Fahrt I: Berlin - Friedrichshagen - Erkner - Fangschleuse - Möllensee (Keller 1929)

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Historische Gewässerbeschreibungen von Friedrich Eduard Keller (zwischen 1919 und 1929):
Friedrich Eduard Keller (1859-1929), Autor des ersten deutschen Wassersportführers
Von Berlin zur Löcknitz (1929)
Berlin und seine Wasserstraßen bis Spandau plus Teltowkanal (1929)
Nordberliner und Oranienburger Havel - OderHavelKanal - Finowkanal (1925/1929)
Unterhavel: Spandau - Potsdam - Brandenburg - Havelmündung (1929)
Müggelspree (1929)
Spreewald (1929)
Wallensteingraben (1929)
Rhein mit Nebenflüssen (1922)
Donau vom Schwarzwald bis zum Schwarzen Meer (Protzen 1917)
Der Inn als Kajakfluss (Keller 1922)
Dange ( = Dangė / Akmena) (Keller 1922)



Inhaltsverzeichnis

Fahrt I: Berlin - Friedrichshagen - Erkner - Fangschleuse - Möllensee



Dieser Text wurde von Friedrich Eduard Keller verfasst und erschien 1929.
Eine Aktualisierung auf heutigen Stand wurde nicht durchgeführt.


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Karte 2 u. 6 aus "Hip Hip Hurra"


Wer recht in Freuden wandern will,

Der geh' der Sonn' entgegen,

Da ist die Welt so kirchenstill,

Kein Lüftchen mag sich regen.


"Das Alte stürzt; es ändert sich die Zeit, und neues Leben blüht aus den Ruinen!" Mit diesem Worte schickten wir die vorigen Auflagen in die Welt. Heute passt dieses Wort erst recht für unsere 6. Auflage. [1] Nichts ist auf der Berliner und Treptower Spree zwischen der prächtigen, in märkischer Backsteinarchitektur, 163 m langen, 1895-96 errichteten Oberbaumbrücke (km 20,1)[2] (Hochbahn: Osthafen und Schlesisches Tor), welche den Südosten Berlins mit dem Osten verbindet, und der Treptower Eisenbahnbrücke mit Fußgängerbrücke (Südringbahnhof: Treptow) von der alten Herrlichkeit übriggeblieben. Die Stätten, wo die ersten Berliner Segel- und Ruderklubs und wir alle alten und ersten Berliner Ruderer ihre Kindheit verlebten, sind verschwunden.

Feste Mauern schließen die Spree ein, ein großer Hafen- und Ladeplatz der Stadt Berlin ist entstanden. So musste auch der Berliner Ruderclub (5. XI. 1880) sein Haus, welches er über ein Vierteljahrhundert bewohnt hat und von dem aus wir vor 12 Jahren (1897, d. Abtipper) diesen Führer seine Fahrt beginnen ließen, abbrechen. Fern nach dem Westen - dem "Kleinen Wannsee" - ist er übergesiedelt, um dort ungestörter seinem Training obliegen zu können. Aber nicht nur der Berliner Ruderclub, sondern mit ihm eine große Zahl der andern Vereine, haben in der Zwischenzeit ihre alten Bootshäuser verlassen und andere Heimstätten, zum Teil eigene Grundstücke, erworben. [3]
Zwischen der Oberbaumbr. (Hochbahnhof: Stralauer Tor), die den S.-Osten Berlins mit dem O. verbindet, und der Treptower Eisenbahnbr. (mit Fußgängerbr.) hat nur noch die Rudergesellschaft "Victoria" ihr altes Heim beibehalten. Zeigt das l. Ufer der Berliner und Treptower Spree hier ein vollständig verändertes Aussehen, so hat die r. Seite ihr altes Kleid behalten. Die städt. Flussbadeanstalt (Cuvrystr.), der Park des Kommerz.-Rats Kahlbaum, die Räume der Industriegesellschaft "Schlesisches Tor", die vereinigten Mörtelwerke und der Park des Geh. Kommerz.-Rat Heckmann sind geblieben. (2. Auflage 1909, S. 1 f.)

Alle Vereine haben die alten Bootshäuser räumen müssen und andere Heime, zum Teil eigene Grundstücke, erworben. Fast alles Frühere ist dem Erdboden gleich gemacht. [4] Wir, die wir den Wassersport treiben, fliehen die Innenstadt, um aus dem Gewühle von Dampfern, Schleppzügen, Lastkähnen und Gondeln herauszukommen, und deshalb haben auch alle Klubs ihre Bootshäuser weit hinaus vor die Tore Berlins verlegt. (3. Auflage 1919, S. 1) Bei der Abzweigung des Landwehrkanals (unterhalb der Treptower Eisenbahnbrücke) befindet sich auch die östliche Grenze der Berliner Spree, welche von der Charlottenburger Eisenbahnbrücke bis hierher reicht, also eine Länge von 14,48 km hat, sie geht in die Treptower Spree über; diese behält ihre amtliche Bezeichnung bis Cöpenick inne und ist 11,44 km lang. An der Abzweigung des Landwehrkanals treffen wir auf das altbekannte Rest. Café Alsen; hier stand das ehemalige Sachses Wellenbad (D.-St., Steg für Ruderboote). Dieses künstliche Seebad in der Oberspree wird viel von Sportkameraden aufgesucht. Durch elektrischen Betrieb werden in der Minute etwa 125 Wellenschläge erzeugt, Schläge, wie wir sie nur bei einer kräftigen Seebrise kennen. (so in der 3. Auflage 1919, S. 2; in der 5. Auflage 1925 bereits "ehemaliges Bad". [5] Sachses Wellenbad ist das Geburtshaus und die Wiege des Berliner Rudersports. Wir alten Veteranen hatten hier zum größten Teile Mitte der 70er Jahre (Schreiber dieses mit seinen Brüdern, seit dem 10. April 1874) ihre Boote unter der Br. stehen. Auch sind von hier aus die ersten Berliner R.- V. (1876) gegründet worden. Das erste Klubboot hatte ebenfalls hier seinen Stand. (3. Auflage 1919, S. 4) [6] Die Spree erreicht hier eine Breite von etwa 300 m, und die Einmündung des Freiarchengrabens gibt derselben ein hafenartiges Aussehen. Beermanns Maschinenfabrik, verschiedene Lagerplätze, das Bootshaus der Rudergesellschaft "Victoria" (4. I. 1885, Eingang: Hoffmannstr. 20 (2. Auflage 1909, S. 2), die Holzplätze von David Francke Söhne und von Kempfer und Lucke haben ihre alten Stätten beibehalten.

Nun aber in das Boot, welches zur Fahrt bereit am schwimmenden Stege des V. d. Touren-Ruderer liegt. Mit ihm beginnt unser Führer "Hip Hip Hurra" seine Wanderfahrt auf märkischen und mecklenburgischen Gewässern.

Von der Treptower Eisenbahnbr. (km 20,118, 6.21 m Höhe bei Mittelwasser[7]) lassen wir unsere Fahrten beginnen. Die Treptower Eisenbahnbrücke hat eine Fußgängerbr. erhalten, welche Stralau mit dem Ringbahnhof Treptow und dem herrlichen Treptower Park verbindet. An Sommerabenden hat man hier oben einen herrlichen Standpunkt; es ist so recht eine hohe Warte, um auf den regen Verkehr hinabzublicken. (3. Auflage 1919, S. 3) Alle Fahrzeuge müssen bis Cöpenick unbedingt die rechte Seite des Fahrwassers (Tonnen beachten; Fahrstraße innerhalb der Tonnen nur für die gewerbliche Schifffahrt) innehalten. Wer ein Zelt aufschlagen will, muss einen Zeltschein für das Jahr haben [8], siehe Anhang des Buches, Ruderer, du darfst getrost deinen Treiber zur Hilfe nehmen; denn von der Br. an ist das Segeln erlaubt. Segler, mach alles klar zum Mastlegen; lange dauert deine Freude nicht! Schleppgelegenheit gibt es genug, und du kannst ohne Arbeit, am Rohr dein Pfeifchen schmauchend, die Brücken hinter dir lassen.

  • "Motorboots-Besitzer! Auch für dich habe ich in diesem Führer einige Winke und Ratschläge. Damit du nicht schlecht fährst, will ich dir vor der Abfahrt sagen, dass die Einnahme des Betriebsstoffs für dein Boot in jeder Beziehung sichergestellt ist. Die Deutsch-Amerikanische Petroleum-Gesellschaft, Berlin NW 6, Schiffbauerdamm 15, F.: Norden 11 529/33, 4868/70, hat inzwischen ihr Dapolin-Depotnetz an den Wasserstraßen in großzügiger Weise weiter ausgebaut. An sämtlichen Wasserstraßen befinden sich heute Dapolin-Depots in genügender Anzahl. Dieselben sind durch die markanten fünf Sternenschilder auffällig kenntlich gemacht. – Bei den Dapolin-Stationen ist gleichzeitig das gut bewährte Standard Motor Oil erhältlich. Die Abgabe des Standard Motor Oils erfolgt aus der geeichten Literflasche.
    Die in früherer Zeit bestehenden Schwierigkeiten in der Betriebsstoff-Versorgung sind also heute nicht mehr vorhanden."

Das "Deutsche Bad" winkt uns mit seinen Flaggen die letzten Grüße zu, und schon ziehen wir den Reisefreuden entgegen. Auf der r. Seite begleitet uns der Städtische Steinplatz mit seinen langen und hohen Stegen [9]. Auf dem Städt. Steinplatz, an den Verein der Touren-Ruderer grenzend, haben wir die Rudererschule des Zentral-Jugendamts der Stadt Berlin. Daran anschließend tauchen die schmucken Bootshäuser des V. der Touren-Ruderer (25. VII. 1887, Treptow, Treptower Chaussee 18; F.: Moritzplatz 3746; km 22,52) und des Berliner R.-Cl. "Hellas" (8. VIII. 1883, Treptow, Treptower Chaussee 17, F.: Moritzplatz 2686) auf. Anmutig und schön im Treptower Park gelegen, bequem vom Ringbahnhof Treptow und vielen Straßenbahnen (Haltestelle: Spielplatz) zu erreichen, erfreuen sich beide Vereine, die in ihren gesonderten Bestrebungen mit zu den leitenden Berlins gehören, großen Zuspruchs. Im Sommer 1885 entstand an dieser Stelle das alte Haus des "Hellas". Das Haus des "Touren-Ruderer" wurde im Frühjahr 1891 errichtet. Gezeichnet und entworfen ist es von dem Erbauer der Oberbaumbr., Regierungsbaumeister a. D. Otto Stahn. Neben den Stegen beider Vereine erheben sich im Wasser Holzhäuser, in denen Motore der Stromverwaltung usw. ihre Unterkunft gefunden haben. Der Treptower Park begleitet uns bis Treptow und weiter. Gegenüber, also auf der l. Seite von uns, auf einer von der Spree und dem Rummelsburger See gebildeten Halbinsel erhebt sich das alte wendische Fischerdorf Stralau.

  • Stralau, E. (Ringbahnhof: Stralau-Rummelsburg; Straßenbahn) mit seiner von alten Bäumen beschatteten, 1464 erbauten, 1822 durch Schinkel erneuerten Kirche, eine der ältesten der Mark [10]. Unmittelbar an der Spree erhebt sie sich inmitten seines idyllischen Friedhofes. Der viereckige Turm zeigt ebenso wie Schloss Babelsberg Anlehnungen an die Formen der englischen Gotik. Das Innere der Kirche, das mit seinen Kreuzgewölben und profilierten Rippen auf Tragsteinen in Form menschlicher Köpfe einen mittelalterlichen Charakter trägt, ist im Jahre 1832 einem nicht immer glücklichen Umbau unterzogen worden. Eine weitere Veränderung brachte der Weltkrieg. Ihm fielen die zinnernen Orgelpfeifen und eine Glocke aus dem Jahre 1746 zum Opfer. Sie wurde am 31. Juli 1917 abgenommen, um eingeschmolzen und unserer Rüstung gegen die Feinde eingefügt zu werden. (3. Auflage 1919, S. 5) Das Dorf wird schon 1244 als Sitz der wendischen Edlen von Stralowe erwähnt. Schon 1358 gehörte es zu Berlin. Die seit alters her auf elf Höfen angesessenen Fischer feierten alljährlich am 24. August, den Namenstag ihres Schutzpatrons, des hl. Bartholomäus, ein großes Fest. Dieses Fest, das 1574 urkundlich zuerst erwähnt wird, wurde seit dem Ende des 18. Jahrhunderts zu einem Berliner Volksfest, dem Stralauer Fischzug, der von ganz Berlin und selbst vom kgl. Hofe (zuletzt 1847) besucht wurde. Um die Mitte der 80er Jahre ist das Fest, da es zu rohe Formen annahm, polizeilich eingeschränkt und hat deshalb viel von seinem früheren Glanze verloren, lebt jedoch jetzt wieder auf. Das Dorf hat in den letzten Jahren den Charakter eines Fabrikortes angenommen.

An die an der Eisenbahnbr. befindliche Protzensche Teppichfabrik reihen sich kleinere und größere Lokale, Lagerplätze, Wohnhäuser an.

Von der Protzenschen Teppichfabrik aus begann er (Otto Protzen, Anmerkung d. Bearbeiters) unter Tourenrudererflagge mit "Elfe" und "Ellida" [11] Fahrten durch die Gewässer Deutschlands, die bis jetzt einzig dastehen. Unter dem Motto: "Es gibt keine Hindernisse!" brachte er es fertig, in einem gedeckten Einskuller eine 1200 km lange Reise glücklich nach zweimonatiger Abwesenheit zu beenden (Eine Ostseereise im Einskuller von Otto Protzen, Verlag von A. Braun & Co. Berlin). Zwei Jahre darauf unternahm Protzen wieder "Eine Studienfahrt"! Drei Monate im Ruderboot auf Deutschlands Gewässern. O Glücklicher! (Eine Studienfahrt. Drei Monate im Ruderboot auf Deutschlands Gewässern. Stuttgart-Leipzig, Deutsche Verlagsanstalt.) (2. Auflage 1909, S. 3) [12]

Viele der gemütlichen, alten, aber zum größten Teile guten Gartenlokale, das historische Rest. Tübbecke, Alt-Stralau 22, F.: Lichtenberg 1017, D.-St., und "Alte Taverne", D.-St., bestehen heute noch und könnten viele Erlebnisse, namentlich diejenigen der Segler aus den 60er Jahren her, erzählen. [13] An Bootshäusern treffen wir hier Touren-R.-Cl. 1892 (6. X. 1892), Spreeabteilung, Alt-Stralau 24; F.: Lichtenberg 3357, mit Zweigabteilung am Wannsee, Havelabteilung, im Rest. "Schloss Wannsee". Im Rest. "Alte Taverne", Alt-Stralau 25, liegen Berl. R.-Cl. "Askania" (9. IV. 1903), und Canu-V. Nach dem Restaurant "Alte Taverne" finden wir die Werft der Spree-Havel-Dampfschifffahrtsgesellschaft "Stern". Sofort reihen sich wieder Bootshaus an Bootshaus. Motoryacht-Cl. und R.-V. "Diskonto-Gesellschaft", R.-V. "Deutschland" (Juli 1893) und Touren-R.-Cl. "Argo" (22. I. 1901) sind auf dem Grundstück Tunnelstr. 1/2. Besonders sind als neu Unternehmungen Tunnelstr. 12 hervorzuheben: Sport-V. Berl. Straßenbahnen, Ruder- und Schwimm-Abt.; Sport-V. der Aboag, ebenfalls Ruder- und Schwimm-Abt. Die Stralauer Kirche und der sie umgebende Friedhof bringen Abwechslung. Vor diesen Grundstücken geht die elektr. Straßenbahn als Untergrundbahn in einen Tunnel hinein, der unter der Spree hindurch die Bahn nach Treptow hinüberführt. Dieser Spreetunnel wurde 1896-99 erbaut, ist 454 m lang und liegt 12 m unter dem Spiegel der Spree. [14] Die Motorbauereien von Stiller und die Werft für Stahlboote Klausener und Müller, Rest. Zur Fischerhütte (Tunnelstr. 18/19) beschließen die Reihe auf der Spreeseite. Auf der äußersten Spitze der Landzunge erblicken wir das Rest. Schwanenberg (Überfahrt zur Liebesinsel, zur Insel Abtei und nach Treptow). Vor allen diesen Grundstücken liegen schwarze, während auf der Treptower Seite rote Tonnen das Fahrwasser bezeichnen. Namentlich Sonntags müssen Ruderboote die Fahrstraße zwischen den Tonnen für Dampfer usw. frei lassen und zwischen den Tonnen und dem Lande ihre Fahrstraße nehmen. Vor uns schwimmt die Treppbruch-Insel mit Rest. Abtei, und im Hintergrunde schaut aus dichtem Grün das anmutige Treptow, E., hervor. Gelbe Tonne schützt den Wasserarm. Es ist mit vielen guten, reizend am Wasser gelegenen Gartenlokalen, Wallfahrtsort unzähliger Scharen Erholung suchender Berliner, versehen. Das stattliche Etablissement Friedrich Knape (früher Zenner (3. Auflage 1919, S. 6)), Rest. Spreegarten, der Durchgang zur Abtei, Etablissement Paradiesgarten und das auf Pfählen in der Spree erbaute Kaiserbad (Rest. "Spreebad", mit Garten) bieten, zumal an Sommerabenden, angenehmen Aufenthalt. Vor diesem Bade liegen gelbe Tonnen. Aber von allen diesen Lokalen geht auch der Schrecken für uns Wassersportler aus! Wenn man an Sonntagen sein Boot heil durch die Unmenge der Gondeln, Wasserräder usw. hindurchgesteuert hat, dann kann man mit sich zufrieden sein. [15]

Die Insel mit dem Etabl. "Abtei" (km 23,45) ist von der Stadt Neukölln angekauft. Die Insel ist mit einer Br. nach dem Grundstücke Alt Treptow Nr. 8 verbunden. Von der Brücke r. befindet sich eine Bootsvermietung und das Bootshaus des R.-Cl. Neukölln (18. XI. 1909; F.: Moritzpl. 8577), in welchem auch die R.-Riegen der Schülerrudervereine Neuköllns – Albrecht-Dürer-O. -R. (1909) und Kaiser-Friedrich-R.-G. (1910) – Aufnahme gefunden haben.

  • Treptow, E., ist eine alte Ortschaft. Schon 1261 befand sich hier eine Fischeransiedlung und eine Mühle in der Myrica (Merica), der späteren Cöllnischen Stadtheide. Diese wurde 1602 von Berlin käuflich erworben und dort eine Meierei angelegt, die im 18. Jahrhundert den Namen "Vorwerk Treptow" erhielt. Als der Stralauer Fischzug in Aufnahme kam, wurde auch Treptow als Ausflugsort beliebt. Im Jahre 1817 ist von der Stadt Berlin ein Gasthaus (jetzt Etablissement Friedr. Knape) erbaut worden, das seitdem ein beliebtes Ziel für Wanderer, Ruderer und Segler wurde. In den Jahren 1876-1878 wurde der ca. 100 ha umfassende Treptower Park und 1878-1880 der Plänterwald angelegt. Der im Plänterwalde an der Spree sich hinziehende prächtige Fußpfad führt uns hinter dem Kaiserbad an das Bootshaus des ältesten und ersten Berliner Rudervereins, des Ruder-Vereins von 1876. Von der Abtei mit schönem Garten hat man einen schönen Ausblick. Treptow ist von der Ringbahnstation Treptow in 20 Minuten erreichbar. Straßenbahnen und Dampfschiffe verbinden den Ort mit Berlin. 1886 wurde die erste Pferdebahn nach Treptow gebaut, und vier Jahre später, 1890, eröffnete die neu errichtete Görlitzer Bahn eine Haltestelle in Treptow. Großen Aufschwung nahm die Entwicklung Treptows durch die 1896 abgehaltene Große Berliner Gewerbe-Ausstellung.

Haben wir entweder die Wasserstraße vor diesen Lokalen oder den Weg zwischen Schwanenberg (soll in ein Kinderheim umgewandelt werden) und der Abtei durchkreuzt, so erblicken wir plötzlich r. vor uns das Bootshaus des Berl. R-V. von 1876, halbversteckt im Grünen des Plänterwaldes, Poetensteig, F.: Moritzpl. 10 363. Doch bald l. gewendet entrollt sich uns ein neues Bild. Vor uns und nach l. breitet sich das Dorf Rummelsburg, E., an dem der Stadt Berlin gehörigen Rummelsburger See aus. Der Rummelsburger See, auf älteren Karten nur als der Stralausche See bekannt, war kein öffentliches Gewässer, sondern durch einen gepflasterten Damm geschlossen, den der See einmal bei einer Sturmflut durchbrach.

Der Stadt Berlin gelang es dann in einem Prozess, der nicht weniger als 15 Jahre dauerte, den Stralauer Fischern ihr altes Besitztum wegen Mangel an Urkunden abzugewinnen.

Der Rummelsburger See (km 23,75) ist eine Ausbuchtung des Spreelaufes, in die wir gelangen, wenn wir unser Boot vom Schwanenberg an der Liebesinsel und dem Kratzbruch vorbei nach der Ostseite lenken. Er ist heute noch das Terrain für Segelwettfahrten kleinerer Boote sowie der Rummelsburger See-Regatta des Vereins der Touren-Ruderer (1. Auflage 1897, S. 3). Die Kratzbruch-Insel (km 23,9) liegt in der Mitte vor dem See.

  • Am l. (Stralauer) Ufer haben wir viele private Bootslauben, Lauben zum Uebernachten, dabei, teils in die Laube hineingebaut, der Bootsstand. (5. Auflage 1925, S. 9) R. am See bemerkt man das 1879 erbaute städtische Erziehungs- oder Arbeitshaus (früher in Berlin "Ochsenkopf" genannt) und das 1727 gegründete, 1859 aus der Stadt hierher verlegte große Friedrichs-Waisenhaus (für 500 Waisen) mit eigener Badeanstalt. ( 5. Auflage 1025, S. 9) [16] Mehrere Fabriken, Märkische Kistenfabrik, das alte Rest. "Kaffee Bellevue", unter dessen schattigen Baumriesen man einen herrlichen Ausblick genießt, die Norddeutschen Eiswerke (5. Auflage 1925, S. 9) usw. begleiten uns bis zum Ende des Sees. Während Segler und Motorbootfahrer zum größten Teile ihre Ankerplätze am Ende haben. Hier befinden sich ein städtischer Sportplatz, ein Motorboot-Verkehr nach der Städtischen Flussbadeanstalt, Plänterwald und Eierhaus, Motorboot-Cl. "Mark Brandenburg" und S.-Cl. Stralau 1919, die Laubenkolonie "Sperlingslust". Eingang von der Kynaststr. haben noch Berl. R.-Cl. "Odin" (1. VIII. 1919), Kynaststr. 21; er gehört dem Nordd. Ruder-Verband an. Bei ihm liegt die R.-Riege des R.-V. "Berlin-Pankow". Es folgt Rest. Schonert. Den Beschluss macht der Berl. R.-Cl. "Favorite" (15. X. 1900), Kynaststr. 19; F.: Alexander 83. Nach links reihen sich erst Fabriken an, dann folgen Berl. Wassersport-V. "Stralau", Alt-Stralau 32b, Wassersport-Cl. "Albatros", Tunnelstr. 42, Wassersportfreunde, Tunnelstr. 43, Wassersport-Vg. "Stralau", Tunnelstr. 44, Hansa-Werft, Siegfried-Werft, Tunnelstr. 31/32, Berl. R.-Cl. "Teutonia" (8. X. 1890), Tunnelstraße 25-27.
    Wir machen unsere werten Leser darauf aufmerksam, dass die Firma Adolf Lübeck, Motorbootshafen, Rummelsburger See, Berlin-Lichtenberg, Hauptstraße 3, Telefon: Lichtenberg 1259, seit einiger Zeit dem Wassersport eine erhebliche Neuerung gebracht hat und zwar durch Einrichtung eines regulären Schleppverkehrs. Die Schleppfahrten finden statt: Ab Oberspree (Liebesinsel, Rummelsburger See) nach Schleuse Neue Mühle, resp. Cöpenicker Brücken. Die Abfahrtszeit nach Neue Mühle ist Sonnabend abend 8 Uhr, nach Cöpenicker Brücken Sonntag morgens 7 Uhr. Die Rückfahrt ab Cöpenicker Brücken, bezw. Spree-Kasino Cöpenick bis Rummelsburger See Sonntag abends 9 Uhr. Nähere Auskünfte, Schleppanmeldungen, Anruf für Notabschleppungen Tag und Nacht, Lichtenberg 1259, Adolf Lübeck. Gleichzeitig sei auf den erstklassig, ganz modern angelegten Motorboothafen hingewiesen. Die ausgezeichnete Lage im Zentrum, direkt am Bahnhof Rummelsburg, unweit vom Osthafen, bietet allen Wassersportlern, speziell Fremden, gute Station. Elektrische Lichtanlagen, Telefon, Bewachung, Wasserversorgung usw. Betriebsstoffstelle, alles zur größten Bequemlichkeit sind vorhanden. (5. Auflage 1925, S. 9)
    Daneben ist die Überfahrt zu der Liebesinsel, Restaurant und Ankerplatz kleiner Segel- und Motorboote.

Vom Schwanenberge aus verfolgen wir die halb l. gewählte Richtung, lassen die Liebesinsel, den Kratzbruch (Yacht-Cl. "Goodewind") [17] und den Rummelsburger See l. liegen und biegen r. um den Kreuzbogen (flach und Kraut); die nächste Ecke hat den Namen Schweinerücken. Beide vorspringenden Ecken gehören zum Plänterwald, welcher sich 2 km lang an der Spree hinzieht. Es ist die große städtische Baumschule mit über zwei Millionen Gehölzen verschiedener Art ("Kochhann-Eiche" 1880 gepfl.). Gegenüber reiht sich in Rummelsburg, E., zunächst wieder eine Reihe Fabriken an, dann folgen Schiffsbauereien, von den Berlinern mit dem hochpoetischen Namen "Zillenschlächtereien" versehen [18]. Das neuerbaute Großkraftwerk "Klingenberg" (km 24,9) mit anschließender Badeanstalt Lichtenberg fällt uns durch seine Mächtigkeit auf.

