Spreewald (Keller 1929)

Aus Faltbootwiki

Wechseln zu: Navigation, Suche
Historische Gewässerbeschreibungen von Friedrich Eduard Keller (zwischen 1919 und 1929):
Friedrich Eduard Keller (1859-1929), Autor des ersten deutschen Wassersportführers
Von Berlin zur Löcknitz (1929)
Berlin und seine Wasserstraßen bis Spandau plus Teltowkanal (1929)
Nordberliner und Oranienburger Havel - OderHavelKanal - Finowkanal (1925/1929)
Unterhavel: Spandau - Potsdam - Brandenburg - Havelmündung (1929)
Müggelspree (1929)
Spreewald (1929)
Wallensteingraben (1929)
Rhein mit Nebenflüssen (1922)
Donau vom Schwarzwald bis zum Schwarzen Meer (Protzen 1917)
Der Inn als Kajakfluss (Keller 1922)
Dange ( = Dangė / Akmena) (Keller 1922)



Inhaltsverzeichnis

Fahrt VI: Leibsch - Lübbenau - Spreewald


Karte 2, 8, 9 und 10 aus "Hip Hip Hurra".



Dieser Text wurde von Friedrich Eduard Keller verfasst und erschien 1929.
Eine Aktualisierung auf heutigen Stand wurde nicht durchgeführt.



B e m e r k u n g e n


"Grün ist das Land,

Weiß ist der Sand,

Silbern das Band!

Das sind die Farben vom Spreewaldstrand."


Im Vorfrühling, wenn die märkischen Seen noch halb im Winterschlafe liegen, ist der Frühling bereits in den Spreewald eingezogen. An den Ufern ist die Hasel bereits im Verblühen und das Geisblatt hat schon seit Wochen seine grünen Blätter entfaltet. Überall an allen Fließen, Kanälen und Gräben glühen in wunderbarer Pracht die Weidenkätzchen, und die bisher überschwemmten Wiesen sind von unzähligen Sumpfdotterblumen besät, so dass das Boot dann durch ein goldenes Calta-Meer fährt. Auch in die Vogelwelt kommt Leben, die Spechtmeise lässt ihren hellen Ruf erklingen, sehnsüchtig singt der Baumläufer sein einfaches Lied und in den aufspringenden Knospen der Schwarzpappeln flöten zu Tausenden die Stare.

Einen seltenen Naturgenuss bietet um diese Zeit der Spreewald mit seinen rauschenden Silberfließen, dem blühenden Waldteppich, wo Anemonen und Leberblümchen ihre zarten Kelche öffnen. Dann, Wanderruderer, lenke deinen Kahn zum Spreewald und genieße diese Frühlingswunder. Immer schöner schmückt sich der Wald, von Woche zu Woche nimmt die Pracht zu. Wer irgend Zeit hat, verlebe hier den Frühling.

Lachende grüne Gefilde mit silbernen Fließen, worüber klagend und zagend der wehmütige Ruf der Kronschnepfe schwebt, stolze Eichen- und Erlenwälder, in welchen der Waldstorch nistet und der Pfingstvogel ruft, künden dem Ruderer, dass er dem Ziel der schönsten aller Wanderfahrten, die fruchtbaren üppigen Fluren der grünen Wendei, zustrebt. [1]

Mit wieviel Schwierigkeiten hatte vor einem Jahrzehnt der Spreewaldfahrer noch zu kämpfen, und wie einfach dagegen gestalten sich jetzt diese Wanderfahrten. Es wird nun Zeit, endlich einmal mit der alten Ansicht zu brechen, der Ober-Spreewald sei mit Skullbooten nicht zu befahren. Fahrten nach Alt-Zauche, Burg, Eiche und Polentz können höchstens einmal in einem sehr regenarmen Sommer Schwierigkeiten hervorrufen. Fahrten auf dem Prinz-Wilhelm-Fließ und Gorroschoa nach Leipe und Raddusch dürften selbst bei ganz niedrigem Wasserstand einem Doppelskuller keine Schwierigkeiten bereiten [2].

Es soll gerade nicht behauptet werden, dass der Spreewald für Vierer ein ideales Wasser darstellt. Die Fahrt stellt an den Steuermann sowohl wie an die Mannschaft größere Anforderungen, aber bei einigem guten Willen ist der Kahn um die oftmals auftretenden Windungen zu bringen, und hat der Bootswart statt eines Paddelhakens zwei in den Kahn gelegt, sind diese Hindernisse leicht zu überwinden. Doppelskuller können fast überall hin; fordert die Fahrt stromauf auch Mühe und Arbeit, belohnt die Landschaft und die Abwärtsfahrt die Ruderer für alle diese Anstrengungen [3].

Wie richtet man nun eine Spreewaldfahrt ein? Der einfachste und kürzeste Weg führt die Dahme aufwärts über Neue Mühle - Prieros. Nach Passieren der Hermsdorfer Schleuse erreicht man in 1 1/2 Stunden Wendisch-Buchholz. Nachdem man nun die Boote um das Sperrwehr gebracht hat, ist man in einer Stunde in Leibsch und in weiteren 11/2 Stunden in Schlepzig (Fuhrmann Gustav Hoffmann, Wend.-Buchholz, Gerichtsstr. 38) oder selbst karren mit den bequemen, zum Verstauen geeigneten Faltbootwagen.

In 2 1/2 bis 3 1/2 Stunden - je nach dem Wasserstand - ist die Stadt Lübben zu erreichen. Es ist zu empfehlen, die Schleusen in Schlepzig und Lübben zu meiden, besonders die Lübbener Schleuse kann für leichte Boote verhängnisvoll werden. Der Grund der Fahrstraße ist in Lübben mit Steinblöcken besät, und wenn bei hohem Wasserstand alle Schützen gezogen sind, kann leicht das Boot auf die Balken der Badeanstalt getrieben werden.

Wer sein Boot vom Görlitzer Güterbahnhof (Skalitzer Straße, Ecke Görlitzer Straße) p. Bahn schicken will, bezahlt als Eilfracht für 100 kg nach Lübben 3,20 RM., Lübbenau 3,58 RM., Kottbus [4] 4,52 RM., Spremberg 5,26 RM. und nach Görlitz 7,08 RM. Gewöhnliche Fracht fast die Hälfte billiger.


Der Wasserweg durch den Unter-Spreewald bis Lübbenau


(Wegmarkierung weißes Schild roter Stern.)


Der Unterspreewald umfasst ein Gebiet von 7.400 ha, dessen größter Teil von prächtigem Laubwald bedeckt ist. Urwüchsiger noch und ausgedehnter als im Oberspreewald tritt dem Besucher der Nachwuchs des einstigen Urwaldes entgegen, ebenso malerische Bilder wie dort entfalten sich auch hier in den von glitzernden Wasserläufen durchzogenen Waldpartien, nur einsamer und stiller ist es im Unterspreewalde. Es fehlt ihm das belebende Element des Wendentums, die bunten malerischen Trachten, die idyllischen Blockhäuser und die eigenartigen Sitten und Gewohnheiten des wendischen Volkes; das Wendentum ist hier ganz erloschen. Doch kann der Unterspreewald, was seine Reize betrifft, einen Vergleich mit dem Oberspreewalde sehr wohl aushalten. Der Spreewaldverein Lübben hat vom Forstfiskus Plätze gepachtet und mit Bänken und Tischen versehen lassen. ("Hip Hip Hurra", 5. Auflage 1925, S. 107) [5]

Von Wendisch-Buchholz auf dem Umflutkanal durch den Köthener See (Achtung flache Stellen) nach Leibsch (km 72,5 [6]). Etwa 200 m vor der Leibscher Schleuse führt l. ein Arm zum Neuendorfer See. Diesen sowohl wie den auf der r. Seite mündenden Arm, die Wasserburger Spree, lassen wir unberücksichtigt und verfolgen weiter den Umflutkanal bis zu Ende. Wir haben die Leibscher Schleuse erreicht. Gleich nach Ausfahrt aus dieser sind wir auf der Spree, die geradeaus in den Spreewald, und dessen Unterlauf l. zum Neuendorfer See führt. Nachdem wir einige 100 m hinter der Schleuse den altbekannten Gasth. "Zum Spreewald" mit Bootsh. passiert haben, teilt sich gleich hinter der großen Leibscher Brücke (starker Strom; km 72,75 [7]) der Fluss. Wir benutzen die bequemste und kürzeste Strecke, die Hauptspree nach Schlepzig, den linken Arm. Diese ungefähr 7 km lange Strecke wird an den Fahrer zumal bei Hochwasser einige Anforderungen stellen; hier ist der stärkste Gegenstrom. Je mehr man sich aber von Schlepzig aus dem Oberspreewald nähert, um so weniger macht uns die Strömung zu schaffen.

Die Schlepziger Schleuse zu benutzen ist nicht ratsam, einmal der vielen Steine wegen und dann erfordert das Schleusen viel Zeit, da die Schleuse vollkommen verbaut ist. Der an der Schleuse wohnende Gastwirt Tennert bringt die Boote mit seinem Bootswagen zur Lübbener Spree, dortselbst ist von ihm ein Anlegesteg dicht unterhalb der Schleuse hergestellt worden, so dass es jetzt möglich ist, unter Vermeidung der höchst unpraktischen Schleuse die Sportboote leicht und bequem um letztere herumzufahren und oberhalb bzw. unterhalb wieder zu Wasser zu bringen. Einige 100 m vor der Mühle steht ein Schild des Gastwirts Bräuniger. Gleich dahinter fahre man in das linke Nebenfließ bis zu dessen Bootshaus. Von hier aus befördert der Gastwirt Bräuniger Boote kostenlos zur Lübbener Spree.

Es ist zu bedauern, dass sowohl die Gemeinde Schlepzig, wie auch die Gastwirte sich nicht dem immer mehr steigenden Verkehr anpassen. Deshalb verhandelt der Wanderruderverband Mark Brandenburg und der Besitzer des Lübbenauer Bootshauses "Gorroschoa", F.: Lübbenau 181, mit den Aufsichtsbehörden, um einen besseren Weg zu schaffen, der dann allerdings Schlepzig nicht unmittelbar berührt. Gleich hinter dem Dorfe beginnt der Hochwald, stolze Erlenwälder, aber auch stattliche Buchen und bei Pekamberg [8] herrliche Eichenbestände säumen die Ufer. Uralte, dichtschattende Waldriesen, mit Gebüsch aller Art durchsetzt, schaffen ein fast undurchdringliches Dickicht, während stolze Erlen von seltener Pracht und Schönheit hoch über der Wasserstraße eine lichtgrüne Kuppel wölben und dazwischen ehrwürdige Eichen ihr knorriges Geäst zu Himmel recken. Sumpfpflanzen jeder Gattung säumen die Ufer ein. Ueberall Wald und Wasser in engem Zusammenleben. – Da in diesen Wasserläufen ein Orientieren sehr schwierig ist, so ist die Mitnahme eines Kahnes nebst zugehörigen Eingeborenen als Führer und event. Schlepper in den engen Teilen des Flusslaufes von Wasserburg bis Schlepzig zu empfehlen. Bei einiger Aufmerksamkeit ist jedoch die Große Spree von den übrigen Straßen stets zu unterscheiden. ... Erlen, Rotbuchen, Birken, Kiefern, Eschen, Tannen, Schneeballe, Haselstauden und Schlehendorne bilden eine natürliche Schutzmauer für das Innere dieses herrlichen Stückchen Urwaldes (dem heutigen NSG "Buchenhain" an der Moldenhauerhütte), dessen Boden eine Fülle buntblühender würziger und seltener Gebilde der reichhaltigsten Flora dicht bedeckt. In richtiger Würdigung dieses herrlichen Fleckchens versammeln sich hier alljährlich die Umwohner zum fröhlichen Gelage bei Musik, Gesang und Tanz. ("Hip Hip Hurra", 5. Auflage 1925, S. 108 f.)

Nachdem die Japanesenbr. passiert ist, geht die Fahrt durch die Niederungen mit dem Blick auf den Lübbener Kirchturm, der durchaus nicht näherkommen will. Nach längerer Fahrt taucht vor uns eine große rote Steinbr. auf. Darüber führt die Beeskower Eisenbahn. Nach deren Passieren zieht sich nach 1 km eine Hochspannungsleitung quer über die Spree; gleich darauf gabelt sich diese. Wieder wird der linke Arm benutzt, der sogenannte Vorflutkanal, der uns an dem Bootshaus der Lübbener Friesen vorbei zur großen Amtsmühle bringt; ein großes gelbes Haus. Gleich daneben haben wir hinter der großen Kanalbr. Gasth. "Zum Spreewald", Gubener Str. 18, mit Kennzeichen am Stallgiebel "Hip Hip Hurra", Rudererstation! Aufbewahrung fremder Boote. Der bekannte Robert Lehmann von der Pfaueninsel hat hier ein Gasth. neu erbaut und kann ich denselben bestens für unseren Sport empfehlen; wir wählen nur den gefahrlosen Weg über den Umflut-Kanal.

  • Der bei der Gabelung r. abgehende Arm, der zur Pfaueninsel führt, wird nicht benutzt. Die Pfaueninsel ist von der Stadt Lübben angekauft. Der Besitzer des Lokales hat neben dem R.-Cl. "Friesen" sein neues Lokal Gasth. "Zum Spreewald" eröffnet. Die Lübbener Schleuse dort ist nicht der einzige Gefahrenpunkt der ganzen Strecke; vorher starker Strom, Steine, Pfähle, und da die Schleuse unmittelbar am Wehr, das Wasser mit ungeheurem Druck durch die Schützen braust, keinerlei Sicherungen dort angebracht sind, können Boote leicht gegen die Ecke der Badeanstaltbalken, welche den Weg zur Schleuse versperren, getrieben werden. Bei niedrigem Wasser ist ein Zugang zur Schleuse kaum möglich, da ein Trümmerfeld von Steinen und auch spitze Pfähle die Boote in Gefahr bringen; auch weiter unterhalb der Schleuse gefährden Steine und Pfähle selbst ein Kanu. [9]

Deshalb ist jetzt der Weg über den Vorflutkanal besser, der zur großen Amtsmühle führt. Hier wird das Boot nur über einen Damm getragen, oder der dort wohnende Nachtwächter Liedemann oder der Besitzer des Gasth. "Zum Spreewald" bringen die Boote mit einem Bootswagen sicher zu Wasser. Das sich gleich hinter der Amtsmühle links abzweigende gerade Fließ ist die Fortsetzung des bisher benutzten Vorflutkanals. Wir fahren geradeaus zur neuen Spree, da sowohl der Umflut-Kanal wie auch die krumme Mutnitza durch Wehre versperrt sind. Wir fahren also geradeaus, den r. Arm, also an der Burglehn'schen Bade-Anstalt vorbei; man folgt jetzt der roten Markierung an dem Wendenfürst [10] vorbei. In Höhe von Steinkirchen ("neben der alten Feldsteinkirche das Grab des hier 1845 verstorbenen Dichters Christ. Ernst Freih. von Houwald; gegenüber gute Lagerplätze". - "Hip Hip Hurra", 5. Auflage 1925, S. 113) zweigt sich die neue Spree (Hauptspree) wieder, wir nehmen den rechten Arm und bei der nächsten Teilung wieder rechts und biegen dann in den linken geraden Arm der neuen Spree ein. Hinter der Ragower- und weiter Krimnitzer-Kahnfahrt, die beide r. abgehen, biegen wir l. ab und gelangen in das Buschmühlfließ (heute Teil des Burg-Lübbener Kanals), halten r. bis zur 7. Abzweigung l. (Luschna-Fließ) (Westgraben), biegen l. ab und bleiben immer r. bis zum Kleinen Kreuz (Kreuzung von Hauptspree und Lehder Fließ; Badehäuschen). Man achte auf die roten Sterne. Dieser Weg ist eine Kleinigkeit weiter, ist aber weniger anstrengend, da er nicht so viele Windungen aufweist.

