Theiß - III. Internationale Tisza-Tour (TIT) von Csenger nach Szeged (Kunze 1972)

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III. Internationale Tisza-Tour (TIT) von Csenger nach Szeged

Der Entschluss zur Teilnahme an der diesjährigen Tisza-Tour geht auf eine Einladung ungarischer Sportfreunde im Frühjahr 1972 zurück. Diese internationale Faltboottour begann am 15.7. 1972 in Szeged.

Nachfolgend die Streckenführung mit Kilometerangaben:

  • 15. Juli 1972 Treffpunkt in Csenger an der ungarisch-rumänischen Grenze an der Szamosbrücke
  • 16. Juli 1972 Abfahrt nach Gyügye 20 km
  • 17. Juli 1972 Gergelyiugornya / Camping / Csárda 30 km
  • 18. Juli 1972 Benk 37 km
  • 19. Juli 1972 Tuzsér 43 km
  • 20. Juli 1972 Dombrád / Camping / Csárda 25 km
  • 21. Juli 1972 Tiszabercel 25 km
  • 22. Juli 1972 Tokaj / Camping / Csárda 25 km
  • 23. Juli 1972 Tokaj, Ruhetag, 550 Ki1ometertafel
  • 24. Juli 1972 Tiszadada 36 km, 514 Kilometertafel
  • 25. Juli 1972 Tiszapalkonya / Csárda 24 km, 490 Kilometertafel
  • 26. Juli 1972 Tiszacsege / Csárda 32 km, 458 Kilometertafel
  • 27. Juli 1972 Tiszaörvény (später im Kisköre-Stausee versunken; das heutige Tiszaörvény ist ein neuer Ortsteil Tiszafüreds, d. Abtipper) 30 km, 426 Kilometertafel
  • 28. Juli 1972 Kisköre / Csárda 38 km, 392 Kilometertafel
  • 29. Juli 1972 Nagykörű / Csárda 31 km, 364 Kilometertafel
  • 30. Juli 1972 Szolnok / Camping / Gasthaus 30 km, 334 Kilometertafel
  • 31. Juli 1972 Szolnok, Ruhetag
  • 1. Aug. 1972 Mürtfű 30 km, 305 Kilometertafel
  • 2. Aug. 1972 Tiszaug / Gasthaus 38 km, 265 Kilometertafel
  • 3. Aug.1972 Csongrád / Camping 20 km, 245 Kilometertafel
  • 4. Aug. 1972 Mártély Gasthaus 38 km, 205 Kilometertafel
  • 5. Aug. 1972 Szeged / Camping 36 km, 170 Kilometertafel

Szamos-Strecke 50 km

Tisza-Strecke 538 km

Die Angaben auf den Kilometertafeln stammen aus einer Flusskarte von der Tisza und sind nicht ganz genau. Die offiziellen Kilometerangaben beginnen erst ab Tokaj, obwohl die Schiffbarkeit der Tisza weit oberhalb möglich ist.

Von Budapest nach Csenger kann man über Debrecen oder über Nyregyháza (jeweils umsteigen in Mátészalka) gelangen. Es sind von Budapest bis Csenger ca. 350 km. Wir sind in Budapest um 7.00 Uhr abgefahren und sind gegen 14.30 Uhr in Csenger eingetroffen. Das Bootsgepäck wurde vom Bahnhof per LKW 4 km bis zum Zeltplatz am Szamos gefahren.

Da die Anreise recht beschwerlich ist, empfiehlt es sich, in Budapest zu übernachten. Meine Frau und ich haben dieses Problem allerdings auf eine andere Art gelöst. Wir sind bis Komárom, dem Grenzübergang nach Ungarn, mit dem Zug gefahren und haben dort an der Donau die Boote aufgebaut, um bis nach Budapest zu paddeln. In Komárom liegt der Grenzbahnhof nur wenige Meter hinter dem Donaudamm, so dass man ohne größere Schwierigkeiten aufbauen und einsetzen kann. Im Grenzbereich der Donau sind wir viermal von den ungarischen Grenzwachen kontrolliert worden. Nach der Passkontrolle durften wir sofort weiterpaddeln.

Bis Budapest sind folgende Etappenorte zu empfehlen:

  • Komárom, Strom-km 1771
  • Esztergom, Strom-km 1718
    Hier ist es besser, einige Kilometer vorher wild zu zelten, da in Esztergom kein Campingplatz ist.
  • Nagymaros, Strom-km 1693
    Internationaler Campingplatz. Sehr schön im Donauknie gelegen. Zu Besichtigungen und Wanderungen in Visegrád sollte man unbedingt 2 Tage einplanen.
  • Budapest-Rómaifürdő, Strom-km 1655
    Rechten Donauarm fahren. Am Kilometer 13 befindet sich am Ufer eine sehr gute Gaststätte.