  • Das durch zwei Stichkanäle der Spree entnommene Kühlwasser für die Turbinen des Großkraftwerks wird z. B. nach Erwärmung durch eine besondere regulierbare Leitung einem 25 × 50 Meter großen Warmbecken zugeführt, das herzkranken Badegästen eine Badegelegenheit schaffen und darüber hinaus Bademöglichkeiten im Freien bis in die letzten Oktoberwochen gewähren soll. Ein 25 × 100 Meter großes Schwimmbecken soll dem Schwimmbetrieb dienen. Ein vorzüglicher Sprungturm (10 Meter) vervollständigt diesen Teil der Anlage. Auch für Nichtschwimmer und Kinder ist durch ein 25 × 50-Meter-Schulbecken und ein 20 × 25-Meter-Planschbecken gesorgt. Hinter einer 30.000 Quadratmeter großen Strandfläche werden sich die Garderobenräume befinden. Diese müssen nach Inbetriebnahme durch einen bestimmten Ausgang verlassen werden und können nur über den Weg eines Fußwaschbeckens, mit ständig fließendem Wasser, wieder betreten werden, so dass alle Badegäste mit sauberen Füßen die Garderobenräume betreten. Außerdem werden die Garderoben durch einen Hochwasserbehälter ständig mit warmem Wasser versorgt. – Auf dem Gelände sollen fernerhin noch ein Restaurant, eine Sanitätswache und ein Verwaltungsgebäude errichtet werden. Zwischen Plänterwald und Großkraftwerk Klingenberg ist eine Brücke geplant. [19]

Das charakteristische Landschaftsbild der Mark Brandenburg: saftige Wiesen, umrahmt von hohen Kiefern, zeitweise auch von Birken und Eichen, tritt uns schon hier, in der Nähe der Reichshauptstadt, entgegen. Bald folgen r. Rest. Großes Eierhäuschen, D.-St.; Vereinsheim und Vereinsbootshäuser des Kanuklubs Treptow und der Stralauer Wasserfreunde von 1923; neu erbautes Bootshaus für Paddelboote. Schöne alte Bäume geben in dem Lokal prächtigen Schutz, und der Blick auf die von Dampfern, Motor-, Segel- und Ruderbooten belebte Treptower Spree, mit der Wuhlheide im Hintergrunde, ist überaus malerisch. Auch der hübsche Uferweg, der vom Rest. aus am Plänterwald entlangführt, bietet zu Ausblicken ausgezeichnete Gelegenheit. Vom Rest. "Altes Eierhäuschen" [20] ist Überfahrt nach der gegenüberliegenden Bullenbruchinsel (zu Stralau gehörig), wo der Berl. R.-V. "Allemannia" (9. X. 1890, Rummelsburg, Bullenbruchinsel, F.: Oberschönew. 1014) sich ein Bootshaus errichtet hat. Nach einem Bogen l. erreichen wir den Wilhelmstrand und an ihm, hinter grünem Erlengebüsch versteckt, das Bootshaus des Berl. R.-V. "Markomannia" (30. X. 1903, Wilhelmstrand 5), eine Übersetzstelle, Motorbau Brumme, Hiller Werft und noch weiter l. gewendet, finden wir den Berl. R.-Cl. "Neptun" (6. II. 06 [21], Wilhelmstrand 5/6, F.: Oberschönew. 3171, soll sich mit Berl. R.-Cl. "Möve" vereinigt haben); den R.-V. "Vorwärts" (16. V. 92; F.: Oberschöneweide 634) und ein Freibad mit Kinderplanschbad [22], welche vor der am Wilhelmstrand befindlichen Laubenkolonie liegen. Bootshaus Wilhelmstrand und Schiffbauerei Matthes. Fabriken begleiten uns jetzt; darum wenden wir uns dem r. Ufer zu. Hier ist anschließend an den Plänterwald ebenfalls eine Rudereransiedlung in Baumschulenweg, Plänterwald, entstanden. In der Fortsetzung der Baumschulenstraße soll eine Brücke über die Spree geführt werden. Es sind hier Bootshäuser folgender Vereine vorhanden: Reichsbank-R.-V. (28. X. 1891); die Anlegestelle des Reichswasserschutzes "Spree", F.: Oberschönew. 1071 (in allen Fällen, wo strafbare Handlungen auf dem Wasser vermutet werden, ist sofort Anzeige zu erstatten); beim Reichswasserschutz liegen auch die Boote des Polizei-Sportvereins. R.-Cl. "Berolina" (17. I. 1879) und Treptower R.-Cl. (12. XII. 12) mit R.-Riege des Realgymnasiums. Dahinter, an der sog. Kanne (km 26,4), geht ein Verbindungskanal zu dem Teltowkanal ab; Zweigkanal Kanne-Britz.

  • Der Teltowkanal hat eine Gesamtlänge (von der Glienicker Lanke bis zur Einmündung in die Wendische Spree unterhalb Grünau) von 37,2 km; die Länge durch den Zweigkanal Britz-Kanne ist 32,4 km. Im Anschluss an den Teltowkanal ist ferner noch eine schiffbare Verbindung durch den Prinz-Friedrich-Leopold-Kanal vom Griebnitzsee durch den Stolper See, Pohle-See, Kleinen Wannsee zum Großen Wannsee hergestellt. Neben der Schleuse in Machnow ist eine Bootsschleppe.
    Nähere Beschreibung: Der Teltowkanal.

R. ragen dicht vor uns mächtige Fabrikschornsteine gen Himmel, diese gehören zu der Kunheim schen chemischen Fabrik und Stock Motorpflug-Fabrik ... unter deren Nähe das gegenüberliegend altbekannte Lokal Tabberts Waldschlösschen (Fritz Vogt; F.: Oberschöneweide 3547; D.-Steg) mit prächtigem Garten je nach Windrichtung viel zu leiden hat. Die Industrialisierung des Ostens, der bereits so viele Lokale um Opfer gefallen sind, hat nun auch das Restaurant "Tabberts Waldschlösschen" in Oberschöneweide erfasst. Es wird in eine Fabrik umgewandelt. [23] Da die Trabrennbahn Karlshorst in der Nähe ist, benutzen viele Berliner den Dampfer und gehen in 20 Min. nach dem Rennplatze, welcher jedoch auch direkte Bahnverbindung (Vorortstation: Karlshorst) hat. Direkt neben Tabberts Waldschlösschen finden wir das Bootshaus des Berl. R.-Cl. "Merowinger" (28. III. 1906) (5. Auflage 1925, S. 11) Die nun folgenden Häuser l. gehören zu Oberschöneweide (km 27,2; Vorortsstationen: Karlshorst und Sadowa [24]). Das alte bekannte Lokal Tabberts Waldschlösschen hat einer Plüsch- und Krimmerfabrik weichen müssen. Auf der anderen Seite, also r., sind Johannisthal-Niederschöneweide, Oberspree; elektrische Straßenbahnen Nr. 70, 87, 91, 95. Links haben wir Kabelwerke Wilhelminenhof, die Bootsbauerei von Friedr. Pirsch, Tabbertstr. 4/5, F.: Oberschöneweide 1066, den R.-Cl. "Meteor" und das kleine Rest. Zum kühlen Grunde, gute Anlegestelle. Die Stubenrauchbrücke (5,21 m b. M.-W.; km 27,4) [25] und kurz dahinter die Treskowbr. (5,21 m b. M.-W., km 27,4 [26] (Straßenbahn) verbinden die beiden großen Industrieorte, zwischen denen ab und zu noch kleine Häuschen mit grünen Gärten hervorlugen. Gleich hinter der Br. r. ist der Eingang zu der alten, soliden Kneipe der Berliner Spiessbürger "Neuer Krug" (Villa "Haus Kanne"), die noch heute ihren alten Ruf bewahrt. (1. Auflage 1897, S. 4) Unter den Schornsteinen fallen uns besonders l. die gewaltigen Riesen der Berliner Elektrizitätswerke und diejenigen der Kabelwerke der Allgemeinen Elektrizitäts-Gesellschaft durch Mächtigkeit auf; auch die N. A. G. ist hier. Vor ihnen lugt l. der ehemalige Gutshof, jetzt das umfangreiche, mit schattigen Anlagen versehene Rest. Wilhelminenhof (sogenannte Chokoladenecke) hervor, welches viele der jungen tanzlustigen Wassersportleute an sich gezogen hat. (2. Auflage 1909, S. 10; später nicht mehr erwähnt. [27]) Nach Durchfahrt unter dem Kaisersteg (6,90–10,59 m; km 28,48) treffen wir r. auf die R.-Riege der Berliner Turnerschaft (21. II. 1913) [28], Hasselwerder Straße 17, F.: Oberschöneweide (8), Filmpalast "Spreestern", Rest. Hasselwerder, R.-Cl. Spreestern und den Motorboot-Club "Schöneweide", Klubheim und Ankerplatz, Berliner Str. 100, F.: Oberschöneweide 412. In Niederschöneweide haben wir noch den Berl. Segler-Verein Rhe. Hinter Hasselwerder, in der Ecke r., erhebt sich das Bootshaus der R.-G. "Wiking" (18. I. 1896, Berliner Str. 104, F.: Oberschönew. 95). Daneben (Berliner Str. 102/103) in dem angrenzenden Schülerbootshause haben eine große Anzahl Berliner Schüler-Rudervereine ihr Heim. Diese haben sich zum Schülerruder-Verband Niederschöneweide (15. X. 1912) zusammengeschlossen. [29] Weiterhin folgen (km 29,25): Rest. Spree-Café (km 29,25), Rest. Kyffhäuser (D.-St. [30]). Auf- und Abbaustelle für Faltboote: hinterm Rest. "Kyffhäuser" öffentl. Ablage [31] des Bezirksamtes, dann folgt Vg. der Ruderfreunde (IV. 1913), Berliner Str. 97/98[32], die Niederschöneweider R.-G. (12. II. 1910), Berliner Str. 86, Fähre, Bootsb. Kuhlke, verschiedene Fabriken, z. B. Anton u. Alfred Lehmann, Hüttenwerk Niederschöneweide, usw. und am Bahnhof Oberspree Motorbootklub "Oberspree" schließen auf der r. Seite vorläufig unsere Fahrt ab; jedoch Vorsicht, hinter dem Klub gleich Busch im Wasser.

Auf der l. Seite vor und hinter dem Kaisersteg, einer zierlichen Hängebrücke [33], hatten wir die Anlagen der A. E. G. und N. A. O. mit Schienengeleisen, Kranen usw. bemerkt. Eine lange Anlegebrücke, welche rechtwinklig in die Spree gebaut ist, mahnt zur Vorsicht; ebenso eine Fähre. Die Badeanstalt der Gemeinde Oberschöneweide folgt[34] Das übrige Gelände l. wird allmählich von den obengenannten Elektrizitätswerken beansprucht. Zwischen dem früheren Kaffee Sedan [35] und dem gegenüberliegenden Rest. Strandschloss, Spreestr. 3/4, F.: Oberschöneweide 211, ist eine Fähre. Die Villenkolonie l. Ostend ist wieder zur Rudererkolonie geworden. Hier finden wir: R.-Riege der Turngemeinde in Berlin (17. III. 1893; Spreeabteilung, Ostend, Weißkopfstr. 17, Zweigniederlassung: Wannsee, Königstr. 68a); "Hansa-Union"-R.-Cl. (1. IX. 1901, Weißkopfstr. 16, F.: Oberschöneweide 963; km 30,2); R.-V. der Dresdner Bank; R.-V. "Friesen" (29. XII. 1899; F.: Oberschöneweide 3043, Weißkopfstr. 13); R.-Cl. "Brandenburgia" (3. II. 1900, F.: Obersch. 300, Weißkopfstr. 12/13); Sportverein "Wasservogel"; Beamtenheim der A.E.G.; R.-G. "Elektra" (29. II. 1908, F.: Obersch. 880, Cöpenicker Str. 3; Zweigniederlassung: Hennigsdorf a. d. H.); Berl. R.-Cl. "Helvetia" (27. I. 1906; Cöpenicker Str. 5; F.: Obersch.1055); R.-R. d. Akad. Turn-Vereins "Kurmark" (16. VII. 1900); R.-Cl. "Oberspree"; Berl. R.-Cl. Sturmvogel (15. III. 1890; Cöpenicker Str. 7, F.: Obersch. 50). Zwischen diesen Bootshäusern haben wir einzelne Lokale, so Bürgerpark (km 30,1), F.: Obersch. 903, und Mörners Blumengarten, mit Bootshaus des Oberschöneweider R.-Cl., F.: Obersch. 903. Auch ist Ostendstr. 11/12 eine neue Ruderbeckenanlage entstanden, F.: Obersch. 888. R. haben wir eine Wiese (Bhf. Oberspree) und die ehemalige Wolffsche Kattunfabrik, jetzt Berlin-Karlsruher Industriewerke. Im alten Park dieser Fabrik hat der Berl. Schwimmverein v. 1878 (5. VI. 1908; Niederschöneweide, Sedanstr. 53, F.: Obersch. 3309) seinen Aufenthalt.

Bald darauf landen wir an dem so gern besuchten Rest. Neptunshain, (Bes.: H. Geschke; vorzügliche Speisen und Getränke; Bahnhof Oberspree in 10 Min. erreichbar. F. Obersch. 10; Sedanstr. 51). Im Kreise froher Kameraden, unter Erzählungen, Scherzen und nach Genehmigung verschiedener "Strandmadeira" ist die Zeit dahingeeilt, und wir müssen weiter. (3. Auflage 1919, S. 11) Schild: W.-R.-V. [36] (2. Auflage 1909, S. 11)

Es folgt das Bootshaus Neptunshain (km 30,9), Sedanstr. 51, und gleich darauf landen wir an dem Rest. Neptunshain, Bhf. Oberspree in 10 Min. In dem Bootshause liegt die R.-Riege "Jahn". Es folgen nun die Häuser des Cöp. Damen-R.-Cl., dasjenige der Berl. Wander-R.-G.; dann kommt Sedanstr. 50 R.-V. 1924 und S.-Kl. "Aeolus". Es reiht sich an Sedanstr. 49 Berl. R.-Cl. "Triton".

Gegenüber haben wir vorher das rege Treiben im erweiterten und mit besonders großem Ruderbecken versehenen Bootshause "Sadowa" [37], Privatbesitz des Herrn Willy Eschholz, Obersch., An der Wuhlheide 208/210 (F.: Obersch. 3993), bewundert.

  • Dort sind beheimatet: R.-Abt. der V. Deutscher Studenten zu Berlin und Charlottenburg (15. VI. 1897); Jugend-R.-V. Berlin e. V.; Mädchen R.-V. Berlin e.V.; R.-V. "Adler"; R.-V. "Ostend" (18. III. 1919; Mitglied des Nordd. R.-Vb.); R.-Riege "Cecilie" und der Vg. Ehemaliger; R.-Riege der Sophienschule; R.-Riege des Pestalozzi-Oberlyzeums; R.-Riege des Oberlyzeums Neukölln; Schüler-R.-V. der Humboldtschule; R.-Abt. der Wehrschaft "Saxo-Borussia"; R.-Gruppe der Sportlichen Vereinigung Osram e. V.; Damen-R.-Gruppe der Sportlichen Vereinigung Osram e. V.; R.-Riege der Turnerschaft "Alania"; Wassersportabt. des Sport-V. Peek und Cloppenburg; R.-Verein Merkur der IV. Berufsschule für Mädchen.

Zu erreichen sind alle Bootshäuser: 1. Von jeder Stadtbahnstation nach Vorortstation Sadowa, von dort 20 Min., herrlicher Waldweg. 2. Ab Görlitzer Bahn bis Station Niederschöneweide [38], von dort elektr. Straßenbahnen 70 (umst.), 87, 95, 187. 3. Elektrische Straßenbahnen 87, 95, 187 (Anschluss in Cöpenick, Lindenstr. an die Nr. 83 nach Wendenschloss) über Treptow, Baumschulenweg, Niederschöneweide, Oberschöneweide bis zu den Bootshäusern. R. hat der Spindlersfelder Turn-V. "Sport" und Schwimm-V. "Neptun" sein Heim.

Der Schwimmklub Ostend 1916, An der Wuhlheide 212, hat dahinter seine Badeanstalt aufgeschlagen, und nun folgt die Berl. R.-G. v. 1884(4. X. 1884; Oberschöneweide, Nixenstraße 2; F.: Obersch. 3308), Berl. Wander-R.-V., die Übersetzstelle nach Neptunshain. Es kommt die Akkumulatorenfabrik A.-G. "Pflügerwerk", elektr. Ladestation; Freibad Oberschöneweide (Cöpenicker Str. 33). Im Bootshause Weißenburg l. (km 30,1 [39]), An der Wuhlheide 240, treffen wir auf die Sport-V. "Hochbahn" R.-Riege, Mitglied des Nordd. R.- Vb., und die R.-Riege des V.'s ehemaliger Schüler der Bismarck-Real-Schule 8 und anschließend Freibad Oberschöneweide, An der Wuhlheide 242/244, nun folgen Sportplätze. An dem besuchten Spree-Rest. Sadowa (km 31,85), An der Wuhlheide 256/260 (F.: Cöpenick 382, D.-St., Bahnstation: Sadowa, 30 Min.) mit R.-Riege "Jahn", Neukölln. Anschließend an Rest. Sadowa, An der Wuhlheide 262/270, das Wassersportheim "Oberspree" mit der R.-Abt. des Post-Sport-V. Berlin, Märkischer Wassersport und der R.-Abt. des Sport-V. der Berl. Elektrizitätswerke. Es folgt nun der Bootshafen an der Wuhle-Mündung, Lindenstr. 23. Nun gleiten wir an der Mündung der Wuhle (km 32,0) vorbei. Nach der Wuhle ist die so berüchtigte Wuhlheide benannt [40], welche im Hintergrunde das ganze Ufer der Spree zu unserer l. Hand begrenzt, treffen wir den Sportplatz der Berl. A.D.B., Wassersport-Vg. der Berl. Burschenschaft im A.D.B., Lindenstr. 24. (Die 3. Auflage 1919, S. 12, vermerkt noch "das Bootshaus des Deutschen Kanu-Verbandes, Märkischer Kreis [41](Cöpenick, Lindenstr. 3)". In der 5. Auflage 1925 ist für das Sadowa-Bootshaus die "Vg. Märk. Kanufahrer und Kleinsegler", aber kein DKV-Verein vermerkt; die 6. Auflage 1929 zählt gar keinen Kanuverein mehr auf. (Anmerkung d. Bearbeiters))

  • Die Wuhle ist ein märkisches Flussidyll. Wenig bekannt, aber nicht ohne Reiz.
    Nördlich von dem Dorfe Ahrensfelde entspringend, durchfließt sie die Gebiete an den Berliner Rieselfeldern in der Nähe von Hohenschönhausen. In der Richtung, aus der der Fluss in sanften Windungen kommt, hebt sich der spitze Kirchturm von Ahrensfelde. Dort liegt der riesige Zentralfriedhof, aus dem die Wuhle kommt. Im Westen sieht der gestufte Giebel der alten Marzahner Kirche über die Felder. Nur der Lange Kienberg verdeckt ihn mit seinen 58 Metern Höhe eine Zeitlang. Über diesen Hügel erstrecken sich riesige grüne Felder. Ihr Flussbett hat man dort künstlich eingefasst, um ihm größeren Halt und größere Beständigkeit zu geben. Kilometerweit sind, wie bei den größeren Rieselgräben, Pflöcke senkrecht in den Flussboden dicht am Rand gesteckt, und waagerechtes Weidengeflecht macht aus dem Ganzen feste Seitenwände, zwischen denen der Fluss klar und bestimmt seinen Lauf nimmt. Ab und zu führen dann kleine Holzbrückchen von einem zum anderen Ufer.
    Die Wuhle eilt, nachdem sie das Gebiet der Rieselfelder verlassen hat, an den Wein- und Kienbergen bei Marzahn vorüber. Westlich von ihrem Mittellauf ragen dann die Gebäude der Anstalt Wuhlgarten, der das Flüsschen den Namen gegeben. Zwischen Biesdorf und Kaulsdorf durchquert sie den Bahnkörper der Ostbahn und betritt dann ihre eigentliche Domäne, die breite Wuhlheide, bei der sie ebenfalls Pate gestanden hat.
    Für kurze Herbsttage ist die Wuhle zu empfehlen. Fahrt bis Kaulsdorf. Von dort rechts an der Bahn zurück bis zur Wuhle. Sehr starke Strömung oft sehr hübsch, unter Brücken Vorsicht – Steine. Mündung in die Spree bei Sadowa. Abbau schon 10 Minuten vom Bahnhof Cöpenick möglich. Bequeme Fahrtzeit 2 1/2 Stunden.
    Nachdem sie unter der breiten Chaussee, die von Marzahn nach Seeberg läuft, dicht bei Ahrensfelde hervorgekrochen ist, teilt sie sich hübsch sauber in zwei Arme, und der linke, etwas höher gelegene Arm umsäumt sauber ein Stück Wiesenland und nimmt so teil an der Berieselung und Fruchtbarmachung der Äcker und Wiesen, die sich dort in großen Flächen ausstrecken und zum Gute Hellersdorf gehören (Kolonie Daheim). Die Eintönigkeit der weiten Flächen wird an einer Stelle durch ein winziges Kiefernwäldchen unterbrochen. Am Fluss selbst stehen kleine, knorrige Weidenstümpfe.
    Hier ist es so einsam, dass man es gar nicht glauben kann, im unmittelbaren Grenzbezirk der Großstadt zu sein. Man sieht kaum einen Menschen. Die Wuhle schlängelt sich durch die märkische Landschaft wie ein Silberfaden in einem bunten Muster durch Wald und Flur, durch Wiese und Niederung. Reizvoll ist der Anblick ihres Lebens. Fischlein aller Art ziehen hinauf und hinab. An den niedrigen Uferwänden nisten furchtsame Krebse und finden hier versteckte Schlupfwinkel. Auch Schlangen sind zu beobachten, Ringelnattern und hin und wieder, allerdings jetzt seltener, die braune giftige Kreuzotter, die früher hier häufiger gefangen wurde. Frösche und Wasserratten hausen am Uferrain, und manchmal lässt sich auch vereinzelt an ihrem Oberlauf ein Storch sehen.
    Die Anstalt für Epileptische, genannt "Wuhlgarten", erstreckt sich dicht am rechten Ufer des Flüsschens bis hin an die Biesdorfer Bahnstrecke.
    Jenseits der Biesdorfer Bahnstrecke, die hin nach dem etwas erhöht liegenden Kaulsdorf läuft, beginnt mit einem Schlage ein völlig neues und verändertes Talbild. Hier ist ein neuer Stadtteil im Entstehen. Hier ist man gerade dabei, eine stabile Brücke fertigzustellen, die die Verbindung zwischen dem Biesdorfer Wald und der Cöpenick-Kaulsdorfer Chaussee herstellen soll. Und ehe man es sich versieht, ist man durch die Kolonien in der Cöpenicker Vorstadt unter dem Bahndamm der Strecke Sadowa - Cöpenick hindurch. Hier verliert sich die Wuhle zwischen den Villengärten, überbrückt von Dutzenden von kleinen Holzbrückchen, bis sie unter der Lindenstraße her unmittelbar in die Spree mündet.
    Erstbefahrung: Friedrich Eduard Keller 1881. [42] (Damals Mitglied der Paddelgilde der Krampenbrüder.) (Hier ist inzwischen nicht nur ein "neuer Stadtteil im Entstehen". Sollten Einsamkeitssucher wirklich Sehnsucht nach der Wuhle verspüren, sei ihnen gesagt, dass der Fluss heute ganzjährig gesperrt ist. Die 1929er Beschreibung wird aufgrund ihres kulturhistorischen Wertes ausnahmsweise dennoch wiedergegeben. (Anmerkung d. Bearbeiters))

Wie sieht nun nach Neptunshain das andere r. Ufer aus?
R. nach Rest. Neptunshain (km 30,9), Sedanstr. 51, liegen Cöp. Damen-R.-Cl., R.-V. 1928, Berl. R.-Cl. "Triton", Freibad Adlershof, und dann begleitet uns Forst Dahme, dort ist ein Sportplatz vorgesehen. Bald leuchtet uns r. das weiße Schild "Spindlersfeld" entgegen. Noch ist von dieser wichtigen Anlage nichts zu sehen; der Park versperrt uns die Aussicht. Die weltberühmte Firma W. Spindler, Färberei und Reinigung auch für Segel und Flaggen. Auf der r. Ecke sehen wir eine liebliche Villa und dahinter Spindlersfeld (km 32,2) mit dem Erholungsheim Spindlersfeld.

Spindlersfeld, die mächtige Fabrikanlage des Kommerzienrates Spindler, ist eine berühmte Färberei und Druckerei seidener, wollener und baumwollener Garne, sowie chemische Reinigungsanstalt; es umfasst einen Länder- und Gebäudekomplex von über 50 ha. Sie wurde 1832 in Berlin (Burgstr. 3) unter bescheidenen Verhältnissen begründet und im Jahre 1871 nach hier verlegt. Eine grosse Zahl von Filialen in fast allen Städten Deutschlands sind ein Beweis für die ungeheure Ausdehnung dieses Geschäftes; über 2000 Beamte, Arbeiter und Arbeiterinnen werden hier beschäftigt; einige 20 Dampfmaschinen befinden sich in fortwährender Thätigkeit. Musterhafte Wohlfahrtseinrichtungen, gesunde Arbeiterwohnungen, Bibliotheken und andere segensreiche Einrichtungen, welche für das Wohl seiner Angestellten sorgen, hat der jetzige Inhaber, Herr Kommerzienrat C. Spindler, ins Leben gerufen. (1. Auflage 1897, S. 5 f.)

  • In Verbindung mit den Plänen zur Regelung der Oberspreegewässer durch Anlage großer Staubecken innerhalb des Grenzgebietes der beiden Kreise Teltow und Beeskow-Storkow und um neue Ansiedlungsstätten zu schaffen und auch Industriebezirke einzurichten, soll in Anlehnung an den Staatsbahnhof Spindlersfeld eine normalspurige Kleinbahn über Müggelheim, Gosen, Neuzittau, Alt Hartmannsdorf und Spreenhagen bis nach Storkow geführt werden, um dort in den Staatsbahnhof der Linie Königswusterhausen - Niederlehme - Scharmützelsee - Lindenberg zu laufen. Die Linie würde neben der Besiedlung ihren Stützpunkt in der Hauptsache in land- und forstwirtschaftlichen Verfrachtungen finden. Auch die Stadtgemeinde Berlin besitzt mit Rücksicht auf ihr bei Spreenhagen gelegenes umfangreiches Grundeigentum ein großes Interesse an der Erschließung des Geländes und dem Bahnbau. Daher ist bei Spindlersfeld eine Brücke über die Spree vorgesehen.

An den mächtigen Fabrikgebäuden W. Spindler geht's vorbei. Es folgt Schwimm-V., R.-V. "Neptun" und das Bootshaus des Spindlersfelder R.-V. (12. IX. 1878), F.: Cöpenick 344 – in der Nähe elektr. Bahn von Niederschöneweide, Adlershof und Cöpenick. – Dann Vg. Märk. Wander-Paddler, Gruppe Spindlersfeld, und Privat-R.-Vg. "Concordia"; beide Flemmingstr. 18/19. Lenken wir unseren Bug etwas nach l. auf die Grundstücke der Cöpenicker Dammvorstadt zu. Lindenstr. 35 ist das Bootshaus "Cöpenick", F.: 952. Einzelstände für alle Bootsarten, Rest., Einzelzimmer, Haltestelle der elektr. Straßenbahnen nach Cöpenick. Im Hause liegt V. der Privatbootbesitzer. Gleich scheiden sich die Wasserstraßen. R. am Rest. Spree-Kasino vorbei gelangt man auf der Dahme nach Grünau und anderen Orten (Fahrt III). Während l. die Wohnhäuser der Spreestraße, die Bootsbauerei von F. Fischer, Spreestraße 4, F.: Cöp. 1093, liegen. Hier befindet sich der Karlshorster R.-V. v. 1920, Mitglied des Nordd. R.-Vb., Spreestr. 3, C.-V. "Undine". Anschließend sind das Postamt gekrönt durch einen turmartigen Aufbau mit einer ungeheuren Anzahl von Telefondrähten (5. Auflage 1925) und die kathol. St.- Josephs-Kirche.