Ungefähr in der Verlängerung der Spreeze geht die Fahrt durch die Weeskow (Lehder Graben) am Schlossgarten vorbei zur Sägemühlenschleuse, doch ist die Schleuse nur bis zum Doppelskuller zu benutzen. Vierer müssen um die Schleuse herumgetragen oder vorher beim kleinen Kreuz die Mühlspree weiter hinauffahren an dem Rest. Spreeschlösschen, dem einzigen Hof am Wasser, vorbei bis zur Schlossbrücke und die wenigen Schritte herumgetragen. Gleich hinter der Schlossbrücke am Hauptlandungsplatz liegt das Lübbenauer Bootshaus "Gorroschoa", F.: 181 [11]. Die gesamte angegebene Strecke ist bis hier markiert, und zwar weißes Schild mit rotem Stern und eigentlich nicht zu verfehlen.


Ober-Spreewald-Fahrten

Der Oberspreewald ist ein Wald- und Wiesengebiet, das bei den Dörfern Fehrow und Schmogrow beginnt und sich in einer Länge von 28 km und einer Breite von 7-11 km über Burg und Lehde bis Lübben hinzieht. Durch unzählige Arme, Kanäle und Wasseradern geteilt, durchfließt die Spree diese 20.700 ha große Wald- und Sumpffläche. Zwei Hauptarme lassen sich in dem weitverzweigten Wassergewirr unterscheiden: die Malxe oder große Mutnitza, die den nördlichen Teil bei Forsthaus Eiche und Kannomühle durchfließt, und die Mühlspree mit Prinz-Wilhelm-Fließ, die eigentliche Fortsetzung des Spreeflusses. Nur ein Sechstel des Spreewaldes (im N. bis Straupitz und Alt-Zauche) trägt Wald, zumeist Erlen. Der etwa 4-5 Quadratmeilen große Oberspreewald wird von mehr als 300 Flussarmen durchfurcht. Früher war die ganze, weite Niederung von einem gewaltigen Urwalde voll herrlicher Eichen, Buchen, Eschen und Erlen bestanden. Zu Fuß war der Spreewald überhaupt nicht zu durchwandern, da der sumpfige Untergrund den kühnen Eindringling festgehalten und mit unrettbarem Tode bedroht hätte. Nur auf Booten, Hohl- oder Einbäumen war es möglich, in denselben einzudringen. Die große Menge von Flussarmen mag das Hochwasser, das in der Niederung oft lange stand und keinen rechten Abzug hatte, sich selbst geschaffen haben. Erst die spätere Zeit hat zahlreiche Kanäle hervorgerufen, welche die Wassernot einigermaßen beseitigten. Der Urwald ist durch unvernünftige Abholzung nur noch zum kleineren Teile erhalten. Aus der Zeit des einst so gewaltigen Urwaldes sind nur noch vereinzelte Baumriesen übrig geblieben, die beredtes Zeugnis von der Ueppigkeit und Fruchtbarkeit der Niederung ablegen. Zu diesen gehört in erster Linie die sogenannte Florentinereiche bei Straupitz, die wohl mindestens ein tausendjähriges Alter hat. Da ihr Umfang neun Meter beträgt, dürfte sie wohl einer der stärksten Bäume Deutschlands sein. In ihrer Nachbarschaft stehen mehrere, fast ebenso starke Baumriesen. Auch diejenigen drei Eichen, welche vor dem Forsthaus "Eiche" stehen, müssen als letzte stolze Säulen der vergangenen Pracht genannt werden [12]. Der Verkehr findet zum großen Teile auf dem Wasser statt. Wenn im Winter das Eis die weit über ihre Ufer getretenen Wasserflächen mit glitzernder Decke überzieht, dann benutzen die Bewohner Schlittschuhe und Schlitten zum Verkehr von Ort zu Ort. An schönen Sonntagen entfaltet sich dann ein reges Leben auf den zugefrorenen Bächen und Kanälen. Namentlich eilen viele Berliner Sportgenossen dahin, um diesem Vergnügen zu huldigen.

Die Meliorationspläne, die seit Jahrzehnten den Bestand bezw. die nautischen Eigenschaften des Spreewaldes bedrohen, sind in ein neues Stadium gerückt. Die seit Jahren schwebende Streitfrage der Trockenlegung des Oberspreewaldes ist leider zuungunsten des Naturdenkmales entschieden worden. Der Spreestau in Lübben wird um 42 cm abgesenkt, wodurch den Wiesen das Winterhochwasser entzogen wird und eine ganze Anzahl der romantischen Flüsse des Oberspreewaldes zur Austrocknung gelangen. Werden hier keine künstlichen Staue errichtet, so sind die Tage der romantischen Wanderfahrten im Spreewald gezählt. ("Hip Hip Hurra", 5. Auflage 1925, S. 114 f.) [13]


Spreewaldkarte aus der 6. und letzten Auflage von "Hip Hip Hurra" 1929, Maßstab 1:100.000. Schleusen gibt es noch nicht. Viele Fließe tragen noch traditionelle "wendische" Namen; nur wenige Jahre später sollten die Nazis den Fließen neue, deutschsprachige Namen geben, die bis heute gelten.


Fahrten stromauf für Ruderboote und Kanus

Ist auch die Strömung bedeutend schwächer als im Unter-Spreewald, gilt doch auch hier dieselbe Regel: Der kürzeste und bequemste Weg stromauf, die schmalen und starkströmenden Fließe stromab.


1. Von Lübbenau stromauf nach Burg.
Von der Hauptabfahrtstelle oder vom Bootshaus "Gorroschoa" die breite Gorroschoa (ab 1937 Leineweberfließ, heute Südumfluter), die Jeschoa (auch Untere Boblitzer Kahnfahrt genannt) stromauf bis zur Mühlspree (bei Leipe; Hauptspree an der Dubkowmühle). Diese dann hinauf über Dubkowmühle (Schleuse) am Gasthof zum Spreewald vorbei bis Burg-Hafen oder auch vorher beim Wegweiser über Niabosatz (Bohrfließ), Scheidung über Gasthof Bleiche [14] zum Burger Hafen. Kanus benutzen auf dieser Strecke nicht die Jeschoa, sondern den kurz vorher abgehenden Freiheitskanal (Erster Freiheitskanal).


2. Stromauf nach Eiche - Straupitzer Buschmühle.
Die Gorroschoa, Jeschoa stromauf wie bei der vorigen Fahrt, dann unmittelbar durch Dorf Leipe, auf der Leipe'schen Grobla (Leiper Graben), Burger und Tschello-Kanal (Burger und Burg-Lübbener Kanal) schneidend, über Pohlenz-Schenke die große Mutnitza (Großes Fließ) hinaus über Forsthaus und Gasthaus Eiche nach Straupitzer Buschmühle.


3. Stromauf nach Raddusch.
Die Gorroschoa, Raschkowitz, Radduscher Grobla über Buschmühle (Wehr) hinauf bis Dorf Raddusch oder über Boitzfließ nach Wirtshaus Quackatz und weiter zur Tanne oder Dubkowmühle. (Raschkowitz, Radduscher Grobla und Boitzfließ sind Fortsetzungen der Gorroschoa, heute Leineweberfließ / Südumfluter.)


4. Stromauf nach Alt-Zauche.
Durch die Sägemühlen-Schleuse, Weeskow (Lehder Graben), Mühlspree (Lehder Fließ), Luschna durch das Ugroa-Fließ (Luschna und Ugroa = Westgraben im Kleinen Gehege nördlich von Lübbenau, heute zugeschüttet) oder große Mutnitza (Großes Fließ), Polenzoa (Polenzfließ) nach Alt-Zauche.


Den Kanufahrern wird es ein leichtes sein, an Hand der Karte noch andere Fließe zu benutzen. Der Ruderer halte sich aber streng an die angegebenen Strecken, die ihm die Möglichkeit geben, alle wichtigen Punkte des Spreewaldes zu erreichen. Stromab kann auch er die schmaleren Fließe benutzen, der Strom bringt ihn immer vorwärts, so dass er auf diese Weise dieselben Strecken befahren kann wie das Kanu.

In besonders regenarmen heißen Sommern sind die angegebenen Wege für Ruderboote nicht in vollem Umfange befahrbar. Man ziehe vorher Auskunft im Bootshause Gorroschoa ein. Bei mittlerem Wasserstand ist diese jedoch immer möglich.


Fahrten stromab

1. Von Straupitzer Buschmühle nach Burg, Werboa, Prezna Zerra, Mühlspree bis Burg-Hafen.

2. Von Straupitzer Buschmühle nach Lübbenau. Über Mühlspree - Eiche - Kannomühle - Schützenhaus - Zerre - Wehrkanal - Wotschofska - Lehde - Lübbenau.

3. Von Eiche die große Mutnitza - Leipsche Grobla über Pohlenz - Burgischen Kanal - Lehde - Lübbenau.

4. Von Pohlenzschänke über dritten Kanal - Wehrkanal - Staubkanal - Kossoa - über Restaurant Spreeschlösschen nach Lübbenau.

5. Straupitzer Buschmühle - Schrebenza - Werboa - Erholungsplatz - Burgscher Kanal - Lehde - Lübbenau.

6. Burg-Hafen - Mühlspree - Lappans Kanal - Prezna Zerra - Lange Werboa - Burgscher Kanal - Lehde - Lübbenau.

7. Burg-Hafen - Mühlspree - Boits-Fließ - Raschkowitz - Gorroschoa - Lübbenau.

8. Burg-Hafen - Mühlspree - Dubkowmühle - Leipe - Prinz-Wilhelm-Fließ - Lübbenau.

9. Burg-Hafen - Mühlspree - Lappans Kanal - Kschiwa-Zerra - Wildbahn-Abzug - Totzke - Prinz-Wilhelm-Fließ - Lübbenau.

10. Burg - Gasthaus zur Deutschen Eiche - die Sprewa hinunter bis Groblieza-Fließ - Erholungsplatz - Burgscher Kanal - Lehde - Lübbenau.

11. Alt-Zauche - Ugroa - Eichkanal oder Alt-Zaucher Spree oder Krumme Mutnitza - Vorflutkanal nach Lübben, Große Amtsmühle.

12. Raddusch über Kahnfahrt - Mühlspree - Dubkowmühle - nach Leipe und über Jeschoa - Lübbenau - Gorroschoa oder die Jeschoa geradeaus nach Boblitz. [15]


Für Kanuisten lassen sich diese Fahrten mannigfach anders gestalten. Es richtet sich nach der Zeit. Jeder Wirt und besonders die Kahnfährleute geben gern und bereitwilligst Auskunft. Zigarre! ("Hip Hip Hurra", 5. Auflage 1925, S. 122)


Fahrten von Kottbus stromab

(Nach Freigabe des Hammerstromes wird eine Markierung aufgestellt.)

Die Boote werden hinter den beiden Wehren der Straßenbrücke zu Wasser gebracht und wird nach kurzer Fahrt das Spreewehr erreicht. Bei niedrigem bis mittlerem Wasserstand ist es ratsamer, den Spreearm zu verlassen und auf dem sich hier abzweigenden Hammerstrom über Peitz - Fehrow - Schmogrow - über Moksche Broda (Nordfließ) - Bsennitza ("B-Graben" nördlich des Nordumfluters) oder Patschownia (Großes Fließ) - Schrebenza (Kleines Fließ) nach Straupitz Buschmühle die Fahrt fortzusetzen. Nur bei hohem Wasserstande wählt man den kürzeren Weg über die Spree (Wehre) nach Burg-Hafen. Anlegestege Gasth. "Zum grünen Strand der Spree". Die Benutzung des Hammerstromes war bisher verboten, doch haben sich der Verkehrsverein in Kottbus und der Besitzer des Bootsh. "Gorroschoa", Lübbenau, F.: 181, für die Freigabe eingesetzt, die in allernächster Zeit erfolgen dürfte.


Fahrten von Lübbenau stromab

(Wegemarkierung weißes Schild roter und blauer Stern.)

Für die Fahrt gilt als kürzester Weg die unter 1. beschriebene Strecke in umgekehrter Reihenfolge (rote Sternmarkierung). Damit aber Gelegenheit gegeben wird, alle Punkte des Spreewaldes kennenzulernen, sind die Abzweigungen blau markiert.


A. Bis Lübben sind folgende Wege zu benutzen:

1. Lübbenau - Weeskow - Spreeze - Neue Spree - über Gasth. Wendenfürsten zur großen Amtsmühle (kürzeste Strecke).

2. Weeskow - Mühlspree - Vorflutkanal - Große Amtsmühle.

3. Lehde - Wehrkanal - Große Mutnitza - Krumme Mutnitza - Vorflutkanal - Große Amtsmühle.

4. Lehde - Wotschofska - Staukanal - Luschna - Mühlspree - Vorflutkanal - Große Amtsmühle.

5. Alt-Zauche - Eichkanal - Vorflutkanal - Große Amtsmühle.

6. Alt-Zauche - Altzaucher Spree - Neu Spree über Wendenfürsten nach Große Amtsmühle.[16]


Um die Schleuse in Lübben zu umgehen, verlasse man, nachdem der Wendenfürst und die Militärbadeanstalt passiert sind, etwa einige 100 m hinter der Badeanstalt die Spree und biege in das rechts abzweigende Nebenfließ, das am Vorflutkanal vorbei zur Großen Amtsmühle, großes gelbes Haus; führt, wo das Boot über den Damm getragen werden oder auch mit Liedemanns oder des Gastwirts Wagen befördert werden kann.


B. Von Lübben durch den Unter-Spreewald stromab.

Von der Großen Amtsmühle erreichen wir auf dem Vorflutkanal in kurzer Zeit die große oder Hauptspree. Kurz vor der Japanesenbrücke geht links ein Arm nach der Krausnicker Spree ab, der ebenso wie der gleich hinter Petkansberg sich abzweigende Arm über die Koppelna nach Wasserburg führt und nur bei hohem Wasserstande fahrbar ist.

Bei dem nun kommenden Wegweiser teilt sich die Spree; der rechte Arm, die Hauptspree, führt nach Schlepzig, während der linke, die Quaspree, uns durch herrlichen Buchenwald in schneller Fahrt über den Puhlstrom, kleine Spree nach Leibsch bringt.

Lange Jahre war der schönste Weg des Unterspreewaldes Pethamsbug - Quaspree - Puhlsborn - Kleine Spree - glatt zu durchfahren [17].

  • Diese Fahrt um Pfingsten herum ist einzig schön. Wenn die hohen Buchenbestände ihre smaragdgrünen Blätter entfalten und der Wigelwagel sein goldenes Lied flötet, in den Eichen der Waldstorch nistet und der Waldboden mit Waldmeister und Millionen Maiglöckchen übersät ist, beginnt hier des Lebens allerschönste Zeit.

Vor einigen Jahren bestand hier die Gefahr, dass dieser Weg durch ein Wehr behindert werden sollte. Nach vielen Eingaben und Beschwerden sowie mit Hilfe des Wassersportbeirates gelang es in letzter Stunde, den Einbau einer Schleuse durchzusetzen. Die Anlage ist im Herbst vorigen Jahres in Betrieb genommen. Im vergangenen Jahre vollzog sich der Sportverkehr ohne Schwierigkeiten, jetzt aber ist schon die Einrichtung verrostet und das Öffnen der Schleuse unmöglich. Protest ist eingelegt. Die Kameraden werden also, bis die Schleuse wieder in Betrieb ist, vorläufig den Weg über Schlepzig (Hauptspree, rote Markierung) wählen. [18]

Abzweigung bei der Greiser Arche zur langen Horst (Adlerhorst) über Zimmermannspree nach Wasserburg. An Naturschönheiten ist der Unter-Spreewald mannigfaltiger als der Ober-Spreewald. Hat letzterer seine stolzen Erlenwälder, birgt jener noch Reste des früheren Urwaldes, wunderbare Buchenbestände und ehrwürdige knorrige Eichen. Ueberhängende Erlen geben uns Schatten, mit ihren unterwaschenen Wurzeln bieten sie dem wuchernden Pfeilkraut willkommene Klettergelegenheit. Mit freundlichen Blauaugen schauen Vergissmeinnichtblüten aus dem dunklen Grün heraus. Hin und wieder kommt uns mit seiner duftenden Last ein Heukahn entgegen, von kräftiger Faust geschickt gesteuert. Die Fahrt geht größtenteils durch Laubwald unter verschiedenen Bänken hindurch. ("Hip Hip Hurra", 5. Auflage 1925, S. 111)

Die Wasserburger Spree, die oft im Sommer wenig Wasser hat, mündet in den Dahme-Umflutkanal, der über den Köthener See, ebenso wie der Weg von Leibsch aus, auf dem Dahme-Umflutkanal nach Wendisch-Buchholz führt.