Wer nicht vorher auf der Donau fahren will, sollte das Bootsgepäck nur bis Budapest aufgeben. Die Einlösung durch den Zoll in anderen Orten führt nur zu unnötigen Verzögerungen und Schwierigkeiten. Von Budapest kann man die Boote bis Csenger am Abend vorher aufgeben. Auf den Nebenstrecken darf man die Boote mit dem Zug transportieren.

Die vorherige Anmeldung ist besser, da ein Teilstück der Tisza mit der Sowjetunion und mit der ČSSR die Grenze bildet. Die Personalien müssen also von jedem Teilnehmer bekannt sein.

Die Ausschreibung der Fahrt hatten wir mit Prospekten vorher in deutscher Sprache zugesandt bekommen. Ab der diesjährigen TIT haben 70 Teilnehmer teilgenommen. Es waren darunter 8 Sportfreunde aus Sangerhausen und 4 Sportfreunde aus dem Kreise Wurzen (Lok Wurzen, Stahl Brandis); übrigens die einzigen internationalen Gäste. Mehrere ungarische Sportfreunde sind in Holzkajaks gefahren. Von der Tour wurde auch durch Interviews im ungarischen Sportfunk und in großen Zeitungen ausführlich berichtet. Die TIT wurde als wichtiges regionales Sportereignis betrachtet. Die Eröffnung der Fahrt erfolgte in einem feierlichen Rahmen.

Auch für viele ungarische Sportfreunde waren der Szamos und die Tisza am Oberlauf noch wassersportliches Neuland. Nur im Rahmen der TIT ist es bisher möglich gewesen, das Grenzgebiet zur SU und zur ČSSR zu befahren. Dieses Mal war es die III. TIT von Csenger. In den vorherigen Jahren wurde die Tisza-Tour am Bodrog in Sárospatak gestartet.

Die Szamosstrecke ist 50 km lang und das schnellste Teilstück der gesamten Tour. Es besteht eine große Ähnlichkeit zur Mulde zwischen Grimma und Wurzen. Absolut keine Probleme wegen des Wasserstandes!

Der Szamos ist ein großer, breiter Fluss, den man sich nach der Landkarte viel kleiner vorgestellt hätte. Sehr viele Kurven mit Steilufer bis zu 10 m Höhe, an deren Innenseiten sich herrliche Sandbänke befinden, die zum Baden einladen. Wassertemperaturen etwa 24 bis 26 Grad Celsius. Das Wasser ist ohne die geringsten chemischen Verunreinigungen. Es ist allerdings trüb, oft sandig und lehmig, je nach Beschaffenheit des vollkommen unbefestigten Ufers und der Niederschläge. Man kann mit größtem Vergnügen an den zahlreichen und großen Sandstränden baden. Da es sehr heiß war, sind wir oft hinter den Booten geschwommen, um auch so einige Kilometer des Tagesabschnittes zu bewältigen. Mit dem Faltboot erreicht man auf dem Szamos eine Marschgeschwindigkeit von 7 - 8 km/h, ohne sich anzustrengen. Die Etappenorte konnte man bequem am Tage erreichen. Die Dörfer liegen am Oberlauf der Tisza bis unterhalb von Tokaj 1 - 2 km vom Zeltplatz entfernt. Mehrere Male haben wir in Strandbädern gezeltet, wo man in Fischer-Csárdas essen konnte. In den Dörfern gibt es meistens noch recht einfache Läden zum Einkaufen. In allem wird man noch oft an unser Mecklenburg erinnert.

Die Tisza fließt noch langsamer als der Szamos. Auch hier ausgedehnte Sandstrände, sehr viele große Kurven mit unbefestigten Steilufern. Am Ufer stehen sehr viele Pappeln und Weidengebüsch. Einmalig sind die großen Schweineherden, die wie Schafe gehütet werden. Für Fotoamateure findet man hier sehr schöne Motive! Die Tisza ist hier 100 -130 m breit und etwa 4 m tief. Auch hier findet man ausgezeichnete Bademöglichkeiten. Obwohl die Tisza sehr gute Bedingungen für den Wassersport bietet, waren an der ganzen Strecke bis Szolnok nur 3 offizielle Campingplätze zu finden. Einer davon befindet sich in Tokaj. Das andere Gebiet ist noch vollkommen unberührt von der Campingindustrie geblieben. Wie lange noch? Noch fährt man in Ungarn zum Plattensee.

Die meisten Teilnehmer der TIT sind ab Tokaj wieder nach Hause gefahren. In Tokaj sollte man das Weinmuseum unbedingt besichtigen. Den berühmten Tokajer Wein kann man in viel mehr Sorten in den Weinkellern und den Stehausschänken probieren, als er bei uns gehandelt wird. Der Ruhetag in Tokaj war daher bald zu kurz.

Bis Tokaj haben wir das interessanteste Teilstück der Tisza in einer Woche erlebt. Wir würden dieses Stück gern wieder einmal befahren. Ab Tokaj waren wir die einzigen internationalen Gäste der diesjährigen TIT. Wir haben es nicht bereut, denn die ungarischen Sportfreunde waren uns gute Kameraden. Es gab keinerlei Sprachschwierigkeiten, mit anderen Worten: "Wir waren eine Familie!"