  • Die alte Inselstadt Cöpenick, E., mit ihrer Hauptwasserfront ist uns zugewandt. Der schmucke, schlanke Turm der Laurentiuskirche und daneben der Rathausturm spiegeln sich in den hellen Fluten wider, und obwohl letzterer neueren Datums, raubt er doch dem Ganzen nicht das Gepräge alter Vergangenheit, denn schon 1225 erhielt der Ort Stadtrechte (Fahrt III), jetzt besitzt er viele Fabriken und große Wäschereien. Liegen das Postamt und die Kirche hinter uns, so befinden wir uns vor der Dammbr. (4,48 m), welche die Altstadt mit der Dammvorstadt verbindet. Durchfahrtszeichen beachten. Vorsicht, da man die Fahrstraße der stromabfahrenden Boote kreuzt.
    In Cöpenick, E. (Vorortstation; Straßenbahn-Linie 87, 95, 187 von Berlin. Auch ist geplant, die Nordsüd-Untergrundbahn über Neukölln und Treptow bis Cöpenick weiterzuführen. Verbindung nach Wendenschloss, Mahlsdorf, Grünau und Adlershof). Außer dem Besuche der Laurentiuskirche und des neuen Rathauses (got. Backsteinbau, 1903-1905 von Schütte und Kinzer erbaut) noch die Besichtigung des Schlosses, der Schlosskapelle und des Schlossparkes zu empfehlen. Cöpenick steht mit seinem Wasser- und Waldreichtum an der Spitze von Großberlin. Im Cöpenicker Bezirk liegen nicht weniger als 6444 Hektar Wald. Die Wasserfläche ist 1983 Hektar groß.[43]

Nach allen diesen an uns vorüberziehenden Bildern geht die Fahrt auf der Müggelspree l. unter der massiven Dammbrücke (km 0,0 [44] ; 4,47 m b. M.-W.; mit Schifffahrtszeichen "Durchfahrt" und "Gesperrt". Außerdem sind die Öffnungen noch durch Farben (schwarz-weiß bzw. rot-weiß) gekennzeichnet. Wie wir hören, wird das Wasserbauamt auf strengste Durchführung der Vorschriften achten, deren Nichtinnehaltung unter Strafe gestellt ist.) hindurch weiter. Vor und hinter der Brücke haben wir hübsches Bollwerk mit Treppe. [45]

  • Gleich hinter der Brücke links der alte, wirkliche Spreelauf, in welchem die Bootsvermietung von Franz Mademann sich befindet; der Eigner übernimmt auch Aufsicht über Boote. Weiterhin der Bootsplatz Wassersportheim "Generalshof", durch Straßenbahnen 83, 87, 187, 84 und 86 in 5 Minuten zu erreichen am Cöpenicker Stadtpark, ca. 280 m Wasserfront; Logierräume, Einzelstände, Rest., F.: Cöp. 735, Alte Fürstenwalder Str. 1. In ihm liegen: Die Schülerriege des Arndt-Gymnasiums; "Sport-V. Generalshof e. V."; "Motorboot-Club Generalshof e. V." und daneben die großartig angelegte Pabst- Werft. Zwischen den Grundstücken haben wir auch die Mündung eines Armes des Neuenhagener Fließes. In dem Arm hat auch die gegenüberliegende Wasserbau-Verwaltung Cöpenick ihre Fahrzeuge liegen.
  • Das an dieser Stelle beschriebene Neuenhagener (Mühlen)fließ oder auch "Erpe" mitsamt dem Zochengraben ist heute ganzjährig gesperrt. Auf die Wiedergabe der Beschreibung wird daher verzichtet. (Anmerkung d. Bearbeiters)

Wir fahren durch die Dammbrücke geradeaus. Gleich rechts haben wir die Feuerwehr-Wache und das Wasserbauamt Cöpenick. F.: Freiheit 16; F.: 1330/31. Dahinter folgt die Dorotheenschule, Lyzeum. Der Durchstich, die Fahrt geradeaus führt uns hart an der Stadt vorbei und erweitert sich. Gegenüber auf der Insel Trockenplatz der Genossenschaft-Wäscherei. Bald zweigt sich rechts von der Ausbuchtung der Kietzer Graben ab. Durch diesen können jedoch nur Ruderboote (staken) und Kanus unter drei Brücken hindurch zum Frauentog gelangen. Durch den Graben kommen wir zu der sich besonders auch in Rudererkreisen des besten Rufes erfreuenden Bootsbauerei von Ernst Perdeß (Gartenstr. 25a; F.: Cöp. 388) am Frauentog und weiter zur Dahme-Wasserstraße. Wohnung an der Einfahrt r. das erste Haus; es lohnt sich, diesem langjährigen Werkführer der Winserschen Bootsbauerei einen Besuch anzustatten und seine saubere Arbeit anzusehen, da etliche Boote hier stets auf Lager sind. (1. Auflage 1897, S. 6)

L. kommt die alte Spree wieder hinter der Insel Baumgarten hervor. In diesem Stück haben wir vorläufig noch die Berl. R.-G. v. 1912 (Friedrichshagener Str. 5/6; Zweigniederlassung in Tiefwerder). Die Grundstücke sind verkauft und sollen Mehlspeicher und Bäckereien dort hinkommen. (3. Auflage 1919, S. 15) Folgen wir nun dem Laufe der Müggelspree weiter, so bemerken wir l. die Glanz-Film-Akt.-Gesellschaft; C. J. Vogel, Draht- und Kabelwerke, mit ihren Schornsteinen. Gegenüber, also r., haben wir eine Motorenschlosserei, Berl. R.-Cl. 1910, Bootswerften und Kolonie Neu-Bayern mit Bootswerften von Joachimi; Heinrich Zocher mit R.-Riege der Cöpenicker Dorotheen-Schule (Lyzeum) und die Sasse-Werft [46] sowie die Laubenstadt; der Sport-Platz "Eiche" schließt sich an. Mit jedem Ruderschlag ändert sich die ganze Gegend, herrliche Wiesen- und Waldflächen, die Ufer verschönernd, rücken näher, namentlich r., bis l. die Villen von Hirschgarten (km 1,9; Bahnhof Hirschgarten 15 Min.; elektr. Straßenbahn v. Adlershof, Cöpenick nach hier und Friedrichshagen, Nr. 84 und 187; die Straßen sind im Jahre 1870 durch französische Kriegsgefangene angelegt worden (3. Auflage 1919, S. 15)) erreicht sind.

L. ist ein neugegründeter Bootsplatz mit C.-Cl. "Berolina 23" und die 2. Mündung des Neuenhagener Fließ (Erpe).

Im Fließ ist ebenfalls ein Bootshaus, hier befindet sich der Wassersportverein Müggelspree". Vor der Mündung flach, darum Achtung auf Tonne! Weiter folgt l. der aufstrebende Berl. R.-Cl. "Germania" (17. V. 1887; km 1,9), mit "Batavia" (1. VII. 1907) vereinigt am 1. IV. 27. Das schmucke Bootshaus liegt fast schon im Grünen versteckt, Ahornweg 13, F.: Cöpenick 226 (Straßenbahn 84 und 187: Haltestelle Hirschgarten). Villen, Tabberts Waldschloss (Berliner Str. 3; F.: Cöp. 380). Gegenüber ist das gute vielbesuchte Etablissement Neu-Heringsdorf; F.: Cöp. 439. Dampfer unternehmen ihre Fahrten auch im Winter durch Eis und Schnee bis hierher und zum Müggelschlösschen; weiter folgt Rest. Neu-Ahlbeck (F.: Cöp. 484); daneben hat der Berl. Damen-R.-Cl. (1. V. 1912) sein Heim.

Es folgt nun bis zur Müggel Wald mit schönen Lagerplätzen [47]. Auf der anderen, Friedrichshagener Seite sind Villen, Rest. Aussichtsturm Hirschgarten (F.: Cöp. 124; Eschenallee 8/9) [48] mit Karlshorster R.-Cl. und dem R.-V. "Müggel". In dem Schuppen werden auch Einzelstände vermietet. Das schön gelegene Rest. wird von Wassersportlern viel besucht. Es folgt Villa und daneben schöner Badestrand und Übersetzstelle. Weiter treffen wir l. Albatros-Atlantik-Werke, welche von der Stadt Berlin erworben sind, um evtl. einen Wasserflughafen auf der Müggel zu errichten. Nebenan haben wir verschiedene Klubhäuser. Den Anfang macht der Yacht-Cl. "Müggelsee" (Neu-Kamerun, F.: Friedrichsh. 92; 26. XI. 1894 [49]), Villen und Anlegestellen der Reederei P. Bauer, Friedrichshagen, Hahnsmühle 2, F.: Friedrichsh. 132; Linie grün-weiß-gelb; Vermietung von Schlepper- und Vergnügungsmotoren, Rundfahrten auf dem Müggelsee. Eigene Dampfer-Anlegestellen: Berlin, Schillingsbrücke und Bahnhof Friedrichstraße (Reichstagsufer).

Es folgt der Friedrichshagener R.-V. 1892 (2. VIII. 1892; Hahns-Mühle, F.: Friedrichsh. 307). Es kommen die Bootswerften von Bühnemann, von Henkel und die Müggelwerft, S.-Cl. "Wiking", Seestr. 15, das Bootshaus der Cöpenicker R.-Ges. (29. IV. 1914), Spreestr. 1; F.: Friedrichshagen 326; der Berl. R.-Cl. "Aegir" [50], Spreestr. 1, der Kleinsegler-Verband (Abt. Müggelsee); im alten Bataviahause der Berl. Damen-R.-Cl. "Löcknitz". Daneben die großen Brauereigebäude (km 3,7 [51]) und endlich als Abschluss im Grünen "Alt-Brandenburg" Akad. R.-G. (31. VII. 1898; Waldowstr. 2, F.: 193). Warnungsstation der Rettungsgesellschaft! Auf Ball oder rote Sturmflagge achten!

Anders sieht es auf der r. Seite aus. Auf dem etwas erhöhten Ufer zieht sich von Neu-Heringsdorf, an Neu-Ahlbeck vorbei, Waldbestand hin, dessen Ufer ausgezeichnete Lagerplätze bieten, jedoch ziemlich flach sind. Kurz vor Müggelschlösschen liegt das Schulschiff "Vaterland" des Marine-Vorbereitungs-Vereins (Pfeiffergasse, F.: Friedrichshagen 63). (3. Auflage 1919, S. 16) Kurz vor Müggelschlösschen wird das Wasser tiefer und das Land höher, es gestattet den größten Segelbooten fast bis ans Land zu kommen. Das hochgelegene Müggelschlösschen-Etablissement (F.: Cöp. 32 [52]). Hier stand bis 1648 die alte Müggelbaude, die Cöpenicker Fischern gehörte, jetzt ist hier ein Tunnel gebaut worden. Nachdem wir noch einen Blick auf die Warnungsstation l. im Städt. Park neben Alt Brandenburg geworfen haben, geht es hinaus auf den herrlichen Müggelsee (km 3,8)! [53] Siehe Karte 6.

Indem wir nun unser Boot in die Fluten des Müggelsees hinaussteuern, genaue Umschau nach Wind und Wetter gehalten und den Kurs etwas r. von dem in blauer Ferne erscheinenden Rahnsdorfer Kirchturm genommen haben, erblicken wir gleich l. hinter dem Städt. Park, D.-St., die Rettungsstation der Rettungsgesellschaft der Wassersportvereine Berlin und Umgegend mit Turm, Ball und Flagge. Also Achtung und Vorsicht! Das Bootshaus Bad Bellevue, mit dem S.-Cl. "Sturmvogel". Gleich l., direkt vor dem Bad Bellevue, die Motorboot-Centrale Müggelsee (Emil Hüthig, Waldowstr. 8, F.: 76; Benzinstation! Rep.-Werkst. Wer hat nicht schon diese erstklassigen vornehm ausgestatteten Motorboote von 18 - 30 km Stundengeschwindigkeit über die Müggel fliegen sehen? Selbige sind dort zu Kauf und Miete zu haben!) (2. Auflage 1909, S. 17) Daneben Hotel Bad Bellevue (Fr. Urban, Täglich Künstler-Konzert, wöchentlich 3 mal Militär-Konzert. Reichlich Bootsstege, Bootsräume, Umkleide- und Waschräume, 2 Säle, Klubzimmer, 36 Fremdenzimmer, Kegelbahn, Badeanstalt, herrlicher Naturgarten, I a Küche, gut gepflegte Getränke, solide Preise (5. Auflage 1925, S. 20)), F.: 38; im Bootshause werden Einzelbootsstände vermietet; Bootsstege; die alte bekannte Bootsbauerei von Berholz und Garsch, Seestr. 42, F.: 455, und der Kaisersteg mit Bootsstegen, das Rest. Müggelsee-Casino (Seestraße 45, F.: 89; bequeme Anlegestege und D.-St.; Nachtquartier), kurz vor den uns sichtbaren städt. Wasserwerken das Rest. Seeschlösschen-Hotel (Seestr. 77, F.: 22, Anlegestelle, Prachträume; elektr. Straßenbahn Nr. 84 bis hierher). [54]

Gleich r. bei der Ausfahrt in der Ecke des Müggelschlösschens erblicken wir das Unterkunftshaus des Vereins Regattahaus am Müggelsee; Deutscher Segler-Verband, welches den Zielrichtern usw. bei den Segelwettfahrten als Aufenthaltsort dient. R. anschließend folgt der V. Seglerheim am Müggelsee (1. III. 1920), das Rest. Strandschloss (D.-St.), wo sich namentlich im Winter ein reger Verkehr entwickelt; denn hier finden die Starts zu den Schlittschuhsegelwettfahrten statt. Anschließend folgt Rest. Rübezahl und D.-St. Aufstieg zum Müggelturm-Terrassen-Rest. mit wundervoller Aussicht. Rest. Prinzengarten (F.: Cöp. 94; unterhalb der Bismarckwarte D.-St.).

  • Die Müggelberge liegen bis 120 m über dem Meere, 88 m über dem Müggelsee. Auf dem kleinen Müggelberge befindet sich der 31 m hohe Aussichtsturm. Auf einer Nebenhöhe, welche höher liegt als der Aussichtsturm, ist die Bismarckwarte erbaut.
  • Friedrichshagen, E. (Vorortstation: Straßenbahn-Linie 84, 187, (Dampferstation) ist durch Friedrich II. d. Gr. (1740-1786) am 31. Mai 1753 durch Ansiedlung schlesischer und böhmischer Woll- und Seidenspinner mit 100 kleinen, zum Teil noch erhaltenen Wohnhäusern angelegt worden. Etwa 1200 Maulbeerbäume wurden gepflanzt (Friedrichstr.), zum Zwecke der Zucht der Seidenraupe. 1802 wurde die Kgl. Spinnerei aufgelöst, und die Bewohner suchten sich andere Beschäftigung als Arbeiter, Handwerker und Besenbinder. Das arme Spinnerdorf hat sich zum "Seebade" umgewandelt. Der Kurpark, unmittelbar nördlich vom Bahnhof, zeigt unter hohen Kiefern auf braunem Marmorsockel die Bronzebüste Kaiser Wilhelms I., Kriegerdenkmal, Denkmal Friedrichs des Großen, 1903 anlässlich der 150jährigen Jubelfeier errichtet. Der Ort feierte also 1928 sein 175jähriges Bestehen. Auch befindet sich Seestr. 121/122, F.: 135, die alte bewährte Ruder- und Skullfabrik von Georg, Gustav und Erich Praetzel [55].

Der Rettungsdienst auf den Berliner Gewässern. Die Rettungsgesellschaft der Wassersportvereine von Berlin und Umgegend e. V. Die Station (km 3,80) ist im Sommer jeden Sonntag besetzt. Außerdem bestehen Warnungsstationen bei dem Spindlersfelder Ruderklub, im Spreekasino neben der Rudergesellschaft Alt-Brandenburg und beim Ruderklub Erkner. Sobald auf diesen Stationen das Warnungssignal (rote Flagge) gesetzt ist, ist das Befahren des Müggelsees mit Gefahr verbunden. An den Oster- und Pfingstfeiertagen befinden sich ferner fliegende Stationen in Neue Mühle, am Dolgensee und am Wolziger See. Die Eröffnung einer Station an der Friedrichshagener Seite des Müggelsees ist erfolgt.

Wassersportler, und solche die es werden wollen; nicht Feigheit ist es, bei gezogenem Ball nicht über die Müggel zu fahren, bei herannahendem Unwetter das Ufer zu erreichen suchen, oder wenigstens einige Reffs einzudrehen, sondern Einsicht und Würdigung der Gewalt unserer Müggel!

An alle Wassersporttreibenden ergeht die dringende Bitte, das Warnungszeichen unbedingt zu beachten und das Befahren des Müggelsees zu vermeiden, sofern an den genannten Stellen die rote Flagge gezogen ist. Die Sanitätskolonne vom Roten Kreuz ist unter der Rufnummer Friedrichshagen 592 telephonisch an Sonnabenden, Sonn- und Feiertagen zu erreichen. [56]

Gegenüber, auf der anderen Seite des Sees, erheben die herrlichen Müggelberge ihr sagenumwobenes Haupt.

  • Die Müggelberge sind 120 m über dem Meere. Im Bismarckturm führen noch 183 Stufen zum Feuerbecken, welches noch 44 m über der Erde ist (Rest.). Der Platz, auf dem die 1904 erbaute Bismarckwarte sich erhebt, ist der "Große Müggelberg"; früher Triglaffplatz genannt. Es ist die Stätte des Triglaffkultes der Wenden, die in der Heidenzeit hier hausten. Ausgrabungen, die vorgenommen und von gutem Erfolg gekrönt waren, haben zweifelsfrei nachgewiesen, dass die Müggelberge vor der Wendenzeit von den germanischen Semnonen bewohnt wurden. Die westl. Kuppe, den "Kleinen Müggelberg", ziert seit 1889 der Aussichtsturm (109 Stufen). Er wurde vom Geh. Kommerzienrat Spindler mit einem Kostenaufwand von 40.000 Mark errichtet und befindet sich heute im Besitz des Besitzers des Rest. zum Aussichtsturm. Die Besteigung beider Wahrzeichen ist sehr lohnend. [57]
    Steht man auf einem dieser Aussichtstürme, so muss jedem Wassersportler und Naturfreunde das Herz freudig bewegt werden: denn was man von hier oben aus erblickt, ist Wasser, Wasser und wieder Wasser, dazwischen dunkle Wälder, die den Cöpenicker Werder, auf dem die Berge emporragen, mit dichten Schatten bedecken. Dieser selbst wird umgrenzt von der Spree, dem Müggelsee, dem Kleinen Müggelsee, der Müggelspree, dem Gosener Graben, dem Seddinsee, dem Spree-Oder-Kanal, der Kleinen und Großen Krampe, dem Langen See und der Dahme, in der Ferne blickt uns der herrliche Zeuthener See und die Dahme bis Königs Wusterhausen entgegen. Zu unseren Füßen ruhen Grünau und Karolinenhof, dazwischen versteckt das Cöpenicker Wasserwerk, während sich nach l. Müggelheim, Schmöckwitz, Zeuthen, Hankels-Ablage, Niederlehme und Königs Wusterhausen anreihen und auf der anderen Seite durch Wernsdorf, Gosen, Neu Zittau, Erkner, Hessenwinkel, Wilhelmshagen, Rahnsdorf, Woltersdorfer Schleuse und Rüdersdorf ergänzt werden, indes sich im Hintergrunde die Kranichsberge und Rüdersdorfer Kalkberge emporrecken. Am Fuße des gr. Müggelberges aber schlummert der Teufelssee (Rest. und Waldschenke) mit der verwunschenen Prinzessin, die nach hier verbannte Tochter des Königs Ottokar von Böhmen; doch wer es nicht glauben sollte, erhält's an der Postkartenverkaufsbude dortselbst gedruckt!
  • Der Müggelsee (altslavisch: mögl = Nebel) dehnt sich vor uns in seiner ganzen majestätischen Größe mit einer Länge von 3,70 km und einer Breite von 2,60 km bis 8 m tief zwischen berg- und waldumrahmten Ufern als einer der größten Seen (766,70 ha) der Mark aus. Wenn auch viele Wettfahrten auf den Dahmegewässern abgehalten werden, so bleibt der Müggelsee doch das Hauptwettfahrtsterrain, und so finden auf ihm auch jährlich Segelregatten der einzelnen Berliner Seglervereine statt. Auch Motorbootwettfahrten werden hier veranstaltet. Im Winter bietet der Müggelsee eine reiche Fülle wechselnder Bilder und vielen Hunderten von Schlittschuhläufern sportliche Genüsse; denn seine große, 60.000 qm breite Fläche hat den Segelschlitten und Segelschlittschuhsport hier zu solcher Blüte gebracht, wie er wohl nicht zum zweiten Male auf brandenburgischen Gewässern zu finden ist. Es sei auch hier besonders darauf hingewiesen, dass der Zutritt zu der Eisfläche wochentäglich nur 10 Pf. für Erwachsene und 5 Pf. für Kinder kostet und dass Mittwochs und Sonnabends nach einer Verfügung der Regierung überhaupt kein Eintrittsgeld erhoben werden darf! Nur an Sonn- und Feiertagen, und zwar, wenn Konzert auf dem Eise stattfindet, ist die Erhebung einer Gebühr bis zu 40 Pf. für Erwachsene und bis zu 20 Pf. für Kinder zulässig. (2. Auflage 1909, S. 16) Doch der Müggelsee hat auch seine gefürchteten Schattenseiten, und sein launisches Wesen hat schon viele leichtsinnige und waghalsige Wassersportleute zum Opfer gefordert, wenn seine Wellen sich hier urplötzlich zu besonderer Stärke und Größe entwickeln. [58] Daher ist Vorsicht sehr geboten, und man muss sich bei starkem Winde deshalb unter Land halten. Auf die Warnungsstation neben der Akad. R.-G. "Alt-Brandenburg" oder bei Rest. "Müggelhort" ist besonders zu achten!
  • Die städtischen Wasserwerke wurden 1888 im Bau angefangen und 1893 zur Hälfte vollendet, jetzt ist die Anlage in vollem Betriebe. Sie versorgen von hier aus über den großen Wasserturm bei Lichtenberg den S., SO. und O. Berlins mit Trinkwasser. Die hochinteressante Anlage, deren Besichtigung gern gestattet wird, umfasst ein Terrain von 31 ha. In 44 großen Filtern wird das Wasser des Müggelsees gereinigt. Jede der großen Maschinen macht in der Minute 40 Touren und befördert bei jeder einzelnen Tour 750 l Wasser. Ferner ist in den Maschinenhäusern je eine Reservemaschine vorhanden, die nur für außerordentliche Fälle in Betrieb gesetzt wird. (2. Auflage 1909, S. 17) [59]

An die städt. Wasserwerke mit seinen bis 45 m hohen Schornsteinen (km 5,0) schließt sich das Institut für Binnenfischerei an, welches u. a. zur Beobachtung der Lebensweise der einheimischen Fische dient [60]; daneben ist das Seezeichen-Versuchsfeld (Institut für Seezeichen) [61] und nun folgt nach einem Stückchen Heide das Freibad Müggelsee, F.: 267, welches namentlich Sonntags einen ungeheuren Betrieb zeigt. Gelbe Tonnen beachten!

Die darumstehende Zeltstadt heißt "Klein-Kleckersdorf". Teile dieser Zeltstadt heißen auch im Volksmunde "Negerdorf" und "Paddendorf" [62]. In der Ecke des Sees, im Grünen versteckt, liegt die Unterförsterei Müggelsee und Forstverwaltung Cöpenick des Verbandes Groß-Berlin, Fürstenwalder Str. 59, F.: 192. Jetzt kommt die Mündung des Fredersdorfer Fließes. Rest. Müggelwerder, auch Insel-Hot. genannt, F.: 217; und mit langen Steganlagen, da sehr flach; S.-Vg. Müggelwerder hat hier seinen Ankerplatz, auch ist hier Berl. C.-Cl. "Favorit". Damit ist unsere Fahrt am l. Ufer entlang beendet.

Vor dem Müggelsee-Strandrestaurant mündet (km 7,3) das Fredersdorfer Fließ mit Kessel-, Fänger- und Bötzsee. Das an dieser Stelle beschriebene Fredersdorfer (Mühlen)fließ (Erstbefahrung: Dr. Stelzer zwischen 1919 und 1925) ist heute oberhalb von Schöneiche ganzjährig gesperrt. Auf die Wiedergabe der Beschreibung wird daher verzichtet. (Anmerkung d. Bearbeiters)

Um von der Einfahrt in die Müggel den geraden Weg hinüber zu nehmen, lassen wir den in der Ferne schimmernden Rahnsdorfer Kirchturm etwas l. liegen und nähern uns später dem r. Ufer. Ein großes weißes Lattenzeichen r. auf der Buhne [63] und l. eine schwarze Tonne und dahinter eine schwarze Spierentonne, eine Villa bezeichnen die schmale Durchfahrt [64]; ebenso r. verschiedene Schilder und daneben taucht die Rettungsstation der Rettungsgesellschaft der Wassersportvereine Berlin und Umgegend (km 7,4[65]) (27. IV. 1899; Geschäftsstelle Berlin SW 68, Kochstr. 54a; F.: Dönhoff 4165-4166) auf. Von hoher Warte aus späht Sonn- und Feiertags ein diensthabender Rudersmann nach verunglückten Kameraden aus. Ein Dampfer und zwei Rettungsboote liegen klar, um sofort den Bedrängten zu Hilfe zu eilen. Die Rettungsgesellschaft, ehemals von Mitgliedern des Vereins der Touren-Ruderer gegründet, hat einen großen Umfang angenommen und besitzt jetzt folgende Stationen:
Hauptstation Müggelsee am Rahnsdorfer Gemünde. F.: Friedrichshagen 309.

  • Das Wannseegebiet soll das Rote Kreuz, die Tegeler Gewässer der Arbeiter-Samariter-Bund und das östliche Berlin die Rettungsgesellschaft betreuen. Die Vereine sollen geldliche Unterstützung seitens der Stadt erhalten, die das Aufsichtsrecht in Anspruch nimmt.
    Am Müggelsee gleich links in Friedrichshagen ist eine zweite Warnungsstation mit Turm errichtet, bei A. Br. schwarzer Ball mit roter Plagge, eine weitere wird in Schmöckwitz auf dem Gelände des Segelklubs "Seddin" erstehen, die den Langen und Seddin-See und Große Krampe sichern soll. Zu Ostern und Pfingsten wird am Dolgen- und Wolziger-See ein Rettungsdienst eingerichtet und auf den Regatten stellt die Gesellschaft wie schon immer Arzt und Sanitätsmannschaften zur Verfügung. Der weitaus größte Teil der Berliner Wassersportvereine gehört der Rettungsgesellschaft als Mitglied an.
    Die Stationen Rahnsdorf, Friedrichshagen, Cöpenick und Erkner stehen untereinander in telephonischer Verbindung.

Die 1. Station am Müggelsee stützt sich auf das nebenliegende Rest. Müggelhort (F.: Friedr. 309), welches infolgedessen auch viel von Ruderern besucht wird. Gute Anlegestege, Umkleideraum. Nach hier Fährbetrieb v. Rahnsdorf.

Nach Passieren des schmalen Durchstichs kommen wir zu der Kleinen Müggel, (km 7,6), auf der wir l. halten. Gerüchtweise verlautet von einem Hotelbau, der am Kleinen Müggelsee, unweit Müggelhort, errichtet werden soll. Die Konzession für das Unternehmen, ein sogenanntes Wochenend-Hotel mit 80 Betten, soll bereits beantragt sein. Von hier ab bis zum Dämeritzsee ist Segeln verboten! Der r. Teil der Kleinen Müggel und namentlich hier das l. Ufer bieten schöne Ruhe- und Frühstücksplätze, zumal das an der Ecke anliegende Hot.-Rest. Neu-Helgoland (km 8,0) am Kleinen Müggelsee (F.: Friedr. 396, Logis, Ruderbootsstege, hinter demselben kleiner Hafen mit Anlegestegen) für unser leibliches Wohl gesorgt. Landverbindung über Rahnsdorf oder Cöpenick-Müggelheim; ab Müggelheim eigene Autostraße. Herr Fröhlich lässt bereits umfangreiche Renovierungsarbeiten an seinem neuen Besitz vornehmen, so dass sich das Lokal schon mit beginnender Saison in schmuckem Kleide präsentieren wird. Die Leitung in "Neu Helgoland" übernimmt zunächst Herr Tabbert jun., der Schwiegersohn Fröhlichs. Der Betrieb des Brauerei-Ausschanks bleibt, wie wir hören, vorläufig noch diesen Sommer erhalten. (5. Auflage 1925, S. 23) Neu-Helgoland gegenüber haben wir den Lause- oder Enten-Wall. Hier auf dem Grundstück des Herrn Professor Heise halten der Berliner Faltboot-Klub und die Brandenburgischen Faltbootfahrer jährlich gemeinsam ein achttägiges Zeltlager "Little Beefka" ab.

