Zwei Wochen im August auf Otava, Moldau und Elbe (Martin 1973)

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Folgender Bericht von unserem diesjährigen Urlaub soll anderen Gruppen zum Pläneschmieden dienen, so wie uns die Berichte von H. Franz, Brandenburg, "Fahrt auf der Moldau und Elbe" Kanusport 6/68, und F. Schimandl, Altenburg, "Von Lenora bis Prag auf der Vltava" Kanusport 4/72 bei unserer Planung bereits gute Dienste leisteten. Wir fanden, dass es sich lohnt, diese Berichte von 1967 durch unsere Erfahrungen von 1973 zu ergänzen.

Unsere Gruppe bestand aus 3 Familien = 13 Personen, davon 7 Kinder zwischen 10 und 14 Jahren. Wir fuhren in 6 RZ 85 und 1 E 65 Faltboot.

Ratschlägen und Erfahrungen folgend, schickten wir unser Urlaubsgepäck (6 etwas überladene Bootswagen mit je 100 kg) nicht voraus, sondern sicherten uns Platzkarten im D-Zug "Warnow", der uns von Neustrelitz nach Prag bringen sollte. Im Packwagen hatten wir uns telefonisch genügend Platz reservieren lassen. Leider hatte dieser ČSSR-Zug ausgerechnet am 10. 8. mal keinen Packwagen mit und unsere Bitten und Proteste halfen uns nicht. Wir mussten zurückbleiben und erreichten mit unserem Gepäck nach 5 x Umsteigen und 14 Stunden Verspätung am Morgen des 11. 8. 1973 den Bahnhof Vráž u Písku, eine Station vor der Stadt Písek an der Strecke Praha - Protivín (Nr. 1281).

Wir rollten unsere Habe ca. 2 km (gute Asphaltstraße) an das Ufer der Otava, setzten mit der Fähre über und fanden dort 200 m weiter abwärts einen schönen Platz zum Aufbauen. Endlich auf dem sauberen Wasser der hier schon durch die Orlík-Staumauer gestauten Otava, umgeben von schöner bergiger Landschaft und bei herrlichem Wetter - die anstrengende Anreise war schnell vergessen, und das Paddeln machte wieder Spaß.

Nach 14 km vereinigten sich Otava und Moldau (km 169). Am Zusammenfluss steht die Burg Zvíkov, zu deren Besichtigung man sich mindestens eine Stunde Zeit lassen sollte (Anlegen hinter der Motorschiffanlegestelle). Mittagessen und Einkaufen kann man in Zvíkovské Podhradí, wenn man vorher kurz hinter der neuen großen Straßenbrücke anlegt und den steilen Aufstieg nicht scheut. Überhaupt sind über weite Strecken des Orlík-Stausees die Ufer zu beiden Seiten steil und felsig, und so findet man außer den wenigen, aber schönen in der Karte verzeichneten Zeltplätzen (T) kaum einen flachen Platz am Ufer. Wir fanden einen günstigen Platz nach dem km 165 gegenüber dem Dorf Nevězice.


Inhaltsverzeichnis

1. Tag

Früh gegen 7.00 Uhr stehen wir auf, frühstücken und packen. Die taufeuchten Zelte trocknen inzwischen, und gegen 9.00 Uhr paddelt unsere Flotte weiter. So geht es auch an fast allen folgenden Paddeltagen. Am herrlichen Schloss Orlík (km 157) brauchten wir fast drei Stunden zum Mittagessen und Besichtigen. Nach weiteren drei Stunden fanden wir am km 142 vor der Orlík-Staumauer links einen schönen Zeltplatz.


2. Tag

Pünktlich 9.00 Uhr sind wir an der Staumauer, als der Sportbootaufzug zu arbeiten beginnt. Da er aber ca. 20 Minuten für eine Fahrt über die 90 m hohe Staumauer benötigt und nur 3 Faltboote oder 1 Motorboot (und davon gibt es da viele!) transportieren kann, waren wir erst 11.00 Uhr in Solenice und kauften dort gut ein. Nach anstrengender Gegenwindfahrt über den Kamýk-Stausee schleusten wir 13.30 Uhr (Schleusenplan schon an der Orlík-Staumauer erfragen!) in Kamýk (km 134). Nach der Hitze war es in der 14 m hohen Kammer schön kühl. Nach weiteren 29 km Fahrt durch die vielen Windungen des Slapy-Stausees waren wir doch recht froh, am km 105 Ufer gleich nach der Brücke einen schönen Zeltplatz kurz vor Cholín zu finden. Am Slapy-Stausee sind die Ufer über weite Strecken bereits flacher. Zwischendurch ragen aber auch hier hohe, steile Basaltwände direkt aus dem Wasser. Die Zeltmöglichkeiten sind durch die zu beiden Seiten Bord an Bord liegenden Hausboote mit eigener Uferzone stark eingeschränkt.