Ab Tokaj hat die Tisza kaum noch Strömung. Nach der Schleuse in Tiszalök geht es dann allerdings wieder etwas schneller. Die Staustufe in Tiszalök ist sehr wichtig für die Bewässerung des Tiszagebietes. Man wird hier über 8 m geschleust. Eine weitere Staustufe wird bei Kisköre gebaut. Bis Szolnok sieht man immer häufiger Dammbauten und Anlagen zur Flussregulierung.

Das Wasser wird immer klarer, da sich die mitgeführten Schwebstoffe absetzen. Sandstrände sind nicht mehr so häufig anzutreffen. Die vielen Uferschwalben mit ihren Nestern in den Steilufern werden auch zahlenmäßig geringer. In Leninváros (heute Tiszaújváros), einer ganz neuen Chemiearbeiterstadt, findet sich ein großes chemisches Kombinat, das aber der Tisza nur gut geklärte Abwässer zuführt. Das ist aber auch der einzige Industriekomplex, der an der Strecke bis Szolnok liegt.

Auch die Schifffahrt auf der Tisza ist sehr gering. Ausflugsdampfer gibt es hier noch nicht. Vor Szolnok begegnete man immer häufiger Motorbooten von Wochenendausflüglern. In Szolnok war es nur mit Hilfe eines Bootsliftes möglich, die Boote vom Wasser zu bekommen. Der Tiszadamm bildet hier das Ufer, und dahinter befinden sich die Bootshäuser und der Campingplatz. Der Campingplatz ist für uns Wassersportler ungeeignet, da er sich zu weit vom Wasser befindet. Die Zelte werden am besten vor dem eingezäunten Gelände der Bootshäuser aufgebaut. In Szolnok reiste der größte Teil der noch verbliebenen Teilnehmer der TIT ab. Der Bahnhof befindet sich hier am anderen Ende der Stadt. Das bedeutet 4 km Fußmarsch oder man benutzt ein preiswertes Gütertaxi. Es war uns hier nicht möglich, unser Bootsgepäck direkt bis nach Wurzen aufzugeben, da es auf dem Bahnhof keine Zollabfertigung gibt. Die Boote müssen also per Reisegepäck nach Budapest aufgegeben und können dort ohne größere Formalitäten verplombt und abgeschickt werden.

Für uns ging so ein herrlicher Urlaub nach 150 km auf der Donau und 426 km auf Szamos und Tisza zu Ende. Diese Fahrt war für uns sehr reizvoll und würde sich auch für einen späteren Urlaub wieder lohnen.

Wie uns die ungarischen Sportfreunde aus Mosonmagyaróvár mitteilten, wird im nächsten Jahr eine neue interessante Tour von etwa 14 Tagen geplant. Start soll in Győr sein. Von hier die Mosoni-Duna stromaufwärts, mit anschließendem Übersetzen durch Schleusen zur Donau. In diesem Donauabschnitt befinden sich sehr viele Nebenarme und Inseln, wo man sich leicht verfahren kann. Dann geht es die Donau über Komárom, Esztergom, Nagymaros bis Budapest abwärts. Die geplante Fahrt soll im Juni 1973 stattfinden.


Weitere Artikel

  • siehe auch die Zusammenstellung Theiß!


Quelle

Dieser Artikel stammt von Dr. Norbert Kunze, Wurzen, und erschien in der Zeitschrift "Der Kanusport, Mitteilungsblatt des Deutschen Kanu-Sport-Verbandes der Deutschen Demokratischen Republik", 19. Jahrgang, Heft 11/1972, S. 170-171. Der Text wurde aus der Zeitschrift übertragen, wobei die neue deutsche Rechtschreibung berücksichtigt und die Schreibweise der Ortsnamen dem ungarischen Schriftbild angeglichen wurde. Das Geschlecht des Flusses "Bodrog" wurde aus der weiblichen in die korrekte männliche Form geändert. Die mitgeteilten Anmeldeadressen wurden weggelassen, da nach Revolution, Umwälzung und Staatskrise mit Sicherheit Änderungen eingetreten sind; aktuelle Befahrungsregeln kann man beim Ungarischen Kajak-Kanu-Verband oder bei der Ungarischen Föderation für Wassertouristik erhalten. - Eine Aktualisierung der Fakten auf heutigen Stand (Zeltplätze, geänderte Zugverbindungen, heutiger Modus der Grenzkontrollen usw.) wurde nicht durchgeführt. (So fehlt in diesem Bericht noch der Kisköre-Stausee mit seiner 9 m tiefen Schleuse (km 402), der erst im Jahr danach fertig wurde. Briefl. Hinweis von Dr. Kunze, 19.2. 2012.) Neue Fahrtberichte der letzten Jahre werden gerne entgegengenommen!

Vielen Dank an Dr. Norbert Kunze für seine Genehmigung zur Veröffentlichung im Faltbootwiki.


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