L. begleiten uns kleine Holzvillen, dann am sogenannten Enten- oder Lausewall entlang zweigt der alte Spreearm zur Müggel ab, hier hat der R.-V. der Deutschen Bank (km 8,4) sein neues Haus. Auch Berl. R.-Cl. "Stern" des Nordd. R.-Vb. hat hier, Dorfstr. 9, sein Bootshaus. Der Klub schreibt uns: "Bei schlechten Witterungsverhältnissen auf dem Müggelsee stellen wir schutzsuchenden Wassersportlern unsere Räume sowie Bootsstände auf kurze Zeit gern zur Verfügung. Vom Bootsplatz gelangt man in ca. 20 Minuten zum Stadtbahnhof Rahnsdorf." Auf dem Bootsplatz befindet sich eine Bootswerft. Kleine Lauben und Villen begleiten uns bis zum alten Fischerdorf Rahnsdorf, E., mit Witte's Rest., Dorfstr. 14, F.: Friedrichshagen 375; (einfache, aber gute Verpflegung, prima Weißbier, Logis (5. Auflage 1925, S. 24)), Bahnstation: Rahnsdorf 30 Min. – Unmittelbar vor der Fähre Kanu-Abt. d. Ski-Clubs "Mittelmark", eine Gemeindefähre; diese verbindet die Lokale: Rahnsdorf – Neu-Helgoland – Müggelhort. Wenn gewünscht auch nach Müggelwerder und das Freibad; einzelne Fahrten auch nach Friedrichshagen. Hinter Rahnsdorf bildet ein Durchstich zu der Gasanstalt eine Insel. Vor der Gasanstalt hat der R.-Cl. Rahnsdorf (13. III. 1913) sein Heim. "Blumeslake" und eine Anlegestelle für den Wasserschutz. Auf der weiteren Strecke sind r. und l. kleine, neue Einfahrten geschaffen, an denen kleine Villen und Lauben liegen; auch Bootswerften liegen dazwischen. Schönhorst nennt sich ein Teil der Besitzungen kurz vor dem neuen Kruge, bei km 10. Endlich ist trotz ziemlichen Gegenstromes das herrlich gelegene Terrassen-Rest. Neuer Krug bei Wilhelmshagen (km 10,3), E., F.: Erkner 251; Ruderstege und D. Bootshaus, erreicht [66]; ein neu gegrabener Graben, direkt vor dem Neuen Kruge, bringt uns der Bahnstation Wilhelmshagen näher. Zwischen den Villen l. am Stichkanal mit Br. hat sich der Norsk-Roh-Cl., Berlin (Norweg. Ruderklub), eine Vereinigung der wassersportliebenden, in Berlin ansässigen Norweger (2. Auflage 1909, S. 19), niedergelassen. Gleich r., gegenüber von Stein 11, zweigt sich ein alter Spreearm r. ab (km 11,3), eine Verbindung zum Gosener Graben; an der Ecke das neu erstandene Rest. "Spreeeck", mit Bootsanlegestelle im alten Arm, welcher aber im Sommer weiterhin sehr stark verkrautet ist (fast zu). An dem alten Spreearm liegen die zu Cöpenick gehörenden Philipps Fischer-Hütten; hier findet alljährlich der Grenzenzug der Cöpenicker Fischer-Innung statt. Den Philipps Fischer-Hütten gegenüber liegt das neue Bootshaus des R.-V. "Müggel", Hessenwinkel, Triglaw-Str. 19 (km 11,4). Das Grundstück liegt auf der großen Insel am Dämeritzsee mit dem Blick auf den Dauerwald des Zweckverbandes Groß-Berlin. Der R-V. ist Mitglied des Nordd. R.-Vb. Wir würden besser tun, die Müggelspree weiter stromauf zu benutzen, um die 160 m entferntere feste eiserne Triglaw-Br. zu durchfahren. An Villen vorbei gelangen wir nach 200 m zum Dämeritzsee. Mit der Einfahrt in den Dämeritzsee (r. und l. auf den Molen weiße Lattenzeichen) eröffnet sich uns ein herrliches Panorama, ist er doch mit einer der schönsten Seen der näheren Umgebung Berlins. R. abbiegend am Ende der Insel treffen wir auf den oben erwähnten alten Spreearm und l. davon gelangen wir in den Gosener Graben, welchen wir in Fahrt III beschreiben und durch diesen zum Seddinsee und zur Spree-Oder-Wasserstraße (Wendische Spree) kommen.

L. gruppiert sich malerisch die Villenkolonie Hessenwinkel (km 11,5; Bahnstation: Wilhelmshagen in 25 Min., Erkner in 30 Min; Autobus von Friedrichshagen); Turm und Flaggen lassen das Rest. und Hot. Gesellschaftshaus vom Dämeritzsee (F.: Erkner 187; D.-St. und Anlegebrücke) mit herrlicher Aussicht vom Balkon des Rest., bald erkennen; hier hat Yachtklub "Dämeritzsee" sein Klubheim. Der äusserst rührige Wirt O. Rapmund hat es verstanden, sich in Ruder- und Seglerkreisen bald beliebt zu machen; denn Bootshaus, Badeanstalt, Dampfersteg, Anlegestege für Ruderboote, Bootsvermietung und die unvermeidlichen Böllerschüsse weisen darauf hin, dass wir in einem echten Wassersportrestaurant eingekehrt sind. (1. Auflage 1897, S. 10)

Am r. Ufer des Dämeritzsees Hessenwinkel gegenüber springt eine Ecke weit in den See hinein; diese bleibt r. liegen. Hier mündet die Müggelspree von Große Tränke kommend. Beschreibung bei Fahrt VII. Wenn wir die Spree Richtung Fürstenwalde, ... also die Müggelspree, weiter verfolgen wollen, so müssen wir bis in die rechte Ecke fahren und hier rechts abbiegen. Die alte Mündung ist etwas hinein zugeschüttet, so dass ein kleiner Hafen entstanden ist. Die neue Einfahrt ist 500 m links von der alten. (5. Auflage 1925, S. 25) Geradeaus ist die Abzweigung der Rüdersdorfer Gewässer (km 11,7).

Lassen wir unsern Blick weiter nach l. schweifen, so bemerken wir l. neben dieser Einfahrt, also Hessenwinkel gegenüber, auf einer kleinen Anhöhe Villen, die Kolonie Spree-Eck, wo sich die Wassersport-Vg. "Sparta" 1901 des Nordd. R-Vb. niedergelassen hat; anschließend nach Erkner zu Kolonie Neu-Seeland, mit Bootswerft von Gräbert, Wiesenstr. 1; hier liegen die Vg. Märk. C.-Fahrer und Kleinsegler, im Hintergrunde erblicken wir, über den Häusern von Erkner, den Kirchturm der Genezarethkirche. Am Hessenwinkler Ufer springt nach einer tiefen Bucht (Laichschonrevier) mit Rest. Kaiserzelt und Gemeindefreibad Erkner eine Ecke weit vor, die Fahrstraße ist durch rote und schwarze Tonnen (Vorsicht!) gekennzeichnet. Vor uns auf dieser Ecke erblicken wir das Bootshaus des Ruderklubs Erkner (22. V. 1894; km 1,4 [67]); schwarze Tonnen beachten! Da der Dämeritzsee durch seine vielen Untiefen eine kleine, kurze Krabbelwelle erregt, die oft neugierig in das Boot schaut und schon manchem Rudersmann eine kleine Überraschung gebracht hat, so ist von der Rettungsgesellschaft der Wassersportvereine Berlins und Umgegend hier ebenfalls eine Warnungs- und Rettungsstation beim R-Cl. "Erkner" (F.: Erkner 230) errichtet worden. Hinter dem Ruderklub Erkner befindet sich l. die Bootsbauerei von Lindemann (Unterkunft und Aufsicht für Boote), der Bootsschuppen des R.-Bundes Berliner Lehrerinnen (15. III. 1909) und Berl. Damen-R.-Cl., Fiedlers massives Bootshaus; eine Buhne bildet einen hübschen Hafen mit Fiedlers Rest. und Garten, Ruderbootsstege und D.-St.; F. 651 und Werkstatt von Emil Engel für Motorbootreparatur. Von hier finden Motorbootfahrten nach Hessenwinkel, Neu-Zittau und Hohenbinde statt. (5. Auflage 1925, S. 26)

Unsere Spitze zeigt auf die Gärten der auch über die Straße hinweg befindlichen Rest. Gesellschaftshaus Schild: W.-R.-V. [68] (2. Auflage 1909, S. 11), mit Bootshaus am Dämeritzsee; Rest. Bürgergarten; F.: 534; Umkleideräume für Damen und Herren; gute Anlegestege.

  • Erkner, E., in der Nähe stand schon 1244 ein Jagdhaus mit einem Erker nach dem See; noch am 29. Nov. 1764 wurde bei Erkner eine große Wolfsjagd abgehalten. Eine herrliche Aussicht erschloss sich von dem Erker dieses Jagdhauses, und auch heute noch genießt man von dem Balkone des Gesellschaftshauses einen prächtigen Blick auf die Landschaft, welche, rings vom Wasser und Wald umgeben, für uns Ruderer und Segler zu einem wahren Eldorado geworden ist. Nach jeder Himmelsrichtung können wir mit unsern Riemen unser liebes Boot durch die Wellen treiben. Daher wird auch Erkner oft als Ausgangspunkt der verschiedensten Ruderfahrten benutzt. Viele Berliner und auswärtige Kameraden lassen ihre Boote beim R.-Cl. "Erkner", F.: Erkner 230, oder bei den Bootsbauereien von Lindemann und Fiedler liegen, um am nächsten Sonntage die herrliche Umgebung weiter kennenzulernen.
    Von Erkner Postautoverbindung nach Neuzittau und nach Grünheide, Spreenhagen, Buchhorst, Gosen, Wernsdorf, Woltersdorf und Altlandsberg.
    Erkner oder "der Erkner", noch früher "der Erkenow" und "der Erkenau" genannt, ist eine alte Anlage, wenn auch die dorfmäßige Besiedlung des Ortes erst in verhältnismäßig neuer Zeit stattfand. Die ersten Wohnstätten in Erkner scheinen ein Fischerhaus am Flakensee und das Haus eines "Heydeläuffers", wie die jetzigen Förster damals genannt wurden, gewesen zu sein. Das Försterhaus stand da, wo noch heute die Försterei an der Brücke steht. Im Kirchenbuch zu Rüdersdorf, das 1566 beginnt, finden wir bereits im Jahre 1579 "Hans der Fischer in Erkenow" verzeichnet, während erst 1657 "Andreß Lehmann, Heydeläuffer auf dem Erkenau" vorkommt. 1712 wurde in Erkner "eine neue Post angelegt" und mit einem Posthalter besetzt, der die Pferde für die Postwagen zu stellen hatte, die auf der alten Heerstraße von Berlin über Cöpenick, Erkner, Fürstenwalde, Frankfurt und weiter verkehrten. In Erkner wurden die Pferde gewechselt, die in der einen Richtung bis Cöpenick, in der anderen bis Fürstenwalde gingen. Dieser Postverkehr wurde mit dem im Jahre 1801 vollendeten Bau der Berlin–Frankfurter Chaussee eingeschränkt und hörte 1872, wo die Niederschlesisch-Märkische Eisenbahn von Berlin bis Frankfurt an der Oder fertiggestellt war, gänzlich auf. Noch heute führt die auffallend breite, durch den Wald von Erkner über Störitz nach Hangelsberg führende Straße den Namen Postgestell [69].

Wir fahren unter der Chausseebr. (4,79 m b. M.-W.; km 1,6 [70]) und Notbr. hindurch, passieren den Stromkanal (Flakenfließ, auf ihm Segeln verboten), hier sollen in nächster Zeit große Veränderungen (Verbreiterung des Stromkanals) erfolgen. Im Garten gleich hinter der Br. r. befindet sich die Bootswerft von Ferd. Lindemann, gleich l. Hotel und Rest. "Zur Eisenbahn", Bahnhofstr. 11; F.: 60, Motorboot-Haltestelle; gleiten durch die Eisenbahnbr. (Berlin - Fürstenwalde, 5,11 m) an verschiedenen Fabriken, Kalköfen, den Rütgerwerken usw., r. an dem Rest. Klosterhof, Flakenstr. 24; F.: Erkner 135; vorbei (Massenquartiere; schattiger Garten; Achtung auf das Boot beim Vorbeifahren der Dampfer und Motorboote!), hier und gegenüber Motorboot-Haltestelle nach der Löcknitz. Neben dem Klosterhof, Flakenstr. 12a, liegt die C.-Abt. des Reichsbank Sp. V., Flakenstr. 12a. Die Fußgängerbr. haben wir hinter uns und schon blinkt uns die Wasserfläche des Flakensees entgegen. L. an demselben haben wir das Jugendheim der Kyffhäuser Jugendgruppe und das Bootshaus Flakensee-Kyffhäuser, es ist eine neue Sportstätte des Hauptkrieger-Verbandes Berlin.

Im Flakensee haben wir ein entzückendes Bild, welches sich dem überraschten Auge entfaltet; in weitem Bogen begleiten r. die Höhen der Kranichsberge mit dem Aussichtsturm und dem Hochbehälter das Seeufer, und am Rande gruppieren sich zum freundlichen Bilde die Dächer von Woltersdorfer Schleuse und Woltersdorf, dessen Kirchturm aus dem Blättermeere friedlich hervorschaut. [71] Wir fahren jedoch, wenn der Flakensee (km 2,4) erreicht ist, in einem vollständig r. Winkel nicht zu nahe dem r. Ufer, an welchem sich der Motorboot-Touren-Cl. "Dämeritzsee" und zwei Bootswerften befinden, da stellenweise Schlamm (Modder) und Kraut uns behindern [72]. Wir halten auf den gegenüberliegenden Wald zu, bis wir die Einfahrt der schiffbaren Löcknitz (km 2,6) r. von uns haben, und biegen dann rechtwinklig zwischen dem Lattenzeichen und einem Schilde (welches l. bleibt) zwischen den kaum erkennbaren Molen (Vorsicht Steine) hindurch in die Löcknitz hinein. Motorboote haben ihre Schifffahrtsabgaben an die Hebestelle Woltersdorf zu entrichten. Segel- und Rudersportboote bleiben auf der Löcknitz abgabenfrei. Motorboote müssen sogleich bei der Hinfahrt die Abgaben für Hin- und Rückfahrt entrichten. Die Anmeldungen haben drei Tage Gültigkeit. (so die 5. Auflage 1925, S. 27; in der 3. Auflage fehlt der Passus noch, in der 6. fehlt er wieder. [73]) Höchstabmessungen für Motorboote: Länge 20 m, Breite 3,50 m, Tiefgang 0,80 m, Höchstgeschwindigkeit 4 km/Std. Anfangs geht es durch herrliche, saftige Wiesen; im Vordergrunde r. erhebt sich Erkner, das die Türme der Villa Bechstein und der Genezarethkirche weit überragen, weiterhin erblickt man schönen Villenbesitz an der Chausseebr. Ein Stichkanal (km 0,9 [74]) führt zu den Fabriken Erkners. L. vor der Br. (4,60 m). Hinter der Br. l. das Rest. Löcknitzterrasse mit Bootshaus, in diesem hat die C.-Vg. Neptun ihr Heim; Anlegestellen für Motorboote. Viele Windungen erfordern die Aufmerksamkeit des Steuermanns. Mit jedem Augenblick wird die Fahrt schöner und interessanter. "Der Spreewald im Kleinen!", so rufen Kameraden aus, welche diesen auch schon besucht haben. Liegt das Wiesental mit dem Wupatzsee (Schmackeduzien; See verschlammt; Einfahrt verboten) l. hinter uns, so können wir in den prächtigsten Teil unserer heutigen Fahrt hineingleiten und werden bei jeder neuen Wendung durch ein schöneres Bild überrascht. Wo der Wald an die Ufer herantritt und die Löcknitz einen scharfen Bogen nach r. macht, geht geradeaus ein Kanal ab, der den Weg abkürzt, aber uns die Schönheiten der eigentlichen Löcknitz verbirgt. Die Märkischen Sandwerke haben ihn bauen lassen. Wir beschreiben ihn weiter unten.

  • Da die alte Fahrstraße jetzt mehr und verkrautet und verflacht ist, so ist namentlich für Motorboote Vorsicht geboten. Kleine Hügel begrenzen die Ufer, der einzige, aber angenehme Gegensatz zum Spreewalde. L. bemerken wir wieder, an dem scharfen Bogen, einen kleinen Wiesengrund, das Ufer ist fest und etwas erhöht, der Wald tritt etwas zurück. Stille herrscht rings umher, er war eine herrliche Anlagestelle und ladete zum Rasten ein. Es ist die Lyraecke, von mir und alten Erknerschen Freunden so benannt, da früher die Berliner Liedertafel in Verbindung mit dem R.-Cl. Erkner und verschiedenen Mitgliedern des V. d. Touren-Ruderer-Berlin jährlich eine Fahrt hierher machten und dann die Löcknitz von dem herrlichen Gesange und dem frohen Treiben widerhallte. Die Lyraecke, von uns Erknerianern (denn der Verfasser dieses Buches gab die Anregung und war mit unserm sel. W. Riemeyer der Gründer dieses Clubs) so getauft, besingt A. Hennes so: "... so trat in lebhafter Weise mir der Gedanke vor die Seele, von welcher bezaubernder Wirkung hier ein mehrstimmiger Gesang während der Fahrt sein müsse. Ein Fingerzeig also für Sangesbrüder." Dieser Hinweis wurde zur Wirklichkeit; wenigstens jedes Jahr einmal dehnte die "Berliner Liedertafel" ihre Frühstückspartie bis zur Lyraecke aus. Ganz Erkner war dann auf den Beinen, um den Genuss herrlichen Gesanges sich nicht entgehen zu lassen, und wir vom Ruderclub "Erkner" schmückten unsere Boote, luden die Gäste ein und brachten diese dem ersehnten Ziele zu; auch kleine Motorboote (Bes.: Schulze-Bergluch) waren zu diesem Tage gemietet, um die übrig bleibenden Teilnehmer und die nötigen Speisen und Getränke zur Lyraecke zu befördern. – Haben wir heute unser frugales Frühstück an dieser Stelle mit Erlaubnis der Ruderriege der Turngemeinde (oder Turnfreunde?) in Berlin, welche diese Stelle als Lagerplatz gemietet hat, verzehrt, so eilen wir weiter. Lagern an anderen Stellen ist verboten! (2. Auflage 1909, S. 22) [75]

An den Ufern der Löcknitz werden die lagernden Ruderer und Paddler von Polizeibeamten aufgeschrieben und mit Strafmandaten bedacht. Sofern sie auch im Besitz von Zeltscheinen sind, so wird das Überschreiten der Wiesen als Übertretung angesehen. Die Kontrolle findet an den schönsten Lagerplätzen statt, dort, wo die Löcknitz eine Anzahl Krümmungen durch den Wald macht. Selbst die an der dortigen Ablage lagernden Sportleute sind bestraft worden. In diesem Walde befinden sich kleine Wiesenränder und Wiesenstücke, deren Grasnutzung wahrscheinlich verpachtet ist. Also lieber in diesem Stück der Löcknitz nicht lagern. Demnach darf nur noch dort gelagert werden, wo das Forstgebiet unmittelbar an das Ufer tritt.

  • Haben wir heute unser frugales Frühstück auf der Anhöhe verzehrt, so eilen wir weiter. Der Wald bleibt r. zurück, die Wiesen ziehen sich wieder bis zum Ufer hin, r. wendet sich die eigentliche Löcknitz (das Löcknitzfließ) ab. Sie wird auch "Faule Löcknitz" genannt und ist teilweise verboten.
  • Bezüglich des Dampferverkehrs auf der Löcknitz, gegen welchen in letzter Zeit verschiedentlich wegen Gefährdung der Wassersportler usw. vorgegangen wurde, hat die aufsichtführende Behörde, das Wasserbauamt Cöpenick, dahin entschieden, dass durch die 4,60 m breiten Dampfer keine Gefahr für die anderen Fahrzeuge entstehen könne. Die Löcknitz ist allerdings nur 20 m breit. Das Wasserbauamt hat aber den Dampferverkehr derart geregelt, dass sich zwei Dampfer nie auf der Löcknitz begegnen können. Auch werden die Abfahrtzeiten der Dampfschiffe ständig kontrolliert. Die Geschwindigkeit der Dampfer auf der Löcknitz darf nicht mehr als 4 km in der Stunde betragen.


  • Löcknitz. (Faule Löcknitz.) I. Fahrt bis Fangschleuse. Aufbau an der Chausseebrücke. Fahrt stromauf bis Kienbaum. Mühle Klein-Wall umtragen. Herrlicher Lagerplatz am großen Rabenwall. Oberhalb Kienbaum durch das Mühlenfließ (Neue Mühle umtragen) in den Max-See (Erlaubnis !). Erstbefahrung: Ernst Hartung (V. d. Touren-Ruderer, Berlin). ... jedoch nur bei hohem Wasserstande und unter schwierigen Verhältnissen im Kanu möglich. Ostern 1909 wurde zum ersten Male die ganze Tour stromaufwärts im Kanu vom "Verein der Touren-Ruderer" (E. Hartung) unternommen. Die Landschaft in diesen entfernteren Regionen ist jedoch zum Teil nicht sehr verlockend. Hieraus ersehen wir, dass das Kanu ein wirkliches Reiseboot ist. Infolge seines geringen Tiefganges und seiner Schmalheit kann man in die schmalsten Rinnsale vordringen. (3. Auflage 1919, S. 23) [76]
    II. Ab Erkner (Aufbau an der Dampferhaltestelle) Löcknitz, Werlsee, Peetzsee, Möllensee. Die folgenden Seen, Elsensee, Baberow-See, Bauern-See und Liebenberger See gehören Herrn Fischermeister Lupe in Kagel, am Südufer des Baberow-Sees. Vor Antritt der Fahrt ist schriftliche Erlaubnis einzuholen. Möllen-See – Elsen-See Landtransport auf der Chaussee ca. 1/2 Stunde. Vom Elsen-See (Südostende) zum Baberow-See, Verbindungsfließ mit starker Strömung, schwierig fahrbar, fünf Br. umtragen, z. T. sehr verwachsen. Es empfiehlt sich, den Landtransport (3,3 km) bis zur Chausseebr. zwischen Baberow-See und Bauern-See auszudehnen und hier in das Verbindungsfließ einzusetzen. Zeitersparnis dadurch mindestens eine Stunde. Verbindung zwischen Bauern-See und Liebenberger See verwachsen. Vom Südostzipfel Bauern-See (direkt am Mast der Hochspannungsleitung) ca. 100 m in den Liebenberger See übertragen. Von der Liebenberger Mühle am besten Landtransport auf der Chaussee (1/2 km) südlich bis zur Löcknitzbr., da Verbindungsfließ sehr verwachsen (Nebentour zum Max-See und Stobber aufwärts bis Heidekrug, Garzauer Fließ). Erkner – Kienbaum – Löcknitz bis Straßenbr. Fangschleuse einschl. Landwege etwa 37 km. Erstbefahrung: Ernst Hartung (V. d. Touren-Ruderer, Berlin)
    Auch diese Rundtour ist mit der Sperrung des Oberlaufs der Löcknitz oberhalb Fangschleuse nicht mehr möglich. (Anmerkung d. Bearbeiters)

Der Liebenberger, Bauern-, Baberow- und Elsen-See sollen durch schiffbare Verbindung zum Möllensee geführt werden, so dass hier eine herrliche Rundfahrt entstände. Die faule (alte) Löcknitz hat glatte Fahrt bis Klein-Wall; kurz hinter der Mühle ist vorläufig Schluss! Etwa 400 m hinter der Mühle steht folgende Warnungstafel: "Das Befahren der faulen Löcknitz mit Faltbooten oder dergleichen ist streng untersagt. Es wird scharf geschossen, daher Lebensgefahr. - Der Jagdpächter."

Wir fahren die alte Löcknitz geradeaus weiter und sehen schon r. die Häuser der Schifferkolonie Fangschleuse, E., vor unseren Blicken auftauchen.

Kehren wir zu der Teilung zurück und verfolgen den neuen Durchstich (Löcknitzkanal) der Märkischen Sandwerke. [77]. Der Kanal ist 1,80 bis 1,90 m tief. Die Schlepper fahren mit vier Kähnen; daher Vorsicht in der schmalen Wasserstraße. Es ist Anlegen oder Hinterherfahren zu empfehlen! R. Eckwaldwiese, l. der Wupatzsee, welcher durch einen schmalen Streifen Land vom Kanal getrennt ist. Seerosen, Schmackeduzien (Bumbskeulen, wie der Berliner sagt) finden wir in demselben in reichlicher Menge; der See selbst ist stark verschlammt, befahren verboten. Ruderer haben sich schon einen "Überzug" geschaffen. Bald überspannt den Kanal eine Fußgängerbr., Walter-Leistikow-Brücke [78]; die hohen Ufer sind von Eichen bestanden. Die Böschung darf nicht betreten werden; auch ist dieselbe mit Steinen versehen, daher Vorsicht bei Wellen der Schlepper und Motorboote. Der Kanal macht einen kleinen Bogen nach l. und kommt die Ernst-Friedel-Brücke, eine feste Straßenbr., bald in Sicht, nach weiteren 50 m treffen wir r. auf die Abzweigung der früheren schiffbaren Löcknitz, also auf die oben erwähnte alte Fahrstraße; die aber durch den wenigen Verkehr in derselben immer mehr verkrautet L. haben wir die Gasanstalt von Fangschleuse und Grünheide. R. befinden sich die Häuser der Schifferkolonie Fangschleuse.

  • Fangschleuse, sowie die andern Werlseegemeinden (ca. 2.300 Einwohner) Grünheide, Bergluch, Gottesbrück, Alt-Buchhorst, Klein-Wall und Schmalenberg haben eine entzückende Lage; selbst die schlichten, aber anmutigen Sommerwohnungen sind hier stets begehrt. Die wohltuende Stille und Einsamkeit der Lage, eine frische, stärkende Seeluft, der angenehme Wechsel von Wald und Wasser, welcher eine Fülle von landschaftlichen Schönheiten schafft, dies alles ist ein Magnet, um wohlhabende Berliner Familien auf diesen Erdenwinkel hinzulenken. Bahnhof 30 Min. vom Wasser entfernt.

Bald haben wir die Kolonie erreicht und treffen die ziemlich schmale Brücke (4,91 m; km 4,7) (früher Schleuse) und bald dahinter kleiner Hafen am Garten des Rest. am Werlsee (gegr. 1743; F.: Erkner 23). Vom Rest. aus hat man die schönste Aussicht über den Werlsee mit dem Lindwall [79]. Unsere Fahrt geht weiter in den herrlichen blauen Werlsee, dessen Ufer r. das Bootshaus Werlsee und kleine Schifferhäuser, Schild: W.-R.-V. [80] (2. Auflage 1909, S. 11), die Kolonie Bergluch mit Rest. und Logierhaus "Zum Seeblick" (Massenquartier, F.: Erkner 698; gute Anlegestelle) säumen [81]. In der Mitte ist die von einem Baumkranz umzogene Insel Lindwall, auf dieser stand einst ein Jagdschloss Joachims II. (Sage vom vergrabenen Schatz; blaue Flamme). Die flachen Vorufer der Insel sind jetzt viel besuchte Lagerplätze. Am Ende der Insel eine schöne Sandstelle (Landungs- und Badestelle). In der Ecke am Ende des Sees ist Rest.und Café. Am Ende des Werlsees erblicken wir vor uns die Kolonie Grünheide (Bahnhof: Fangschleuse, 20 Min.; schöner Weg). Postautoverbindung Erkner – Fangschleuse – Grünheide – Alt-Buchhorst. Bei der Weiterfahrt bleiben die romantisch gelegene Kirche r. und die hohe Villa l. liegen; so ist die Einfahrt leicht zu finden. Herrlich sind diese Verbindungen der einzelnen Seen, die immer von einer Br. überspannt sind. Kurz vor der Br. l. Café und an der Br. (4,91 m; km 6,4) Aufgang zum Hotel Werlnixe; Anlegestelle; F.: Erk. 29. In Grünheide haben wir den Wassersportverein Grünheide (1. I. 1906). Haben wir die Br. (4,91 m) passiert, so erreichen wir bald ein neues blinkendes Wasserbecken, den Peetzsee; an der Ecke l.und Hot., Rest. und Pension am Peetzsee (F.: Erkner 515; Stege für Ruder- und Motorboote am See, angenehmer Aufenthalt; herrlicher Ausblick über den Peetzsee) [82]; weit dahinter l. am See dasund Bootshaus am Peetzsee und in der Ecke Rest. </span>und Vater Fielitz; F.: Erkner 286; schöne Aussicht von dem hochgelegenen Garten [83]; dann folgt das Freibad Grünheide. Am r. Ufer hat die schwimmende J. - H. Aufstellung genommen.

