Motzener See und Mellensee (Spychalski 1983)

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Motzener See und Mellensee


Eine Betrachtung für Wanderruderer


Den vorliegenden Artikel verfasste Winfried Spychalski, Berlin, im Jahre 1983. Er ist in der Zeitschrift "Rudersport der DDR" erschienen.


Mit diesem Beitrag wollen wir in loser Reihenfolge Beschreibungen von einzelnen Fahrten für Wanderruderer berichten, die sich aus dem Raum Berlin und auf anderen Gewässern heraus unternehmen lassen. Damit wollen wir im RUDERSPORT Anregungen geben, uns weitere Berichte zu schicken oder wichtige Ergänzungen zu machen. Gegenüber dem Wasserwanderatlas sollen sie speziell eine Orientierung für Wanderruderer sein.


In einem alten "Skull und Riemen" Anfang der 60er Jahre heißt es, dass die Schleuse in Mittenwalde endgültig wegen Baufälligkeit schließen musste. Der Bau zweier neuer Schleusen sei beschlossen worden, nur wusste damals niemand, wann sie fertig werden. Die Schleusen sind nun seit einigen Jahren fertig. Aber in der Zeit wurde auch die Schleuse in Königs Wusterhausen geschlossen. Erst war sie viele Jahre einfach zugeschüttet, dann begann man sachte mit dem Neubau. Nun, nach mehr als 20 Jahren, ist der Nottekanal wieder befahrbar. Einige Sportfreunde haben den Reiz der beiden Seen nicht vergessen und fuhren trotz viel Mühe dorthin.


Im Nottekanal

Am Kilometer 8 der Dahme-Wasserstraße zweigt der Nottekanal ab. Hier sieht man eigentlich nur einen Hafen, in dem pausenlos Lastkähne entladen werden. Zum Teil muss man auch aufpassen, dass man nicht mit beladen wird. Die Einfahrt kann auch mit Schiffen zugestellt sein. Vor rangierenden Schiffen sollte man sich in acht nehmen. Aber meistens findet man eine Lücke, durch die man schlüpfen kann.

Der Kanal wurde etwa um die Jahrhundertwende gebaut. Er dient zum Transport von Baustoffen aus Klausdorf und Mittenwalde nach Berlin. Große Ton- und Kiesgruben in der Nähe der Orte zeugen davon, was alles von hier in die Hauptstadt transportiert wurde.

Die Bahn- und Straßenbrücke in Königs Wusterhausen lassen sich trotz ihrer Enge gut passieren. Man durchfährt den Stadtpark und befindet sich plötzlich vor der Schleuse, die hinter einer weiteren Brücke liegt. In Königs Wusterhausen gibt es mehrere Gaststätten direkt an der Schleuse und eine Einkaufsstraße, die zum Bahnhof führt.

Hinter der Schleuse beginnt die 8 km lange öde Kanalfahrt nach Mittenwalde. Gleich neben der Autobahn zweigt der Zülowkanal ab. Hier sollen es früher Ruderer geschafft haben, den Rangsdorfer See zu erreichen. Ob es noch möglich ist, können wir nicht sagen. (Wer weiß es?) Auf der anderen Seite bei Schenkendorf gab es die nördlichste Braunkohlengrube der DDR. An sie erinnern aber nur noch Straßennamen, und Aufschriften an Häusern.

Nach einer knappen Stunde erreicht man Mittenwalde. Die Stadt weist typisch märkische Kennzeichen auf. Die Kirche, Reste der Stadtmauer und einfache Bürgerhäuser prägen das Stadtbild. Auch sei ein Besuch der Gaststätte an der alten Schleuse zu empfehlen, die mit ihrer alten einfachen und für diese Gegend typischen Ausstattung gefällt.


