideg genannt. Er war der erste Höhepunkt der Tour. Vermutlich schwamm noch nie vorher ein Boot auf diesem schweren Wildwasser. Er führte ausgesprochenes Schmelzhochwasser und gab uns gleich zu Beginn eine kernige Nuss zu knacken.
  • Timiş, aus einem kleinen Wiesenbach wird mit dem Wasser des Hideg sofort ein anspruchsvoller Wildfluss mittlerer Schwierigkeit. Nach wenigen Kilometern ist er allerdings wesentlich entschärft und könnte auch von Wanderbooten befahren werden.
  • Cerna, für sportliche Befahrungen bietet sich eine Strecke von 43 km an. Besonders durch die Existenz dreier Wasserfälle ist eine genaueste Besichtigung vorher unerlässlich. Sehr anziehend für Touristen kann einmal die Klamm der Cerna werden, an deren Ausgang die Fahrt beginnt. Nur wenig hundert Meter hinter
  • Băile Herculane kann die Fahrt beendet werden. Das Umtragen eines vierten Wasserfalles wird dadurch eingespart. Der Badeort wurde schon zur Zeit der Römer wegen seiner warmen Schwefelquellen bekannt und ausgebaut. Von hier aus wird einmal eine Straße über das Godeanugebirge nach Petroşani führen. Vorläufig sahen wir jedoch nur Holztransporter, die auf den in den Fels gesprengten Wegen nur mühsam vorankamen. Löcher und Bodenwellen waren so groß, dass wir mit den Pkw bei 15 km/h wie auf einer Wellenschaukel fuhren, aber doch gut voran kamen.
  • Die Flüsse der Südabdachung hatten erwartungsgemäß keine befahrbaren Wasserstände mehr. Wie die böhmischen Flüsse, müssen sie vermutlich bereits Anfang Mai befahren werden. Die Erkundungen von Topolunita, Motrul und Tismana wären bestimmt aufschlussreich.
  • Târgu Jiu ist eine interessante Stadt mit kontrastreicher Baustruktur, der Einfluss südländischer Kultur ist unverkennbar. Zigeuner in farbenprächtiger Kleidung beleben das Bild dieser Provinzstadt am Jiul.
  • Der Jiul könnte einer der reizvollsten Wildflüsse Rumäniens sein, vorausgesetzt, er wäre nicht so hoffnungslos verschmutzt. Im Durchbruchstal, zwischen dem Vâlcan- und dem Parânggebirge, begegnen wir einem reißenden Fluss, sicher WW IV - V. Die Straße führt ständig nebenher und lässt den Blick auf das Wasser frei.
  • Jiul de Vest, auf der neuen Asphaltstraße können wir bis nahe an Câmpu lui Neag heranfahren. Wenn sie fertig ist, wird eine schnelle Verbindung aus dem rumänischen Kohlenpott Petroşani - Lupeni ins Retezat bestehen. Den Fluss säumen blühende Obstbäume. Über ihnen blinken die Schneefelder der Gruniu-Kette im Retezat.
  • Râul Bărbat, einem Urwald gleicht die dichte Bewachsung entlang des Flusses. Die Befahrung ist außerordentlich schwierig, die Strecken sind kaum einzusehen, oftmals tauchen unvermittelt Baumhindernisse auf. Durch das starke Gefälle ist die Strömungsgeschwindigkeit sehr groß. Vom Tal aus führen Wege zur Baleia-Hütte und in die Felsregionen.
  • Haţeg, die kleine Kreisstadt liegt 20 km nördlich vor dem Retezat. Das Gebirge liegt gleichsam unmittelbar vor der Haustür. Sehenswert ist das Wisentreservat an der Straße nach Deva, kulturgeschichtlich interessant ist das nahegelegene Hunedoara. Die Gegend ist unwirtlich geworden. Eine der ältesten Burgen Rumäniens steht jetzt im Zentrum der Stahlindustrie.
  • Râul Mare, er ist das Glanzstück dieser Bergflüsse, etwa 40 km offener Fluss mit WW VI - II. Perfekte Ausrüstungen und ein eingespieltes Team sind die Voraussetzungen für die Befahrungen der oberen Strecken. Die Kenterrolle muss in jeder Situation kommen, die Wasserwucht ist unvorstellbar und das Wasser eiskalt. Durch das Tal führt der direkte Weg mit einem Restanstieg von drei bis fünf Stunden zum "Bucura-Cirkus", dem Herzen des Retezats. Der Bucurasee ist der größte Bergsee Rumäniens und Ziel aller Wege im Gebirge.
    In den Flußlauf wurde in den 70er/80er Jahren die Talsperre "Lacul de acumulare Gura Apelor" hineingebaut. Seitdem gilt das Urteil in dem oben verlinkten Artikel von Dr. Peter Herden: "So wird der Râul Mare - noch ehe er von den Kajakleuten so richtig entdeckt ist - bereits gestorben sein." (Anmerkung des Abtippers)
  • Pietrele-Hütte, das Gebiet um die Hütte könnte einmal ein großes Skigebiet werden, wenn es eine befahrbare Straße gibt. Trotzdem ist die Hütte in der Sommersaison sehr stark frequentiert.
  • Sarmizegetusa und Densuş sind Stätten alter römischer und rumänischer Kultur. Aus den Ruinen der Römeransiedlungen in Sarmizegetusa erbauten die Rumänen vor mehr als 750 Jahren die heute älteste Kirche des Landes.
  • Bistra Mărul, am Talende wird im Winter bereits Ski gelaufen. Den Taleingang beherrscht die Holzindustrie. Auf guter Straße geht es viele Kilometer bergauf. Unmittelbar an dem Rand der Talsohle, weitab von der Straße, fließt der Fluss sehr schnell dahin, er ist nicht einzusehen und birgt einige Überraschungen. Die erste ist ein Katarakt mit 3 - 4 m Gefälle auf max. 15 m Länge und einer Breite von 5 m, etwa 800 m nach dem Ausgang des Engtales. Aus Sicherheitsgründen, wir fuhren den Fluss am letzten Tage unseres Aufenthaltes in dieser Gegend, haben wir ihn nur auf einer Strecke von 6 km befahren.
  • Strei, er ist der nördliche Sammelfluss für die Bäche aus dem Retezat. Bei normalem Wasserstand ist er bis Călan sicher ein schöner Wanderfluss mittlerer Schwierigkeit, dann fließen Industrieabwässer zu. Bei Hochwasser wird er lehmig und überraschend schnell. Prallwände, unterspülte Bäume und Brückenruinen lassen ihn an einigen Stellen doch recht anspruchsvoll werden.