3. Tag

Ruhetag - Wir verbringen ihn nicht untätig, sondern baden noch mehr als sonst, unternehmen eine Einkaufswanderung nach Čelina, genießen den Ausblick über das Moldautal vom gegenüberliegenden Berg Dubový (415 m), reparieren Boote und Ausrüstung und sammeln Brombeeren und natürlich auch Holz für das abendliche Lagerfeuer. Auch bei größter Trockenheit nimmt hier niemand Anstoß an einem kleinen Feuerchen, das nun einmal zum Abschluss eines Urlaubstages gehört. Im Touristenrestaurant am Zeltplatz kann reiswert und gut essen.


4. Tag

Heute durchfahren wir den landschaftlich wohl schönsten Teil unserer Tour. Die Ufer des Slapy-Stausees sind sehr abwechslungsreich und von vielen großen und kleinen, luxuriösen und einfachen Ferienhäusern, -lagern, Bungalows und Hausbooten umsäumt. Erste Rast- und Einkaufsmöglichkeit finden wir in Živohošť und legen dazu am schönen Badestrand an der Kirche an. Die Staumauer Rabyně (km 91) kann man nur Umtragen bzw. Umfahren auf kleinen Bootswagen, die an einem Häuschen links hinter der Staumauer ausgeliehen werden können, überwinden. Die ca. 2 km lange Strecke mit starkem Gefälle und Steigungen verlangt bei schweren Booten einige Kraftanstrengungen. Alle Mühen sind auf dem Štěchovice-Stausee vergessen. Zu beiden Seiten ragen steil hohe Basaltwände empor, und die ersten großen Personendampfer begegnen uns. An der Staumauer Štěchovice warten wir etwas, bis wir mit einem Dampfer gemeinsam schleusen können. Hier beginnt der Teil der Moldau, der bedeutend weniger landschaftliche Reize zu bieten hat. Das Wasser im Štěchovice-Stausee ist noch klar, aber danach kann man nur noch selten baden. Nach kurzer Fahrt erreichen wir die Insel St. Kilián und finden an der Nordspitze einen schönen Zeltplatz.


5. Tag

Die Staumauer Vrané (km 71,3) erreichen wir leider zu spät (Schleusenzeiten 10.00 und 14.00 Uhr, an Štěchovice-Schleuse erfragen) und müssen wieder mit den Bootswagen umfahren, die man auch hier ausleihen kann. Der Umtrageweg ist aber nur ca. 300 m lang und nicht beschwerlich. Bis Braník hat die Moldau etwas Strömung. Wir machen nur kurze Rast und stärken uns am Kiosk, denn der Autocampingplatz ladet nicht zu längerem Verweilen ein. Die folgende Durchfahrt durch Prag ist einfach und gefahrlos, wenn man die gut angebrachten Hinweiszeichen für die Schifffahrt (Sperrbojen und Richtungspfeile) beachtet und an den Schleusen nicht zu lange warten muss. Bei dem regen Schiffsverkehr wartet man aber höchstens 30 Minuten, und das ist sicherer als das beschwerliche Umtragen oder das mit schweren Booten gefährliche Durchfahren der Floßgassen, die teilweise auch gesperrt sind. Gleich hinter der Jiráskův-Brücke fährt man links in den Schleusenkanal, vorbei an der Dětský- und der Střelecký-Insel, und überwindet den Höhenunterschied von zwei Wehren, über die die Moldau fließt. Bei der folgenden Durchfahrt durch die berühmte Karlsbrücke schossen die Fotografen aus allen Rohren, und nach der Svatopluka-Čecha-Brücke legten wir rechts an der Kaimauer an, um unseren Proviant aufzufüllen. Bei der Weiterfahrt bleiben wir rechts und erreichen die Hlávkův-Brücke rechts der Štvanice-Insel und die darunter liegende Schleuse. Die Innenstadt ist damit durchfahren. Wir fanden auf einer ausgedehnten Liegewiese, ca. 500 m rechts hinter der Barikádníků-Brücke bei Troja, gute Zelt- und Bademöglichkeiten.