  • Die Schwimmende Jugendherberge 2 "Dr. Reimann" ist vom Kalksee nach dem Peetzsee verlegt. Sie hat ihre Lagestelle am Ostufer des Sees unmittelbar südlich von Alt-Buchhorst an der Holzablage. Erreichbar ist sie vom Bahnhof Fangschleuse (2 km) oder Bahnhof Erkner (7 km). Anmeldungen sind zu richten an den Herbergsvater Albert Köppe, Post Grünheide (Mark), Schwimmende Jugendherberge.

Wir lenken unser Boot am l. Ufer entlang, Villa Waldeck zeigt uns den Weg und Kolonie Alt-Buchhorst ist bald erreicht. Hier haben wir Gasth. am Möllensee (F.: Erkner 255) Schild: W.-R.-V. [84] (2. Auflage 1909, S. 11); unter Bäumen halb versteckt. R. daneben ist Rest. Strandterrasse Möllensee neu erstanden.

R. liegt die Weiterfahrt, wir gleiten, auf dieselbe zuhaltend, unter der Brücke (4,91 m; km 8,2) Alt-Buchhorst mit D.-St. hinweg, so sind wir gleich in dem langgestreckten, buchtenreichen Möllensee. L. in der Ecke Rest. Spiegelquelle und weiter Rest. Waldidyll; in der Bucht vor der hervorspringenden Ecke (Reiherecke) die jetzt eingefasste Spiegel-Quelle. Gegenüber auf der r. Seite wird die Quelle "Alt-Buchhorster Sprudel" wieder in Betrieb genommen und ein Kurpark dort errichtet. (5. Auflage 1925, S. 30)

Der Reiherecke gegenüber haben die Märkischen Kieswerke einen Kanal mit Ladestelle usw. angelegt. Am Ende des Sees Rest. Strandterrasse Möllenhorst und gleich daneben wieder eine Quelle. Fast am Ende des Sees auf der l. Seite die Kolonie Möllensee (Rest. Möllensee, Bes. Matthes; Schild) und weiter r. hinter der Ecke vor der Kalksandsteinfabr. die Kolonie Neu-Finkenstein, ebenfalls mit Rest.; dieselbe soll abgerissen werden und es wird die Erbauung einer Filmstadt dort geplant. (5. Auflage 1925, S. 30)

Es besteht die Absicht, eine schiffbare Verbindung der hinter Alt-Bruchhorst belegenen Seen herzustellen. Die ersten Vorarbeiten zur Verbreiterung der Gräben zwischen Möllen-, Elsen-, Baberow- und Liebenberger See sind bereits im Gange. Ein Konsortium will an den einzelnen Seen größere Restaurationslokale anlegen. (5. Auflage 1925, S. 30)

  • Es lohnt sich wohl, den Möllensee bis zum Ende zu befahren. Ein Zauber tiefster Waldeinsamkeit umfängt uns. Dicht mit prächtigen Kiefern und Eichen bewaldete Ufer steigen höher als bisher empor und leihen dem Bilde dunklere Farben und eine melancholische ernste Stimmung. Einsam, düster und schweigend liegt die Flut. Unvergesslich aber bleibt der Eindruck, wenn in klarer Mondesnacht die alten Föhren gespenstisch in die Lüfte ragen. [85]
    Nun aber müssen wir "Kehrt" machen; denn die Wasserstraße hat vorläufig hier ein Ende (km 10,6)! Zuvor aber ein frisches Bad im Möllensee; herrlicher Sandboden, überall zu finden, sowie ein Bretterverschlag mit primitiver Bank zeigen uns schon, dass die Alt-Buchhorster oder ihre Sommergäste auch zivilisierte und kultivierte Menschen sind. (5. Auflage 1925, S. 31) Das r. Ufer hat viel Schilf; aber überall sind Einfahrten hier zu finden. Namentlich am l. Ufer zieht sich eine herrliche Promenade. Die Verlängerung der Herzfelder Kleinbahn von Herzfelde nach der Ablage am Möllensee darf als gesichert gelten. Neben dem Güterverkehr ist auch Personenverkehr auf dieser Strecke geplant.


Geeignete Spezialkarten:


Für diese Fahrt empfehlen wir:

  • 1. Straube: Cöpenick, 1:60.000; 5farb.
  • 2. Straube: Rüdersdorf – Löcknitz-Gebiet, 1:25.000; 5farb.
  • 3. Straube: Umgegend von Strausberg mit dem Blumental.
  • 4. Straube: Karte 2 und 6 aus "Hip Hip Hurra".



Fahrt II: Berlin - Erkner - Woltersdorfer Schleuse bis Rüdersdorf - Stienitzsee


(a. Alter Grund. b. Alvensleben-Bruch.)


Karte 2 u. 6 aus "Hip Hip Hurra"



Dieser Text wurde von Friedrich Eduard Keller verfasst und erschien 1929.
Eine Aktualisierung auf heutigen Stand wurde nicht durchgeführt.


"Scheltet mir nicht mein märkisches Land,

Will es nicht hören und leiden!

Zeigt's nicht schroff gipfelnde, felsige Wand,

Hat's doch an Wäldern gar reichen Bestand,

Strömen und Seen und Weiden."

Dr. O. Fr. Gensichen.


An Bergen und Steinen hat unsere liebe Mark, obgleich dem Tieflande angehörig, obgleich dem Meere entwachsen, keinen Mangel. Auch sind es nicht immer kahle Sandhügel, die in des "Deutschen Reiches Streusandbüchse" sich auftürmen, nein, recht anmutige Bergpartien können wir Wassersportler antreffen, wenn wir es uns nur nicht verdrießen lassen, sie aufzusuchen. Zu solch anmutigen Partien will ich dich, lieber Sportskamerad, jetzt führen. Steige in dein Boot und folge mir! (Einleitung der 5. Auflage 1925)

Die Fahrt nach Woltersdorfer Schleuse und weiter nach dem Stienitzsee ist recht lohnend. Sie folgt zuerst der in Fahrt I beschriebenen Strecke bis zum Flakensee (km 2,4), hinter Erkner, E., D.-St. (Gesellschaftshaus und Rest. Bürgergarten, F.: 34). R. liegt die sogenannte "Reihe" in Erkner, die sich terrassenartig mit ihren Gärten, Villen usw. aufbaut [86]. Das Anlegen ist hier sehr schlecht und durch den ewigen Dampferverkehr gefährlich. Man lasse nie sein Boot außer acht. Auch ist Vorsicht und größte Aufmerksamkeit des Steuermanns hier geboten; denn unversehens macht man mit einem Übersetzkahne, der plötzlich vom Ufer abgestoßen wird, zarte Bekanntschaft. (2. Auflage 1909, S. 33) [87] Hinter Erkner bogen wir vom Flakensee r. in die "schiffbare Löcknitz" ein. Heute fahren wir auf dem Flakensee geradeaus. Zur L. des Sees liegen das Jugendheim der Kyffhäuser-Jugendgruppe und das Kyffhäuser-Bootshaus, eine neue Sportstätte des Hauptkriegerverbandes Berlin, schöne Zeltlagerplätze, weiter r. das Wilhelm-Bad [88] mit Rest.; F.: Erkner 137, D.-St. Wir nehmen Kurs etwas l. von dem Aussichtsturme. Am r. Ufer sind bis zum Hotel verschiedene Dampferanlegestellen. L. vor der Schleuse öffnet sich uns ein liebliches Bild, und eine kleine Rundfahrt ist so lohnend, dass wir uns gern der geringen Mühe unterziehen, zumal wir durch die Bekanntschaft mit der nur aus wenigen Häusern bestehenden Ansiedlung Springeberg (km 3,6; Seerestaurant Springeberg, D.-St.), welche ganz im Grünen versteckt liegt, reich entschädigt werden. Von der r. daneben liegenden freien Anhöhe prächtige Aussicht. Weiter in die tote Ausbuchtung, den der Gemeinde Woltersdorf gehörenden Bauernsee, fahrend, haben wir Woltersdorf vor uns und r. Rest. Bellevue (Werderstr. 37, F.: Erkner 280, D.-St.), daneben Wassersportverein Woltersdorf, Werderstraße 35. Von Springeberg ziehen sich schräg durch den Flakensee Pfähle, diese geben den Schiffern Gelegenheit, sich zur Schleuse zu ziehen, da die Tiefe von etwa 6 m ein Staken nicht gestattet [89]. Fahren wir zur Schleuse, so haben wir von l. nach r. Rest. Bellevue, die Schleuse, das Rest. Woltersdorfer Mühle (Ruderboote finden in dem toten Mühlarm - l. von der Glashalle - Bootsschleppe mit Bootswagen zum Überfahren nach dem Kalksee; vor der Glashalle Anlegestege für Segel- und Motorboote.) Benzindepot: Carl Max, Friedrichstr. 3; F.: 206; Schleusenstr. 33, Herm. Kemnitz, Kolonialwaren. (5. Auflage 1925, S. 43) Rechts am Ende des Sees ist Hot. u. Rest. Café Ruhwald ; F.: Erkner 212, auch die D.-St. der "Stern" und anderer Gesellschaften befinden sich hier; ferner ganz r. das Strand-Café. Ruderboote können mit Umgehung der Schleuse den Wagen im Rest. Woltersdorfer Mühle benutzen. An der Schleuse eine Zugbrücke.

Die Schleusenscheine sind erledigt, und unser Boot liegt vor der Woltersdorfer Schleuse, r. u. l. sind kleine Anlegestege zur Schleuse; Abgabeschleuse. In der fiskalischen Mühle Unterkunftsstätte für Jugendruderer. Da hier der Verkehr sehr rege ist, so müssen wir oft längere Zeit warten. Aber am Schleusenhaus ist eine Bank; auf derselben verschwatzen wir mit dem äußerst freundlichen und netten Schleusenmeister Herrn Krabe, F.: Erkner 577, die Zeit. Da der Herr früher an der Havel (Bredereiche) war, so haben wir bald genügend Stoff zur Unterhaltung. [90]

Im Rest. Woltersdorfer Mühle Bootswagen zu jeder Zeit. Die Schleuse hat drei Tore, der erste Teil ist 1880/81 und der zweite Teil 1893/94 erbaut.

Sind wir durchgeschleust, so können wir gleich r. hinter der Schleuse uns ein Fleckchen zum Anlegen aussuchen (nicht an die Motorbootstege); Auf- und Abbaustelle für Faltboote. Hier befindet sich Hot. und Rest. Zum Kranichsberg, F.: Erk. 3.

Hinter dem Rest. Zum Kranichsberg empfiehlt es sich, einen kleinen Spaziergang nach dem Aussichtsturm, welcher auf dem 97 m hohen Kranichsberg steht, und zu der kühn über eine romantische Waldschlucht führenden Teufelsbrücke zu machen; oder aber den Weg zur Liebesquelle, welche gleich daneben liegt, einzuschlagen, da er uns neben angenehmer Abwechslung einen Trunk frischen, klaren Quellwassers bietet (Trinkgeld). Der steingefasste Durchbruch der Quelle ist mit folgender Inschrift geziert:


"Aus märk'schem Sand entspring' ich hell

Als Labetrunk, als Liebesquell."


Schöne Spaziergänge vertreiben uns die Zeit. Die Waldchaussee nach Rüdersdorf führt meist durch prächtigen Hochwald mit herrlichen, mannshohen Wacholdern. Wunderbar ist der Weg am langgestreckten Kalksee entlang, den wir von der Brunnenstraße aus erreichen.

Am Wasser, der Quelle gegenüber, haben wir Café und Rest. "Am Liebesquell". L. hinter der Schleuse ist das Rest. Zur Schleuse, Schleusenstr, 86, F.: Erkner 116; daneben die Haltestelle der Straßenbahn nach Rahnsdorf. Dieses Rest. liegt auf dem Woltersdorfer Kietz, der mit seinen aus Gärten hervorlugenden Bauernhäuschen, Villen und dem schlanken Kirchturm überragt wird. Wollgrasbüschel, Rohr und Schilf spiegeln sich im schmalen Wasserarm wider; weiter r. schweift der Blick auf den weiten See, eingefasst von erhöhten, gelbleuchtenden Sandgruben und Sandhügeln. Die Enge erweitert sich, r. begleiten die Höhen des Rüdersdorfer Forstes den Kalksee (km 4,4); l. haben wir noch Fischerhäuser und Villen. Der See erweitert sich plötzlich und liegt jetzt in seiner ganzen Schönheit vor uns. Das westl. Ufer, also l., bis ungefähr zur Sandschurre, km 5,1 bis 5,2, ist Laichschonrevier, also auf Tonnen oder Schilder achten [91]. R. an der Badeanstalt Rüdersdorf, D.-St., Freibad, und dahinter Bootshaus, Erholungsheim (Strandnixe) [92]. L. dem Seebad Rüdersdorf gegenüber ist eine Kinostadt, die "May-Film-Stadt Woltersdorf", für den Film "Das indische Grabmal" entstanden; dahinter ein Kalksandstein-Werk, eine Schiffsbauerei, Villa Bellevue; während r. oben auf dem Berge eine neue Siedlungsstadt entsteht. (5. Auflage 1925, S. 44 f.) Am See entlang herrliche Promenade; oben vom Walde verdeckt, der überall bis zum See herunter reicht, die Waldsiedelung Kalksee.

Im Juli 1887 suchte der Dichter Theodor Fontane die reizende Landschaft der Rüdersdorfer Kalkberge auf und wählte die an dem steil abfallenden Ostufer des Kalksees liegende einsame Gastwirtschaft mit einer kleinen Badeanstalt, das "Seebad Rüdersdorf". Dort fand der Dichter eine mehr wie bescheidene Unterkunft. Täglich machte er seine Spaziergänge am See entlang oder träumte unter seinen geliebten Kiefern:


"Am Waldesrande träumt die Föhre,

es ist so stille, dass ich sie höre.

Am Himmel weiße Wölkchen nur;

die tiefe Stille der Natur.


Rings Sonnenschein auf Wies' und Wegen,

die Wipfel stumm, kein Lüftchen wach,

und doch, es klingt, als ström' ein Regen

leis träumend durch das Blätterdach."


L. dem Freibad gegenüber ziehen sich immer noch Häuser hin, ein Kalksandstein-Werk und Schiffsbauerei. Die Einfahrt nach Rüdersdorfer Kalkberge, Stienitzsee geht hier ab. Der See wird schmaler, und in diesem Bogen hat l. sich der Kalkberger R.-V. (1. IV. 14) ein schönes Heim erbaut. Jetzt geht es geradeaus in den schmalen Kalkgraben (km 6,8); gleich r. an der Ecke zur Einfahrt Gartenrestaurant "Kalksee", das gute Anlegemöglichkeiten für Ruder- und Motorboote bietet (F.: Kalkberge 132, D.-St.). In tiefem Tale zieht sich der sehr schmale, schiffbare Kalkgraben hin (Segeln auf ihm verboten); er wird meistens von Ruderbooten gemieden. [93] Zu beiden Seiten ist er von ansteigenden Höhen begleitet, die fruchtbare Gärten und manch hübsches Häuschen tragen. R. vor der Br. haben wir eine Bootsvermietung. Eine feste steinerne Brücke überspannt das Tal. R. wird der begleitende Wiesenstreifen breiter. L. Rest. Zur Gerichtslaube und Rest. und Hot. Zum Dampfboot, F.: Kalkberge 47, D.-St., und wir sind am Kessel im Alten Grunde (km 8,3), bis hier fahren auch die kleinen Dampfer ab Woltersdorfer Schleuse und die Dampfschiffe: Kalkberge-Woltersdorf-Erkner. R. haben wir Rest. Volkshaus, F.: Kalkberge 41. Dem Volkshause gegenüber ist der verfallene, nicht mehr befahrbare Redenkanal mit Tunnel und daneben eine D.-St. [94]

Nach der leiblichen Stärkung lohnt es sich noch, den Aussichtsturm auf der Nieder-Halde zu besteigen (10 Pf., 116 Stufen); denn schon auf halber Höhe des Berges erschließt sich uns ein herrlicher Blick über das Tal, der sich von der Turmhöhe bis nach Strausberg, den Rauenschen-, Kranichs- und Müggelbergen und im N. auf die Brüche usw. erweitert. Hier erkennen wir so recht den alten märkischen Spruch:


"Wiese, Wasser, Sand,

Das ist des Märkers Land;

Und die grüne Heide,

Das ist seine Freude."


Von der Brücke führt l. ein Pfad zum Turnplatz hinauf und durch die Birkenallee zum Kriegerdenkmal, von dem aus sich gleichfalls eine schöne Aussicht eröffnet. Die Inschrift des Denkmals lautet:


"Der König rief zum Kampfe fürs Vaterland.

Lest hier am Stein, ob er bereit uns fand.

Alle Zeit treu bereit

Für des Reiches Herrlichkeit. [95]"


J. - H. Rüdersdorf, Schlossstr. 29a, F.: Kalkberge 179. Das Heim, eine der schönsten Herbergen des Gaues, enthält auch ein Massenlager, so dass insgesamt für 60 Gäste Platz ist. Die Lage inmitten des Dorfes mit dem Blick über den Dorfteich zu der alten Feldsteinkirche ist ebenso malerisch wie eigenartig.

  • Die Rüdersdorfer Kalkberge, aus der Umgegend nur wenig hervortretend, enthalten ein bedeutendes Muschelkalksteinlager der Triasformation, in dessen Brüchen etwa 1000 Arbeiter beschäftigt werden. Die Kalksteinflöze wurden im 13. Jahrhundert von Mönchen des Klosters Zinna, die auf dem östl. von Rüdersdorf belegenen Wirtschaftshof Kagel angesiedelt waren, entdeckt. Die Mönche überließen den Abbau des Gesteins besonderen Unternehmern gegen Pachtzins, oder sie verkauften Teile des Kalksteingebirges. So kamen die Städte Strausberg, Berlin-Kölln und Fürstenwalde in den Besitz einiger Brüche. Joachim II. schränkte die Rechte der Städte bedeutend ein. Bald nach dem westfälischen Frieden wurde der Kesselsee mit dem Kalksee durch einen schiffbaren Graben verbunden und die bereits im Jahre 1608 angelegte, aber wieder verfallene Woltersdorfer Schleuse neu erbaut; damals entstanden auch die ersten Ansiedlungen im Alten Grund und in den Hinterbergen. 1769 wurde die Verwaltung der Brüche dem Bergwerks- und Hüttendepartement in Berlin übertragen, und einige Jahre später erfolgte die Gründung des Kgl. Bergamts in Rüdersdorf. Seit dieser Zeit wurden wichtige Verbesserungen eingeführt und Wasserwege angelegt, so 1816 der Bülowkanal (Stolpgraben) und 1827 der Redenkanal (verfallen). Während die Stadt Fürstenwalde, das Rittergut Tasdorf und die Rüdersdorfer Bauern sich zur Aufgabe ihrer Ansprüche gegen Zahlung einer Abfindungssumme bereit erklärten, behauptete Berlin seine Rechte, und nach langjährigen Prozessen kam am 7. Juli 1855 zwischen ihm und dem Staate ein Vertrag zustande, der am 11. April 1858 die Kgl. Bestätigung erhielt. Vom Reinertrage sollte dem Fiskus fünf Sechstel und der Stadtgemeinde ein Sechstel zufallen. Seit 1924 ist die Verwaltung an die Preußische Bergwerk- und Hütten-A.G. (Preussag) übertragen. Die "Preussag" hat jetzt dem Magistrat vorgeschlagen, den Sozietätsvertrag aufzulösen und den Anteil der Stadt an den Staat zu verkaufen, wofür 800.000 Mark an die Stadt gezahlt werden sollen. Dies Verhältnis besteht heute noch. Der Gewinnanteil Berlins betrug im Jahre 1910: 72.543 Mark. 1910 wurden 565.321 cbm Kalkstein und 55.291 t gebrannter Kalk im Gesamtwerte von 2.472.770 Mark bei 1058 Mann Belegschaft gewonnen [96]. In letzter Zeit wurden 5-600 m unter dem Meeresspiegel Kalisalze gefunden.
    Das Betreten der Brüche ist nur mit Erlaubniskarte (50 Pf.), die bei der Berginspektion in Kalkberge, Heinitzstr. 22, sowie bei den Wächtern erhältlich ist, gestattet. Für besondere Führung sind 1,50 Mark zu zahlen. "Bergstürze" liefern bis zu 2 Millionen Zentner Kalkstein und locken viele Zuschauer herbei. [97]

Nach Kalkberge-Rüdersdorf fahren im Sommer von Berlin mehrfach Extradampfer; Schleppdampfer nach Berlin: Willy Lehmann, Kalkberge-Rüdersdorf.

Die Kameraden, die diese Fahrt wählen, sind wohl in den Rüdersdorfer Kalkbergen gewesen, aber die Schönheiten der Kalkberge und der Steinbrüche haben sie nicht kennengelernt. Zu diesem Zwecke müssen wir kehrtmachen; denn der vom "Kessel" weiterführende Redentunnel ist verschüttet und nur noch für Fußgänger benutzbar. (5. Auflage 1925, S. 47).

Nachdem wir den Kalkgraben verlassen haben und wieder auf dem Kalksee sind, wenden wir unser Boot, am Kalkberger R.-V. vorbei, schräg r. zum Stolpgraben (km 6,5); hinter der Schiffsbauerei. Will man von der Woltersdorfer Schleuse gleich hierher fahren, so halten wir vom Seebad Rüdersdorf allmählich nach l. auf die Kolonie Stolpbrück (Stolp) zu (km 0,36 [98]). Hinter dieser, vor der zweiten Schiffsbauerei, zweigt sich l. der Stolpgraben ab (Segeln auf ihm verboten); diesen wählend, haben wir bald die Stolpbr. (4,00 m) gleich r. daneben Rest. Stolpbrück (Dampferschleppmeldestelle; D.-St.) und bald den Stolpsee (Hohler See) erreicht (km 0,9), über den - fast ganz mit Wasserrosen bedeckten - See geht die schmale Fahrt den Stolpgraben weiter, so dass die Sägemühle l. bleibt. R. haben wir eine Tafel: Rüdersdorfer Gewässer - Bergwerksinspektion. L. und r. liegen die Häuser der Kolonie Schulzenhöhe (Rest. "Schützenhaus", D.-St.); unter der Chausseebr. hindurch kommen wir an eine kaum bemerkbare kleine Insel, die wir r. lassen, und zur D.-St. der Kolonie Bergbrück. R. haben wir den Gasth. "Zur Linde", Heinitzstr. 19, F.: Kalkberge 114; dann kommt r. ein alter Seitenarm und eine Fußgänger-Holzbr. R. vor der folgenden Br. haben wir Rest. "Zum Bergwerk", Heinitzstr. 35, F.: Kalkberge 8, mit Motorbootstation (Glockenturm-Aussicht), während uns r. die Häuser der Kol. Hinterberge begleiten. Nach Durchfahren einer vierten Br. sehen wir zwischen Kalksteinbrüchen Stellen, wo die losen Bruchkalksteine bis zu Höhen von 60 m aufgeschüttet worden sind, diese sind jetzt anmutig bewachsen. L. eine Zementfabrik (km 3,09), an deren Ladestelle wir hart vorbeifahren (schmal, starker Schiffsverkehr; also Vorsicht, und doch ist die Weiterfahrt sehr schön [99]), und nun sind wir bald im eigentlichen Bergwerk. Nachdem wir noch unter der mächtigen Eisenbahnbr. (km 3,1; Schild: Station Bahnhof Rüdersdorf; 7 Min.; D.-St.) hindurch gefahren sind, stehen wir vor der Entscheidung, entweder in das eigentliche Bergwerk zu fahren oder unsere Fahrt noch weiter auszudehnen. Wer den Weg in das eigentliche Bergwerk wählt, fahre dort, wo kurz hinter dem Tunnel der Eisenbahnbr. der Stolpgraben sich teilt, den r. Arm also geradeaus (diese Weiterfahrt r. siehe später). Wir befahren das l. abführende Mühlenfließ (km 3,3) oder den Stienitzkanal, welcher 1908 bis zum See vollständig erneuert, verbreitert und vertieft worden ist [100]. Nach mehrfachen Windungen durch herrliche Wiesenlandschaften kommen wir zur Tasdorfer Br. (elektr. Licht; km 0,85 [101]). Schild: Halt! Kettensperre. (gleich hinter der Br. r. Bootsschuppen, Zahlstelle für Kette, ist infolgedessen auch günstiger geworden). Im Orte noch "Thüringer Hof", Berliner Str. 24, F.: Kalkberge 28.

Von der Br. bis zum Stienitzsee sind r. Pfähle gerammt. Die Anlegestelle am Gasth. "Zum deutschen Hause", Berliner Str. 12, F.: Kalkberge 101; in Tasdorf hinter der Br., ist infolgedessen auch besser geworden [102].

  • Das Rittergut Rüdersdorf, G.m.b.H., Rüdersdorf, Post Kalkberge/Mark, F.: Kalkberge Nr. 275, 276, 277, teilt uns auf Anfrage mit: Die Kanalgebühr beträgt seit mehreren Jahren für Ruderboote, ohne Rücksicht auf die damit beförderte Personenzahl = RM 0,50; die Gebühren für Dampfer sind mit RM 10,- und für Motorboote mit RM 5,- bestehen geblieben. Es ist vorherige Einholung einer Erlaubnis nicht mehr erforderlich. [103]).