Unsere Befahrungen können teilweise Erstbefahrungen gewesen sein. Für die Rumänen ist Wildwasserfahren in dieser Form nahezu unbekannt. Vermutlich sind viele Gebiete diesbezüglich noch gar nicht entdeckt. Es soll in Prag eine Registrierung der Rumänienfahrten von der ČSSR aus geben. Wir haben leider noch keinen Kontakt mit den dortigen Sportfreunden bekommen. Darin liegt auch der Grund des so späten Erscheinens unseres Berichtes.


Die nachfolgende Tabelle soll einen Überblick über Charakter und Strecken der Flüsse geben. Die Pegelstände wurden zum Vergleich für spätere Befahrungen aufgenommen. Von dem österreichischen Bericht haben. wir die Feinklassifizierung in WW-Schwierigkeiten plus und minus übernommen.

In den meisten Fällen haben wir sie bestätigt gefunden. Wir sind der Meinung, dass diese Ergänzung zum Schwierigkeitsgrad eine vorteilhafte Bereicherung darstellt. Durch sie ist es möglich, Übergänge zum nächsten Schwierigkeitsgrad besser darzustellen bzw. die dominierende Schwierigkeit besser zu fixieren.


Resümee

Nach dieser erlebnisreichen Fahrt können wir feststellen, dass unsere Erwartungen weit übertroffen wurden. Sei es hinsichtlich der Qualität der Flüsse oder in der großartigen Szenerie des zu dieser Jahreszeit von Tourismus nahezu unberührten Gebietes.

Bei der Auswahl vieler Stationen unserer Fahrt leistete uns das in deutscher Sprache erscheinende rumänische Reisemagazin "Komm mit" wertvolle Dienste.

Außer einigen mittleren Schäden an den Booten hatten wir keinerlei Schwierigkeiten oder Unfälle. Einige Tage verbrachten wir zudem auf einer Hochgebirgstour im Retezat und führten zwei Biwaks bei nahezu winterlichen Bedingungen im Schnee durch. 25 Tage dauerte die Reise, 4000 km mit den Fahrzeugen und 167 km auf kristallklarem Wasser wurden zurückgelegt. Der höchste Punkt war der Gipfel der Peleaga mit 2509 m. Als Kanutouristen fühlen wir uns mit Hochgebirgstourismus verbunden, die vielen Ausflüge in die Berge beweisen die nahe Verwandtschaft der Wildwasserfahrerei und der Alpinistik. Schwere Wildwasser im Hochgebirge fahren, das könnte, wie uns unlängst slowakische Freunde. sagten, die dritte alpine Sportart werden, die Kanualpinistik.


Flüsse der Südkarpaten

Befahrungen durch DDR-Kanuten im Mai bis Juni 1974


  • Fluss: Bistra Mărului
    • kein definierter Pegel
    • Von Waldstützpunkt (Ausgang Engtal) bis 2 km oberhalb des Dorfes Măru Strecke 6 km, bei Wasserstand ca. 75 cm über Normal WW IV+, Katarakt VI, nach Dorf Măru IV-V.
    • Charakteristik des Flusses: schneller Fluss, nach 800 m Katarakt, der sich unmittelbar am Rand des Tales hinzieht. Ab Măru kein Einblick von der Straße.