Die Verlängerung der Wasserburger Spree über den Umflutkanal hinaus fließt in vielen Windungen zum Neuendorfer See; auch dieser Arm hat oft sehr viel Kraut und wenig Wasser; man erkundige sich im Gasth. von Damm (Rückporto); weiter geht dann die Fahrt abwärts nach Beeskow - Fürstenwalde. Einfacher ist diese Fahrt jedoch von Leibsch aus; man benutze den toten Arm gegenüber von Krügers Gasthof "Zum Spreewald", dieser führt bis auf wenige Meter an die Spree, dort kann man leicht das Boot über den Damm ziehen. Der Gasthof ist seit 1725 im Besitz der Krüger'schen Familie. Empfehlenswert ist er auch für jeden Wasserwanderer, wenn er vom Oberspreewald über Wendisch-Buchholz zurückfahren will, dass er schon vom Gasth. "Zum Spreewald" telephonisch einen Wagen in Wendisch-Buchholz bestellen kann [19]. Gleich in die Spree zu fahren ist nicht ratsam, da der Zugang durch ein Wehr versperrt ist und ein Herumtragen wegen der hohen Ufer schwierig ist; eine Schleuse soll eingebaut werden.

Kanufahrer, die von Schlepzig kommen, benutzen das erste rechte Fließ hinter dem Dorfe bei der Spreebank, die Pretschner Spree, die zur Beeskower Spree führt und die Strecke abkürzt (bei niedrigem Wasser nicht zu empfehlen).

Von Leibsch aus ist auch der Spreewald stromab zu erreichen, also Hin- und Rückfahrt stromab.

Leibsch spreeabwärts über Neuendorfer See - Alt-Schadow - Cossenblatt - Trebatsch - Schwielochsee - Goyatz und dann über Straupitz - Buschmühle - Eiche - Burg - über Lübbenau zurück. Als Ferienfahrt sehr lohnend.

Für Ferienlagerfahrten sind sowohl der Schwielochsee, wie auch der Neuendorfer See wegen ihrer idyllischen Lage sehr geeignet. Ganz hervorragend auch der Köthener See am Fuß der Krausnicker Berge.

Da das Landen im Spreewald manchmal mit Schwierigkeiten verbunden ist, auch nicht jedes Ufer zum Anlegen geeignet ist, seien noch einige gute Anlegestellen angegeben:


Anlegemöglichkeiten für Wassersportler

Ober-Spreewald

  • Lehde: Fröhlicher Hecht, in das Nebenfließ einfahren, das sich bei der Brücke abzweigt, in dem kleinen Hafen am rechten Ufer anlegen.
  • Wotschofska: Hinter der Gastwirtschaft in den Nebenfließen anlegen, da der Kahnbetrieb unmittelbar am Gasthause störend wirkt.
  • Pohlenzschänke: Wegen der flachen Ufer besonders geeignet.
  • Eiche: Sonntags bei Überfüllung nicht zu empfehlen, sonst gut.
  • Burg: Landhaus Winzer, Bleiche, Gasthof Zum Spreewald, gut. Burg-Hafen umständlich. - Für Boote, die von Kottbus kommen, Gasthof Zum grünen Strand der Spree [20].
  • Raddusch: Buschmühle sehr geeignet, nach Dorf Raddusch zu Fuß auf reizvollen Wegen, oder an der Radduscher Kahnfahrt anlegen.


Unter-Spreewald

  • Lübben: Am Garten des Nachtwächters Liedemann neben der Großen Amtsmühle oder beim Gastw. Wendenfürst an der neuen Spree.
  • Vor Schlepzig: Petkansberg (Waldhalle). Am Puhl (früher Moldenhauer Hütte [21]). Lagerstellen.
  • Leibsch: Gasthof "Zum Spreewald", Wilhelm Krüger, Am Bootshause.


Zur Orientierung noch die ungefähre Fahrtdauer im Doppelskuller, da im Paddelboot von mir nicht unternommen:

  • Wendisch-Buchholz - Leibsch...... 1 1/4 Stunden
  • Leibsch - Schlepzig................... 1 1/2 Stunden
  • Schlepzig - Lübben.................... 2 Stunden
  • Lübben - Lübbenau.................... 1 1/2 Stunden


Von Wendisch-Buchholz bis Lübbenau sind 43 km.

Die Rückfahrt im Frühjahr Lübbenau - Wendisch-Buchholz ungefähr 4 Stunden.

Dazu kommen allerdings die Aufenthaltspausen: Zwei Schleusen: In Leibsch (abgabefrei, selbst bedienen), in Lübbenau (Mühlenschleuse, 20 Pfg.).

Die Schleuse in Schlepzig wird umgangen, Schild Bräuniger oder Tennert.

In Lübben ebenfalls die Schleuse oberhalb der Pfaueninsel meiden. Bequemes Herumtragen der Boote an der Amtsmühle. (Umflutkanal). Der rote Stern zeigt die Wege.


Orte des Oberspreewalds

Da nur Lübbenau, E., als Ausgangspunkt für die Schönheiten des Oberspreewaldes zu betrachten ist, so befolge man den Rat, hier vor allen Dingen Erkundigungen über den Wasserstand im Bootshause "Gorroschoa", F.: 181, einzuziehen und evtl. einen Führer [22], der die fahrbaren Kanäle bis Burg zeigt, zu mieten. Es ist nicht leicht, sich auf den vielen Wasseradern zurechtzufinden. Doch hin und wieder stakt ein Kahn an uns vorbei, der uns die richtige Fahrstraße weist. Oder nachfragen an einem Gehöft (Achtung! Hunde); wir erhalten bereitwilligst Auskunft (auf Kleidung achten!) ("Hip Hip Hurra", 5. Auflage 1925, S. 122) Bei günstigem Wasserstande jedoch, an der Hand unserer Beschreibungen und der beigefügten Karten 6 und 7 ist es aber auch nicht gerade schwer, sich zu orientieren und das rechte Fahrwasser zu finden. [23]

Lübbenau hat bedeutenden Gurken- und Gemüsehandel. Sehenswertes: Inneres der Pfarrkirche und umfassender, vom Feldmarschall Moltke gerühmter Rundblick vom Kirchturm, auf dem allmorgendlich um 10 Uhr die Stadtkapelle bläst; Gräflich Lynarscher Schlosspark; Eintritt nach Anfrage beim Schlossdiener. Spreewaldmuseum im Schulhause. [24]

Zahlreiche gute Gasthäuser bieten uns Unterkunft: Hot. "Spreeschlösschen", das einzige Haus am Wasser, F.: 75; Städt. Etablissement Wotschofska, größtes und vornehmstes Haus im Spreewalde; auch zu Fuß von Lübbenau erreichbar [25].


"In Lübbenau, in Lübbenau

sitzt ein Indianer hinterm Bau!

Der schmeißt mit sauren Gurken,

was sagt ihr zu dem Schurken?"


Janks Rest. direkt am Markt; Logis in jeder Preislage; Hot. und Rest. Müller-Jäger [26]; Hot. "Spreeschlösschen", direkt am Wasser gelegen. F.: 73.

Vielen Sportkameraden wird es unbekannt sein, dass öfter im Sommer der Lehrer Fahlisch aus Lübbenau Gesellschaftsfahrten von Berlin aus nach dem Spreewalde veranstaltet. Die Fahrten werden am Sonnabend abends 7 Uhr auf dem Görlitzer Bahnhof angetreten und enden Sonntag abends. Preis für Nachtquartier, Verpflegung und Wasserfahrt: 16 bis 18 M. Verfasser hat wiederholt diese Touren mitgemacht, sie sind jedem Liebhaber zu empfehlen. Anfragen beantwortet Lehrer Fahlisch umgehend. Rückporto! ("Hip Hip Hurra", 2. Auflage 1909, S. 84)

Sobald der Park zurückbleibt, eine munter klappernde Sägemühle mit Kahnschleuse (20 Rpf.) bezeichnet diesen Punkt, beginnt die Landschaft den eigentlichen Spreewaldcharakter anzunehmen. Wiesen, von stattlichen Erlenbäumen und Werftgebüsch [27] eingefasst, breiten sich zu beiden Seiten aus, unterbrochen von dunklen Ackerlandstreifen mit Gurken, Zwiebeln, Meerrettich, Sellerie, Majoran, Dill, Kohlrüben, Bohnen und Erbsen bepflanzt [28]. Die eigentliche Abfahrtstelle der Kähne ist in dem von der Sägemühle nach der Stadt zu führenden Arm. Wer möglichst nahe an den Bahnhof gelangen will, fahre von hier den l. hart am Bootshause Gorroschoa und an der Stadt weiter führenden, sehr engen und flachen Graben so weit wie möglich hinein.

Das Anziehendste in Lübben, E., welches schon in der Chronik des Bischofs Ditmar von Merseburg im Jahre 1007 erwähnt wird, ist die Hauptkirche sowohl in historischer, wie landschaftlicher Hinsicht. In ihren Räumen fand unser großer Kirchliederdichter Paul Gerhardt (gest. 1676) seine letzte Ruhestätte; neben dem Altar bemerken wir eine treffliche Kopie der "Himmelfahrt" von Mengs. Für Naturfreunde ist ein Besuch des "Großen Haines", ein Naturpark, wie er größer und schöner selten zu finden ist, empfehlenswert; daselbst befindet sich auch ein photographisches Atelier, woselbst sehr schöne Gruppenaufnahmen arrangiert werden. Am südlichen Ende der Bahnhofchaussee liegt eine große Provinzial-Anstalt für Idioten und Geisteskranke. Lübben ist nur ein Verbindungspunkt zwischen Ober- und Unterspreewald in einer Wiesenniederung. J.-H. Berliner Straße. Gasth. Buckoitza am Eichkanal gelegen [29]. Hot. "Zur Stadt Berlin", Breite Str. 5, F.: 9. Hot. "Zum goldenen Stern", Breite Str. 10.

Lübben ist eine der ältesten märkischen Städte; schon 1199 wird in Urkunden ein deutsches Burgwardium Lubbyn erwähnt. Aber noch früher war hier eine Wendensiedlung, an die freilich nur noch der herrliche Stadtwald, ein einzigartiges Naturdenkmal, erinnert. Er ist ein Rest des einst die ganze Gegend bedeckenden Spreewaldes mit urwaldähnlichem Baumbestand, riesigen alten Eichen und Erlen, die von Efeu wild umschlungen sind. Die Berste fließt mit flinken hellen Wassern hindurch, um sich unterhalb Lübbens mit der Spree zu vereinen. Hier im Hain war einst in alten Wendenzeiten das Heiligtum der Göttin Liubal, die das Feuer am häuslichen Herde hütete und über dem geheiligten Gastrecht und der Liebe wachte. Heute noch steht hier ein ihr geweihter Stein, ist sie es doch, von der der alte Ortsname Luba und der heutige Stadtname Lübben hergeleitet wird.

Sehr interessant ist in dieser Beziehung das am Markt gelegene Altertumsmuseum der Stadt mit seiner charakteristischen Spreewaldstube.

In der Nikolaikirche, deren gewaltiger Turm hinter dem Marktplatz aufragt, wirkte übrigens von 1669 bis 1676 Paul Gerhardt als Archidiakon, seinem Andenken ist ein Bronzedenkmal vor seiner einstigen Wirkungsstätte gewidmet. [30]

In Lübben ist vor allen Dingen die Gefahrschleuse zu meiden! Umgehung möglich!

Lehde (Spreewald-Venedig, Lagunenstadt in Taschenformat), das mit seinen alten Blockhäusern, die zum Teil über 200 Jahre alt sind, malerisch um erlenumsäumte Fließe gruppiert liegt, ist das schönste aller Spreewalddörfer. Fast alle Häuser sind Blockhäuser, aus Holz im Grünen am Flussufer errichtet und von hohen Bäumen beschattet. So viele Häuser, so viele Inseln. Fast jedes Gehöft liegt auf einer Insel, und das Boot ist das einzige Verkehrsmittel. Alte herrliche Bäume umrahmen die Hofstätten, deren Häuser fast ausschließlich aus rohen Balken gezimmert sind. Nur wenig Sonnenlicht vermag durch das dichte Blattwerk zu dringen, so dass das Dorf in einem träumerischen Halbdunkel ein märchenhaftes Dasein führt. Es wundert uns deshalb auch nicht, wenn wir bald einen Maler hinter seiner Staffelei sehen, der emsig bemüht ist, ein anmutiges Motiv auf die Leinwand zu bannen. Und im Gasth."Zum fröhlichen Hecht" finden wir eine Sammlung der köstlichsten Spreewaldgemälde. Außerdem hat sich der rührige Wirt ein richtiges Museum alt-wendischer Sehenswürdigkeiten angelegt. Die vielen gediegenen Holzschnitzereien erregen unsere Bewunderung [31]. - Am anderen Tage sehen wir im Lübbenauer Spreewaldmuseum noch mehr dieser kostbaren Schnitzereien. Die lange Winterruhe und der Reichtum an weichen Holzarten haben diese Kunst hier zu hoher Blüte entwickelt, deren Ruhm heute die Lübbenauer Kunstdrechslereien in alle Welt tragen. Jede Insel aber ein prächtiges Kabinettstück landschaftlicher Anmut. Man kann sich nichts Lieblicheres denken als dieses Lehde.

Die große Dorfstraße bildet die Spree, in welche schmalere Gassen von l. und r. her einmünden. Wo sonst Heckenzäune sich ziehen, um die Grenzen eines Grundstückes zu markieren, spannen sich hier vielgestaltige Kanäle, die Höfe selbst aber sind sich in ihrer Grundlage meistens gleich. Dicht an der Spreestraße erhebt sich das Wohnhaus, ziemlich nahe daran die Stallgebäude, während klafterweise aufgeschichtetes Erlenholz als schützender Kreis um das Inselchen herläuft. Obstbäume und Düngerhaufen, Blumenbeete und Fischkasten teilen sich in das übrige Terrain und geben eine Fülle der reizendsten Bilder. Das Wohngebäude, wie vorher erwähnt, meist ein Blockhaus mit kleinen Fenstern, trägt eine tüchtige Schilfdachkappe; das ist das Wesentliche. Seine Schönheit aber besteht in seiner malerischen reichen Einfassung von Blatt und Blüte. Kürbis rankt sich auf, und Geisblatt und Convolvulus schlingen sich, in allen Farben spiegelnd, hindurch. Zwischen Haus und Ufer breitet sich ein Grasplatz aus, an den sich ein Brückchen oder ein Holzsteig anlehnt, und um ihn herum gruppieren sich die Kähne, klein und groß, immer aber dienstbereit, sei es, um bei Tag einen Heuschober in den Stall zu schaffen, oder am Abend einem Liebespaare bei seinem Stelldichein behilflich zu sein. Unter dem Blätterdome gleitet man geräuschlos auf der von Blockhäusern gesäumten Dorfstraße. Kein Hufschlag, kein Wagenrollen, nur der leise Schlag der Ruder, Gruß und Gegengruß, und in den Wipfeln über uns Singen und Zwitschern. Das Bestehen des Ortes lässt sich urkundlich auf mehr als 500 Jahre nachweisen. Am Ende des Dreißigjährigen Krieges brannte diese kleine Niederlassung wendischer Fischer fast völlig aus. Doch in all dem Wechsel der Zeit haben die Spreewälder ihre alten Sitten und Gebräuche, ihre Sprachen und ihren Charakter kaum geändert, obwohl man schon im Anfange des vorigen Jahrhunderts begann, durch Schulunterricht die deutsche Sprache einzuführen.