6. Tag

Ein ganzer Tag Bummel durch Prags Sehenswürdigkeiten bei 30 °C ist zwar interessant und notwendig, aber sicher kein "Ruhetag".


7. Tag

Wir fahren von unserem Zeltplatz auf der linken Seite in den Schleusenkanal, denn die Weiterfahrt auf der rechten Seite führt in die lebensgefährliche Floßgasse des Trojaner Wehres (z. Zt. im Umbau). Wir schleusen in Roztoky (km 37,8, links) und Dolany (km 27,2, rechts) und finden links kurz vor dem Renaissanceschloss von Nelahozeves (km 19) eine schöne Zeltwiese. Nach den Chemiebetrieben von Kralupy kann man in der Moldau nicht mehr baden, und wir sind auf Wasserpumpen und andere Waschgelegenheiten angewiesen.


8. Tag

Nach der Schleuse in Miřejovice (km 18, links) sind wir bald in Vraňany, fahren links in den Kanal ein und tragen gleich nach dem Wehr in die Moldau über, um die Strömung der Moldau bis Mělník zu genießen. Durch die zufließende Elbe wird das Wasser noch trüber. Die Aussicht vom hoch über dem Zusammenfluss der beiden Ströme gelegenen Schloss und das Mittagessen in der Burggaststätte lohnen den Aufenthalt in Mělník, weniger jedoch der Autocampingplatz am gegenüberliegenden Ufer. Wir fahren daher weiter und zelten nach der Schleuse Dolní Beřkovice (km 6,7 nach Mělník, links) an der Ortschaft Křivenice in der Nähe freundlicher und wie überall hilfsbereiter Leute.


9. Tag

Die Strömung der Elbe ist nur ganz gering, und der immer stärker werdende Gegenwind macht das Paddeln tüchtig schwer. Wir durchfahren die Schleusen Hněvice (km 18, links), Roudnice (km 27, links - Mittagessen und Einkaufen) und České Kopisty (km 41, links) und erreichen etwas entkräftet in Litomeřice (km 44) kurz vor der Brücke rechts ein Ruderbootshausgelände, wo wir zelten und duschen können. Für alle Unterstützung bedanken wir uns am nächsten Morgen mit einem Wimpel, von denen man bei solchen Fahrten immer einige als Freundschaftsbeweis zur Hand haben sollte.


10. Tag

Man kann die folgende Strecke bis zur Staatsgrenze an einem Tag schaffen. Da wir die aktive Erholung aber nicht übertreiben wollten und auch wieder mit Gegenwind zu rechnen hatten, legten wir eine Kurzetappe ein. Rund um den schönen Marktplatz von Litomeřice unternahmen wir erst noch einen Einkaufsbummel und fuhren erst gegen 11.00 Uhr los. Die Schleuse Lovosice (km 49,3) durchfahren wir links. Danach wird die Landschaft wieder abwechslungsreicher. Die Berge und Felsen der Böhmischen Schweiz ziehen an uns vorüber. Bei schwacher Strömung und starkem Gegenwind nähert sich uns nach vielen Windungen endlich der Schreckenstein, etwa 500 m vor der Schleuse rechts finden wir auf dem Gelände eines Seglerbootshauses eine schöne Zeltwiese. Der Spaziergang zum naheliegenden Schreckenstein (Střekov) lohnt sich schon wegen der schönen Aussicht auf das Elbtal und die Schleusenanlagen.