  • Fluss: Cerna (bei Deva in den Mureş mündend)
    • Standort des Pegels am km 16, darüber hinaus noch weitere Pegelschreiber, meist linkes Ufer; Fahrt bei Pegel 122
    • Klammausgang bis km 6 (Strecke 6 km) WW III- bis III+
    • km 6 bis km 12 (Strecke 6 km) WW IV+ bis V-
    • km 13 bis km 18 (Strecke 5 km) WW III- bis III+
    • km 19 bis km 26 (Strecke 7 km) WW III+ bis IV+
    • km 27 bis km 43, d.h. bis Băile Herculane (Strecke 16 km) WW III bis IV+
    • Charakteristik des Flusses: typ. Talfluss, große Prallhänge bis auf Sprenggestein vom Straßenbau unverbaut, sehr kurze Staubildung durch Geröllstufen und Felsrippen. 3 Wasserfälle (km 12, 18 und 26) lebensgefährlich!!!
      km 29 schwierige Felsstufe r. u. evtl. befahrbar. Über die ganze Strecke enorme Wasserwucht!


  • Fluss: Hideg (heute Râul Hideg geschrieben)
    • Standort des Pegels Br. am Ortsausgang von Rusco rechts
    • Betonfloßgasse bis Rusco (Strecke 5 km) bei Pegel 85 WW V- bis V+
    • Rusco bis Mündung in Timişul (Strecke 6 km) bei Pegel 85 WW II+ und einige Stellen III
    • Charakteristik des Flusses: Waldfluss teilweise verwachsen, völlig unverbaut, im oberen Teil stark verblockt. Kein Rückstau! Urwüchsige Landschaft, ins Tal führt nur ein unbefestigter Pfad und die Holzbahn


  • Fluss: Jiul de Vest
    • Standort des Pegels 150 m vor der Einmdg. des Stauseeabflusses rechts
    • Câmpu lui Neag bis Uricani (Strecke 8 km) bei Pegel 162 WW III- bis III
    • Charakteristik des Flusses: leichter Gebirgsfluss, ähnlich der Belá (Tatra). Ufer durch moderne Straße z.T. eingebaut. Ab Lupeni industriell verschmutzt. Pegel 162 für zügige Fahrt zu niedrig.


  • Fluss: Riul Barbat (heute Râul Barbat geschrieben)
    • Standort des Pegels 30 m unterhalb der Brücke in Hobiţa rechts
    • Ausgang Engtal (90°-Rechtskurve) bis Brücke in Pui (Mündung in Streiul) (Strecke 13 km) bei Pegel 90 WW II+ bis IV, nach Hobiţa fallend auf II mit IVer Stellen
    • Charakteristik des Flusses: schmaler enger Wasserlauf, sehr stark verblockt und verwachsen, mäandrierend, schluchtartiges Tal mit interessanter Flora und Kleinfauna


  • Fluss: Riul Mare (heute Râul Mare geschrieben)
    • Standort des Pegels im Unterwasser der Engstelle links an der Straße; Fahrt bei Pegel 166 bis 184
    • Gura Apei (jetzt im Stausee versunken), nach 1.5 km beginnt der Fluss durch Zusammenfluss versch. Bäche; bis Gura Zlata (10 km Strecke) WW V+
    • von Gura Zlata bis Engstelle (7 km Strecke), zwischen km 7 und km 14 WW VI!
    • von Engstelle bis Triftbrücke (Grenze des Reservats) (7 km Strecke) WW V+ bis V-
    • von Triftbrücke bis Mdg. in Streiul (18 km Strecke) 3 km lang WW IV, dann fall. II
    • Charakteristik des Flusses: Glanzstück aller Flüsse im Retezat, äußerst schwer, der gesamte Flusslauf ist bis zur Triftbrücke von der Straße aus einzusehen. Gewaltige Wasserwucht, sehr schnell! Streckenweise sehr verblockt. Das Tal wird zunehmend vom Tourismus erschlossen, trotzdem reizvoll. Der Fluss führt praktisch Trinkwasser, er entwässert den zentralen Teil des Retezats


  • Fluss: Streiul (auch Strei geschrieben)
    • Standort des Pegels Galaţi links
    • Baru - Galaţi - Subcetate (Mdg. d. Riul Mare) 25 km Strecke, bei Pegel 122 WW III, ab Galaţi fall. auf II
    • Charakteristik des Flusses: Typische Sammelader von Gebirgsablässen, schnell wechselnder Wasserstand, viele Kiesbänke und Inseln, zahlreiche Arme. Bei Pegel 122 durch Aushöhlungen und Treibgutstau überraschend viel Schwierigkeiten


  • Fluss: Timişul (auch Timiş geschrieben)
    • Standort des Pegels Sadova Veche rechts
    • Von Mündung des Hideg bis Slatina-Timiş 13 km Strecke, bei Pegel 58 WW II+ bis II
    • Charakteristik des Flusses: Fluss in der Ebene, Geröllbett, weitestgehend unverbaut, wird zunehmend breiter und flacher. Befahrung erst ab Mdg. Hideg sinnvoll, da dieser das Wasser bringt. Für Wanderfahrer mit Faltboot auch auf der weiteren Strecke zu empfehlen.


