Brieskowkanal

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Allgemeines

Der Brieskowkanal (bis 1951 Friedrich-Wilhelm-Kanal) ist das letzte erhaltene Teilstück der alten Kanalverbindung zwischen Spree und Oder. Er zweigt bei Schlaubehammer vom Oder-Spree-Kanal ab und mündet südlich von Frankfurt in die Oder. 1668 vollendet, verband er die Flußsysteme von Elbe und Oder und ermöglichte so den direkten Warentransport von Schlesien zur Nordsee. Kurfürst Friedrich Wilhelm eröffnete ihn, indem er auf der Sohle ein Bankett abhielt, um anschließend den Kanal fluten zu lassen. Die folgende Erstbefahrung hat er allerdings nicht im Faltboot unternommen.

Als der Brieskowkanal im 19. Jh. dem Verkehrsaufkommen nicht mehr genügte, wurde 1891 der große Oder-Spree-Kanal eröffnet, der bei Eisenhüttenstadt zur Oder führt. Die neue, mit nur einer Schleuse versehene Kanalverbindung wurde trotz ihrer landschaftlichen Öde bald von Ruderern bevorzugt. Friedrich Eduard Keller schreibt in seinem "Hip Hip Hurra"-Führer schon 1919 über den damaligen Friedrich-Wilhelm-Kanal: "Diese Strecke wird aber meistens der vielen Schleusen wegen vermieden und der Umweg über Fürstenberg vorgezogen." (S. 125)

Während die Schachtschleuse des Oder-Spree-Kanals 1945 der Sprengung entzogen werden konnte, wurden die Schleusen des Brieskowkanals von deutschen Einheiten zerstört. Die Wasserstraße, bis dahin betriebsfähig gehalten, verfiel in den folgenden Jahrzehnten; heute ist sie nur noch mit Faltbooten befahrbar.

Das oderseitige Ende des Kanals hat Sportgeschichte geschrieben: hier trugen die Frankfurter Ruderclubs schon 1907 erste Regatten aus. Die stadtnahe Lage, der Windschutz durch den Hang und der nahe Bahnhof ließen Wettkämpfe zu, für die in den 20er Jahren Teilnehmer aus ganz Deutschland anreisten. Der 1925 erfolgte Bau des Zielrichterturms und des Bootshauses zahlte sich aus: 1927 und 1928 kamen mehr als 4000 Zuschauer zu den Wettkämpfen! Vor den Olympischen Spielen in Berlin wurde der Brieskower See 1935/36 zu einer modernen, 2000 m langen Regattastrecke ausgebaut, die als "Ausweichstrecke" vorgesehen war, falls es auf der Regatta in Grünau Probleme geben sollte. Dazu kam es letztlich nicht, aber die für 1000 Gäste ausgelegte, ursprünglich überdachte Zuschauertribüne am Hang des anderen Ufers stammt aus dieser Zeit. Trotz des guten Rufs der Strecke hatte sie aber mit lediglich vier Bahnen, ihrer dezentralen Lage und ihrer leichten Krümmung [1] nicht die Chance, zu den "großen" Sportstätten aufzusteigen.

1945 war die Tribüne nach zehn Wochen Grabenkampf ein Trümmerfeld; Bootshaus und Zielrichterturm trugen Granattreffer. Die Grenzpolizei der neuen Odergrenze wollte das Gelände schon abtragen lassen. Beherzte Kanuten aus der Belegschaft des Kraftwerks Finkenheerd und seiner Kohlegrube verhinderten dies und bauten innerhalb eines Jahres Bootshaus und Zielrichterturm wieder auf. Der Kommandeur der Grenzpolizei mußte dafür um Bewilligung gebeten werden, denn auf der nahen Oder durfte (als Grenzfluß) bis 1972 kein Sportbootverkehr stattfinden. 1954 erstand die Regattastrecke neu, im Jahr darauf (nun ohne Dach) die Tribüne und sogar der Haltepunkt "Regattastrecke" der Bahnlinie Frankfurt - Guben! In den 1960er Jahren liefen auch Motorbootrennen hier. Das Glück währte nur bis zum Ende der DDR: Mit der Stilllegung des Kraftwerks Finkenheerd 1992 entfiel der Betreiber der Strecke, und das Oderhochwasser 1997 gab ihr den Rest: der Zielturm stand bis zum Mauerabsatz am Fuß des Fenstergeschosses im Wasser. Wer heute am Oderkilometer 576.7 vorbeifährt, passiert den leeren Zielturm, das Bootshaus gehört dem Fischer, und an der bewucherten Tribüne dröhnen die Güterzüge vorbei. Ein deutsches Einheitsopfer?