Nach Bezahlung fahren wir weiter, l. begleitet uns ein herrlicher, alter Park, und bald befinden wir uns auf dem Stienitzsee (km 1,5), welcher r. von dem Rittergute Rüdersdorf mit seinen verschiedenen Gebäuden und vielen Ziegeleien eingefasst ist, die aber das Landschaftsbild nicht verunzieren. Im Wasser kennzeichnen etliche Tonnen die Fahrstraße. Gasthäuser findet man auf dem r. Ufer im Orte Hennickendorf; ebenso gegenüber das Rest. "Zum Seebad Stienitzsee", F.: Kalkberge 136, sehr zu empfehlen, das Lokal wird von Wassersportlern bevorzugt. Das bekannte Restaurant "Wachtelburg", in herrlicher Lage unweit des Stienitzsees, ist abgebrannt, entsteht aber schon neu. (5. Auflage 1925, S. 48)

  • Das Nordende des Stienitzsees ist als Lagerplatz der vielen Mücken wegen nicht zu empfehlen, am besten ist das westl. (von der Einfahrt l.) Ufer auf halber Höhe des Sees schöne erhöhte Ufer geeignet für Zeltplätze. Doch ziehen wir vor, "zumal in den Gräben der Kalkberge fahrende Budiker anzutreffen sind, welche immerhin nur gute Sachen verkaufen (1. Auflage 1897, S. 17)," den Stienitzsee bis zum Ende auszufahren (Mineralwasserwerk, Hennickendorf, F.: Kalkberge 24) oder aber r. der Quelle des "Rüdersdorfer Sprudels" einen Besuch abzustatten, daneben ein Lokal.
    Im Norden mündet in den See das Hegermühler Fließ (Strausberg) mit Herrensee. Auch im Strang-Graben haben wir unerforschtes Gebiet! Faltbootfahrer heraus!
    Das Hegermühler Fließ bis zum Stienitzsee kommt als Durchgangsfahrt nicht in Frage, da nur in den kurzen Stauungen vor den Mühlen fahrbar. Herrensee schwer zugänglich. Fennlandschaft. Zugänge vom Nord- und Ostufer. [104]

Wollen wir die eigentlichen Kalksteinbrüche besuchen, so müssen wir zu dem Zwecke das Mühlenfließ bis zum Stolpgraben (kurz vor der Eisenbahnbr.) zurück, nehmen nun aber unsern Weg l. in den Krienkanal (also nicht durch die Eisenbahnbr. hindurch; Fortsetzung der oben abgebrochenen Fahrt), lassen die Zementfabrik r., durch eine Br. und gelangen bald in den 35 m hoch liegenden, herrlichen - uns an einen Alpensee erinnernden - Kriensee [105]. Um bequem die Weiterfahrt zu finden, halten wir das l. Ufer und können noch unter zwei Brücken hindurch fahren. Der Alvensleben-Bruch ist jetzt abgeschlossen. (Hochbau; die beiden kurzen Arme l. sind Sackgassen, lohnen aber wohl das Befahren, da sie uns direkt in den Hochbau führen. (3. Auflage 1919, S. 40)) In neuerer Zeit ist hier der Cremersee, der ersoffene Tiefbau, welcher ein reizendes Landschaftsbild bietet, entstanden.

Nun wenden wir. Zurück geht es denselben Weg, jedoch bei der Teilung l. abbiegend unter der Eisenbahnbr. hindurch, an der D.-St. Bergbrück können wir halten, und ist es noch Zeit, den Tiefbau besuchen.

  • Der frühere Tiefbau ist, wie der bergmännische Ausdruck lautet, "ersoffen", d. h. voll Wasser gelaufen (Cremersee). Er bildet jetzt den romantischen Tiefbausee, mit steil abfallenden, einzigartigen Felsenufern [106].

Jetzt müssen wir aber eilen, um unseren Bootsplatz noch vor dem Dunkelwerden zu erreichen. Bald ist das Boot klar, und mit schneller Fahrt geht es durch den Stolpgraben dem Kalksee zu; wiederholt entrollt sich unsern Blicken eine herrliche Landschaft. Der Wind frischt auf; Segel werden hochgeholt, und rasch eilen wir, den Dampfer mit seinen verwunderten Passagieren hinter uns lassend, der Woltersdorfer Schleuse entgegen, die wir ohne Aufenthalt passieren oder mit dem Bootswagen des Rest. Woltersdorfer Mühle umgehen, um bald Erkner vor uns liegen zu sehen. Das Ziel, das Bootshaus des R.-Cl. "Erkner", ist erreicht; und das Boot (gegen kleine Entschädigung) dortselbst in den Stand gebracht. Mit der Bahn kehren wir nach Berlin zurück, um am nächsten Sonntage unser Boot zu holen.


Geeignete Spezialkarten:

  • Straubes Karte: Umgegend von Rüdersdorf, Kalkberge, Woltersdorf, Erkner, Löcknitz-Gebiet, 1: 25.000. 5-farbig.
  • Straubes Karte: Strausberg mit dem Blumental, Buckow, Märk. Schweiz. 1:60.000. 5-farbig.
  • Karte Nr. 2 und 6 aus "Hip Hip Hurra".


Landeskundlicher Exkurs: Müggelsee und Müggelberge (1912)

Die folgenden Ausführungen schrieb der Geologe Hans Menzel (1875-1914) in seinem "Geologischen Wanderbuch für die Umgegend von Berlin", Verlag von Ferdinand Enke, Stuttgart 1912, S. 20-27. Sie zeichnen in einfachen, klaren Worten ein Bild der Entstehung des Sees und der Müggelberge.



Die Müggelberge


Fahrt nach Friedrichshagen. - Wasserwerke. - Biologische Station des Deutschen Fischereivereins. - Müggel. - Talsandgebiet. - Müggelberge. - Entstehung derselben. - Wanderung nach Grünau.


Von der Berliner Stadtbahn her bringt uns der Vorortzug in kurzer Zeit nach dem südöstlich der Reichshauptstadt gelegenen Friedrichshagen. Vom Bahnhof aus erstreckt sich der sauber und regelmäßig angelegte Ort, den ringsum märkischer Kiefernwald umschließt, nach Süden zu bis an die Müggel. Des großen König Friedrich Wille schuf den Ort im Jahre 1753 und gab ihm seinen Namen. An Stelle eines Lehnschulzengutes, die Alte Ziegelscheune genannt, die dort lag, wo jetzt die Brauerei steht, siedelte er hundert um ihres Glaubens Willen vertriebene böhmische Flüchtlinge zwischen Wald und Wasser an. Der Haupterwerb der Kolonisten war im Anfang die Zucht der Seidenraupe, die sie aus ihrer alten Heimat mitgebracht hatten. Zahlreiche Maulbeerbäume in den Straßen und in den Gärten von Friedrichshagen gaben noch bis vor kurzem Zeugnis von dieser längst eingegangenen Industrie. Sie sind heute arg zusammengeschmolzen und haben Akazien und Kastanien Platz machen müssen. Im Süden reicht Friedrichshagen bis an die Müggel heran.

Wir wandern zuerst auf der Straße, die am Nordufer des Sees nach Rahnsdorf führt. Hier liegt im Kiefernhochwalde eines der großen Wasserwerke der Stadt Berlin, das für sich einen ganzen Ortsteil bildet. Als man anfing, das Wasser hier zu entnehmen, da legte man die großen Saugrohre in den See selbst und schickte das Wasser, ehe man es nach dem Wasserturm in Lichtenberg pumpte, durch große Filter. Später begann man hier von der Entnahme des Oberflächenwassers, wie an den meisten übrigen Stellen auch, abzusehen und zur Grundwasserentnahme überzugehen. Man bohrte in der nördlich an den Großen Müggelsee angrenzenden Heide eine große Anzahl von Bohrlöchern, um die unteren Grundwasserhorizonte der Gegend zu untersuchen, und man erschloß dadurch unter dem obersten etwa mit dem Müggelspiegel gleichstehenden oberen Grundwasser in einer Tiefe von rund 50 m einen tieferen, sehr ergiebigen Grundwasserhorizont, der auch an anderer Stelle in der Umgebung von Berlin, so am Tegeler See und im Grunewald, angetroffen worden ist. Bis hinab in diese Schichten teufte man dann eine Reihe von großen Brunnen ab, in denen sich das Grundwasser sammelt, und aus denen es nunmehr emporgehoben und in die Filter und Enteisungsanlagen eingelassen wird.

Hinter den Wasserwerken liegt am Nordufer des Müggelsees noch eine weitere Anstalt, die biologische Station des Deutschen Fischereivereins. Hier wird unter Leitung von Professor Dr. Schiemenz die künstliche Züchtung und Veredlung der Fischarten auf wissenschaftlicher Grundlage betrieben. Zu diesem Zwecke enthält einerseits das schmucke Häuschen, in dem die Station ihr Unterkommen gefunden hat, im Erdgeschoß eine Reihe von künstlichen Wasserbehältern, zum anderen sind in weiterer oder geringerer Entfernung am Ufer des Sees und im Walde Fischteiche angelegt worden und schließlich bietet die Müggel selbst ein reiches Beobachtungsmaterial dar.

Die Müggel soll ihren Namen von dem altslawischen mögl = Nebel haben. Sie gehört zu unseren umfangreicheren Binnenseen und hat zum großen Teile, so vor allem am Nordufer, einen sandigen festen Strand. Ihre größte Tiefe beträgt ungefähr 16 m. Nur im Südosten nach Rahnsdorf zu sind ihre Ufer in größerem Umfange vertorft und schlammig. Im Sommer herrscht auf ihr ein reger Schiffs- und Bootsverkehr, vor allem an den Sonntagen; im Winter pflegt sich ihr Spiegel häufig mit einer Eisdecke zu überziehen, die stark genug ist, Tausende von Eisläufern und Seglern zu tragen. Eine eigenartige Erscheinung kann man beobachten, wenn im Frühjahr bei plötzlicher Temperaturzunahme das Eis aufgeht. Dann schieben sich, zumal wenn südwestliche Winde mithelfen, die großen Eisschollen am Nordrande weit auf das Ufer hinauf, furchen den Sanduntergrund tief aus und schieben an ihrem Stirnrande Massen von Sand mit den an den Strand angetriebenen Schnecken und Muscheln aufwärts und lassen diese Schuttwälle nach dem Abtauen liegen. Auf diese Weise entstehen langgestreckte, mehr oder weniger bogenförmige, ganz unregelmäßig gestaltete Schutthügel, die die größte Ähnlichkeit mit Endmoränen haben. Man kann also hier am Müggelufer, wenn man Glück hat, die Entstehung von Endmoränen im kleinen und in sehr übersichtlicher und modellartiger Weise beobachten. Aber noch ein weiteres wird uns bei dieser Erscheinung klar. Das ist der Umstand, daß an dem ganzen Nordufer der Müggel der Strand kahl und unbewachsen ist. Weder finden sich die unter dem Wasser lebenden Pflanzenarten wie Stratiotes, Chara und andere, noch sieht man an diesen Stellen den sonst überall vorhandenen Schilfbestand. Der Pflanzenwuchs kann hier eben nicht aufkommen, weil die treibenden Eisschollen jahraus, jahrein den Sand aufwühlen und jede Pflanze, die den Sommer über Wurzel geschlagen hat, im nächsten Frühjahr vollständig vernichten. Der kahle Sandstrand grenzt mit einem Steilhang an das eigentliche hohe Ufer. Mächtige alte knorrige Kiefern breiten ihre schirmförmigen Äste weit nach dem See hin aus. Ein wirres Wurzelgeflecht hält sie in dem lockeren Sande fest, aber durch ständige Sturmfluten und den wehenden Wind ist der lose Sand zum großen Teile zwischen ihnen entfernt und sie ragen heute als Luftwurzeln weit hervor.

Am Strande angetrieben sieht man zwischen Wasserspiegel und Steilabsturz Mengen der den See bewohnenden Süßwasserschnecken und -muscheln liegen. Dem sandigen Untergrund und dem vom starken Wellenschlage bewegten Seespiegel entsprechend sind es meist Arten des bewegten Wassers mit festschaligem Gehäuse. In ungeheurer Menge findet sich die vor kaum einem Jahrhundert erst vom Kaspischen Meer her eingewanderte Dreissena polymorpha und auch der Lithoglyphus naticoides, der erst in noch späterer Zeit in die Gewässer der Mark eingedrungen ist. Daneben finden sich noch Mengen von Limnaea-, Planorbis-, Valvata- und Paludinaschalen. Unter den letzteren ist besonders häufig die Paludina fasciata, die gebänderte Sumpfschnecke. Von ihr findet sich hier im Müggelsee eine Form, die durchaus den etwas dickeren Formen der Paludina diluviana der älteren Interglazialschichten der Berliner Gegend ähnlich ist. Von Interesse ist auch, daß ein Teil dieser Müggelseefauna sich in den Röhren der Berliner Wasserwerke wiederfindet, und zwar vor allem in dem Stück, das sich zwischen der früheren Entnahmestelle aus der Müggel und dem Einlauf in die Filter befindet. Hier zeigte sich bei einer vorgenommenen Reinigung, daß das Rohr ganz dicht besetzt war mit zahllosen Exemplaren der Dreissena polymorpha, die sich mit ihren Byssusfäden ringsum an der inneren Rohrwandung angesetzt hatte. Zwischen ihr fanden sich auch einige Limnäen und Bythinellen und mehrere stattliche Exemplare des Süßwasserschwammes (Spongilla fluviatilis). Die Tiere müssen durch das mit einem engmaschigen Siebe versehene Stichrohr als winzige Brut an ihre heutige Wohnstätte gekommen sein. Von Interesse ist es, daß sie trotz der völligen Dunkelheit, in der sie hier zu leben gezwungen waren, sich so gut wie gar nicht geändert haben. Nur ein wenig kleiner und dicker werden die Dreissenen als in der offenen Müggel.

Wir wandern nun am Nordrande zurück bis zu der Fähre am Müggelschlößchen und setzen auf die andere Seite über. Das ganze Gelände rings um die Müggel gehört dem Talsandgebiet des Berliner Urstromtales an, das einst durch die gewaltigen Massen der Abschmelzgewässer zwischen der Barnimhochfläche im Norden und dem Teltow im Süden ausgefurcht wurde. Die heutige Spree nimmt sich in diesem weiten, sandreichen und moorbedeckten Urstromtal nach einem Ausspruch von Berendt aus wie die Maus im Käfig des Löwen. Es leuchtet ohne weiteres ein, daß sie mit ihrer winzigen Wassermasse im Verhältnis zu der Breite des Tales dieses nicht geschaffen haben kann. Wir wandern südwärts. Nach Westen breiten sich ebene Sandflächen aus, mit Kiefernhochwald bestanden, im Osten liegt der Müggelspiegel und reicht auch hier bis dicht an das Sandufer heran. Nur hin und wieder legt sich dazwischen ein sumpfiger, mit schlammigem Untergrund und über das Wasser hinausragenden Pflanzenwuchs versehener Moorstreifen an. An einigen Stellen greifen auch ehemals flache Wasserbuchten, die jetzt mit Torf erfüllte Senken darstellen, in das Sandgebiet ein. Auch eine alte Strandterrasse, die von höherem Wasserstande in nicht zu lange zurückliegender Zeit Zeugnis gibt, können wir hier und da beobachten. Ab und an wird die ebene Talsandfläche unruhig. Kleine Hügel setzen sich auf und kurze Rücken kreuzen unseren Weg. Es sind das kleine Dünen, vom Winde zusammengewehte Sandhaufen.

Vorbei am "Rübezahl" führt unser Weg hinauf auf die Müggelberge. Zwischen dem Kleinen Müggelberg im Westen und dem Großen im Osten greift eine Bucht nach Süden vor und in ihr liegt der Teufelssee, ein nur kleiner Wasserspiegel, inmitten schwingender Hochmoorbildungen. Von ihm erzählt die Sage, daß unter seinem Spiegel ein herrliches Schloß versunken liegt, in dem eine verwunschene Prinzessin auf Erlösung durch einen Freier wartet.

Am Kleinen Müggelberg sind seit alters her gewaltige Kies- und Sandgruben in Betrieb. Sie zeigen, daß der Berg zum größten Teil aus groben und feinen kiesigen Sanden aufgebaut ist, in denen zuweilen mächtige Findlinge eingebettet liegen. In den Sand schieben sich Lagen von tonigen oder lehmigen Bänken (Mergelsanden) ein. Etwa auf halber Höhe des kleinen Müggelbergs treffen wir eine Lehmgrube, in der der Untere Geschiebelehm zutage tritt. In dieser Grube fand sich früher nicht selten die Paludina diluviana, die Leitform für das ältere Interglazial der Berliner Gegend. In den Sand- und Kiesgruben aber kamen von alter Zeit her ab und an die Knochen der großen diluvialen Säugetiere zutage, so vom Mammut, vom wollhaarigen Rhinozeros, vom Riesenhirsch und anderen.

Vom Kleinen Müggelberg führt uns unser Weg hinüber zum Großen. Auf seiner Höhe erhebt sich, aus gelbem Rüdersdorfer Schaumkalk erbaut, die Bismarckwarte und schaut weit ins Tal hinab. Von ihrer Zinne aus hat man rings um sich das Land in einer Klarheit und Deutlichkeit zu Füßen liegen wie kaum wieder von einem Punkte der Berliner Umgegend. Steil fällt der Höhenzug der Müggelberge nach allen Seiten hin ab zu einer waldbedeckten weiten Sandebene, dem Berliner Urstromtal. In demselben eingesenkt liegt im Norden der Spiegel der Müggel und im Osten und Süden eine große Reihe anderer Seen, durch die hindurch das schmale Band der Spree und der Dahme sich ihren Weg suchen. Aus den bewaldeten Talsandflächen des Urstromtales lugen ringsum anmutige Wohnstätten der Menschen hervor. Nach Norden zu wird das Waldgebiet in der Gegend von Kaulsdorf, Schöneiche bis hin nach Woltersdorf von einem deutlich ansteigenden Gelände begrenzt. Nach Südwesten zu erhebt sich hinter Grünau die waldfreie, mit fruchtbaren Feldmarken bedeckte Hochfläche des Teltow, die nach Königswusterhausen hin südlich umbiegt und den Blick in das weite untere Spreetal öffnet. In demselben liegen zerstreut und isoliert außer dem Bergzuge der Müggelberge nach Südosten zu noch der Seddinberg, der Gosenerberg und die Wernsdorfer Höhen, während südlich in der Gegend von Niederlehme und Körbiskrug noch weitere Höhenzüge inmitten des Talgebietes aufragen. Im Nordosten über Woltersdorf hin schauen die Kranichberge und dahinter die Kalkberge von Rüdersdorf herüber und ganz im Osten grüßen uns die Rauenschen Berge bei Fürstenwalde.

Es erhebt sich die Frage, auf welche Weise entstand die isolierte Berggruppe der Müggelberge. Kiesige Sande, zum Teil mit Massen gewaltiger Geschiebe durchsetzt, bauen sie auf. An einigen Stellen schiebt sich der Geschiebemergel in sie ein oder lagert sich ihnen auf. Von der Höhe des Großen Müggelberges führen nach allen Seiten hin Schluchten und Trockentäler talab, so daß es den Anschein hat, als hätten an der heutigen Oberflächengestaltung wesentlich rinnende Wasser mitgeholfen. Die Geologen haben nun geglaubt, etwa folgende Entstehungsgeschichte der Müggelberge annehmen zu können. Das im Südosten gelegene weite ebene Teltowplateau wird in erster Linie aufgebaut aus dem Geschiebemergel der letzten Vereisung. Nur an seinen Rändern, anfangend im Westen im Grunewald und bogenförmig um den Südrand herum über Wendisch-Wilmersdorf [107] und Königswusterhausen im Osten, zieht sich ein Zug von sandigen Höhen, die teils Durchragungszüge, d. h. aus der Tiefe unter dem Geschiebelehm hochaufragende Untere Sandmassen darstellen oder auch aus Oberen Sanden bestehen, die auf den Oberen Geschiebemergel aufgeschüttet sind. Diese Reihe von Durchragungen und Aufschüttungen bezeichnet wahrscheinlich eine Eisrandlage, eine Endmoränenstaffel kürzerer Dauer, und diese Randlage setzt sich nach Norden zu weiter fort über die Müggelberge, einstmals vielleicht hinüber bis in die Gegend von Woltersdorf, entlang an der Seenrinne, die heute vom Stienitzsee bei Rüdersdorf über Kalksee, Flakensee, Dämeritzsee und Seddinsee in die Wendische Spree [= Dahme] verläuft. An dieser Rinne, die wohl dem Laufe eines ehemaligen Gletscherflusses entspricht, bog der Eisrand in der vorhin bezeichneten Lage weit zurück und schuf die Sandaufpressungen und Sandaufschüttungen, die das Teltowplateau umrahmen und zu denen auch einstmals die Gruppe der Müggelberge gehört hat. Denn wahrscheinlich hing diese damals mit dem Teltowplateau noch zusammen. Als an der so beschriebenen Stelle das Eis lag, da flossen seine Schmelzwässer nach Süden hin in das Baruther Urstromtal und durch dieses nach Westen hin ab. Als aber danach das Eis weiter zurückgegangen war und das ganze Teltowplateau verlassen hatte, da folgten die Schmelzwässer im Tale der Wendischen Spree und suchten sich weiter nördlich einen Abfluß nach Westen. In dieser Zeit, so meint man, wurden die mannigfachen Senken um Königswusterhausen zwischen den Diluvialinseln ausgewaschen und in dieser Zeit ward auch der ganze Zug der Wernsdorfer Höhen, des Gosener-, des Seddinberges und der beiden Müggelberge abgetrennt und zwischen ihnen und dem stehengebliebenen Plateau suchte sich die Wendische Spree ihren Weg. Damals wurde auch das Barnim- und das Teltowplateau an der Stelle, wo heute Berlin liegt, von den Wassern durchgenagt und diese schufen sich damit den freien Abzug in das havelländische Luch. Um diese Zeit war es wohl auch hauptsächlich, wo die äußere Gestalt der Müggelberge herausmodelliert wurde; wo rings um den Fuß derselben die Wasser wogten und Sandkorn für Sandkorn entführten und den Berg benagten und wenn der Durchbruch bei Berlin etwas später erfolgt wäre, wer weiß, ob dann nicht die ganzen Müggelberge ebenfalls eingeebnet und verschwunden wären.

Von der Höhe des Großen Müggelberges mit der ragenden Bismarckwarte aus heimischem Stein steigen wir nach Süden hinab, bis wir an die ebene Talsandfläche gelangen. Hier unten zwischen Berg und Wasserlauf hat sich die Stadt Köpenick ihr Wasserwerk angelegt und entnimmt hier denselben Schichten wie die Stadt Berlin nördlich vom Müggelsee ihr Gebrauchswasser. Dicht am Fuße des Berges aber ziehen sich nach Nordwest zu einer Reihe von Dünen entlang, die den Weg sandig und das Wandern beschwerlich machen. Aber bald gelangen wir auf gebahntere Wege und erreichen das jenseits der Wendischen Spree gelegene Grünau, von dessen Bahnhof uns der Zug zurück nach Berlin führt.