Quelle

Dieser Artikel stammt von Horst Meyner, Saara, und erschien in zwei Teilen in der Zeitschrift In: "Der Kanusport. Mitteilungsblatt des Deutschen Kanu-Sport-Verbandes der Deutschen Demokratischen Republik", 22. Jahrgang. Teil 1 in Heft 3/1975, S. 40-44; Teil 2 in Heft 4/1975, S. 58-60.

Der Text wurde (ohne die beigefügte Karte) aus der Zeitschrift übertragen und dabei die neue deutsche sowie die 1993 eingeführte neue rumänische Rechtschreibung berücksichtigt. Die Schreibweise der Ortsnamen wurde dem rumänischen Schriftbild angeglichen, die "Schwarze Bockau" im Kapitel "Vorbereitungen" wurde in die "Schwarze Pockau" geändert. Die in Teil 2 enthaltene Tabelle der einzelnen Flüsse wurde ins Word-Format umgeschrieben und um einige geographische Details ergänzt, die das Finden der Flüsse erleichtern. Eine Aktualisierung der Fakten auf heutigen Stand (Flussverbauungen, Wasserqualität, Verkehrserschließung, Stauseebau am Râul Mare, an der Bistra Mărului usw.) wurde nicht durchgeführt. Neue Fahrtberichte der letzten Jahre werden gerne entgegengenommen!

Vielen Dank an Horst Meyner für seine Genehmigung zur Veröffentlichung im Faltbootwiki.


Literatur

  • DKV-Auslandsführer Band 5: "Südosteuropa". DKV-Wirtschafts- und Verlags-GmbH Duisburg, 4. Auflage 2012, ISBN 978-3-937743-26-4, S. 381 (Bistra Mărului), S. 384-386 (Cerna), S. 382 f. (Hideg, als "Hildegul" beschrieben), S. 387 (Jiul de Vest), S. 380 (Riul Barbat), S. 379 (Kurzbeschreibung des inzwischen mit Kraftwerken verbauten Flusses Riul Barbat), S. 379 (Streiul / Strei) und S. 381 (Timişul)
  • Matz, Hans: Auf Wildwasserkundfahrt in den Südkarpaten. "Kanu-Sport" 24/1972, S. 478-480 sowie S. 481 ("Kundfahrt" deshalb, weil sie in paddlerisches Neuland vorstieß. Bislang waren aus den rumänischen Karpaten nur wenige Informationen durch den Eisernen Vorhang gedrungen; die vorsichtige Öffnung des Landes nach Westen in den ersten Jahren der Ceaușescu-Ära hatte die Erkundung möglich gemacht. Die österreichischen Paddler befuhren den Jiul de Vest und flüchtig den nachfolgenden Jiul, Strei, Riul Mare (heute Râul Mare geschrieben) bei Haţeg (in den Strei mündend), den alten österreich-ungarischen Grenzfluß Cerna, den Oberlauf des Sebeş, und besichtigten kurz den Riul Barbat (heute Râul Barbat geschrieben), die Schlucht des Jiul zwischen Petroşeni und Bumbesti-Jiu (voll Schmutzwasser), den zum Timiş führenden Riul Hideg (heute Râul Hideg geschrieben), Topolniţa, Râul Motrul, Tismana, Gilort und Lotrul (an dem gerade ein Kraftwerk gebaut wurde). Welchen Rang die Paddler ihrer Expedition zuschrieben, kann man daran ablesen, daß der Text wenige Wochen nach der Erstveröffentlichung in "Österreichs Paddelsport" (Heft 6/1971) im bundesdeutschen und schließlich im Januar 1972 im DDR-"Kanusport" erschien. Während BRD-Paddler offenbar kaum darauf ansprachen, starteten DDR-Paddler auf der Grundlage des Matz-Berichtes die "Südkarpaten-Kajaktour '74", die vielen nachfolgenden DDR-Paddlern den Weg wies. - Während einige dieser Flüsse noch heute befahren werden können, sind andere (Lotrul, Râul Mare, Sebeş-Oberlauf) inzwischen durch Staudammkaskaden verbaut worden.)


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