Im Gasth. "Zum fröhlichen Hecht", F.: Lübbenau 26, altwendischer Saal mit vielen altwendischen Sehenswürdigkeiten und von Künstlern gestiftete Gemälde. Eine hohe Brücke führt zu den Anlagen und Promenaden. In einem kleinen Wasserlauf der Anlagen sind einige Jahrhunderte alte Einbäume (wendisch Plaunika genannt) zu sehen.

Dabei berührt man auf seiner Fahrt eine ehrwürdige Stätte, das Forsthaus Eiche, F.: Lübbenau 3, dessen Besitz sich schon in einer Reihe von Generationen fortgeerbt hat [32]. Uralte Eichenriesen halten Wacht vor diesem grüngebetteten Blockhause. Hier wohnt Zufriedenheit und schlichte Frömmigkeit; das leuchtet aus allem hervor, und auch der Spruch über dem Hause, nur schwer noch lesbar, kündet es dem Wanderer:


Wir bauen oftmals feste

Und sind nur fremde Gäste;

Wo wir sollten ewig sein,

Da bauen wir ja wenig ein.


Um Forsthaus Eiche ist alles Urwald. Staatlicher wie gräflich Lynarscher Besitz grenzen hier aneinander. Der Hochwald verdrängte hier die weiten Wiesen mit ihrem bunten starken Weidevieh. Einzelne breitgewölbte Muttereichen stehen am Ufer, die dem Forsthaus den Namen gegeben haben. Ihre Blätter rauschen leise im Wind und erzählen den jungen Eichen, Rüstern und Buchen alte Geschichten. Immer tiefer treibt das kleine Boot in den herrlichen Hochwald hinein. Immer stiller und heiliger wird es in dem grüngoldenen Dom. Aber auch die "Pohlenzschänke", F.: Lübbenau 34, wahrscheinlich so von Palenz-Branntwein genannt, denn der Palenz spielte lange Zeiten unter den Wenden der Lausitz eine ebenso gewichtige als auch verderbenbringende Rolle, trotz des wendischen Sprichwortes "Palenc je walenc" = Der Branntwein ist ein Umwerfer ("Hip Hip Hurra", 2. Auflage 1909, S. 86), ist ein wunderschönes, anmutiges erlenbestandenes Plätzchen, in dessen traulichem Vorgärtchen ein Gericht Fische mit der berühmten Spreewaldtunke kostbar mundet [33]. Bei den Weiterfahrten muss man stets sich beim Wirt nach dem Wege erkundigen. Auch die Spreewaldführer geben gern auf eine höfliche Anfrage Auskunft.

Leipe hat ungefähr 300 Einwohner, es ist der einzige Spreewaldort, der nicht vom Land aus - also nur mit Kahn - zu erreichen ist [34]. Die Bewohner ernähren sich durch Fischfang, Wiesen- und Viehwirtschaft. Es kann sich aber mit Lehde an Schönheit nicht vergleichen, bietet aber bei seinem zahlreichen Kahnverkehr viele schöne Bilder. Buchans Gasth., gegr. 1765, F.: Lübbenau 34 [35].

Burg, E., 4100 Einwohner, J.-H., Feuerwehrgebäude, Dorfstraße 143. Das Riesendorf (wendisch Grod oder Burk, d. h. Schloss genannt), hat seinen Namen von der alten Wendenfeste auf dem nahegelegenen Schlossberg erhalten. Man sieht dort noch einen Rundwall, vielleicht aus dem 10. Jahrhundert, als der Markgraf Gero dieses Gebiet dem Deutschen Reiche und dem Christentum unterwarf. Doch beweisen die Gräberfunde, dass hier auch schon eine germanische Ansiedelung bestanden hat. Heute erhebt sich auf der Kuppe des Hügels ein Aussichtsturm (Bismarckturm, 1917 errichtet und mit einer eisernen Bismarckbüste versehen, eine Erinnerung an die Toten des Weltkrieges), der einen wundervollen Rundblick über den ganzen Spreewald gestattet. Die Spree verteilt sich hier in viele Arme, man zählt ungefähr 300, die noch dazu häufig durch Kanäle verbunden worden sind und meistens einen eigenen (oft wendischen) Namen tragen. Burg war die Hochburg des Niederlausitzer Wendentums und ist der Brennpunkt für jeden Spreewaldbesucher. Weitaus älter als Berlin, und fast ebenso groß - nämlich über eine reichliche Quadratmeile [36] - hat sich dieses originelle und interessante Dorf noch so ganz in Sitte und Tracht das Erbteil der Väter bewahrt. Die Eigenartigkeit der Dorfanlage, die schmucke, bunte Tracht der hübschen Mädchen, das Festhalten an alten Sitten und Gebräuchen verleiht dem Orte eine Anziehungskraft, welche mit jedem Jahre noch zu wachsen scheint. Weltberühmt ist vor allem der Kirchgang der Frauen und Mädchen, die in ihren heimischen Trachten, besonders nach Beendigung des wendischen Gottesdienstes (gewöhnlich 11 1/2 Uhr) ein höchst malerisches Bild geben. Aus dem Dorf, der Kolonie und der weit verstreut liegenden Kaupergemeinde kommen die Kirchgänger herbei, um dem evangelischen Gottesdienste beizuwohnen, der hier noch in der wendischen Sprache abgehalten wird. Frauen und Mädchen in weiten Röcken aus feinem schwarzem Tuch, schwarzem Samtmieder, um den Kopf das weiße Tuch, nach der bekannten Spreewälder Art getragen, schwarzen Strümpfen und schwarzen Halbschuhen, in der einen Hand das Gesangbuch, in der anderen den ererbten Regenschirm. In kleinen Gruppen stehen sie unter den Bäumen an der Pfarre und tauschen Neuigkeiten aus. - Nirgendwo Hasten und Lärmen, überall sonntägliche Zufriedenheit und Beschaulichkeit, die uns Großstädtern wie eine verklungene Sage vorkommt [37]. Die Fülle von Sagen und unbestimmten geschichtlichen Ereignissen, die reiche Beute an Ausgrabungen germanischer wie slawischer Vorzeit, als kurze Steinbeile, Bronzen, Gold- und Eisensachen, Spinnwirteln; Webegewichte; unzählige Urnen; Tränennäpfchen und andere Tongefäße, die eigentümliche Lage und Gestalt des Hügels: dies alles zusammen hat dem Schlossberge bei Burg einen hohen Reiz und ein weitverzweigtes Interesse verliehen. Die gesamte Ausdehnung des unregelmäßig geformten Schlossberges beträgt in der Länge etwa 400 m, in der Breite 200 m. Ohne Zweifel ist ehedem der Schlossberg ein alter Begräbnisplatz gewesen.

Burg besteht aus drei selbständigen Gemeinden: Burg-Dorf, Burg-Kauper und Burg-Kolonie. Für die 3 Gemeinden besteht nur die eine Kirche in Burg-Dorf, erbaut 1799. Auf dem Kirchplatz versammeln sich die Kirchbesucher in ihren malerischen Trachten nach dem Kirchgange. - Gasth. in Burg-Dorf: Zum Spreehafen, am Hafen, Bootsstation für Ruderer und Paddler; Kraftpost nach Vetschau. Gasth. in Burg-Kolonie: Zur Tanne, reizend am Leinweber- oder Melzker-Fließ gelegen, schöner Tannengarten, Massenquartier. Zur Tanne gelangt man von der Gorroschoa, Raschkowitz-Fließ, Boitz-Fließ, an Quackatz Gasth. [38] vorbei, weißes T, an den Bäumen in das Leinweber-Fließ. Von Leipe erreichen wir die Tanne Mühl-Spree, Niabosatz-Fließ (weißes T), Zrionk-Fließ, Leinweber-Fließ (über Hauptspree, Bohrfließ, Ostgraben Südabschnitt, Kleines Leineweberfließ).

Gasth. in Burg-Kauper: Zum wendischen König, am Nordsüdweg Vetschau - Naundorf - Straupitz, Massenquartier. Gasth. Rogatz-Jarick, hinter dem Schlossberge, am Weg zur Straupitzer Buschmühle, Massenquartier [39].

Vetschau, E., Stadt mit 2500 Einwohnern, liegt am Südrand des Spreewaldes; kann auch, neben Lübbenau und Burg, als Eingang zum Spreewald benutzt werden. Kraftpost über Suschow, Müschen, Burg-Dorf; über Koßwig, Saßleben nach Calau. Zuerst an der vorbeifließenden Luckaitz wurde eine Sumpf- oder Wasserburg, das heutige Schloss, erbaut, Stadtrechte erhielt es 1548. Die Stadt ist freundlich und sauber. Eine Kirche einzig in ihrer Art, sie besteht aus zwei selbständigen nebeneinander stehenden Gebäuden mit gemeinsamer Sakristei und einem aus Raseneisenstein erbauten 35 m hohen Turm. Auch hier ist der Kirchgang sehenswert. J.-H. Knabenschule, Schulstraße 9. - Gasth. Zum gold. Stern, Cottbuser Str. am Markt, Fleischerei; Beutler, Stradower Weg 10, Massenquartier.

Straupitz, E., hat 1100 Einwohner; Schloss mit kleinem, aber schönem Park; große Kirche mit abgeplatteten Doppeltürmen, nach einem Entwurf von Schinkel 1828-32 erbaut; schöne Ölgemälde und alte Grabdenkmäler. Waffenschmuck des ehem. schwedischen Generals Christian von Houwald. Durch das Straupitzer Fahrfließ, welches neben der Straupitzer Buschmühle abzweigt und nur durch Wiesen führt, ist Straupitz an den Wasserweg des Spreewaldes angegliedert. Gasth. Zum Reichsadler, Boote, Massenquartier.

Alt-Zauche, E. In Lübben weisen sie gern uns Wassersportler nach Alt-Zauche; jedoch lasse man sich nicht durch die Fährleute verleiten, diesem Rate zu folgen. Das sehr gewundene Alt-Zaucher Fließ hat mit dem Spreewald nichts zu tun und kann nur auf dem Heimweg, also stromab benutzt werden. Auch der Eich-Kanal führt zwar geradenwegs von Lübben nach Alt-Zauche; aber auch vom Spreewalde keine Spur und kein Dutzend Bäume. Wiesen und Wiesen ca. 10 km lang gegen Strom und dann sind wir noch nicht im Hochwald! Lübben und Alt-Zauche arbeiten Hand in Hand, um Lübbenau seinen Vorrang als Eingangstor streitig zu machen. Der von mir beschriebene Weg ist und bleibt der beste, also auf alles gütige Zureden in Lübben nichts geben. Der Erlenhochwald reicht bis auf etwa 5/600 m an die letzten Häuser des Dorfes heran. Gasth. Zum Spreewald, Gasth. Zum Spreewaldheim, J.-H. "Erlkönig" in der Alt-Zaucher Mühle. U. Der Eichkanal ist auch evtl. nur auf der Heimfahrt (stromab) zu benutzen [40].

Raddusch, E., 900 Einwohner, wohlhabendes Bauerndorf; breite Dorfstraße mit stattlichen Höfen. Die Radduscher Kahnfahrt geht in den Spreewald. Gasth. von Poetsch mit Schlächterei, Gasth. Braukrug.

Boblitz, J.-H., zweistöckiger, dem Spreewaldstil angeglichener Bau; U. B. Die Spreewaldfließe reichen bis ins Dorf Boblitz. Gasth. Kruggut.


Orte des Unterspreewalds

Schlepzig, 850 Einwohner, E. (Zlupisti) ist das schattigste Dorf des Unterspreewaldes, gleich ausgezeichnet durch Wohlstand wie durch Sauberkeit. Schon 1004 und weiter 1374 wird der Ort in der Geschichte Kaiser Karls IV. genannt, welcher dem Haus Sehenbus den Eisenhammer gab. 300 m vor der Schleuse zweigt l. ein Spreearm ab, der uns nach etwa 400 m zu der Scheune (Schild) des Gasth. "Zum Unterspreewald" bringt. Unterkunft für Boote, Wagen. An der Stelle, wo heute der Gasth. Zum grünen Strand der Spree steht, bestand bis zum 17. Jahrhundert ein Eisenhammer. Öl- und Schneidemühle schon 1740 angelegt. 1769 wurde der größte Teil des Dorfes durch Feuer zerstört. Der Bhf. Börnichen-Schlepzig liegt 5 km südöstl. des Ortes. Kraftpost (Mittwoch und Sonnabend) nach Lübben, Neulübbenau und Halbe. Gasth. zum grünen Strand der Spree, dicht am Wasser, Landungsstelle, Massenquartier, Wagen zum Umfahren der Schleuse. J.-H. Pfarrhaus, Haus 28. [41]

Groß-Wasserburg, 250 Einwohner. Die alte Wasserburg lag an der Stelle des jetzigen Forsthauses. Gasth. Zur Wasserburg.


Geeignete Spezialkarten:

  • Straube: Spreewald, Wend.-Buchholz, Lübben, Lübbenau, Burg. 1: 100.000, 5-farbig.
  • Straube: Cöpenick, Müggel-See, Erkner, Schmöckwitz, Königswusterhausen. 1: 60.000, 5-farbig.
  • Straube: Dubrow, Königswusterhausen, Teupitz, Wend.-Buchholz, Baruth. 1: 60.000, 6-farbig.