Volle Entschädigung

Von Mittenwalde aus erreicht man auf dem 4 km langen Galluner Kanal den Motzener See. Er ist eine volle Entschädigung für die lange Kanalfahrt. Zuerst kommt man an dem FKK-Zeltplatz vorbei, wo man sicher und gut mit seinem Zelt unterkommen würde. Auf halber Höhe des Sees auf Steuerbord liegt der Ort Kallinchen. Der Ort ist vor allem ein Ferienort und bietet außerhalb der Saison eigentlich wenig. Hier laden Eisdiele (direkt am See) und Gaststätte ein. Genauso verhält es sich mit dem Ort Motzen am Ende des Sees. Hier ist eine Gaststätte direkt am Wasser. Man kann auch noch eine Wanderung zum Töpchiner See machen. Wochenendvillen wechseln dabei mit ruhiger Waldlandschaft ab. Anzumerken sei noch, dass der See für Motorboote gesperrt ist, sehr zur Freude der Ruderer.

Von Mittenwalde aus erreicht man nach 8 km die Stadt Zossen. Sie ähnelt allen märkischen Städten. Ein Bummel über den Marktplatz lohnt sich. Im Stadtpark gibt es gute Anlegemöglichkeiten. Die letzten 5 km hinter Zossen ist der Kanal nur noch ein drei bis fünf Meter tiefer Graben. Hier soll auch das Fließ abzweigen, auf denen einige Sportfreunde auf dem Südweg von Berlin nach Potsdam gefahren sind. Im Ort Mellensee ist die letzte Schleuse oder die Bootsschleppe zu überwinden. Und dann ist man auf dem Mellensee, auch eine Entschädigung für die langen Anstrengungen.

Die Steuerbordseite ist mit Feriensiedlungen vollgepflastert. Aber auch ein Campingplatz, eine Jugendherberge und ein Strandbad mit Strandcafé gibt es. Aber alles ist in der Saison total überlaufen. Das setzt sich bis zum Ende des Sees fort. Anders dagegen die Backbordseite. Sie ist vollständig von Schilf bewachsen. Auf dem ersten Drittel des Sees befindet sich auf dieser Seite eine große Badewiese und ein kleines Café. Die Wiese ist ein Geheimtipp der Einheimischen dort. Auch in der Saison hat man hier seine Ruhe. Auf dem See gibt es wenig Motorboote.

Außerhalb der Saison ist es eine ruhige Gegend, die im vollen Widerspruch zu den anderen Berliner Gewässern steht.

Manche behaupten, dass man von hier aus noch den Wünsdorfer See erreichen kann. Wir wissen darüber nur, dass das Fließ schwer zu finden ist. Es ist etwa 2 m breit, die einzige Straße, die es unterquert, führt über eine Brücke, die sich durchfahren lässt. Ein Wasserwanderatlas aus dem Jahre 1929 gibt darüber Auskunft, dass das Fließ 4,2 km lang sei und sich beim km 3,2 ein Wehr befindet. Vielleicht wissen da einige Sportfreunde genaueres?