Anmerkungen

  1. Der Wahlspruch leitet den Führer erst seit der 2. Auflage 1909 ein. Die Beschreibung der 1. Auflage 1897 (und damit das ganze Buch) hatte Keller noch mit den Worten eingeleitet: "Der Berliner Ruder-Club, derjenige Ruder-Verein, der so recht im Herzen der Reichshauptstadt Berlin seinen Sitz hat, eignet sich besonders zum Ausgangspunkte unserer Fahrten durch die Gewässer Deutschlands, da nicht allein die bevorzugte Lage seines Bootshauses an der neuen, herrlichen Oberbaumbrücke (Erbauer: Regierungsbaumeister Otto Stahn), die den S.-Osten Berlins mit dem O. verbindet, sondern auch seine Stellung als leitender Berliner Ruder-Club, es als eine Pflicht erscheinen lassen, ihn auch im vorliegenden Werke als den Centralpunkt unseres Wassersports zu betrachten. An Stelle des im Jahre 1896 niedergebrannten Bootshauses ist in demselben Stile ein neues entstanden, von dessen Masten uns die weit über hundertmal siegreiche Flagge des Clubs neben der deutschen Fahne stolz entgegenweht. Das Training ist vorüber! Die Rennruderer dürften es wagen, längere Fahrten zu unternehmen, um in dem Genusse an den längeren Partien die Anstrengungen und Leiden des Trainings zu vergessen und Lust und Liebe für das nächste Jahr zu sammeln. Nun aber in das Boot, welches zur Fahrt bereit am schwimmenden Stege liegt." Das Bootshaus stand am Ufer der Stralauer Allee zwischen der Einmündung der Naglerstraße und dem Warschauer Platz, dort, wo heute die Westseite des früheren Getreide- (= "Spree"-)speichers steht, und war (vom Stadtzentrum aus) das erste einer Girlande von Vereinshäusern. Der 1880 gegründete Verein hatte nicht nur die Creme des Berliner Großbürgertums und viele Regattasiege aufzuweisen, sondern auch in den Anfangsjahren des Schülerruderns dem Jugendverein des Leibniz-Gymnasiums bereitwillig Obdach gegeben. Lt. Gericke, "Zehn Jahre Schülerrudern", S. 10 (1904), brannte das Bootshaus am 6. Januar 1896 nieder, wurde aber rasch wieder aufgebaut. Im Zuge des Baues des Osthafens zog der Club 1909 zum Kleinen Wannsee um. Heute mit dem Berliner Ruder-Verein von 1876 vereinigt, dem ältesten Ruderclub Berlins, der gleichfalls viel fürs Schülerrudern tat und dem auch Keller zeitweise angehörte, ist der Berliner Ruder-Club der traditionsreichste der Stadt. - Der auf den Tag genau mit Keller gleichaltrige Berliner Baurat Otto Stahn (1859-1930) hatte für Keller besondere Bedeutung, weil er auch das Bootshaus seines Tourenruderer-Vereins erbaut hatte.
  2. Amtliche Entfernungen von der Spreemündung in die Havel bei Spandau. Fahrwassertiefe der Treptower Spree 2 m bei Normalwasser = 0,78 m a. P. zu Cöpenick. (Anmerkung von Keller) - Die Schreibweise "Köpenick" wurde erst mit Wirkung vom 1.1. 1931 eingeführt.
  3. Der Berliner Wassersport ist um 1850 nicht auf der Havel, sondern auf der Spree rund um Stralau entstanden. Zwischen Oberbaum- und Treptower Brücke hatte die rasch wachsende Stadt Berlin aber schon 1893 eine große Hafenanlage am rechten Spreeufer angedacht, die 1905 beschlossen wurde. Zwei Jahre später begann der Bau, der die bis dahin hier sitzenden Kleinbetriebe, Schwimmschulen und Ruderclubs verdrängte; 1913 war der erste leistungsfähige Großhafen Berlins fertiggestellt.
  4. Mehr zu den Wassersportvereinen (speziell Rudervereinen) Berlins in: "Hackers Ruderbuch: Verzeichnis der rudersportlichen Vereinigungen in Berlin und Umland von 1876 bis heute", Selbstverlag Rudersportsammlung Susanne und Stefan Hacker Berlin 2008, ISBN 978-3-00-025477-2, sowie in der verdienstvollen Zusammenstellung Dieter Wendts "Der organisierte Rudersport an Dahme und Spree in Berlin 1945-1990" von 2013.
  5. Das "Sachsesche Dampf-Wellenbad vor dem Schlesischen Thore" bestand von 1849 bis 1920. 1925 verbot der Magistrat wegen der zunehmenden Verschmutzung der Spree die restlichen Flussbäder. Zur Geschichte der Badeanstalten siehe http://www.spree2011.de/de/spree/.
  6. Siehe dazu Robert Rauscher/Otto Protzen, "Der Rudersport/Wanderrudern und Paddeln", Verlag von Georg Westermann Braunschweig und Hamburg 1923, S. 10: "Das Vorbild des Hamburger Ruderclubs regte zu weiteren Zusammenschlüssen an, die jedoch nicht die feste Form des Vereins annahmen, sondern die loser Bootsmannschaften. Das Bild hat sich später überall wiederholt, auch in Berlin, wo solche Bootsmannschaften auf wanderruderischer Grundlage den Grundpfeiler für manchen Ruderverein abgaben. Hier waren es die Bootsverleiher in Treptow und an der Stralauer Brücke, von denen aus die Fahrten in gemieteten Booten angetreten wurden."
  7. Wenn nicht anderes, so ist die Brückenhöhe in Meter beim Mittelwasserstande = 0,83 m am Pegel zu Cöpenick angegeben. (Anmerkung von Keller)
  8. Zeltscheine wurden bis nach dem 2. Weltkrieg gegen Gebühr durch die Forstverwaltungen ausgestellt. Welche Denkweise bis in die 1920er Jahre dahinterstand, zeigt eine Notiz in "Fluss und Zelt, Zeitschrift für Flusswandern, Freiluftleben und Kleinbootsegeln", 3. Jahrgang 1928/29, Heft 12 / 2. Septemberheft 1928, S. 376: "Der Wald auch für Wanderer. Das preußische Forstministerium hat an alle ihm unterstellten Dienstbehörden eine Dienstanweisung ergehen lassen, die einen überaus erfreulichen Wandel über die Bedeutung des Waldes als Heilfaktor erkennen lässt. Die Forstbehörden wurden angewiesen, den Wald nicht nur als Wirtschaftswald zu betrachten, sondern auch als Erholungsstätte für die Bevölkerung. Aus diesem Grunde sollte man den Wanderern und Erholungsuchenden im Walde soweit als möglich entgegenkommen und ihnen, sofern es die Dienstvorschriften irgendwie gestatten, den Aufenthalt in den Waldungen erleichtern und ermöglichen." Ein Zeltschein kostete 1928 für "Mitglieder von Ruder-, Wander- und gleichartigen Sportvereinigungen" pro Person 1 M, für Nichtmitglieder 2 M, und berechtigte bis zu drei Tagen zum Aufschlagen eines max. 6 m² großen Zeltes am Ufer öffentlicher Seen in Wäldern, die keinem Privatmann gehörten. Während die Berliner Forsten ab 1924 besondere "Zeltlagerplätze" markierten, blieb einem in der Mark Brandenburg selbst überlassen, wo man sich hinstellte: es gab noch keine Campingplätze! Wer allerdings bei Kontrollen "ohne" erwischt wurde, wurde als "Wildzeltler" angezeigt und musste Strafe zahlen. Wieviele Menschen es in den 1920er Jahren am Wochenende ins Grüne zog, belegen die in Erich Hobusch, "Ausflugsverkehr 'am grünen Strand der Spree'" (= Köpenicker Hefte Nr. 5), Heimatgeschichtliches Kabinett Berlin-Köpenick 1986, S. 29, genannten Zahlen. Danach stellte allein die Stadtforstverwaltung Berlin 1929-35 folgende Anzahlen aus: 1929 = 12.486, 1930 = 17.012, 1931 = 18.508, 1932 (auf dem Höhepunkt der Wirtschaftskrise) 29.261 (!), 1933 = 20.043, 1934 = 16.955, 1935 = 15.025 Zeltscheine. Darin sind aber noch nicht die Scheine erfasst, die die Staatliche Forstverwaltung für die Staatswälder der preußischen Regierung ausstellte und die vielleicht noch einmal so viel betragen haben mögen! Hatte der junge Keller um 1900 u. a. am Löcknitzufer noch allein genächtigt, wundern einen die Klagen über Waldverschandelung und die Zeltverbote der 1929er Auflage nicht mehr. – Zu Zeltscheinen siehe auch diese Diskussion im Faltbootforum 2018!
  9. Der Städtische Steinplatz diente seit Ende des 19. Jh. zur Lagerung von Pflastersteinen, Gehwegplatten und Bordsteinen für das ständig wachsende Straßennetz. Erst im Zuge der Aufhübschung Berlins für die Olympiade 1936 wurde die Bahnhofsnähe als touristische Möglichkeit gesehen. 1935 entstanden anstelle des Steinplatzes drei große Steganlagen, die 10-12 Ausflugsdampfer gleichzeitig aufnehmen konnten. Noch heute fahren hier die Dampfer der Stern und Kreisschifffahrt nach Müggelsee und Dahme ab.
  10. Die Begriffe "Mark Brandenburg" und "märkisch", bis 1989 Gemeingut für das Berliner Umland (siehe DDR-Duden von 1990, S. 301), werden seit 1990 von Politik und Medien nicht geprägt und von Wikipedia geradezu kritisiert; man orientiert auf "Land Brandenburg" und "brandenburgisch". Vielleicht hat der nordrhein-westfälische "Märkische Kreis" Restitutionsanspruch auf den Namen erhoben (NRW war in den Aufbaujahren das Partnerland Brandenburgs) oder sich der Campina-Konzern, der in Köln abgefüllte Milch als "Mark Brandenburg" verkaufte, den Begriff schützen lassen. Die Eingeborenen zwischen Wittstock und Cottbus bezeichnen sich auch heute als "Märker".
  11. Ellida ist die Frau des mythischen norwegischen Seefahrers Frithjof.
  12. Keller konnte nicht ahnen, dass dieser Abschnitt in der deutschen Geschichte bedeutend bleiben sollte: Etwas oberhalb der Treptower Eisenbahnbrücke am Stralauer Ufer befand sich während der Teilung der Stadt bis 1989 die Grenz- und Zollabfertigung der DDR für den Binnenschiffsverkehr auf dem bis zum Bahnhof Friedrichstraße reichenden DDR-Abschnitt der Spree. Obwohl nämlich der folgende Spreeabschnitt mit Grenzanlagen blockiert war, gehörte die Wasserfläche selbst zum Territorium der DDR, weil sich die Staatsgrenze entlang des Kreuzberger Ufers zog. Und da die Spree in ihrer Gesamtheit als Wasserstraße galt, musste auch der Grenzabschnitt bewirtschaftet werden. - Die "endgültige" DDR-Grenzsperre der Spree befand sich an der Marschallbrücke, unmittelbar vor dem Reichstag.
  13. Stralauer und Treptower Ufer, von Alt-Berlin schnell erreichbar, waren vor der Jahrhundertwende ein Ziel der Sonntagsausflügler. Das "Wanderbuch für die Mark Brandenburg und angrenzende Gebiete, Erster Teil: Nähere Umgegend Berlins" von Emil Albrecht (1856-1920), Alexius Kießling Buch- und Landkartenverlag Berlin, 6. Aufl. 1903, hebt auf S. 12 für Stralau noch das Rest. Otte (Dorfstr. 21) hervor und legt die Alte Taverne auf die Nr. 26 (andere Quellen nennen die Hausnummer 25 oder gar 25-27). Der Segelveteran Christoph Voigt beschreibt in "Die Yacht" 33/1937, S. 12, von "einem zweistöckigen stattlichen Gebäude, das zu Klubzwecken vermietet ward. Noch steht das Gebäude als Nr. 24 der Straße Alt-Stralau und dient wassersportlichen Zwecken." - "Als einer der ersten Sportsegler wird ... um 1830 der Fabrikant Boch genannt. Im Jahre 1835 wird dann in Stralau die erste Berliner Seglervereinigung gegründet, die sogenannte 'Tavernengesellschaft', ein exklusiver Verein vermögender Kreise, der bis 1881 bestanden hat. ... Der Schwerpunkt des Segelsportes lag seinerzeit bei der leichter zu erreichenden Oberspree." (Werner Natzschka: Berlin und seine Wasserstraßen. Duncker & Humblot Berlin (West) 1971, S. 215) Zu den Anfängen des Segelsports in Stralau und damit in Deutschland 1835 siehe auch einen Artikel von Kurt Laser in der Berlinischen Monatsschrift, Heft 8/2000. "Wie lange die Tavernengesellschaft bestanden hat, lässt sich leider nicht feststellen, weil wir keine aktenmäßige Überlieferung von ihr besitzen. Ihr Erlöschen, etwa um 1881, blieb indes ohne Einfluss auf die allgemeine Segelbetätigung." (Christoph Voigt in "Die Yacht" 33/1937, S. 13). Einige "Segler aus den 60er Jahren" dürfte Keller, der 22jährig 1881 dem Stralauer Segel-Verein (mit dem Vereinslokal "Alte Taverne") beitrat, noch kennengelernt haben. Wie auch das Treptower Spreeufer, fiel die Bebauung von Stralau mitsamt den Uferlokalen am 26. Februar 1945 einem Bombenangriff zum Opfer. – Das Lokal hätte nicht nur von Seglern erzählt: der 19jährige Jurastudent Karl Marx nahm sich hier im Sommer 1837 ein halbes Jahr beim "Fischer und Gastwirt" Gottlieb Köhler ein Zimmer, nachdem der Arzt dem nervlich Zusammengebrochenen geraten hatte, zur Erholung vor die Stadt ins Ländliche zu ziehen. Das mit der Erholung klappte sogar zu gut: unsportlich wie er war, fehlte ihm die Lust, täglich die 6 km zu den Vorlesungen der Universität zu laufen, so dass er sich lieber in die neu entdeckten Bücher des Philosophen Hegel vertiefte. Wer weiß, welchen Lauf die Geschichte genommen hätte, wäre er pflichtbewusster gewesen. - Eine Gedenkstätte für Marx steht auf dem Grundstück Alt-Stralau 18; es ist aber umstritten, ob der Kneipengänger sich nicht nebenan in der damals schon bestehenden "Alten Taverne", Nr. 25, eingemietet hat. Wenn Keller das gewusst hätte...
  14. Zum Stralauer Spreetunnel vgl. Emil Albrecht "Wanderbuch für die Mark Brandenburg und angrenzende Gebiete, Erster Teil: Nähere Umgegend Berlins", Verlag von Alexius Kießling Berlin, 6. Aufl. 1903, S. 13: "Der gen. Tunnel ist 582 m, ohne die Einfahrtsrampen 454 m lang, wovon etwa 200 m auf das Flussbett entfallen. Unter diesem selbst geht er geradlinig, unter dem Vorlande in Kurven. Der tiefste Punkt liegt 12 m unter dem Spiegel der hier 3,50 m tiefen Spree, etwa unter der Mitte des Bettes. Die Wände des im Durchmesser 4 m betragenden Tunnels bestehen aus über 1000 aneinander gefügten Ringen aus Eisenblech, über denen eine Cementschicht lagert. Die Baukosten beliefen sich auf rund 2 Mill. Mark." Zur Geschichte des heute nicht mehr betretbaren Tunnels siehe auch Dietmar und Ingmar Arnold / Frieder Salm: Dunkle Welten. Bunker, Tunnel und Gewölbe unter Berlin. Christoph Links Verlag Berlin 2004, ISBN 978-3861531890, Kapitel "Spreetunnel Stralau - Treptower Park".
  15. Bis hin nach Köpenick hat kaum eines der von Keller erwähnten Ausflugslokale die Kriegszerstörungen überlebt. Neben dem weiter unten genannten "Eierhäuschen" überdauerte nur der "Zenner", nach einem Entwurf Henselmanns neu errichtet, bis heute. Zur Geschichte der Lokale zwischen Stralau und Köpenick siehe Holger Lehmann: Berliner Ausflüge. Unterwegs zu den schönsten Zielen des alten Berlin. Verlag für Berlin-Brandenburg 2011, ISBN 978-3-942476-02-7, S. 52-71. - Zur "Unmenge der Boote" vergleiche das "Wasserwanderbuch", Sportverlag Berlin 1953, S. 78: "So schön wie die Umgebung der Stadt ist, 'genießen' kann man sie nur werktags (außerhalb der großen Ferien) oder im Winter. Der Grund ist einleuchtend, wenn man erfährt, dass in Berlin etwa 20.000 Sportboote registriert sind (auf den Berliner Gewässern müssen sämtliche Boote deutlich sichtbar eine Registriernummer tragen). Dazu kommen die vielen Ausflügler, die das Wochenende am Wasser verbringen wollen." Und das, obwohl die meisten Bootshäuser im Krieg durch Bomben zerstört oder während der Kämpfe verbrannt worden waren. Die 1948 verfügte Registrierpflicht für Kleinstsportboote (hier ein Registrierschein und Kaufbeleg von 1953) wurde 1964 wieder aufgehoben.
  16. Vgl. Emil Albrecht "Wanderbuch für die Mark Brandenburg und angrenzende Gebiete, Erster Teil: Nähere Umgegend Berlins", Verlag von Alexius Kießling Berlin, 6. Aufl. 1903, S. 12: "Am Ende des Ortes zwei große Gebäudekomplexe im Rohbau: das 1859 aus der Stadt hierher verlegte Große Friedrichswaisenhaus (für 500 Waisen) und das 1879 vollendete Städt. Arbeitshaus mit eigener Kirche und über 1100 Insassen, die zum größten Teil als Arbeiter auf den städt. Rieselfeldern verwendet werden." – Das in der Folge genannte "Café Bellevue" lag in der Verlängerung der Karlshorster Straße Richtung Rummelsburger Bucht, wo heute der Steg des Kajakverleihes steht.
  17. Zusammen mit der Halbinsel Stralau wurde der Rummelsburger See damals so schwer mit Bomben belegt, dass das Wasser- und Schifffahrtsamt Berlin, als es 1999 den See sanieren wollte, zunächst einmal mehr als 5 Tonnen "Kampfmittel" aus dem Wasser holen musste, darunter fünf Blindgänger! Vor 1945 vorhandene Häuser dürften dabei völlig zerstört worden sein. Von der Gastwirtschaft auf der 940 m² großen Liebesinsel blieb nur der Keller, in dem heute Fledermäuse hausen. Zum Schutz von Vögeln, Bibern und Urwald dürfen Liebesinsel und Kratzbruch nicht betreten werden.
  18. Eine Zille war ein einfacher Lastkahn ohne Abdeckung, dessen Bug und Heck spitz zuliefen. Die "Zillenschlächterei" baute keine Schiffe auf, sondern wrackte die alten ab.
  19. Anstelle der Beschreibung des Kraftwerks Klingenberg folgt in der 3. Auflage 1919 nach der Nennung der Zillenschlächtereien: "...und das Rest. Wagners Ruh, ferner die Stelle, wo die Boots- und Schiffbauereien, z. B. Universalwerft, Heinrichs Bootswerft, und endlich 'Anker' Schiffswerft und Reederei (Vorortstation: Rummelsburg) ihre Heimstätten aufgeschlagen haben." Noch in der 5. Auflage wiederholt sich die Passage leicht gekürzt, ergänzt von den Sätzen: "Klubheim einer Abteilung des Berliner Motor-Yacht-Club, Gruppe Oberspree. An der Cöpenicker Chaussee hat auch der Karlshorster R-Cl. (1919) seine Heimstätte aufgeschlagen." Ein Zeichen, wie lebendig und rasch veränderlich der Berliner Wassersport war.
  20. Das Eierhäuschen hat als einziges der von Keller beschriebenen Spree-Restaurants Krieg und Zerstörung überstanden; die Wirtschaft wurde schließlich ein Opfer der Vereinigung und eines Spekulanten. Seit vielen Jahren leerstehend, verfällt das alte Haus langsam zur Ruine. Dabei hatte "Straubes Märkisches Wanderbuch, neu bearbeitet und vermehrt von Dr. Gustav Albrecht", Geographisches Institut und Landkarten-Verlag Jul. Straube, 21. Auflage 1904 (als einziges Lokal) sogar die Kulturgeschichte des Hauses ausgebreitet: "Der beliebte Ausflugsort Eierhäuschen ist, wie die Mehrzahl der älteren Vergnügungslokale in der Umgegend Berlins, aus kleinen Anfängen zu seiner jetzigen Bedeutung emporgewachsen. Einst war hier eine Schifferablage, auf der 1825 eine einfache Wirtschaft entstand, die bei den Gondelfahrten sehr liebenden Berlinern rasch beliebt wurde. Seinen Namen verdankt es der Sitte, dass der Wirt den Ruderern, die zuerst nach dem Schmelzen der Eisdecke bei ihm anlegten, eine Mandel [15 Stück] Eier überreichte. Allmählich entstand um das Wirtschaftsgebäude herum eine Kolonie von einfachen Behausungen der Angler und Ruderer, später wurde das 'Neue Eierhaus' errichtet und in jüngster Zeit hat das alte Gebäude einem stattlichen Neubau weichen müssen." (S. 23) Die Sitte war schon 1895 so fest etabliert, dass die "Gartenlaube" darüber berichtete. Noch heute veranstalten Berliner Wassersportler an oder kurz nach Neujahr, sobald es die Eisverhältnisse gestatten, "Eierfahrten" zu einschlägigen Lokalen. – Interessant ist die auf das Eierhäuschen folgende Notiz in Emil Albrechts "Wanderbuch für die Mark Brandenburg - Nähere Umgebung Berlins" der Auflage von 1917: "Weiter schöner, schattiger Uferweg bis zu einer (15 Min.) Stelle, wo man nach Rest. Spreeschloss (Dampferhst.) und in der Richtung auf Tabberts Waldschlösschen übersetzen kann. Nahe der Fährstelle auf dem diesseitigen Ufer ein Übungsplatz für den Brückenbau der Pioniere, dann die Mündung des Stichkanals des Teltowkanals." (S. 14) Weder in der "Hip-Hip-Hurra"-Auflage von 1919 noch in Albrechts Folgeauflage von 1922 taucht der militärische Hinweis noch einmal auf. Offenbar war die Not im Ersten Weltkrieg so gestiegen, dass die Berliner Garnison ihre Ausbildung vor aller Augen praktizieren musste.
  21. (so nach der 3. Auflage 1919, S. 8; die Jahreszahl "06" fehlt in der 5. und 6. Auflage. Anmerkung d. Bearbeiters)
  22. An Stelle des Freibades wurden Anfang der 50er Jahre des 20. Jh. mehrere Gebäude des Berliner Rundfunks in der Nalepastraße errichtet.
  23. Carl Tabberts Restaurant war bei seiner Eröffnung um 1870 noch "janz weit draußen" in die Wuhlheide eingebettet. Zur gleichen Zeit entstand allerdings am Ufer schräg gegenüber, wo heute das "Carparol"-Fabrikgelände steht, die "Kunheimsche Chemische Fabrik Kanne", die älteste Chemiefabrik Berlins, deren Rauchwolken bei Südwestwind über das Lokal strichen; mit der Zeit gewann die Fabrik den ungleichen Kampf. Carl Tabbert (1851-1927) gründete in späteren Jahren Ausflugsrestaurants an anderen Stellen. Sein Grab auf dem Christophorus-Friedhof in Köpenick ist erhalten. - Das Gaststättengelände (mit immerhin 120 m Straßenfront) befand sich im Winkel Nalepastraße/Grenzweg/Spreeufer, wo sich (lt. Infotafel angeblich schon seit 1911!) die Gärten der Kolonie "Am Freibad" dehnen. Die als Zufahrt dienende Nalepastraße endet noch heute vor der früheren Einfahrt, sprich vor den Kleingärten. Einzige Erinnerung an das Lokal ist die bis heute bestehende Fährverbindung, die allerdings 200 m stromab verlegt wurde.
  24. Mit "Sadowa" ist der heutige S-Bahnhof "Wuhlheide" gemeint, der von seiner Eröffnung 1877 bis ins Jahr 1929 ersteren Namen trug. Nach dem Dorf Sadowa, 15 km nordwestlich der heute "Hradec Králové" genannten Festung Königgrätz gelegen, benannten die Franzosen, für die "Königgrätz" ein Zungenbrecher ist, die dort 1866 ausgetragene Schlacht zwischen Preußen und Österreich, die für die preußischen Truppen siegreich ausging. Der Name wurde als "Neu-Sadowa" auf eine Siedlerkolonie im heutigen Biesdorf-Süd und von dort 1877 auf den neuen Bahnhof übertragen. - Das Lokal "Sadowa", seit 1869 bestehend, war eines der ältesten Ausflugslokale. Vom Bhf. Sadowa wanderte man die heutige Köpenicker Allee 20 Minuten durch den Wald, bis sie auf die Straße An der Wuhlheide stieß (wo das "Sadowa" lag), oder fuhr gleich mit dem Dampfer dorthin. Mit diesem Lokal begann die touristische Erschließung der Wuhlheide. Nach seiner Zerstörung im Zweiten Weltkrieg gehört das Gelände heute dem "Köpenicker Sportverein".
  25. 5,21 m b. M.-W. bedeutet: die Höhe der Durchfahrt ist 5,21 m bei Mittelwasserstand = 0,85 m am Pegel Cöpenick. (Anmerkung von Keller)
  26. 5,21 m b. M.-W. bedeutet: die Höhe der Durchfahrt ist 5,21 m bei Mittelwasserstand = 0,85 m am Pegel Cöpenick. (Anmerkung von Keller)
  27. Der "Wilhelminenhof", aus einem Landgut hervorgegangen und eines der ältesten Ausflugslokale des Ostens, galt als gediegenes Restaurant, in dem sich das Bürgertum vergnügte; also auch Ruderer, da Rudervereine damals meist aus Begüterten bestanden. "Straubes Märkisches Wanderbuch, neu bearbeitet und vermehrt von Dr. Gustav Albrecht", Geographisches Institut und Landkarten-Verlag Jul. Straube, 21. Auflage 1904, erinnerte sich auf S. 195: "Als ehemaliges Besitztum des Schokoladenfabrikanten d’Heureuse wird dasselbe in Sportkreisen 'Schokoladenecke' genannt." Reizvoll auf einem Landvorsprung gelegen, bildete das Haus einen Blickpunkt am Wasser. Neben dem Ballsaal lockten eine Theaterbühne, ein Musikpavillon, ein Spielplatz und ein Riesenrad Gäste an. Die Schicksalsstunde des Wilhelminenhofes schlug mit der Industrialisierung Schöneweides nach 1900: er wurde aufgekauft und 1926 mit dem Transformatorenwerk der AEG überbaut; alliierte Bombenangriffe fegten 1944 die letzten Spuren weg. Heute erinnert hier der "Industriesalon Schöneweide" (Museum für Industriekultur) an die 22.000 Arbeitsplätze, die nach 1990 auf Null reduziert wurden; auf der Stelle des Gasthauses erhebt sich die frühere Produktionshalle für den Schalterbau. Nur die alte Einfahrt zum Lokal, der Stummel der von der Wilhelminenhofstraße abzweigenden Reinbeckstraße, zeugt noch von diesem Haus - und die Strandbar "Kiki Blofeld", die, 2011 vom Grenzboot-Bunker gegenüber des Ostbahnhofs vertrieben, im Sommer 2014 am Ende der Reinbeckstraße die Tradition aufzugreifen versuchte. Einen Sommer lang... – Die "Chokoladenecke" verschwand, als 1975-79 das Oberschöneweider Ufer für ein neues Produktionsgebäude ca. 50 m in die Spree hinein aufgeschüttet wurde. Als sich nach dem Ende der Arbeiten herausstellte, dass die Wasserstraße nun für den Schiffsverkehr zu schmal geworden war, baggerte man 1979-80 am Niederschöneweider Ufer von der Spitze der Halbinsel Hasselwerder ca. 30 m ab. Dadurch wurde die Flusskurve "entschärft", doch ist damit die markante "Chokoladenecke" einer sanften Rundung gewichen.
  28. Soll das Bootshaus der "Hansa" beziehen. (Anmerkung von Keller)
  29. In Deutschland gibt es bis jetzt über 325 Schüler- und Seminarrudervereine. Wir empfehlen das Buch "Schülerrudern" von Prof. Dr. Bernh. Kuhse (Berlin, Weidmannsche Buchhandlung) und Abhandlung "Zehn Jahre Schülerrudern" von Dr. Joh. Gericke (Berlin, Weidmannsche Buchhandlung), wissenschaftliche Beilage zum Jahresbericht des Leibniz-Gymnasiums Berlin, Ostern 1904; ferner "Siebzehn Jahre Ruderarbeit" am Andreas-Realgymnasium von Prof. Dr. Wilh. Greif (Berlin, Weidmannsche Buchhandlung, wissenschaftliche Beilage zum Jahresbericht des Andreas-Realgymnasiums zu Berlin, Ostern 1912). Anmerkung Kellers zur 3. Auflage 1919, S. 10; zu Ostern erfolgte bis 1941 der Schuljahreswechsel. - Das "Schülerbootsbaus" geht auf eine Initiative Kaiser Wilhelm II. zurück. Er hatte 1898 die Mittel zum Bau eines Bootshauses für die Rudervereine der Berliner Schulen gestiftet, um die Schüler von den Vereinen der Erwachsenen zu trennen und selbständig zu machen. Mehrere auch im Faltbootwiki zu lesende Groß-Wanderfahrten begannen und endeten hier; 1907 entstand ein zweites Schülerbootshaus im Westen Berlins in Wannsee. Lt. Dieter Wendt (S. 35) wurde das Bootshaus im Krieg so schwer beschädigt, dass es nicht wieder aufgebaut wurde. Während auf dem Grundstück der jetzigen Schnellerstraße 102 heute ein moderner Wohnblock steht, bröckelten Ende 2015 auf dem Nachbargrundstück Schnellerstraße 103 die Betonböden der Schuppen, die zu DDR-Zeiten hier standen; 2016 sollen hier Studentenwohnungen der angrenzenden Hochschule für Schauspielkunst "Ernst Busch" entstehen. Dann wird nur noch die unauffällige Einfahrt zum (späteren Zeiten entstammenden) kleinen Bootshafen von früherem Wassersport zeugen.