Anmerkungen

  1. Die lyrische Einleitung fehlt in den vorangegangenen Auflagen. Für die 1929er Auflage hat Keller das Spreewaldkapitel völlig umgeschrieben. Es scheint, als habe der alte, schwerkranke Ruderer eine seiner letzten Fahrten in dieses Revier gemacht, wohl wissend, dass er es zum letzten mal sehen sollte.
  2. Der Name vieler Spreewaldfließe wechselte mit den Zeiten und Herrschern. Das Prinz-Wilhelm-Fließ zwischen Lehde und Leipe wurde nach 1945 (wieder?) zur "Hauptspree". Die Gorroschoa wurde in der Nazizeit, als 1937 die slawischen Namen "aufgenordet" wurden, in "Leineweberfließ" umgetauft und ging bei den Komplexmeliorierungen der 1970er Jahre im "Südumfluter" auf. Das nachstehend genannte Städtchen Wendisch Buchholz wurde zu "Märkisch Buchholz" und ist nicht wieder rückbenannt worden.
  3. Schon Oskar Rupertis "Führer für Wanderruderer", Wassersport-Verlag Berlin 1910, differenziert auf S. 319 die Erfahrungen mit Bootstypen: "Für Canoes sind alle Wasserläufe fahrbar, Riemboote sind im Spreewald nicht zu gebrauchen, Skullboote, namentlich Dollenskullboote dagegen kommen durch, wenn man sich nicht scheut, auf einigen Strecken zu staken, wozu Stangen in Lübbenau billig zu erhalten, Treideln ist ausgeschlossen."
  4. Die sonderbare Schreibweise der Stadt hängt mit der Orthographischen Konferenz 1901 zusammen, die die deutsche Rechtschreibung auf der Grundlage Dudens vereinheitlichte und dem phonetischen Prinzip ("Schreibe, wie du sprichst") anglich ("Kottbus"). 1913 aber bestimmte der preußische Innenminister v. Dallwitz, dass für die Stadt entgegen den amtlichen Regelungen die alte Schreibweise weiter gelten sollte. Es gibt nichts Neues unter der Sonne.
  5. Emil Albrecht (1856-1920) schrieb in seinem "Wanderbuch für die Mark Brandenburg und angrenzende Gebiete, Dritter Teil: Weitere Umgegend Berlins (Östliche Hälfte)" (= Kießlings Reisebücher), Alexius Kießling Buch- und Landkartenverlag Berlin, 7. Auflage 1910, S. 165: "Der Unterspreewald (7.400 ha; Länge 15 km, größte Breite 5,5 km) erstreckt sich von Hartmannsdorf (5 km n. von Lübben), wo die oberhalb Lübben auf kurze Zeit vereinigte Spree sich von neuem teilt, nach N. bis an den Neuendorfer See. ... Von den Dörfern des Unterspreewaldes treiben Leibsch und Neu-Lübbenau, beide in der bei Hochwasser sehr leidenden Niederung gelegen, Heuwirtschaft, Gemüsebau und Viehhandel; die übrigen Orte, wie Gr. Wasserburg und Schlepzig, besitzen auch Höhenäcker. Ein beträchtlicher Teil der männlichen Bevölkerung (namentlich aus Krausnick) arbeitet in Berlin als Maurer." - 7.400 ha entsprechen 74 km², was etwas kleiner als der Berliner Stadtbezirk Reinickendorf ist; zum Vergleich: die Größe des Oberspreewaldes wird mit rund 270 km², etwa die Fläche Leipzigs, angegeben. - Der "irische Rittlinger" R. Raven-Hart nutzte auf seiner Spreefahrt die Einsamkeit des Unterspreewalds im trocken-heißen Juli 1933 auf seine Weise: "Here we bathed nearly hourly, naked of course, so lonely was it." ("Canoe Errant", John Murray, London 1935, S. 160) Wehe, wenn das heute jemand täte...
  6. Amtliche Entfernung auf der Oberen-Spree-Wasserstr. vom Speisekanal an der Spree-Oder-Wasserstr. km 88,8. (Anmerkung von Keller) - Die von Keller verwendeten Zahlen sind seit der Neukilometrierung der Spree 1968 untauglich.
  7. Amtliche Entfernung auf der Oberen-Spree-Wasserstr. vom Speisekanal an der Spree-Oder-Wasserstr. km 88,8. (Anmerkung von Keller)
  8. Keller schrieb "Petkamsberg" wirklich so.
  9. Nach der schweren Zerstörung Lübbens 1945 wurde beim Neuaufbau nicht nur die Stadtstruktur, sondern auch der Lauf der Spreearme verändert. Die Japanesenbrücke lag ungefähr an Stelle der heutigen Schleuse Hartmannsdorf. Die Pfaueninsel mit dem gleichnamigen Gasthaus, ein von Wasserarmen umschlossenes Grundstück zwischen der heutigen Wassergasse und dem heutigen Lauf der Hauptspree, wurde bei der Stromregulierung 1974-77 fest mit dem Land verbunden (in der Jugendfreizeiteinrichtung "Insel" am Ende der Wassergasse lebt die Tradition weiter). Die Lübbener Stadtschleuse ist längst erneuert und entschärft worden und dient dem Verkehr der Touristenkähne. An der Großen Amtsmühle steht heute eine Selbstbedienungsschleuse für Sportboote.
  10. Das frühere Gasthaus "Wendenfürst" bei Lübben ist die heutige Jugendherberge der Stadt.
  11. Schon Paul Dannmeyer kündigte in seinem 1926er Buch "Kanuparadiese" (S. 69) an: "In der Nähe von Lübbenau errichtet der Lausitzer Kreis des Deutschen Kanuverbandes in diesem Jahre eine Unterkunftshütte für die dem Verbande angeschlossenen Paddler. Den Grund und Boden hat die Stadt Lübbenau dem Kreise großzügigerweise unentgeltlich überlassen." Im "Grieben-Reiseführer Spreewald", 18. Auflage, Grieben-Verlag Berlin 1930, wirbt das "Gorroschoa"-Haus bereits mit den Worten: "Das einzige Unternehmen dieser Art im gesamten Ober-Spreewald. Der Leiter desselben gibt allen Sportskameraden unentgeltlich Auskunft, besonders auch über den Zustand der Fahrrinnen, Wasserstand, Schleusen, Wehre usw., auch Beratung bei Festlegung von Touren und Reiseplänen. Kostenlos ist auch die Benutzung sämtlicher Einrichtungen des Bootshauses, lediglich für den Bootsunterstand wird pro Woche für Kanus 1 M, für Ruderboote 1,50 M berechnet. Kostenlos wird jedem Sporttreibenden billige Unterkunft und Verpflegung nachgewiesen; auch Fährkähne mit zuverlässigen Fährleuten sowohl für Einzel- wie für Gesellschafts- und Schulfahrten werden vermittelt, die Touren vorher festgelegt und nach der amtlichen Taxe berechnet, so dass Übervorteilungen ausgeschlossen sind. ... Außerdem werden im Bootshaus jederzeit gute, fahrsichere Kanus (Zweisitzer) verliehen (wochentags 5 M, Stg. 1 M Aufschlag). Legitimierte Mitglieder von Ruder-, Kanu- und Wandervereinen brauchen kein Pfand zu hinterlegen. - In nächster Nähe des Bootshauses planen der Deutsche Kanuverband und die Ruderverbände die Errichtung von eigenen Heimen." (S. 61) Das vier Jahre zuvor von Heinz Kipp in der Dammstraße eröffnete Bootshaus war nach dem damaligen Namen des Fließes (dem heutigen Südumfluter) benannt, an dem es lag. Der "irische Rittlinger" R. Raven-Hart war auf seiner Spreewaldfahrt im Juli 1933 begeistert: "[We] slept at the boat-house, luxuriously in a two-beth cabin costing me 8d (= acht Pence) - we could slept in the common dormitory for half that." ("Canoe Errant", John Murray, London 1935, S. 159) Er lieh bei Heinz Kipp ein Zweierkajak, das er als "a sort of 'Rob Roy'" klassifizierte. (Diese Art Holzkajak geht auf John MacGregor (1825-1892) zurück, der mit einem Boot dieses Namens um 1865 halb Mitteleuropa bereiste und die Tradition des Wasserwanderns in Deutschland begründete. Es war 4,57 m lang, 71 cm breit und wog 36 kg, dazu kam ein 2,16 m langes Paddel (nach: "1000 Meilen im Rob Roy Canoe", DKV-Wirtschafts- und Verlags-GmbH Duisburg 1988, ISBN 3-924580-20-0, S. 198). Solche Boote waren lange in Deutschland gebräuchlich, und noch heute sieht man manchmal Holzkajaks im Spreewald.) Bis in die 50er Jahre betrieb "Vater Kipp" das Gorroschoa-Bootshaus, noch 1962 kamen Wassersportler hierher. Dann verkaufte Vater Kipp das Haus an die Familie Franke und zog an die Ostsee. An der Stelle des Bootshauses steht heute der kleine Rundkiosk, vor dem die Fährleute von "Frank's Kahnfahrten" nach Feierabend sitzen.
    Der Deutsche Kanuverband zog mit dem "Spreewaldheim" nebenan nach, "welches am 7. September 1930 eingeweiht wurde. Es hatte ein einfaches Haus, wie die meisten DKV-Plätze, mit einem großen Aufenthaltsraum, Übernachtungskabinen und im Oberstock zwölf Bettenplätze." (Heinz A. Oehring: Kanuwandern in Deutschland. 75 Jahre Kanuwandersport im Deutschen Kanuverband. DKV-Verlag Duisburg 1989, ISBN 3-924580-17-0, S. 88 f.) Nach dem Krieg wurde das Haus (obwohl es Kanuten instandgesetzt hatten) nicht mehr an den DDR-Kanuverband DKSV übergeben. Zwar kündigte die Verbandszeitschrift "Der Kanu-Sport" in Heft 1/1956 an, "... dass das Wasserwanderheim in Lübbenau ab 1956 wieder zur Verfügung steht" (Artikel über die Plenartagung der Sektion Kanu), doch wurde es dann als Bootshaus für die Bootsvermietung genutzt. Der "Kanuverleih Richter" sitzt auf dem Grundstück, neben "Frank's Kahnfahrten" einer der ältesten Verleiher Lübbenaus. Es gibt zwar die rührigen Lübbenauer Kanuten 1960 e.V., aber ein eigenes Übernachtungsheim haben weder Ruder- noch Kanuverband im Spreewald.
  12. Von der Ruine des Forsthauses "Eiche", wenige Schritte hinter dem gleichnamigen Gasthaus, künden nur noch zwei der alten Eichen am Ufer, eine davon eine Roteiche, damals eine amerikanische Neuheit.
  13. Als Naturfreund und Großstädter fürchtete Keller um die Urwüchsigkeit, doch die Spreewäldler dachten anders: für sie waren die häufigen Hochwässer, die im flachen Gefälle des Spreewaldes so schlecht abliefen, dass die Wiesen verschilften und die Ernte verdarb, existenzgefährdend. Als Reaktion auf ein schweres Sommerhochwasser 1897 war bereits 1908-11 der Spree-Dahme-Umflutkanal gebaut worden, der zwar die Spree, nicht aber den Spreewald schützte; die verheerenden Sommerhochwasser 1926 und 1927 standen wochenlang auf den Wiesen. "Die Fische starben, und Trinkwasser musste im Kahn mühsam von den Randdörfern herbeigeholt werden." (Grieben-Reiseführer Spreewald", 18. Auflage, Grieben-Verlag Berlin 1930, S. 12) Schon 1925 wurde deshalb ein großangelegter Maßnahmenplan beschlossen, der den Oberspreewald hochwasserfrei machen sollte. 1928 begannen die Regulierungsarbeiten: "Durch das Geradelegen und Ausbaggern der Hauptfließe, durch Anlegen breiter und tiefer Umflutkanäle, durch Begradigung, Vertiefung und Verbreiterung der Stromrinnen hat man dem Übel zu steuern versucht. Geplant ist die Anlage von Wassersammelbecken durch Errichtung von Staudämmen oberhalb Fehrow und die Ziehung eines Umflutkanals von Fehrow zum Schwielochsee, der die überschüssigen Wassermassen direkt in den Spreelauf überführt." (Grieben-Reiseführer Spreewald 1930, S. 12 f.) Die südlichen Randgebiete des Oberspreewaldes wurden zwischen 1933 und 1938, die nördlichen in den 50er bis 70er Jahren eingepoldert, um die Randdörfer hochwasserfrei zu machen und neue Wiesenflächen zu gewinnen; seitdem hat z. B. Alt Zauche keinen direkten Spreewaldzugang mehr. Gleichzeitig entstand das Schleusen- und Wehrsystem im Oberspreewald (Keller sah ihn noch weitgehend schleusenfrei!) Auch der Bau der Talsperre Spremberg und das Ziehen des Nord- und des Südumfluters in den 30er und 60er Jahren des 20. Jh. basieren auf den Plänen von 1925. Seitdem ist die Hochwassergefahr gemildert, wenn auch bis heute nicht ganz beseitigt, wie die Hochwassermarken von 1981 an den Schleusenkanten zeigen.
  14. Im "Grieben-Reiseführer Spreewald", 18. Auflage, Grieben-Verlag Berlin 1930, wirbt die "Bleiche" mit den Worten: "Erbaut 1750 durch Friedrich den Großen. Große Veranda. Garten. Inmitten der Wendei gelegen. Echt wendischer Tanz. Pensions-Gasthaus (23 Betten) und 50 Betten in Privat-Pension von 4,50 bis 5,- RM. [...] Ruderanlegestelle D.K.V. Für Vereine besonders geeignet. [...] Besitzer: Johann Roggatz." (S. IV) Dem Wirt waren offenbar Ruderer und D.K.V. eins.
  15. Die "Fahrten stromab" würden in heutiger Benennung auf folgenden Fließen verlaufen:
    1. Von der (Straupitzer) "Buschmühle" am nördlichen Ende der Ringchaussee ins Innere von Burg Kauper über Weidengraben, Ostgraben, Hauptspree bis Burg-Hafen.
    2. Von der (Straupitzer) "Buschmühle" nach Lübbenau. Über Nordfließ - Eiche - Kannomühle - Schützenhaus - Ditmarfließ - Wehrkanal - Wotschofska - Lehde - Lübbenau.
    3. Von Eiche das Große Fließ - Leiper Graben über Pohlenzschänke - Burg-Lübbener Kanal - Lehde - Lübbenau. Der Burgsche Kanal, heutiger Burg-Lübbener Kanal, wird auf mehreren Karten, die zwischen 1908 und 1930 erschienen, auch als "Küchenholz-Kanal" bezeichnet.
    4. Von Pohlenzschänke über Mittelkanal - Wehrkanal - Staukanal - Bürgerfließ - über Restaurant Spreeschlösschen nach Lübbenau. Der heutige Mittelkanal wird auf mehreren Karten, die zwischen 1908 und 1930 erschienen, "Tschellokanal" genannt.
    5. (Straupitzer) "Buschmühle" - Großes Fließ - Weidengraben - heutiges Gasthaus Waldschlösschen - Burg-Lübbener Kanal - Lehde - Lübbenau.
    6. Burg-Hafen - Hauptspree - Lappans Kanal? - Ostgraben - Weidenfließ - Burg-Lübbener Kanal - Lehde - Lübbenau.
    7. Burg-Hafen - Hauptspree - Krummes Wehrfließ - Raschkowitz und Gorroschoa = Südumfluter - Lübbenau.
    8. Burg-Hafen - Hauptspree - Dubkowmühle - Leipe - Prinz-Wilhelm-Fließ = Hauptspree zwischen Leipe und Lehde - Lübbenau.
    9. Burg-Hafen - Hauptspree - Lappans Kanal ? - Krummes Fließ - Wildbahn - Neue Spree - Hauptspree zwischen Leipe und Lehde - Lübbenau.
    10. Burg - Gasthaus "Glückauf" - die Kleine Spree hinunter bis Groblieza-Fließ = Burg-Lübbener Kanal zwischen Gasthaus Waldschlösschen und dem Übergang ins Schlossbergfließ - heutiges Gasthaus Waldschlösschen - Burg-Lübbener Kanal - Lehde - Lübbenau.
    11. Alt-Zauche - Westgraben (im Kleinen Gehege nördlich von Lübbenau, heute zugeschüttet) - Eichkanal, oder Alt-Zaucher Spree oder Großes Fließ - Burg-Lübbener Kanal nach Lübben, Große Amtsmühle. - Mit dem Ausbau des Nordumfluters (in diesem Bereich 1953/54) und der folgenden Komplexmelioration wurde das Gewässernetz des hier durchfahrenen "Lübbener Spreewaldes" (schon damals ein Wiesengebiet) stark verändert. Der Eichkanal, auch als Albrechtkanal oder Jentsches Graben bezeichnet, liegt heute abseits befahrener Fließe.
    12. Raddusch über Kahnfahrt - Hauptspree - Dubkowmühle - nach Leipe und über Untere Boblitzer Kahnfahrt - Lübbenau-Gorroschoa oder die Untere (Obere) Boblitzer Kahnfahrt geradeaus nach Boblitz.
    Zu beachten ist dabei, dass alle diese Routen damals noch kaum durch Staustufen unterbrochen wurden: die wurden erst später eingebaut. (Auch die vielfältigen Sperrungen kamen erst mit Errichtung des Biosphärenreservates ab 1990 auf.) Trotzdem haben sich die Routen wohl bewährt, denn der "Grieben-Reiseführer Spreewald", 18. Auflage, Grieben-Verlag Berlin 1930, führt sie in seinem Wassersport-Teil auf S. 63 in gleicher Weise auf. Überhaupt scheint der Autor des Grieben-Führers gründlich bei Keller nachgeschaut zu haben.
  16. Die "Fahrten von Lübbenau stromab" würden in heutiger Benennung auf folgenden Fließen verlaufen:
    1. Lübbenau - Lehder Graben - Spreeze und Neue Spree = Hauptspree zwischen Lübbenau und Lübben - über Gasth. Wendenfürsten (ehem. Gasthaus am Spreeufer in Steinkirchen) zur großen Amtsmühle in Lübben.
    2. Lehder Graben – Hauptspree - Burg-Lübbener Kanal - Große Amtsmühle.
    3. Lehde - Wehrkanal - Große und Mutnitza = Großes Fließ - Burg-Lübbener Kanal - Große Amtsmühle.
    4. Lehde - Wotschofska - Burg-Lübbener Kanal - Westgraben - Hauptspree - Burg-Lübbener Kanal - Große Amtsmühle.
    5. Alt-Zauche - Eichkanal - Burg-Lübbener Kanal - Große Amtsmühle.
    6. Alt-Zauche - Altzaucher Spree - Hauptspree über Wendenfürsten nach Große Amtsmühle.
  17. Die Rechtschreibung des Gasthauses "Petkamsberg" und des "Puhlstromes" folgen dem Originaltext.
  18. Das Problem wurde lt. "Grieben-Reiseführer Spreewald", 18. Auflage, Grieben-Verlag Berlin 1930, relativ rasch gelöst: "Die Schlepziger Schleuse, die früher völlig unbrauchbar war, hat jetzt Elektromotoren erhalten, so dass sie zu benutzen ist." (S. 62)
  19. Der "irische Rittlinger" R. Raven-Hart machte "Krüger's inn" sogar in England bekannt: "a good inn, ... kept by an ex-sea cook, camping possible" ("Canoe Errant", John Murray, London 1935, S. 267). Wenn das keine Werbung war! Auf seiner elftägigen Spree-Dahme-Rundfahrt im Juli 1933 nutzte er auch den Bootstransport vom heutigen Märkisch-Buchholz nach Leibsch. - In Griebens Spreewaldführer von 1930 nennt sich das Haus zur Unterscheidung von zwei weiteren Dorflokalen "Krügers Gasthof zum Unterspreewald", heute heißt es "Spreeblick" und hat einen anderen Betreiber; Angehörige der Familie Krüger leben heute noch in Leibsch.