Paddler, die von der Spree nach Frankfurt/Oder wollen, können hier den 45 km langen Weg über Eisenhüttenstadt abkürzen. Die Fahrt wird allerdings durch acht Umtragestellen auf 13 km Strecke behindert. Der Verfall der Schleusen bringt zusätzliche Probleme mit sich: 2006 mußten zwei von ihnen zugeschüttet werden. Trotzdem ziehe ich den stillen Kanalrest der einförmigen Passage des Oder-Spree-Kanals vor.

Entlang des Nordufers führt ein asphaltierter, ebener Radweg, den einige Paddler bereits nutzten, um in Schlaubehammer auszusetzen und Faltboote samt Gepäck per Bootswagen 8 km zum Wehr in Brieskow zu rollern. "Wir haben ca. 2-3 Stunden benötigt. ... Uns tat die Abwechslung jedesfalls gut. Und zeitlich kommt man nicht schlechter, wenn man das Ein-/Aussetzen, Umtragen und Verstauen dazu rechnet." (Gunar, 2009)

Da die Kilometrierungen der einzelnen Flußführer differieren, wurden die folgenden Entfernungen aus einer Karte 1:25.000 abgemessen. Die Beschreibung hat den Stand von April 2007 mit Ergänzungen vom Mai 2009; vielen Dank an Gunar für die Aktualisierung.

In trockenen Sommern sind die Waldbrandwarnstufen zu beachten.