11. Tag

Um 9.00 Uhr schleusen wir das letzte Mal auf der Elbe vor Ústí (rechts, km 68,9). Man sollte sich hier vorher nach den Schleusenzeiten der Berufsschifffahrt erkundigen, da das Umtragen beladener Boote rechts nicht und links nur sehr schwer möglich ist. Anschließend haben wir endlich die lang erwartete schnelle Strömung und sind, ohne uns anzustrengen, um 12.00 Uhr in Děčín (km 94). Von hier an ist das Wasser der Elbe so schmutzig, dass man nicht mehr baden kann. Wir legen rechts unter dem Schloss vor der Mündung der Ploučnice an, sehen uns die Stadt an und essen Mittag. Von Děčín an bis zur Landesgrenze stehen an beiden Seiten der Elbe schöne hohe Sandsteinfelsen. Bei den ersten Häuschen von Dolní Žleb (Eisenbahnüberführung), auf der linken Seite (ca. km 103,5) zelten wir. Nach Dolní Žleb ist das Zelten bis zur Grenze verboten.


12. Tag

Heute ist Wanderlag. Wir setzen in Dolní Žleb mit der Fähre über, fahren mit dem Bus nach Hřensko und laufen von dort mit vielen anderen Touristen zum Pravčická brána (Prebischtor). Ein schöner Weg führt entlang der Julius-Fučík-Wände zur Mezní Louka (Reinwiese), wo wir in einem Selbstbedienungsrestaurant ein gutes Essen bekommen. Unvergesslich bleiben uns Wanderung und Kahnfahrt in der Dolní Soutěska (Stille Klamm - Edmundsklamm) zurück nach Hřensko. Diesen Tag beschließen wir wieder mit einem Lagerfeuer am Elbufer.


13. Tag

Die letzte Etappe ist zwar die längste (55 km), aber ohne Schleuse und bei guter Strömung ohne Anstrengung zu schaffen. Die Passkontrolle in Hřensko hielt uns alle nicht mehr als 10 Minuten auf. In Wehlen legten wir rechts vor der Fähre zum Mittagessen an und hielten dann erst wieder in Dresden. In einem Bootshaus des SC Einheit, rechts ca. 100 m vor dem "Blauen Wunder", der ersten Brücke Dresdens, finden wir Unterkunft.


14. Tag

Erstmals nehmen wir an der DDR-offenen Bestenermittlung im Touristischen Mehrkampf in Dresden teil (10 km) und haben durch je einen 1., 2. und 3. Platz in allen Familien Erfolg. Diese Art Wettkampf hat uns trotz aller Anstrengungen so begeistert, dass wir ähnliche Wettkämpfe in Zukunft auch in unserem Bezirk durchführen werden. Am Nachmittag hatten wir alle Hände voll zu tun, um unser Gepäck zu verstauen und mit einem LKW zum Hauptbahnhof zur Gepäckabfertigung zu bringen.


15. Tag

Um 5.57 Uhr Abfahrt nach Neubrandenburg, uns am Abend trifft auch unser Gepäck ein.


Noch einige Werte zur Reiseplanung:

  • Gesamtfahrstrecke 345 km (ohne TMK)
  • Gesamturlaub: 17 Tage
  • davon Paddeltage: 11Tage
  • Durchschnitt km/pro Tag: 31,2 km


  • Reisegepäck für 13 Personen (3 Familien): 620 kg
  • Gepäckkosten:
    • Neustrelitz - Písek 93,– Mark
    • Dresden – Neubrandenburg 134,– Mark


  • Fahrpreis für 13 Personen Neubrandenburg - Písek und Prag - Neubrandenburg: 630,– M


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Quelle

Dieser Artikel stammt von Karl-Heinz Martin, Neubrandenburg, und erschien in der Zeitschrift "Der Kanusport, Mitteilungsblatt des Deutschen Kanu-Sport-Verbandes der Deutschen Demokratischen Republik", 20. Jahrgang Nr. 11/November 1974, S. 172-174.

Der Text wurde aus der Zeitschrift unverändert übertragen, lediglich die neue deutsche Rechtschreibung wurde berücksichtigt und die Schreibweise der Fluss- und Ortsnamen dem tschechischen Schriftbild angeglichen. Eine Aktualisierung der Fakten auf heutigen Stand (neue Zeltplätze, Umtragemöglichkeiten, Änderungen nach dem Hochwasser 2002) wurde nicht durchgeführt. Neue Fahrtberichte der letzten Jahre werden gerne entgegengenommen!

Vielen Dank an Karl-Heinz Martin für seine Genehmigung zur Veröffentlichung im Faltbootwiki.


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