  20. Während die "Bleiche" dem Namen nach noch heute existiert, sitzt im früheren "Landhaus Winzer" jetzt die Jugendherberge; bereits damals warb das Landhaus mit Schlafplätzen für Wassersportler und Wandergruppen. Die Burger Variante von "Zum grünen Strand der Spree", um 1930 von der Familie Schwadtke betrieben, lag direkt am Kahnhafen unterhalb des Mühlenwehres. Das Haus besaß einen Biergarten, stellte auch Boote unter und bot ganzjährig 50 Schlafplätze für Wanderer und Wassersportler. An der Stelle des Gasthofs "Zum Spreewald" steht heute das "Kurhaus Resort".
  21. Die alte Moldenhauerhütte in der Nähe der Puhlstromschleuse fiel einem Brand zum Opfer. Sie wurde erst nach 1990 als Unterkunft für Fledermausbeobachter wieder aufgebaut.
  22. Man nehme nur die Fährleute des seit 1886 in Lübbenau bestehenden Spreewaldvereins (S.W.V.), der auch durch Regelung der Preise in den Lokalen, durch Anbringung von Wegweisern auf den Land- und Wasserstraßen sich um die Erschließung des Spreewaldes sehr verdient gemacht hat, setze aber die Preise vorher fest. Die Fährleute haben auf Beköstigung keinen Anspruch, doch dürfte es sich empfehlen, ihnen diese zu gewähren; vor allzu reichlichem Genuss von geistigen Getränken behüte man sie indessen. Der Verein hat eine neue Gebührenordnung aufgestellt. An den Schleusen werden je 20 Rpf. erhoben. Nur in Burg, Leipe, Pohlenzschänke, Buschmühle und dem Gasth. "Zur Tanne", Burg Kolonie am Leinweber-Fließ, ist auf warmes Essen zu rechnen, weshalb die Mitnahme von Proviant und flüssigen Stärkungsmitteln durchaus anzuraten ist. Zu empfehlen ist ferner die Mitnahme eines Fläschchens Salmiakgeist, Nelkenöl oder Thymolspiritus gegen Mückenstiche. Zu Pfingsten und an Sonntagen ist es geboten, Nachtquartier und Kähne einige Tage vorher zu bestellen. (Anmerkung von Keller)
  23. Die Kennzeichnung der einzelnen Fließe mit Namensschildern scheint eine neuere Erfindung zu sein. Wassersportler früherer Zeiten hatten offenbar neben der Furcht, falschen Führern aufzusitzen, panische Angst, sich im Gewirr der Gräben zu verirren. Schon Oskar Rupertis "Führer für Wanderruderer", Wassersport-Verlag Berlin 1910, warnt auf S. 320: "Sehr empfiehlt es sich, einen staatlich konzessionierten Führer, die in Lübbenau in großer Zahl vorhanden, zu nehmen, der Reglement und Karte auf Verlangen vorzeigen muss und in seinem Kahn vorauffährt, den Weg zeigend. Kenntlich am Abzeichen S. W. V. und Nummer. Preis vorher vereinbaren, ca. 5 M pro Tag."
  24. Das "Wanderbuch für die Mark Brandenburg, Dritter Teil: Weitere Umgegend Berlins (Östliche Hälfte)" von Emil Albrecht (1856-1920), Alexius Kießling Buch- und Landkartenverlag Berlin, 7. Auflage 1910, beschreibt das Städtchen auf S. 174 und 173:
    "Lübbenau. – Gasth. Brauner Hirsch, bei der Kirche, 20 Z. mit 40 B. zu 1 3/4 - 2 1/2 M., Frühstück 75 Pf., Mittag 2 M.; Deutsches Haus, ebenda, 15 Z. mit 30 B. zu 1 1/2 - 2 1/2 M., Frühstück 1 M., Mittag 1 1/2 und 1 3/4 M.; Schwarzer Adler, weiter w., gelobt; Zum grünen Strand der Spree, an der Kahnstelle (im "Grieben-Reiseführer Spreewald", 16. Auflage, Grieben-Verlag Berlin 1925, wirbt das Lübbenauer Haus dieses Namens mit den Worten: "Hauptabfahrtsstelle der Kähne. Mit schönem Garten, herrlicher Veranda und Automobil-Haltestelle. Vorzügliche Verpflegung, solide Preise. Besitzer: Moshake" (S. 4)); Deutscher Kaiser und Stadt Berlin, bescheiden, in der Vorstadt; nahe dem Bahnhof r. Gasth. zur Eisenbahn, l. Gasth. zum Spreewald. Sa und zu Pfingsten ist Vorausbestellung des Quartiers nötig. Bahnrestaurant, mit Garten. – Konditorei: Terno, bei der Kirche; Klepsch, in der Vorstadt. – Omnibus der Hotels vom Bahnhof 50 Pf.; mit Spreeomnibus von der Stadt nachm., So auch vorm., bis Lehde (10 Pf.) und Wotschofska (hin und zurück 30 Pf.) [...]
    Lübbenau, Hauptstadt des Oberspreewaldes mit 4014 Einw., liegt an dem südl. Hauptarm der Spree anmutig zwischen Wiesen und Gärten und treibt vor allem Gemüsebau. ... Wer (vom Bahnhof aus) in die Vorstadt von Lübbenau will, geht die Chaussee weiter nach l. und wendet sich bei einem Bahnübergang (10 Min. vom Bahnhof) r. zum nahen Postobelisk von 1740. – Jenseit (südl.) des gen. Bahnüberganges r. das Schützenhaus und 8 Min. weiter l. das eigenartige gräfl. Lynarsche Erbbegräbnis, in das die seit 1664 verstorbenen Mitglieder der Familie 1839 aus der Kirche überführt wurden (zugänglich wochentags nach Meldung im Hause an der Rückseite). ... Die Kirche (Küster neben dem Gasth. zum Braunen Hirsch), in der bis 1864 auch wend. Gottesdienst stattfand, wurde unter Graf Moritz Karl v. Lynar (†  1768) umgebaut; sein stattliches Grabdenkmal (schwarzer Marmorsarkophag mit weißen allegorischen Figuren) r. vom Altar; in der Sakristei zwei Rokokosarkophage von 1730 und 1765. Vom Turme gute Aussicht auf das Spreewaldgebiet, Lübben und Calau. In der Schule hinter der Kirche kleines Museum, enthaltend besonders Gegenstände aus wend. Häusern. Die ausgedehnte Herrschaft L. erwarb 1621 die verwitwete Schwiegertochter des bekannten Festungsbaumeisters Rochus von Lynar. Das Schloss liegt ö. von der Stadt jenseits der Spree und bildet einen eigenen Bezirk." – Zu DDR-Zeiten durch das Kraftwerk Lübbenau zur kleinen Industriestadt geworden, gingen mit der 1995er Schließung von Tagebau und Kraftwerk 9.000 Arbeitsplätze in der Stadt verloren. Seitdem sucht, wer kann, sein Heil im Tourismus - oder zieht weg: von 1988 (vor der Ausreisewelle) bis 2013 verlor Lübbenau trotz Eingemeindungen ein Viertel seiner Einwohner.
    Die Grafen von Lynar gehörten als Besitzer der Herrschaft Lübbenau zu den größeren Grundbesitzern im Spreewald: "Zur 2244 ha großen Standesherrschaft gehören auch ausgedehnte Forsten des Spreewaldes." ("Das kleine Wanderbuch, 100 beliebte Ausflüge von Berlin", Verlag für heimatliche Kultur Willy Holz Berlin 1910, S. 118). "Der größte Teil der Wiesen gehört den Herrschaftsbesitzern von Straupitz (Graf Houwald) und Lübbenau (Graf Lynar), der Stadt Lübbenau, dem königl. Forstfiskus oder der königl. Hofkammer im Unterspreewald. Von diesen pachten nicht nur Landwirte, was sie zu dem eigenen Besitz noch nötig haben, sondern kleinere Flächen werden auch von Häuslern und Arbeitern gepachtet, welche dann nebenbei aus der von Frau und Kindern betriebenen Wirtschaft nicht geringen Nutzen ziehen. Ganz dasselbe gilt von den gartenmäßig angebauten Ländereien. ... Auch der Graf zu Lynar hat weitere Flächen seines Besitzes im Spreewald wieder aufgeforstet." ("Grieben-Reisebuch Spreewald", 7. Auflage, Grieben-Verlag Albert Goldschmidt Berlin 1902, S. 21 und 23) Die Grafen von Houwald zu Straupitz besaßen übrigens 6257 ha Land und waren damit noch nicht einmal die größten: vor ihnen kamen bis 1945 noch der Graf v. d. Schulenburg (Lieberose) mit 11.087 ha und der Graf v. Arnim (Muskau) mit 15.800 ha! ("Niederlausitzer Studien" Heft 2, hrsg. vom Niederlausitzer Arbeitskreises für regionale Forschung beim Rat des Bezirkes Cottbus 1968, zitiert nach Hans Scholz, "Wanderungen und Fahrten in der Mark Brandenburg" Band 2, Stapp Verlag Berlin (West) 1974, S. 80 f.) "Der Graf zu Lynar in Lübbenau verpachtet allein jährlich 3000 Wiesenparzellen, von denen jede zwei Schober Heu bringt." (Eduard Zache: Die Landschaften der Provinz Brandenburg, 1905, zit. nach Bernhard Kuhse: "Im Schülerboot nach dem Spreewalde. Pfingstfahrt des Rudervereins 'Kaiser Wilhelm'". Hermann Paetel Verlag Berlin-Wilmersdorf 1912, S. 58) Die 22,4 km² Landeigentum der Lynars entsprechen der Fläche des Berliner Stadtbezirks Friedrichshain-Kreuzberg! Das Dasein der untertanen Bauern vor Einzug des Tourismus schildert Ehm Welk eindringlich in seinem Roman "Die Lebensuhr des Gottlieb Grambauer". Das anfängliche Verhältnis der Grafen zum Tourismus deutet eine Notiz im "Grieben-Reisebuch Spreewald", 7. Auflage, Grieben-Verlag Albert Goldschmidt Berlin 1902, S. 42, an: "Der Besitzer hat leider die Erlaubnis zum Besuche des Parks einschränken müssen; ausnahmsweise nur wird dieselbe nach Anfrage beim Schlossgärtner (gleich rechts am Eingang) erteilt." Anklänge schwangen schon in Erich Schillers "Winken für Spreewaldfahrer" ("Wassersport" 1883, S. 498 f., 512 f., 523 f. und 532 f. mit einer Berichtigung in "Wassersport" 11/1894, S. 123), der ältesten Fahrtanweisung für den Spreewald, mit, als er im August 1883 am "Forsthaus Eiche" anlegte: "Nun ist aber die 'Eichschänke' keine Schänke mehr, sondern ein Jägerhaus, und die Frau Försterin, in der Furcht des Herrn, ergeben dem Gebieter, dem Grafen von Lynar, blieb allen Bitten taub und wies uns mitleidlos von der Schwelle. Du böser Graf Lynar!" (S. 513) - Im Zuge der Verfolgung der Attentäter des 20. Juli 1944 wurde die Familie von den Nazis enteignet. Deshalb wurde ihrem Restitutionsantrag in den 90er Jahren stattgegeben, Schloss und Park in Lübbenau gehören der Familie wieder. Aus dem Hinweis, dass der Umbau des Schlosses durch Verkauf von Bodenflächen finanziert wurde, folgt, dass auch ihr Grundbesitz - soweit nicht durch die Bodenreform 1945 vergeben - zumindest teilweise rückübertragen wurde. Immerhin zog die Familie nach Lübbenau, baute einen Hotelbetrieb auf und engagiert sich im Wirtschafts- und Gesellschaftsleben der Stadt.
  25. Das "Restaurant Spreeschlösschen" am Kleinen Hafen in der Lübbenauer Spreestraße, lt. Grieben-Führer 1930, S. VII, "neuzeitlich eingerichtetes Haus, direkt am Wasser und städtischem Strandbad gelegen, geschlossene Autohalle, vorzügliche Küche, Pension, A.D.A.C. Hotel", bestand von 1912 bis zur deutschen Vereinigung. Eine kurze Geschichte des Hauses steht hier (S. 8 f.) - Im "Grieben-Reiseführer Spreewald", 16. Auflage, Grieben-Verlag Berlin 1925, wirbt "Wotschofska" mit den Worten: "Das Spreewald-Paradies. Zu Fuß von Lübbenau in 45 Min. zu jeder Jahreszeit erreichbar. Größte und vornehmste Gaststätte in herrlicher Lage des Spreewaldes. Gute Fremdenzimmer, vorzügliche Küche. Eigene Jagd u. Fischerei. Vollständig renoviert. Fernspr. Lübbenau Nr. 1. Neuer Besitzer: Franz Hoefs." (S. 6) Man beachte die Telefonnummer!
  26. Das Hotel und Restaurant Müller-Jäger liegt am alten Platze in der heutigen Ehm-Welk-Straße 45. An der Stelle von "Janks Restaurant" steht heute der "Heuschober".
  27. Mit "Werftgebüsch" ist kein Bootsbau gemeint: die Werft- oder Wasserweide (Salix cinerea) ist eine von vielen Arten (J. Chmelar und W. Meusel listen in "Die Weiden", A. Ziemsen Verlag Wittenberg 1986 (Neue Brehm-Bücherei Nr. 494), 65 Arten allein für Europa auf!) Im Unterschied z. B. zur Salweide (Salix caprea) bildet die Werftweide statt Bäumen nur Gebüsch, wuchert stark und kommt nicht nur am, sondern, wie Erlen, auch im Wasser vor. Da "Weide" im Polnischen wierzba, im Tschechischen vrba, ober- und niedersorbisch wjerba heißt, scheint "Werft-" aus dem Slawischen zu kommen.
  28. Emil Albrecht (1856-1920), schreibt im "Wanderbuch für die Mark Brandenburg und angrenzende Gebiete, Dritter Teil: Weitere Umgegend Berlins (Östliche Hälfte)" (= Kießlings Reisebücher), Alexius Kießling Buch- und Landkartenverlag Berlin, 7. Auflage 1910, S. 170, zur Wirtschaft des Oberspreewaldes: "Für die Bewirtschaftung sind dieser ... Niederung, an der 2 Städte und 47 sonstige Ortschaften mit etwa 33.000 Einw. teilhaben, durch mühsame Aufhöhung allmählich an 1500 ha bebauter Boden abgewonnen worden, der allerdings bei der mangelhaften Regulierung des Wassers nicht nur den regelmäßigen Frühjahrs- und Herbstüberschwemmungen ausgesetzt ist, sondern auch vor sommerlichen Hochwässern (1854, 91 und 97 besonders verheerend) noch immer nicht sicher ist. Diese Horstäcker werden mit dem Spaten bearbeitet, da Zugtiere und deshalb auch Pflug und Egge nicht verwendet werden können. In ungeheuren Mengen gehen von Lübbenau aus die hier gebauten Gurken und Gartengemüse nach Berlin und anderen großen Städten. Futtergräser und Heu für die Viehmast, die einen weiteren wesentlichen Erwerbszweig bildet, liefern die größtenteils fiskalischen, herrschaftlichen oder städtischen, an kleine Leute verpachteten Wiesen; vom Hochsommer an sind die auf Holzgestellen ruhenden Schober (Scheunen gibt es nicht) ein wesentlicher Teil des Landschaftsbildes. In der eigentlichen Niederung haben die Wohnungen (Hofstätten), als Einzelgehöfte Kaupen genannt, eine künstlich geschaffene Grundlage; in den stroh- und schilfgedeckten niedrigen Blockhäusern ist vielfach altertümliche Bauweise bewahrt."
  29. Das Gasthaus Buckoitza, bis nach 1960 nur von Radensdorf erreichbar, "Rest. und Garten ganzjährig, in einem 62 Morgen großen herrlichen Wald, der von Hochwasser nicht erreicht wird" (Grieben-Führer "Spreewald" 1930, S. 33), lebte von den Kahnfahrten, die von Lübben aus hierher gingen. Auch nach dem Ausbau des vor der Haustür liegenden Eichkanals zum Nordumfluter 1953-54 blieb es ein Anlaufpunkt, da Schleusen die Hochwaldtour von Lübben aus weiter ermöglichten. Erst nach der deutschen Vereinigung wurde es verlassen; seit Jahren steht das Holzhaus leer und verfällt.
  30. Der Wanderbuchautor Emil Albrecht (1856-1920) empfand das Lübben der Vorkriegszeit offenbar anziehender als das damalige Lübbenau. In seinem "Wanderbuch für die Mark Brandenburg und angrenzende Gebiete, Dritter Teil: Weitere Umgegend Berlins (Östliche Hälfte)" (= Kießlings Reisebücher), Alexius Kießling Buch- und Landkartenverlag Berlin, 7. Auflage 1910, beschreibt er das Städtchen auf S. 167 f. deutlich ausführlicher als die heutige Spreekahnmetropole:
    "Lübben, Kreisstadt mit 7700 Einw., an der Spree, liegt an dem einzigen Übergangspunkte zwischen den Sümpfen des Ober- und Unterspreewaldes, da, wo die alten Handelsstraßen von Leipzig nach Frankfurt und von Berlin nach Görlitz sich kreuzten, und wird bereits 1180 genannt. Im Mittelalter war L. Hauptort der von hieraus durch böhm. Landvögte regierten Nieder-Lausitz. Kaiser Maximilian II. erschien 1564 persönlich zur Huldigung. Im 30jährigen Kriege wurde die Stadt völlig vernichtet, hob sich aber später wieder als Sitz der sächs. Ober-Amtsregierung. Im Sept. 1758 weilte Friedrich d. Gr., im Juli 1813 Napoleon hier. Bekannt sind das Lübbener Braunbier und die Lübbener Trikotagen (Norddeutsche Trikotfabrik).
    Am Staatsbahnhof die Kaserne des Brandenburg. Jägerbataillons Nr. 3 und der Maschinengewehr-Abteilung Nr. 3; davor eine Büste Wilhelms I. 1/4 St. sö., an der Luckauer Chaussee, die große Provinzial-Idiotenanstalt. – Östl. führt vom Bahnhof ein Weg zur Bahnhofstraße und weiter durch den Hain, ein kühles Bruchwäldchen mit schönen Spaziergängen, das die Berste vor ihrer Einmündung in die Spree durchfließt. R. bleibt in ihm Köhlers Restaurant. L. dicht am Wege seit 1908 ein Standbild des in L. geborenen Ministerpräsidenten Otto v. Manteuffel (†  1882), dann ein Stein mit der Aufschrift 'Liuba' (angeblich hier verehrte wend. Gottheit).
    Nw. vom Haine dehnen sich im Nadelgehölz die Anlagen aus. L. um die Kaserne herum, jenseit des kreuzenden Fahrweges (l. das Kreiskrankenhaus und das Militärlazarett), am Ende der kurzen Parkstraße Wegteilung: l. durch den Ostergrund, dann r. aufwärts über den Schipkapass zum (20 Min.) Waldschlösschen (dies ebenso wie der nahe Frauenberg, auf dem einst eine Wallfahrtkapelle, später ein Kloster stand, jetzt in Besitz der Idiotenanstalt); - oder r. zu einem mit Relief und Inschrift von 1740 versehenen Stein, der an den vormals hier betriebenen Weinbau erinnert, dann durch den Friedhof, weiterhin über die Berste und in den r. herankommenden Hauptweg etwas vor dem Ende des Hains.