Streckenbeschreibung

  • km 0: Abzweigung des Brieskowkanals vom Oder-Spree-Kanal-km 107,5 bei Kaisermühl. Das Kanalstück wird jedoch von einem Damm versperrt und ist nicht durchführend. Die richtige Einfahrt bildet ein Stichkanal bei Oder-Spree-Kanal-km 108,0.
  • km 0,5: ehem. Schleuse Schlaubehammer; Wasserwanderrastplatz. Gasthaus "Waldschänke", vom Rastplatz aufs Nordufer und die Kaisermühler Straße kurz nach rechts, tägl. ab 11 Uhr. Dahinter ist der Kanal zugeschüttet; rechts aussetzen und einen Asphaltweg 900 m durch den Wald umtragen. Rechterhand erkennt man noch das alte Bett, doch ist es längst im Erlensumpf versunken.
  • km 1,4: ehem. Schleuse Hammerfort, der Kanal ist wieder befahrbar. Links einsetzen. Es folgt das schönste Stück, still und mit vielen Wasservögeln. Ein kürzerer Weg führt vom Oder-Spree-Kanal hierher: am km 109,4 aussetzen und den Waldweg geradewegs zur Straße gehen. Einsetzen am Steg der Kleingartenanlage (vom Brieskowkanal aus ein kleiner Steg mit unauffälligem Anglerschutzdach, das an eine Birke gebaut ist). Strecke 300 Meter.
  • km 3,1: ehem. Schleuse Weißenspring, jetzt zugeschüttet. Links umtragen. Gasthof "Zum kühlen Strande" direkt am Südufer vor der Schleuse, Mo-Fr ab 12 Uhr, Sa+So ab 11 Uhr, Mittwoch Ruhetag. Im folgenden Abschnitt kann einem von April-Oktober Mittwoch bis Sonntag nachmittag der Groß Lindower Treidelkahn begegnen.
  • km 4,7: Groß Lindow mit einem Straßendamm durch den Kanal, gefolgt von der ehem. Schleuse. Beides gemeinsam 100 m rechts umtragen. An der Schleuse das Gasthaus "Preussenstuben", Di-So ab 17.30 Uhr geöffnet, Sonntags auch 11.30 bis 14 Uhr. Lebensmittelladen rechts die Straße hoch an der Kirche, nahebei Cafe "Holzapfel", Di-So ab 14 Uhr. Die alte Linde auf dem Dorfplatz, im 17. Jh. gepflanzt, ist 19 m hoch und hat einen Umfang von 5,20 m.
  • km 5,6: Straßendamm durch den Kanal mit der ehem. Schleuse Klixmühle, links umtragen. Rechts neben der Schleuse verläuft die alte Schlaube, sie ist nicht befahrbar. - Ab jetzt ist zunehmend die Straße zu hören.
  • km 6,3: ehem. Schleuse Weißenberg, rechts umtragen. Am Schleusenbecken ein Denkmal zum 200jährigen Bestehen des Kanals.
  • km 7,5: ehem. Schleuse Finkenheerd, jetzt zugeschüttet. 100 m rechts umtragen. Ermüdete können auf der Straße nach links 500 Meter zum Bahnhof Finkenheerd laufen, der sich auf der rechten Seite versteckt. Züge fahren nach Cottbus und Berlin.
  • km 7,9: Straßendamm Finkenheerd, rechts umtragen über die belebte Straße. Einsetzen auf der Gegenseite wird durch starken Schilfwuchs erschwert. Es folgen die Brücke der B112-Ortsumgehung Brieskow und die Bahnbrücke. - Der Kanal verläuft jetzt zwischen Deichen.
  • km 9,7: ehem. Schleuse Brieskow, links umtragen. Steile Ufer erschweren das Aussetzen; Wiedereinsetzen am Bootsausleih. "Aber wenn man vorsichtig bis zum ungesicherten Wehr vorfährt, dann kommt rechts ca. 2 m vor der Schwelle ein schmaler, ca. 1 m breiter Metallsteg mit Geländern. Auf diesem knieend konnte ich mein Boot prima entladen und dann daneben durch das Schilf an Land ziehen. Man landet so rechts in der nicht eingezäunten Gartensparte und trägt dann über die Wehrbrücke auf der linken Seite um. Allerdings ist der Steg wirklich kurz vorm ungesicherten Wehr, wenn man zu schnell oder unsicher anfährt, könnte es gefährlich werden.
    Zur Zeit wird übrigens die Straßenbrücke gebaut und man kann erst ca. 200 m hinter dem Fischverkauf wieder einsetzen. Dort ist dann auch eine Anlegestelle irgendeines größeren Schiffes, aber trotzdem ein niedriger Ponton. Der Fischer ist mit seiner schwimmenden Terrasse zur Zeit durch die Baustelle und deren Spundwände auch abgeschnitten. Ein Durchlass wurde nicht gelassen, da wohl kaum lohnenswert." (Mitteilung von Gunar, 31.5. 2009)
    Gasthaus "Fischer Schneider" die Pflasterstraße zur Hauptstraße hoch (Fischbrötchen und Fischverkauf einschl. Räucherfisch Do+Fr 11-17, Sa+So 11-15 Uhr; "warme Fischküche" Do-So 11-15 Uhr; Angelkarten). Zum Bahnhof "Kraftwerk Finkenheerd" die Hauptstraße nach rechts bis zur Bahnbrücke, gleich dahinter (noch vor Norma, Getränkemarkt und Landfleischerei) die Treppen des "Heuweges" (mit Kinderwagenschräge) zum Bahnwärter hoch; Strecke 700 m. Strecke 700 m.
    Hinter der Schleuse mündet von rechts die Alte Schlaube. Dann öffnet sich der Brieskower See, der lange Zeit Ruderern als Regattastrecke diente. Links steht der Kai des ehem. Kraftwerks Finkenheerd, dessen 125 m hohe Schornsteine jahrzehntelang eine Landmarke bildeten. Nach seiner Stillegung 1992 wurden die Gebäude 1996-98 vollständig abgerissen, die Schornsteine gesprengt. Nur die Kaimauern erinnern noch an die Anlage, gefolgt von schönem Hang- und Auenwald.
  • km 12,9: Ende des Brieskower Sees, Mündung in die Oder bei Oder-km 576,7. Hier Schiffsliegeplatz "Brieskower See" ohne Infrastruktur und WC. Halbstündlich donnern Züge vorbei, doch schläft man hier ungestörter als in Frankfurt und Slubice. Bis zum Liegeplatz Frankfurt-Ziegenwerder sind noch 5,5 km zu paddeln. Von dort bis zum Bahnhof Frankfurt/Oder läuft man 1700 Meter; stündlich fahren Züge nach Cottbus, halbstündlich nach Berlin.