In der Landschaft umsehen

Hat man noch etwas Zeit, so sollte man sich in der Landschaft umsehen, die erst auf den zweiten Blick doch viel Interessantes bietet. Hier möchte ich einige Wandervorschläge machen. In Klausdorf und Mellensee fällt einem auf, dass fast alle Straßen mit Backsteinen. gepflastert sind. Läuft man von Klausdorf nach Rehagen, so erfährt man hierfür den Grund. Überall liegen alte Gleise verschiedener Spurweiten, stehen hinter Bäumen Brennöfen und andere für die Ziegelei wichtige, aber zerfallene Gebäude. Aber die Ziegelei ist noch nicht ganz ausgestorben. Am besten, man folgt den Schienen der Lorenbahn, auf der noch heute der Ton herangefahren wird. Nach einer Weile gelangt man an einen Tagebau, an dem sich noch ein aus Urgroßvaters Zeiten stammender Eimerkettenbagger plagt. An der Eisenbahnstrecke entlang geht es nach Sperenberg. Hier halte man sich links, so gelangt man zu den alten Gipsbrüchen. Die Landschaft wird immer zerklüfteter. Man merkt aber, dass alles von Menschenhand gestaltet wurde. Und bald wird man den ersten Gipsbruch sehen. Lichtmasten und Verladerampen ragen noch aus dem Grundwasser. Unter Sträuchern liegen Gleise von Lorenbahnen. Insgesamt gibt es drei Brüche. Sehr zu empfehlen und ein großer Geheimtipp ist der Letztere. Das eingedrungene Grundwasser hat hier einen Salzgehalt, der dem der Ostsee gleichkommt. Das rührt von einer Salzschicht her, die auf der Sohle des Bruchs verläuft. Aber man sollte vorsichtig sein. Der Bruch soll etwa 10 m tief sein und alle Ufer fallen gleich steil auf diese Tiefe ab. Zu guter Letzt kann man noch die Bruchwand erklimmen, die sich 30 bis 40 m hoch in die Landschaft erhebt. Sie lässt eine herrliche Fernsicht zu. Zurück geht es in den Ort, an dessen Enden der Bahnhof ist und von wo man wieder nach Mellensee fahren kann. Die Länge der Wanderung etwa 12 bis 15 km. Man kann auch von Mellensee aus nach Saalow wandern, wo es eine restaurierte Windmühle gibt, die man auch mit etwas Glück von innen besichtigen kann. (Hin und zurück etwa 5 km)

Die Schleusenzeiten wurden bereits im RUDERSPORT veröffentlicht. Viele meinen, dass der Kanal im Sommer vollkommen verkrautet sei, ja, dass er gänzlich unpassierbar sei. Das scheint aber in jedem Jahr verschieden zu sein. Als wir im Sommer den Kanal befuhren, kamen wir, von wenigen Krautinseln abgesehen, sehr gut durch. Der Kanal ist ein stehendes Gewässer und hat deshalb sehr schlechtes Wasser, was nicht zum Baden einladet. Dafür wird man mit den klaren Seen entschädigt.


Quelle

Dieser Artikel stammt von Winfried Spychalski, Berlin, und erschien in der Zeitschrift "Rudersport der DDR, Organ des Deutschen Ruder-Sport-Verbandes der DDR" 28. Jahrgang Nr. 11/1983, S. 11 f. Der Text wurde aus der Zeitschrift übertragen, lediglich die neue deutsche Rechtschreibung wurde berücksichtigt und die Namen der Orte mit dem Autoatlas verglichen. Offenkundige Schreibfehler wurden stillschweigend berichtigt. Eine weitere Aktualisierung der Fakten auf heutigen Stand (Bauzustand der Schleusen, Einstellung des regulären Zugverkehrs KW-Mellensee-Sperenberg, "Rückgabe vor Entschädigung" usw.) wurde nicht durchgeführt. Neue Fahrtberichte der letzten Jahre werden gerne entgegengenommen!

Vielen Dank an Winfried Spychalski für seine Genehmigung zur Veröffentlichung im Faltbootwiki.


Siehe auch die Artikel


Literatur

  • Eck, Günter (Hrsg.): DKV-Gewässerführer für Ostdeutschland. DKV-Wirtschafts- und Verlags-GmbH Duisburg, 5. Auflage 2017, ISBN 978-3-937743-28-8
  • Uhlemann, Hans-Joachim: Berlin und die Märkischen Wasserstraßen. Transpress Verlag für Verkehrswesen Berlin (Ost) 1987, ISBN 3-344-00115-9 (Nachauflage im DSV Verlag Hamburg 1994, ISBN 3-88412-204-5 (Das Standardwerk über Baugeschichte und technische Ausstattung der brandenburgischen Wasserstraßen. Für den, der über den Teller-(d.h.Ufer-)rand schaut, unverzichtbar!)


Artikel in Paddelzeitschriften

  • Schneider, Joachim: Pfingst-Kanutour auf dem Nottekanal. Zweitagestour vor den Toren Berlins. "Kanu-Sport" 5/1999, S. 212 f. (Nottekanal und Galluner Kanal mit den Seen.)


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