    Am Anfang der Breiten Straße (20 Min. vom Bahnhof) die Hospitalkirche und ein sächs. Postobelisk von 1736. Weiter durch die Neustadt und über zwei Brücken (l. Reste der alten Befestigung, u. a. ein viereckiger Turm, der 'Trotzer') in die Altstadt. L. von der Hauptstraße liegt der Markt mit dem Rathaus aus der Mitte des 18. Jahrh. und (Nr. 4) der städt. Altertümersammlung (Eintr. So. 11-1 U., auf besondere Anfrage auch sonst). Auf dem Markte erhebt sich die spätgotische, dreischiffige Hauptkirche (Nikolaikirche); hinter dem Renaissancealtar mit Kopie der Himmelfahrt von Mengs das Porträt von Paul Gerhardt, der 1669-76 in L. als Archidiakonus wirkte und in der Kirche begraben ist; vom Turme (60 m; Schlüssel beim Uhrmacher Bode, Hauptstr.) umfassende Aussicht. Vor der Kirche seit 1907 ein Standbild P. Gerhardts aus Bronze, von Pfannschmidt. Hinter ihr die wend. Kirche für die Gubener Vorstadt (ö.) und die Landgemeinde; daneben die Paul-Gerhardt-Schule (städt. Realprogymnasium). – Von der Hauptstraße in der Nähe des Marktes gelangt man südl. durch die Schlossgasse vorbei am Landhause, in dem die Stände der Niederlausitz seit 1717 tagten, zum Schloss, dem Sitz der Regierung seit den böhm. Zeiten, jetzt u. a. als Kreishaus benutzt. Der älteste Teil, ein Turm von kolossaler Breite aus dem 14. Jahrh., wird hufeisenförmig von drei Flügeln umgeben; an dem mittleren ein bemerkenswertes Renaissanceportal mit dem Wappen der Lobkowitze von 1682. Geht man von hier nach r., so bietet sich alsbald bei einer Brücke eine schöne Aussicht auf die Stadt und nach dem Oberspreewald. Weiter an der Amtsmühle vorbei in die Lindenstraße und durch den Hohen Steinweg zur Hospitalkirche zurück oder durch die westl. Villenstraßen in den Hain und zum Bahnhof."
    Im Gegensatz zu Lübbenau wurde um Lübben im April 1945 eine Woche lang schwer gekämpft; die Stadt wurde dabei so zerstört, dass nur Bruchstücke dessen, was Keller und Albrecht noch sahen, auf uns gekommen sind. Der Großteil der Touristen strömt jetzt nach Lübbenau.
  31. Der "Grieben-Reiseführer Spreewald", 9. Auflage, Grieben-Verlag Albert Goldschmidt Berlin 1908-1909, preist das damals einzige Gasthaus Lehdes ausführlich: "Der Gastwirt A. Richter hat es verstanden, sein Heim zu einem Künstlerheim zu gestalten. Von jedem Fenster seines Logierhauses Blick auf die schönste Landschaft. Sein Gasthaus bietet behaglichen Aufenthalt, es ist in altwendischem Stil erbaut und enthält auch einen altwendischen Saal mit Orchestrion. Eine hohe, eiserne Brücke mit schöner Aussicht auf das malerische Baum- und Wassergewirr des Ortes führt zu den Anlagen und Promenaden, welche abseits vom Restaurationstrubel liegen und die neuerrichtete Badeanstalt (im Fluss) umgeben. In einem kleinen Wasserlauf der Anlagen sind einige Jahrhunderte alte Einbäume (wendisch Plaunika genannt) zu sehen. Die Küche ist in jeder Beziehung gut. Große Spreekähne des Wirtes (Spreeomnibusse) vermitteln für 15 Pf. den Verkehr zwischen Lübbenau-Lehde und zurück. ... Der Wirt gibt billige und sehr gute Pension." (S. 38 f.) In dieser Ausführlichkeit lobt der Führer nicht einmal das Wotschofska-Haus. Die "Spreeomnibusse", eine eigens dafür bestehende Kahnflotte, fuhren auswärtige Gäste des Lokals nach Lübbenau. Sie hatten feste Fahrzeiten und -preise. – Der altwendische Saal blieb beim Umbau 1975 erhalten, die Einbäume dürften den Grundstock des Freilandmuseums nebenan gebildet haben. Interessanterweise schimmern manche Formulierungen (wie die "Plaunika") auch bei Keller durch. Andere Stellen seiner Lehde-Beschreibung erinnern an einen Text von August Trinius (1851-1919), der in der Einleitung von Enders/Henschel, "Das Spreewalddorf Lehde", Lübbenau 1995, zu lesen ist. Da sage noch einer, Abschreiben wäre etwas Neuzeitliches.
    Überhaupt schien schon damals der Reiz von Lehde einen Kernpunkt des Fremdenverkehrs zu bilden. "Die Einwohner von Lehde sind meist recht wohlhabende Leute. Die Haupteinnahmen fließen ihnen aus dem Verkauf des gemästeten Viehes, aus dem Bau der Mohrrüben, des Meerrettichs, der Zwiebeln, Gurken, Kürbisse und anderer Gemüsefrüchte zu. In den beiden Dörfern Lehde und Leipe wie in einem Teile von Burg ist der Verkehr noch fast ganz auf den Kahn angewiesen. Zu Kahn wird nicht nur, wie auch anderwärts, Heu, Holz, Werft und Schilf eingebracht, zu Kahn fährt auch der Wirt seine Erzeugnisse zu Markte, holt der Händler das wohlgemästete Vieh, macht der Postbote seine Bestellungen, besucht der Geistliche seine Gemeindemitglieder, wird das Kindlein zur Taufe gebracht, fahren die reichgeschmückten Hochzeitsleute zum Traualtar, die Andächtigen in die Kirche, und zu Kahn wird endlich der Spreewäldler, wenn ihm das Ruder aus der Hand gefallen ist, zur letzten Ruhe geleitet. Wagen und Pferde sind hier gar nicht zu sehen, ebenso wenig Pflug und Egge, weil alles Ackerland mit dem Spaten bearbeitet wird." ("Grieben-Reiseführer Spreewald", 9. Auflage, Grieben-Verlag Albert Goldschmidt Berlin 1908-1909, S. 39) Der "irische Rittlinger" R. Raven-Hart bestätigte auf seiner Spreewaldfahrt im Juli 1933 fasziniert: "All the traffic is by water: we met the postman in his boat, and families going to church [...], and the baker's boy passed us, and there was even a blind organ-grinder whose son tows him daily to his pitch and who started to play when he heard our paddles. ... One great feature of both the forests is that motorboats are prohibited." ("Canoe Errant", John Murray, London 1935, S. 159 f.) - "Das kleine Wanderbuch, 100 beliebte Ausflüge von Berlin", Verlag für heimatliche Kultur Willy Holz Berlin 1910, kennt sich auf S. 117 sogar mit den wendischen Holzhäusern aus: "Die auf Steinunterlagen, aus Brettern und Balken erbauten Blockhäuser sind mit weit überstehenden Schilf- und Strohdächern bedeckt. Die Windlatten kreuzen sich über den Giebeln und laufen in Tierkopfgestalten (Wolfskopf, das alte wendische Wahrzeichen) aus. Oft befinden sich Wohnung, Stall und Schuppen unter einem Dache. Stube und 'Hölle', die zugl. Küche und Ausgedinge der Eltern ist, werden durch einen großen Kachelofen mit Ofenbank getrennt; seitlich befindet sich ein Schlafraum mit mächtigem Himmelbett. Ein kleiner Gemüse- und Obstgarten, in dem noch Backhaus, Bienenstand und Dunghaufen Platz finden, umgibt das Haus, während in der Bucht stets ein Kahn bereit liegt." Lustig nur, dass der aus der Großstadt kommende Autor Schlangen- mit Wolfsköpfen verwechselt. Dachte er dabei an die alten Katen des Potsdamer Umlandes, deren Giebel noch heute Wolfs- oder Pferdeköpfe tragen?
  32. Im "Grieben-Reiseführer Spreewald", 18. Auflage, Grieben-Verlag Berlin 1930, wirbt das Haus mit den Worten: "Gasthaus 'Eiche' im Erlenhochwald. Post Lübbenau. – Telefon 3. – Besitzer: G. Roschke. Größte Gaststätte des Spreewaldes, direkt im Zentrum, an staatlichen Hochwald, an 6 Wasserwegen u. an der schönsten Tour von Burg durch den Hochwald nach Lübbenau gelegen. Günstigste Mittagsstation. Anerkannt vorzügliche Küche. Spezialität: Fisch in Spreewaldtunke. Unterkunft für 1000 Personen in geschlossenen Räumen. Zu Fuß von all. Richtungen, per Auto von Burg zu erreichen. Radfahrerstation. Eigene Fischerei und Jagd. Große Rassegeflügelzucht." (S. VII) – Die Angabe "1000 Personen" ist kein Schreibfehler.
  33. "Hier steht ein Denkmal für den Hauptmann Albinus, der sich um die topographische Aufnahme des Spreewaldes verdient gemacht hat." ("Straubes Märkisches Wanderbuch - Ausflüge in die Mark Brandenburg Teil II", Geographisches Institut und Landkarten-Verlag Jul. Straube Berlin 1909, S. 145) Noch heute steht der verwitterte Stein für den Hauptmann und Heimatforscher Carl Albinus (1839-1889), "des Spreewalds Freund", der in den 80er Jahren des 19. Jh. den Sommer über in der Polenzschänke wohnte und schrieb, im Biergarten. Hier ist er auch gestorben; er ruht in Lübbenau. Albinus zählt zu jenen Pionieren, die im Fahrwasser Fontanes den Spreewald in Berlin bekanntgemacht haben.
  34. Die Abgeschiedenheit des Ortes sollte nicht mehr lange dauern: Im Zuge der Spreewaldregulierung der 30er Jahre des 20. Jh. erhielt auch Leipe einen Straßenzugang.
  35. Siehe dazu "Das kleine Wanderbuch, 100 beliebte Ausflüge von Berlin", Verlag für heimatliche Kultur Willy Holz Berlin 1910, S. 117: "Hier ist Buchans Gasthaus sehr empfehlenswert, und sein Spezialgericht, Hecht mit Spreewaldsauce, berühmt!" - Da in der Vorkriegszeit die zentrale Vermarktung von Urlaubszielen in den Kinderschuhen steckte, musste jeder Wirt gesondert für sein Haus werben. Gegen die zahlreiche Konkurrenz ließen sich die Wirte etwas einfallen. (Ihr Selbstbewusstsein spürt man, wenn man, vor dem Vetschauer Anwesen im Stradower Weg 10 stehend, sich dieses als das versprochene "Massenquartier" vorstellt.) Die 5. Auflage von Kellers "Hip Hip Hurra" zeigt das auf eigene Weise auch: im Buchan'schen Gasthof sei "guter Werkzeugbestand zum Reparieren von Schäden" (S. 122). - Buchans Gasthaus existiert nicht mehr (dort steht jetzt das "Spreewaldhotel Leipe"), aber Angehörige der Familie leben heute noch im Dorf.
  36. Hier bezieht sich Keller auf die Fläche des alten Berliner Stadtgebiets vor der Bildung von "Groß-Berlin" 1920, die 66 km² betrug. Die 1960 vereinigten Ortsteile Burg Dorf, Kolonie und Kauper haben mit zusammen 55 km² ziemlich genau die Fläche einer preußischen Quadratmeile von 56,25 km² und nannten sich vorzeiten stolz "größtes Dorf der DDR".
  37. Den Kirchgang in Burg empfehlen alte Reiseführer so unverhohlen, wie es heute kaum noch vorstellbar ist. Emil Albrecht (1856-1920) scheint von Berlin aus direkt dorthin gefahren zu sein: "Der Besuch des Kirchganges oder -ausganges in Burg, der das Dorf allein besuchenswert macht, ist von Berlin aus bei eintägigem Ausfluge (So.) eigentlich nur möglich, wenn man den Nachtzug benutzt. In diesem Falle beginnt man die Tour am besten in Vetschau und geht von dort ... nach Burg oder noch weiter bis zur Buschmühle, wo man den Kahn besteigt. Indessen wird man, wenn man den Morgenzug benutzt und in Vetschau sogleich einen Wagen nimmt, wohl auch noch einiges vom Kirchausgang zu sehen bekommen." ("Wanderbuch für die Mark Brandenburg und angrenzende Gebiete, Dritter Teil: Weitere Umgegend Berlins (Östliche Hälfte)" (= Kießlings Reisebücher), Alexius Kießling Buch- und Landkartenverlag Berlin, 7. Auflage 1910, S. 173) - Bernhard Kuhse (1856-1917), Oberlehrer am Berliner Berliner Kaiser Wilhelms-Realgymnasium und ein Begründer des Schülerruderns in der Reichshauptstadt, machte den Kirchgang am Pfingstsonntag 1911 zum Höhepunkt seiner Ausfahrt: "Früh am Morgen des Pfingstsonntags waren wir alle auf den Beinen. ... Die Morgenzüge brachten Hunderte von Pfingstausflüglern aus der näheren und weiteren Umgebung, aus Kottbus, Berlin und anderen Orten. Kirchgänger, die Männer in schwarzem Rockanzug mit Zylinder, die Frauen und Mädchen in ihrer schwarzen Feiertagstracht, verfolgten andächtig und züchtig den Weg zur Kirche. Fremde, Touristen, an den Ecken Verkaufsstände mit Ansichtskarten, sogar Automobile, die wir bis dahin im Spreewald vermisst hatten, fehlten nicht. ... Gegen 10 Uhr begaben wir uns in die Kirche, um dem wendischen Gottesdienst beizuwohnen. Hier herrschte trotz des Fremdenverkehrs andächtige Ruhe und musterhafte Ordnung. Unten im Schiff saßen die Wendinnen, heute alle in dunkeln, meist schwarzen Röcken und weißer Kopfhaube, wenige jüngere Mädchen trugen helle Kleider. Auf der ersten Galerie, auf der wir Platz genommen hatten, saßen die älteren, meist verheirateten Männer, auf der zweiten die jüngeren Leute und Knaben. Von der ersten Galerie hatten wir einen guten Überblick über das ganze Innere der Kirche. Die gleichmäßige Kleidung der Männer und der Frauen gab der Versammlung etwas eigenartig Weihevolles.
    Der Gottesdienst begann mit der üblichen Liturgie. Der Pastor, ein junger, kräftiger Mann von slawischem Typus, sang mit sonorer Stimme den Text. Von seiner Predigt verstanden wir leider wenig, denn unsere Kenntnisse des Wendischen gingen über einige Brocken, wie Belbog d. i. guter Gott und Czernebog d. i. böser Gott, nicht hinaus. Auf die wendische Predigt folgte nach kurzer Pause die deutsche.
    Nach Schluss der Predigt beeilten wir uns, ins Freie zu gelangen, um den geschlossenen Auszug der Wendinnen anzusehen." (Im Schülerboot nach dem Spreewalde. Pfingstfahrt des Rudervereins "Kaiser Wilhelm". Hermann Paetel Verlag Berlin-Wilmersdorf 1912, S. 75 und 81; mit Foto auf S. 80)
    Noch dem "irischen Rittlinger" R. Raven-Hart muss auf seiner Spreewaldfahrt im Juli 1933 der Kirchgang empfohlen worden sein: "the women in the old Wendish costumes, with lace head-dresses reminiscent of Brittany - and the church services have sermons and hymns in Wendish as well as German." ("Canoe Errant", John Murray, London 1935, S. 159) "Straubes Märkisches Wanderbuch Teil 1: Östliche und südöstliche Mark" schreibt 1925 mitfühlend: "Diese Kirchgänge sind (leider!) zu einem Schauvergnügen der Fremden geworden." (S. 33) (Die Slawen der Niederlausitz nennen sich im Unterschied zu denen der Oberlausitz "Wenden"; erst der neudeutsche Tourismus ordnete beide Kulturen gleichermaßen unter "Sorben" ein. Die Beschreibungen der Vorkriegszeit wussten den Unterschied noch.)
    Über die Zukunft der sorbischen Kultur machte sich schon Paul Fahlisch (1844-1930), Lübbenauer Heimatforscher und Begründer des Spreewaldtourismus, keine Illusionen: "Wer aber daran sich ergötzen und den Bestand dieser Eigentümlichkeiten aufzeichnen will, der mag sich beeilen, denn Schule, Dienstpflicht, Chausseen, die den Spreewald umspannen und durchziehen, und die Eisenbahnen zerstören unaufhaltsam ein Stück nach dem andern von diesem alten Volkstum und dem, was mit ihm zusammenhängt. Schon haben die Dörfer am Rande ein mehr modernes Aussehen, schon fangen die Dorfschönen an, sich städtisch zu kleiden, schon versteht im entlegensten Winkel auch das alte Mütterchen einige Worte Deutsch. Bald werden die melodischen Lieder der Wenden, von denen sich manche bereits mit deutschem Refrain schmücken, verklingen, und der wendische Gottesdienst wird in nicht zu ferner Zeit in den Dörfern um Vetschau, Cottbus und Peitz, und auch in Burg, der festesten Zufluchtsstätte des Wendentums, aufhören, wie er seit etwa zwei Jahrhunderten in Lübben, etwas später in Straupitz und Neuzauche und 1866 auch in Lübbenau aufgehört hat." ("Grieben-Reisebuch Spreewald", 7. Auflage, Grieben-Verlag Albert Goldschmidt Berlin 1902, S. 25) Und damals waren Fernsehen, Internet, Geburteneinbruch und Abwanderung noch gar nicht wirksam. Fahlisch sollte Recht behalten: seit 1930 wird in Burg nur noch deutsch gepredigt; Burg ist heute ein Touristenort wie andere. Was den Busausflüglern vorgeführt wird, ist die künstliche Beatmung einer lang schon gestorbenen Kultur; Bevölkerungsprognosen erwarten das Ende der niedersorbischen Sprache in den kommenden ein bis zwei Generationen.
  38. Das frühere Gasthaus Quackatz lag am heutigen Südumfluter, Erste Kolonie 39, der Gasthof "Zur Tanne" wahrscheinlich versteckt in der Zweiten Kolonie 35. Man beachte, dass Keller die "Tanne" preist, aber an Quackatz vorbeifährt.
  39. Während der Hotelkomplex "Wendenkönig" wächst und gedeiht, liegt das Gasthaus Rogatz-Jarick, heute "Willischza" am Badesee, etwas stiller. Das mag früher anders gewesen sein, denn vor dem Bau der Ringchaussee in den 30er Jahren des 20. Jh. lief der ganze Verkehr zwischen Burg und Straupitz vor seiner Tür vorbei.
  40. Heutige Wassersportler verirren sich nicht mehr: Mit dem Umbau des Eichkanals zum Nordumfluter wurde das Alt Zaucher Fließ oder "Alt Zaucher Spree" (wie auch das "Straupitzer Fahrfließ") in das nördlich anschließende Poldergebiet "verbannt" und ist auf dem Wasserweg nicht mehr erreichbar; weshalb den Nordumfluter auch heute kaum wer paddelt, wusste Keller damals schon. Die Alt Zaucher Mühle existiert noch, die Jugendherberge (nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen Gasthaus in Burg-Kauper) nicht mehr.
  41. "Straubes Märkisches Wanderbuch Teil II", 25. Auflage, Geographisches Institut und Landkarten-Verlag Jul. Straube, Berlin 1909, schreibt auf S. 130 zur Ortsgeschichte: "Schlepzig wird bereits im 11. Jahrh. urkundlich erwähnt u. war mehrere Jahrhunderte lang der Sitz einer blühenden Eisenhüttenindustrie. Der schon 1374 erwähnte Eisenhammer ist bis ins 18. Jahrh. hinein in Betrieb gewesen (Eisenplatte von 1687 an der Mühle). Während des 30jähr. Krieges wohnte der Landvogt der Niederlausitz, Graf v. Promnitz, in Schlepzig, wo auch die Ständetage stattfanden. Auf der in der Nähe liegenden Wussegk (d. i. Berg) wurden in dieser Zeit jahrelang Gottesdienste für die Bewohner der Umgegend u. für die Einw. von Lübben abgehalten."