Gernot / Palmström



Weblinks


Notrufnummern

  • Polizei: 110


Literatur

Siehe auch


  • TourenAtlas Wasserwandern TA5 "Berlin-Brandenburg", Maßstab 1:75.000, mit Detailkarten im Maßstab 1:25.000, Jübermann Kartographie und Verlag Uelzen, 7. Aufl. 2021, ISBN 978-3-929540-73-4, mit Aktualisierung
  • Uhlemann, Hans-Joachim: Berlin und die Märkischen Wasserstraßen. Transpress Verlag für Verkehrswesen Berlin (Ost) 1987, ISBN 3-344-00115-9 (Nachauflage im DSV Verlag Hamburg 1994, ISBN 3-88412-204-5 (Das Standardwerk über Baugeschichte und technische Ausstattung der brandenburgischen Wasserstraßen. Für den, der über den Teller-(d.h.Ufer-)rand schaut, unverzichtbar.)
  • Für Historiker: Toeche-Mittler, Konrad: Der Friedrich-Wilhelms-Kanal und die Berlin-Hamburger Flussschifffahrt. Zwei Beiträge zur preußischen Strompolitik des 17. und 18. Jahrhunderts. Verlag von Duncker und Humblot Leipzig 1981, im Internet unter http://www.digitalis.uni-koeln.de/Toeche/toeche_index.html


Quellen und Zitate

  1. Zur Krümmung siehe die Festschrift "75 Jahre Berliner Ruder-Club 1880-1955", Elsnerdruck Berlin 1955, S. 92. Dort ist auch ein 1932 entstandenes Foto der überdachten Tribüne zu sehen.


Die Angaben zur Geschichte des Brieskowkanals entnahm ich:

  • Gansleweit, Klaus-Dieter (Hrsg.): Eisenhüttenstadt und seine Umgebung. Ergebnisse der heimatkundlichen Bestandsaufnahme im Gebiet zwischen Oder, Neiße und Schlaubetal um Eisenhüttenstadt und Neuzelle. (= Werte unserer Heimat, Band 45). Akademie-Verlag Berlin (Ost) 1986.
  • Kaule, Martin: Brandenburg 1933-1945. Der historische Reiseführer. Christoph Links Verlag Berlin 2014, ISBN 978-3-86153-812-7, S. 102 f. (zur Regattastrecke im Brieskower See)
  • Keller, Friedrich Eduard: Straube's Hip Hip Hurra! Führer für Wasser-Wanderer auf den Wasserstraßen zwischen Elbe und Weichsel. 3. Auflage, Geographisches Institut und Landkarten-Verlag Jul. Straube, Berlin 1919, S. 125 (zur Frequentierung des früheren Friedrich-Wilhelm-Kanals zur Zeit um den 1. Weltkrieg)
  • Keller, Friedrich Eduard: Hip Hip Hurra. Straubes Führer für Wasser-Wanderer I. Teil: Brandenburg und Oder. Berlin 1929.
  • Pegert, Willi: Zehn Zeittafeln zur Geschichte von Fürstenberg (Oder) von der Ersterwähnung bis zum 13.11.1961, Zeittafel 9. In: Stadtspiegel Eisenhüttenstadt, 2001.
  • Sichting, Dieter: Die Zwillingsschachtschleuse Eisenhüttenstadt wird 70. In: Kreiskalender Oder-Spree 1999, Fürstenberger Druck und Verlag GmbH 1998.
  • Staroske, Hans: Alte Regattastrecke - neu geboren. In "Der Kanusport, Informationsblatt der Sektion Kanu der Deutschen Demokratischen Republik", 2. Jahrgang Nr. 2/Februar 1955, S. 32 (Zur Geschichte der Regattastrecke im Brieskower See)