Erklärung der Abkürzungen:

  • Abzw. = Abzweigung.
  • Br. = Brücke. Die den Brücken beigesetzten Zahlen (im Text in runden Klammern) geben die freie Durchfahrtshöhe der Brücke, wenn nichts anderes angegeben ist, über Mittelwasser an.
  • D.-St. = Dampferstation, Dampfersteg, Motorbootsteg.
  • E. = Eisenbahnstation. Bei zum Faltbootauf- und -abbau günstig gelegenen Bahnhöfen ist die Entfernung vom Bahnhof zum Wasser in Klammern angegeben, z. B.   E. (400 m).
  • F. = Fernsprecher.
  • Hot. = Hotel.
  • H.W. = Hoher Wasserstand.
  • J.H. = Jugendherberge.
  • K-Br. = Klappbrücke.
  • K-G. = Kanu-Gesellschaft.
  • K-Kl. = Kanu-Klub.
  • l. = links.
  • M.W. = Mittlerer Wasserstand.
  • M.N.W. = Mittleres Niedrigwasser.
  • Mdg. = Mündung.
  • N.-W. = Normalwasserstand (auf Kanälen).
  • P. = Post.
  • P-V. = Paddel-Verein.
  • R-Cl., R.-Kl. = Ruderklub.
  • R.-G. = Rudergesellschaft.
  • R.-Vg. = Rudervereinigung.
  • r. = rechts.
  • Rest. = Restaurant.
  • S.-Cl. = Segelklub.
  • Schl. = Schleuse.
  • T. = Telegraph.
  • U. = Unterbringung von Booten.
  • Y.-Cl. = Yachtklub.
  • [1,20] = Die Zahlen in den eckigen Klammern bezeichnen die Fahrwassertiefe.

  **) = lohnender Abstecher.

Die Zahlen hinter den Brücken geben die freie   D u r c h f a h r t s h ö h e   bei einem Mittelwasserstande an, wenn durch Fußnote nichts anderes gesagt ist.

Die übrigen angewandten Abkürzungen werden ohne weiteres verständlich sein.




Quellenvermerk und Bearbeitungsbericht

Dieser Text wurde von Friedrich Eduard Keller verfasst und erschien 1929 im Wasserwanderführer "Hip Hip Hurra! Straube's Führer für Wasser-Wanderer 1. Teil: Brandenburg und Oder", Geographisches Institut und Landkarten-Verlag Jul. Straube Berlin, 6. Auflage, S. 97-114. Der Text wurde unter Berücksichtigung der neuen deutschen Rechtschreibung aus dem Werk übertragen und die Namen der Orte dabei mit dem Autoatlas und alten Landkarten verglichen. Offenkundige Rechtschreib- und Kommafehler wurden dabei stillschweigend korrigiert (z. B. "stattlicher" in "staatlicher" Besitz beim Urwald am "Forsthaus Eiche", "Koßwigt" in "Koßwig", "Strandower Weg" in "Stradower Weg", "Staubkanal" in "Staukanal", "Kschiwa-Zeera" in "Kschiwa-Zerra", "Jeschowa" in "Jeschoa", "Patschownia" in "Patschowina", "Schilddachkappe" in "Schilfdachkappe", "Schmorgow" in "Schmogrow", "Schrebense" in "Schrebenza" geändert). Zur Orientierung wurden die ursprünglich fehlenden Überschriften "Anlegemöglichkeiten für Wassersportler" und "Orte des Oberspreewalds" hinzugefügt. Die sonstige Gliederung, die Hervorhebungen und die Sperrungen im Text folgen dem Original.

Jede Auflage des Führers ist von Keller grundlegend überarbeitet und auf den neuesten Stand gebracht worden. An ausgewählten Stellen sind daher Textpassagen älterer Auflagen eingefügt, die 1929 oder schon früher aus tagesaktuellen Gründen (oder, weil Keller schönere Fließe entdeckte) entfallen sind. Sie ergänzen und vertiefen das Bild der Wasserstraßen in der Rückschau. Diese Passagen sind zur Unterscheidung zum Originaltext kursiv gesetzt.

Im Zuge der Unterdrückung des Sorbentums während der Nazizeit wurden 1937 viele (alle?) slawischen Namen der Lausitz "aufgenordet", d. h. durch deutsche Namen ersetzt. Das betraf auch die Namen von Spreewaldfließen. Auf einer 1957 erschienenen Spreewaldkarte tragen die Fließe die damals vergebenen deutschen Namen, wenn auch noch mit den alten wendischen Namen in Klammern: bis zu dieser Zeit war die Sorbenpolitik der DDR nicht repressiver als die gegenüber deutschsprachigen Bürgern gewesen. Das änderte sich erst mit der Errichtung des Kombinats Schwarze Pumpe in sorbischem Gebiet ab 1956, was unter der sorbischen Bevölkerung kaum Zustimmung fand, und der Kollektivierung 1959/60, die die Kultur der sorbischen Kleinbauern umwälzte. In der Folge wurde die Sorbenpolitik der DDR strikter: bereits die Karten des ca. 1963 erschienenen "Wasserwanderbuches der märkischen Gewässer" tragen nur noch die deutschen Namen, und so ist es bis heute geblieben. Trotz Minderheitenschutz wurden die alten Fließnamen (auch nach 1990) nicht wieder eingeführt. Soweit ermittelbar, sind den von Keller gebrauchten wendischen Namen die heute benutzten deutschen in Kursivschrift beigestellt.

Eine weitere Schwierigkeit besteht darin, dass mit der Regulierung des Oberspreewaldes zwischen 1930 und 1970 einige Fließe begradigt, verlegt oder abgedämmt wurden, z. B. beim Bau von Nord- und Südumfluter, im "Kleinen Gehege" nördlich von Lübbenau und rund um Groß Wasserburg. Auch das Wegenetz hat sich in vielen Details verändert, vor allem in Burg, wo Zufahrten je nach Verhältnissen und Besitzern verschoben worden sind. Im Rahmen der Möglichkeiten wird auf Abweichungen zum heutigen Wege- und Gewässerbild hingewiesen.

Links wurden nur dort eingefügt, wo die Erläuterung eines Sachverhaltes aus heutiger Sicht unumgänglich schien. Die Anmerkungen von 1929 wurden sämtlich übernommen; sie sind nach Wikipedia-Manier als anklickbare Ziffern gestaltet und leiten zu den Referenzen am Schluss des Textes.

Sämtliche Namen und Beschreibungen der Verhältnisse entsprechen dem Originaltext von 1929. Eine Aktualisierung des Textes auf heutigen Stand wurde nicht durchgeführt.




Bild-Copy-Frei.png Die Schutzdauer für diese Datei ist nach den Maßstäben des deutschen Urheberrechts abgelaufen, somit ist die Datei gemeinfrei („public domain“). Bild-Flagge.png