  30. Das "Kyffhäuser" lag am rechten Ufer an der heutigen Haltestelle "Schnellerstraße / Köllnische Straße" der Buslinie 167; mit seinen 4000 Plätzen galt es als eines der größten Restaurants in Niederschöneweide. Im 2. Weltkrieg waren in dem Gebäude Zwangsarbeiter der AEG untergebracht. Direkt an der Spree, neben dem heutigen Netto-Markt, steht noch heute die Fassade eines größeren Gebäudes in der Schnellerstraße, das einmal ein Tanzsaal gewesen sein könnte; das Gebäude selbst ist abgerissen, nur seine Außenmauer ersetzt den Straßenzaun. Ob hier das alte "Kyffhäuser" stand?
  31. Noch heute werden viele Uferstellen in Mecklenburg und der Mark "Ablage" genannt. Sie dienten als einfacher Verladeplatz der umliegenden Dörfer, die hier ihre Ernte auf Frachtkähne verluden oder entluden, eine Art Hafen quasi. Oft wurde auch Holz aus den Wäldern verschifft, das zunächst in Stapeln abgelegt wurde (daher der Name).
  32. Bis zur 5. Auflage 1925 wurde das Grundstück Berliner Straße 97/98 auch als "Wohnhaus des Herrn Noack mit Bootsunterkunft für den jüd. Verein "Ivria" (5.V. 09) bezeichnet. Näheres zum Schicksal dieses Vereins findet man im Berliner Wassersportmuseum in der Regattatribüne von Grünau.
  33. Der von dem Statikpionier Heinrich Müller-Breslau 1898 erbaute Kaisersteg wurde im April 1945 von deutschen Truppen gesprengt. Der 2007 eröffnete Neubau wirkt ähnlich filigran, aber nicht mit dem großartigen Schwung seines Vorgängers.
  34. Die gelben Tonnen dürfen nicht durchfahren werden. (Anmerkung von Keller)
  35. Dem Café Sedan, "einem altbeliebten Sommerlokal mit großem schattigem Garten und Dampferst., [...] 2 Min. von der Station Oberspree der Zweigbahn nach Spindlersfeld entfernt" ("Straubes Märkisches Wanderbuch Teil II", Geographisches Institut und Landkarten-Verlag Jul. Straube Berlin 1909, S. 101), gehörte das Grundstück zwischen der heutigen Waldorfschule Bruno-H.-Bürgel-Weg 9 und der jetzigen Aschenbahn des TC Berlin-Oberspree. Es wurde noch in der 5. Auflage 1925 als Lokal genannt, doch da gab es das "Sedan" schon nicht mehr. Bereits ein Jahr zuvor war der MotorwassersportClub Oberspree MCO-Berlin auf das Gelände des Lokals gezogen, wo er heute noch sitzt. Nur tut er es jetzt in neuen Häusern, weil das Grundstück Sedanstraße 56, heute Bruno-Bürgel-Weg 25-35, im Dezember 1943 durch einen Bombenangriff dem Erdboden gleichgemacht wurde. Übrigens stand im September 2013 noch die Ruine eines offensichtlichen Restaurants mit Tanzsaal im Bruno-Bürgel-Weg 39, genau dort, wo ein Messtischblatt 1:25.000 1895 den Standort des "Sedan" verzeichnet. Noch die Brandmauern strahlten alte Pracht aus, doch waren die Fenster entfernt, die Dachbalken morsch, und am Zaun hing ein Zettel mit der Abrissgenehmigung. Hinten, zur Spree hin, standen alte Bäume, die einen Biergarten hätten gebildet haben können, und immer noch führte eine Lindenallee zum Wasser. Ob nicht hier das alte "Sedan" gestanden hat? - Das Restaurant "Strandschloss" befand sich am linken Ufer gegenüber, wo heute die Wilhelminenhofstraße ans Ufer stößt; ursprünglich bildete sie die Zufahrt zum Lokal. Das Haus teilte das Schicksal der "Rudererkolonie Ostend": es wurde mit Industrie überbaut. Leere Werkhallen und Ödland stehen heute an der Stelle.
  36. "Schild: W.-R.-V. bedeutet, dass der Wanderruder-Verband die Besitzer verpflichtet hat, für gute Instandhaltung der Steganlagen, Umkleidegelegenheit und Waschutensilien zu sorgen; einige Reparaturgeräte bereit zu halten. Bei den weiter entfernten Wirtshäusern kommt hinzu die Verpflichtung, Unterkunft für Boote zu gewähren und nicht zu teure Quartiere und Verpflegung zu bieten." (Anmerkung Kellers in der 2. Auflage 1909, S. 11) – Der "Wanderruderverband Mark Brandenburg" existierte parallel zum Deutschen Ruderverband und trat ihm erst im Zuge der "Gleichschaltung" 1933 bei. "Der im Mai 1908 in Berlin gegründete Wanderruderverband stellt eine Vereinigung von Ruderclubs dar, welche die Pflege und Ausbreitung des Tourenruderns auf ihre Fahne geschrieben hat. In der Absicht, der gesamten deutschen Ruderwelt den schönen Rudersport zu erleichtern, hat der junge Verband, in Verbindung mit dem Verfasser des 'Hip Hip Hurra', es sich zur Aufgabe gemacht, Schleusen- und Transportverhältnisse zu verbilligen und zu bessern, öffentliche Behörden für seine Zwecke zu interessieren, durch gemeinsames Auftreten bei den Inhabern von Wasserwirtschaften für Besserungen und gewisse Ermäßigungen bei Beköstigung und Quartieren zu sorgen; durch Austausch und bereitwillige Hergabe von Bootsmaterial auch fremden und auswärtigen Sportskameraden die Schönheiten unserer Wasserläufe und Seen zugänglich zu machen, kurz, der Wanderruderverband hofft, durch planmäßiges Arbeiten auf allen diesen angedeuteten Gebieten eine noch bestehende Lücke in der deutschen Ruderwelt auszufüllen und auf die Unterstützung und das wohlwollende Interesse aller Ruderkreise rechnen zu dürfen." (2. Auflage 1909, S. 45) Die Konkurrenz mehrerer Ruderverbände (es gab u. a. 1915-33 noch einen Jugendruderverband) geht auf die strikte Politik des Deutschen Ruderverbandes (DRV) zurück. 1883 gegründet, hatte er sich in den ersten Jahrzehnten "der Ausgestaltung des Rennruderbetriebs und seiner Bindung durch strenge Gesetze gewidmet. Das führte dazu, dass sich an Orten mit günstigen Wasserverhältnissen, die das Wandern im Boot gestatteten, Strömungen bilden mussten, die in dieser einseitigen Betätigung des Verbandes einen Nachteil sahen. Hier war es gerade Berlin, das durch Gründung eines Wanderruderverbandes im Jahre 1908 die Gefahr der Zersplitterung deutlich zeigte." (Rauscher, Robert, und Protzen, Otto: Der Rudersport / Wanderrudern und Paddeln. Verlag von Georg Westermann, Braunschweig und Hamburg 1923, S. 14) Der DRV reagierte mit der Herausgabe des "Führers für Wanderruderer" 1910, Verhandlungen zur Wiedereingliederung des "Wanderruderverbandes Groß-Berlin" und mit Bildung des Unterausschusses für Wanderrudern im DRV. "Bis auf den heutigen Tag sind die dadurch bedingten Spannungen in Berlin nicht überstanden." (Rauscher/Protzen 1923, S. 14) Es gibt eben nichts Neues unter der Sonne. – Dass auch Keller Mitglied des Wanderruderverbandes war, hat er nirgendwo erwähnt, doch legt sein "Verein der Touren-Ruderer" und die ausdrückliche Nennung des W.-R.-V.-Schildes die Mitgliedschaft nahe.
    Übernachtungen waren zur Zeit des Wasserwanderaufschwungs der 20er Jahren stets ein Problem, was auch der Deutsche Kanuverband - analog zu den Ruderern - ab Mitte der 20er Jahre mit den "DKV-Kanustationen" entschärfen wollte. Sie sollten es ermöglichen, "bei mehrtägigen Wanderungen etwa im Tagesabstand eine Unterkunft zu finden. Zelten war damals ... noch ein abenteuerliches Unternehmen, es gab weder Zelte, wie wir sie kennen, noch Matratzen oder Schlafsäcke. DKV-Stationen waren im Allgemeinen nahe am Wasser gelegene Gastwirtschaften, manchmal auch Bauernhöfe, die durch ein DKV-Schild kenntlich gemacht wurden. Nach dem Krieg sind sie nicht wieder entstanden, die Entwicklung hat sie praktisch überflüssig gemacht." (Heinz A. Oehring: Kanuwandern in Deutschland. 75 Jahre Kanuwandersport im Deutschen Kanuverband. DKV-Verlag Duisburg 1989, ISBN 3-924580-17-0, S. 85) Wikipedia ergänzt: "Die Zeltausrüstungen, soweit überhaupt vorhanden, bestanden aus Zeltplanen oder Zelten ohne Boden. Hatten die Kanuten einen geeigneten Platz gefunden, so musste erst von einem Bauern Stroh als Schlafstätte besorgt und am nächsten Tag entsorgt werden. Zelten war daher nur bedingt in der wärmeren Jahreszeit möglich. Diese Gelegenheit nutzten am Fluss gelegene Gaststätten, indem sie den Kanuten preiswerte Übernachtungsmöglichkeiten anboten, auf die mit dem Schild 'Kanustation' hingewiesen wurde. - Als die Zelte besser wurden und die Kanuten mehr und mehr zum Zelten übergingen, wiesen die an den Wanderflüssen gelegenen Kanuvereine mit entsprechendem Gelände dies als 'DKV-Zeltplatz' aus. Das Schild 'Kanustation' verlor langsam an Bedeutung. An mancher alten Gastwirtschaft findet man es als nostalgische Erinnerung auch heute noch. Die Gastwirtschaften haben sich, soweit sie noch existieren, aber auf ein anderes Publikum eingestellt."
    Wie rasch sich die Industrie in die Vororte ausbreiten sollte, bezeugt eine Bemerkung in "Straubes Reiseführer durch die Provinz Brandenburg (Märkisches Wanderbuch) Band I", Geographisches Institut und Landkarten-Verlag Jul. Straube Berlin 1929, S. 42, wonach das Rest. Neptunshain "als einziges dieser Wirtshäuser noch am Wald und nicht unmittelbar an Fabriken liegt." Es befand sich am Knick des Bruno-H.-Bürgel-Wegs zwischen dem Käthe-Tucholla-Stadion und dem Freibad Oberspree. Die Grundmauern des Lokals deckt jetzt Rasen; auf dem heutigen Grundstück Bruno-Bürgel-Weg 127 steht als Nachfolger des Neptunshain-Bootshauses ein schmuckloses Vereinsheim der 20er/50er Jahre des "Eisenbahnersportvereins Lokomotive Berlin-Mitte".
  37. Zur Herkunft des Namens "Sadowa" siehe oben. Vom in der Folge genannten Restaurant "Sadowa" ist noch eine Rundbogenhalle im Stil der 20er/50er Jahre erhalten; auf dem Gelände befindet sich die Jugendsporteinrichtung "Mellowpark", die Uferstege nutzt der Sportanglerverein "Sadowa". Mehr Besucher kommen allerdings heute zur angrenzenden "Alten Försterei". – Der Uferstreifen An der Wuhlheide 250-270 sollte 1994/96 zum "Wuhlesportpark" ausgebaut werden; das Gelände blieb letztlich unverändert, kostete den Steuerzahler aber 12 Millionen DM. Zu diesem Korruptionsskandal des Berliner Senats siehe ausführlich Mathew D. Rose: "Berlin - Hauptstadt von Filz und Korruption", Droemersche Verlagsanstalt Th. Knaur Nachf. München 1998, S. 85-109.
  38. Der Bhf. "Niederschöneweide" wurde 1929 in "Schöneweide" umbenannt.
  39. Das Bootshaus, auf dem Gelände einer Dampfwäscherei entstanden, lag am linken Ufer An der Wuhlheide kurz unterhalb der Bahnbrücke. Die 1877 errichtete Weißenburg-Villa wurde 2005 restauriert und birgt jetzt ein Architektenbüro. Das Bootshaus dürfte nebenan gestanden haben, wo jetzt überwucherte Ruinen stehen.
  40. Diese Bemerkung steht bereits in der 2. Auflage 1909, zehn Jahre, bevor überhaupt die Arbeiten zur Parkgestaltung der Wuhlheide begannen. "Straubes Märkisches Wanderbuch Teil III", Geographisches Institut und Landkarten-Verlag Jul. Straube Berlin 1909, warnt auf S. 3: "Die Wuhlheide, mit schönem Baumbestand u. dichtem Unterholz, bietet lauschige Spazierwege u. ist zu Ausflügen sehr zu empfehlen, doch ist wegen der Unsicherheit durch herumstreifendes Gesindel namentlich an Wochentagen in den abseits liegenden Teilen der Heide Vorsicht geboten."
  41. Der Deutsche-Kanu-Verband (Vors.: Franz Reinicke, Cöln, Machabäerstraße 28 b, F.: W 7576) gliedert sich in folgende Kreise:
    • Oberrhein- und Main-Kreis, Vors.: Ludw. Görtz, Frankfurt a. M., Kaiserstr. 75.
    • Mittelrhein-Kreis, Vors.: Franz Reinicke, Cöln, Machabäerstraße 28 b.
    • Oberelbe-Kreis, Vors.: Curt Donat, Leipzig, Hainstr. 2.
    • Niederelbe-Kreis, Vors.: Richard Niewerth, Hamburg 26, Hirtenstr. 15.
    • Märkischer Kreis, Vors.: Curt Kretschmann, Berlin SO 16, Michaelkirchstraße 24 a.
    Kanus baut nach Vorschrift: Ernst Kraze, Berlin S 42, Luisen-Ufer 17, F.: Moritzplatz 3256. (Anmerkung Kellers zur 3. Auflage 1919, S. 12)
    "Die bescheidenen Anfänge liegen für Berlin kurz vor dem ersten Weltkrieg, als sich im Jahre 1912 im 'Berliner Canoe-Club' ziemlich lose eine Interessengemeinschaft von Paddlern und Kanuseglern zusammenfand. Als im März 1914 in Hamburg der 'Deutsche Kanu-Verband' gegründet worden war, fassten auch die Berliner Paddler Mut und gründeten den 'Märkischen Kreis' (heute Landesgruppe Berlin) des Deutschen Kanu-Verbandes." (Werner Natzschka: Berlin und seine Wasserstraßen. Duncker und Humblot, Berlin 1971, S. 220)
  42. Es ist angebracht, darauf hinzuweisen, dass die beschriebenen Fließe und Seen zumeist keine öffentl. Fahrstraßen, sondern Privatgewässer sind, und dass es deshalb von dem Benehmen der Faltbootfahrer selbst abhängt, wenn einzelne Fließe gesperrt werden. Rücksichtsloses Hineinfahren in Reusen bei Nachtfahrten und selbst am Tage verbittert die Fischer, und wenn ganze Klubs mit 15 bis 20 Booten kleine Fließe befahren, dann sind die Wiesen schnell zertrampelt. (Anmerkung von Keller)
  43. "Für alle Besichtigungen empfehlen wir Straubes Märkisches Wanderbuch, mit vielen Karten, 3 Teile, Preis für jeden Teil je 3 M. (Jul. Straube, Berlin W 57, Bülowstr. 56; F.: Nollend. 2248) ". (Anmerkung Kellers zur 3. Auflage 1919, S. 13)
  44. Amtliche Entfernung von der Einmündung der Müggelspree in die Spree-Oder-Wasserstraße bei Cöpenick: 10,682 km von der Treptower Eisenbahnbrücke. Fahrwassertiefe 1,70 m bei Normalwasser = 0,78 m a. P. zu Cöpenick. (Anmerkung von Keller) Die sonderbare Schreibweise Köpenicks hängt mit der Orthographischen Konferenz 1901 zusammen, die die deutsche Rechtschreibung auf der Grundlage Dudens vereinheitlichte und dem phonetischen Prinzip ("Schreibe, wie du sprichst") anglich. Keller, der hier wohnte, blieb noch Jahre später beharrlich bei der alten Schreibweise.
  45. R. vor derselben erhebt sich auf Pfählen das Bootshaus des Cöpenicker Ruderclubs (2. II. 1880). ... R. vom Cöpenicker Ruderclub befindet sich das Rest. "Zum Dampfschiff" (Dampfersteg); auch hier können wir anlegen, um mit dem alten Ruderkameraden, Stadtrat Rich. Hentschel, dem Ehrenvorsitzenden des Cöpenicker Ruderclubs, einen kräftigen Händedruck zu wechseln. Während alte gemeinsam erlebte Ruderereignisse erzählt werden, wollen wir uns mit der Stadt näher beschäftigen. (2. Auflage 1909, S. 13)
  46. Dazu im Anzeigenteil der 1929er Auflage von "Hip Hip Hurra": "Sasse-Werke Schiffsbauwerft und Maschinenfabrik Berlin-Cöpenick, Marienstraße, Fernsprecher: Cöpenick Nr. 449 und 450. Motorjachten, Motorschiffe, Gebrauchsfahrzeuge jeder Ausführung."
  47. Der von Keller gegründete "Verein der Touren-Ruderer" hatte hier, wie eine Notiz in "Die Yacht", Heft 1/1908, S. 22 verrät, den Anfang gemacht: "Der Verein der Touren-Ruderer hat für kleinere Lagerfahrten an der Müggelspree /gegenüber dem Yacht-Cl. 'Müggelsee' ein Stück Wald gepachtet. Am Himmelfahrtstage wurde der Platz eingeweiht. Zwei Steinunterlagen für Kochgelegenheit in Zement gemauert, wurden geschaffen. Nach Fertigstellung dieser Anlage wurde der Platz von dem Vorsitzenden in Besitz genommen, und dieser übergab ihn dann den Vereinsmitgliedern, mit dem Wunsche, die Stelle zu hegen und zu pflegen. Auch am Seddinsee sollte eine 2. Lagerstelle errichtet werden. Die Verhandlungen scheiterten aber an der enorm hohen Pachtsumme, welche die Königliche Forstverwaltung verlangte." Möglicherweise waren die Forstbeamten nicht einfach nur konservativ, sondern ahnten das kommende Ausmaß der Waldverwüstung, wie sie die Wassersportler zwei Jahrzehnte später am Ufer des Müggelsees und an der Löcknitz anrichten sollten.
  48. Das "Grand Restaurant zum Aussichtsturm", 1889 vom rührigen Wirtshausgründer Carl Tabbert (1851-1927) erbaut und später verpachtet, machte mit Corsofahrten und Platzkonzerten die Villenkolonie Hirschgarten zum Ausflugsziel. "Straubes Märkisches Wanderbuch, neu bearbeitet und vermehrt von Dr. Gustav Albrecht", Geographisches Institut und Landkarten-Verlag Jul. Straube, 21. Auflage 1904, lockte auf S. 240: "Am schattigen Rest. 'Zum Hirschgarten' von Tabbert vorüber, kommt man, sich l. wendend, zu dem seit 1887 mit einem besteigbaren, 25 m hohen Wasserturm versehenen Rest. 'Zum Aussichtsturm' von F. Elsholz (Aussicht 10 Pf., Kähne, Ueberfahrt)." Welch ein Gewinn wäre es für Hirschgarten, hätte eines dieser Häuser die Zeiten überstanden! Sie fielen beide dem Krieg zum Opfer.
  49. Abweichend von dem, was Wikipedia behauptet, zeigt eine 1911/12 entstandene Wassersportkarte des Straube-Verlages die "Colonie Kamerun" im Wald zwischen Köpenick und Friedrichshagen am Müggelspree-km 35, wo zu DDR-Zeiten der "VEB Yachtwerft" stand und sich heute das "Wassersportzentrum Berlin" befindet.
  50. Der Ruderclub Aegir feierte 2014 sein "Hundertjähriges".
  51. Der Wasserwanderer, der mehr Kilometerstationierungen wünscht, schaffe sich den für die Berufsschifffahrt bestimmten: Führer auf den Deutschen Schifffahrtsstraßen an. Bearbeitet im Reichsverkehrsministerium, Abt. für Wasserstraßen, Luft- und Kraftfahrwesen, in 6 Teilen. 1. Teil: Das Rhein-Donau-Gebiet. 2. Teil: Das Ems-Weser-Gebiet. 3. Teil: Das Elbe-Gebiet. 4. Teil: Das Gebiet der Märkischen Wasserstraßen. 5. Teil: Das Oder-Gebiet. 6. Teil: Das Weichsel-Gebiet und die östlichen Schifffahrtsstraßen. Gea-Verlag G. m. b. h., Berlin W 35, Potsdamer Str. 110. (Anmerkung von Keller)
  52. Das 1873 erbaute Müggelschlösschen direkt am heutigen Spreetunnel bewirkte 1895 die Einrichtung einer dampfgetriebenen Kettenfähre, von der auch das ab 1896 lockende Strandschloss am Ende der Strandschlossstraße profitierte; sie konnte auch Fahrzeuge befördern. Beide Lokale waren einflussreich genug, um (lt. der Notiz in "Die Yacht" 12/1919, S. 167) schon 1918/1919 eine Brücke zu fordern und schließlich 1926/27 den Bau des Spreetunnels durchzusetzen, der in der damals neuen Senkkastenbauweise erfolgte: zwischen herkömmlich gegrabenem Ein- und Ausgang wurde das Mittelstück - der eigentliche Tunnelgang - in Form von zwölf vorgefertigten Betonkastenröhren von oben ins Wasser hinabgesenkt und zwischen die beiden Zugänge eingefügt. Während man noch heute durch den Tunnel gehen (und am Ein- und Ausgang das Echo testen) kann, fielen die zwei Gasthäuser den Bomben des 2. Weltkriegs zum Opfer; ein paar Trümmer am Waldboden und die Biergartenkastanien bilden letzte Spuren. Durch die Lage beider Gelände an einer "Referenzfläche" der Berliner Forsten, die nicht mehr bewirtschaftet wird, und ihre Randlage zum Trinkwasserschutzgebiet werden sie der Natur überlassen bleiben. - Zur Geschichte der Lokale siehe ausführlich Holger Lehmann: "Berliner Ausflüge. Unterwegs zu den schönsten Zielen des alten Berlin", Verlag für Berlin-Brandenburg 2011, ISBN 978-3-942476-02-7, S. 100 f.
  53. hier ist im Städt. Park unter der schmalsten Stelle der Müggelspree, direkt an der Einfahrt zur Müggel, ein Fußgänger-Tunnel entstanden nach dem Rest. Müggelschlösschen. (Anmerkung von Keller)
  54. Die Bootsbauerei Berholz und Garsch muss sich Anfang der 20er Jahre aufgespalten haben, denn das "Märkische Ruderbuch", Verlag für heimatliche Kultur Willy Holz Berlin, 4. Auflage ca. 1924, berichtet: "Der frühere Inhaber Emil Prätzel hat jetzt in Friedrichshagen, Seestr. 121/122, eine Ruder- und Skull-Fabrik, in welcher besonders hohle Riemen und Skulls für Rennzwecke hergestellt werden." (S. 40) Der Ursprungsbetrieb wird "Berkholz & Gärsch" genannt. - Zur Geschichte der Ausflugslokale um Köpenick und den Müggelsee siehe Holger Lehmann: Berliner Ausflüge. Unterwegs zu den schönsten Zielen des alten Berlin. Verlag für Berlin-Brandenburg 2011, ISBN 978-3-942476-02-7, S. 90-111.
  55. Das "Wanderbuch für die Mark Brandenburg und angrenzende Gebiete, Erster Teil: Nähere Umgegend Berlins" von Emil Albrecht (1856-1920), Alexius Kießling Buch- und Landkartenverlag Berlin, 10. Aufl. 1912, schreibt auf S. 88 f. zum Ort:
    "Friedrichshagen, Dorf mit 14.329 (1905: 13.203) Einw. im Kreise Nieder-Barmin, wegen seiner Lage inmitten des Waldes und am Müggelsee als Sommerfrische beliebt, wurde 1753 von Friedrich d. Gr. für böhmische und schlesische Spinner gegründet. Die breite, z. T. von Maulbeerbäumen beschattete Friedrichstraße führt südl. am Rathaus (r.) vorbei zur Christophoruskirche, einem bemerkenswerten Backsteinbau mit seitlichem Turm; gegenüber (r.) in Anlagen seit 1904 ein Denkmal Friedrichs d. Gr., Bronzestatue von Görling. R. am Ende der Kirchstraße der geschmackvolle Bau des Realgymnasiums. Weiter durch die Friedrichstraße zur Brauerei an der Spree (20 Min. vom Bahnhof). Der Friedrichstraße geht westl. (r.) parallel die Wilhelmstraße mit der bekannten Bildgießerei Aktiengesellschaft vorm. H. Gladenbeck & Sohn (Nr. 52 und 62; zwei andere Firmen dieses Namens im westl. Teil der Seestraße). [...] 6 Min. östl. von der Brauerei liegt Bad Bellevue, Ausgangspunkt der von weither besuchten Segelregatten, die auf dem See stattfinden.
    Einige Min. vor der Brauerei geht die Chaussee nach Erkner (9,2 km) ö. von der Friedrichstraße als Seestraße ab. Gleich hinter dem (15 Min.) Rest. Seeschlösschen beginnen die 1888-93 erbauten Berliner Wasserwerke, die bis 180.000 cbm Wasser täglich liefern und mit dem Verteilungswerk bei Lichtenberg in Verbindung stehen. Das Wasser wurde bis 1905 nur aus dem See gewonnen; seit 1904 hat man 350 Tiefbrunnen ö. in der Forst in drei Galerien angelegt, doch wird daneben ein kleiner Teil der alten Schöpfanlagen weiter benutzt. Vor einem der Beamtenhäuser l. in Anlagen eine Bronzebüste des ehem. Direktors Gill († 1893). Am (10 Min.) Anfang des Waldes berührt die Chaussee r. das kgl. Institut für Binnenfischerei, das dem Studium der Biologie der Süßwasserfische und der Hebung der Binnenfischerei dient."
  56. Die "Rettungsgesellschaft der Wassersportvereine von Berlin und Umgegend" wurde am 27.4. 1899 gegründet, nachdem sich kurz zuvor auf dem Müggelsee ein Bootsunglück ereignet hatte, bei dem zwei Schülerruderer ertranken. Sie war eine der frühesten, wenn nicht gar die erste deutsche Rettungsschwimmergesellschaft (die DLRG wurde erst 1913 gegründet). Man bedenke, dass noch um 1910 lt. https://www.dlrg.de/die-dlrg/geschichte.html nur 2-3 % der Bevölkerung überhaupt schwimmen konnten! Über die Organisation gibt das "Märkische Ruderbuch", Verlag für heimatliche Kultur Willy Holz Berlin, 4. Auflage ca. 1924, Auskunft: "Die Rettungsgesellschaft ist keine behördliche Einrichtung, sondern ein Wassersportverein, der aus den freiwilligen Beiträgen der Vereine unterhalten wird. Ebenso sind die Samariter- und Rettungsmannschaften keine bezahlten Kräfte, sondern Kameraden aus Ruder-, Segel-, Schwimmvereinen usw., die freiwillig den schweren Rettungsdienst ausüben und ihre freien Sonntage opfern. Darum, lieber Sportkamerad, komme ihnen höflich entgegen und zolle der Tätigkeit der Kameraden Anerkennung und gib ihren Anweisungen Folge. Auch du kannst Einzelmitglied werden und eine Kleinigkeit opfern. Die kleinste Gabe ist willkommen." (S. 40) Noch heute ist die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger nach diesem Prinzip organisiert.
  57. Während der hölzerne Müggelturm den Krieg überstand, weil der nahe Gastwirt mutig die Sprengkabel durchschnitt, gab es für den Bismarckturm keine Rettung: er fiel beim Herannahen der Roten Armee den deutschen Sprengkommandos zum Opfer. Dass der Nachfolger des alten Müggelturms so aussieht, wie er aussieht, ist eine schillernde Geschichte der Nachwendezeit. - Das Südufer des Sees vor Einsetzen der Naturschutzbewegung beschreibt "Straubes Märkisches Wanderbuch Teil 1: Östliche und südöstliche Mark", Geographisches Institut und Landkarten-Verlag Jul. Straube, Berlin 1920, auf S. 58 für den Bereich vom heutigen "Hotel Müggelsee" zum Restaurant "Müggelhort": "Fußpfad, interessant an dem im Sommer von Ausflüglern und Ruderern, die hier in Zelten nächtigen, belebten Strand."
  58. Vergleiche dazu auch Ernst Mylius, "Wetterkunde für den Wassersport", Verlag Klasing & Co. Berlin 1926, S. 68: "Im Binnenland muss man auf offenen Segelbooten in der Windstille des Windschutzes dem Umstande Rechnung tragen, dass sich unmittelbar an diese Stille sehr oft heftige Windstöße schließen, welche von Fallwinden herrühren, die nach Art eines Wasserfalles über die Hindernisse herabkommen, welche die Windstille verursachen. Diese Windstöße machen für offene Boote die Gefährlichkeit mancher Gewässer aus, die ohne die Hügel am Ufer ganz harmlos wären, so z.B. die Nordostküste von Rügen, die Kieler Föhrde, der Müggelsee bei Berlin, viele Gebirgsseen u. a. m."
  59. "Als man anfing, das Wasser hier zu entnehmen, da legte man die großen Saugrohre in den See selbst und schickte das Wasser, ehe man es nach dem Wasserturm in Lichtenberg pumpte, durch große Filter. Später begann man hier von der Entnahme des Oberflächenwassers, wie an den meisten übrigen Stellen auch, abzusehen und zur Grundwasserentnahme überzugehen. Man bohrte in der nördlich an den Großen Müggelsee angrenzenden Heide eine große Anzahl von Bohrlöchern, um die unteren Grundwasserhorizonte der Gegend zu untersuchen, und man erschloss dadurch unter dem obersten, etwa mit dem Müggelspiegel gleich stehenden oberen Grundwasser in einer Tiefe von rund 50 m einen tieferen, sehr ergiebigen Grundwasserhorizont, der auch an anderer Stelle in der Umgebung von Berlin, so am Tegeler See und im Grunewald, angetroffen worden ist. Bis hinab in diese Schichten teufte man dann eine Reihe von großen Brunnen ab, in denen sich das Grundwasser sammelt, und aus denen es nunmehr emporgehoben und in die Filter und Enteisungsanlagen [zum Herausfiltern des Eisens] eingelassen wird. [...] In ungeheurer Menge findet sich [im Müggelsee] die vor kaum einem Jahrhundert erst [um 1824] vom Kaspischen Meer her eingewanderte Dreissena polymorpha und auch der Lithoglyphus naticoides, der erst in noch späterer Zeit in die Gewässer der Mark eingedrungen ist. ... Von Interesse ist auch, dass ein Teil dieser Müggelseefauna sich in den Röhren der Berliner Wasserwerke wiederfindet, und zwar vor allem in dem Stück, das sich zwischen der früheren Entnahmestelle aus der Müggel und dem Einlauf in die Filter befindet. Hier zeigte sich bei einer vorgenommenen Reinigung, dass das Rohr ganz dicht besetzt war mit zahllosen Exemplaren der Dreissena polymorpha, die sich mit ihren Byssusfäden ringsum an der inneren Rohrwandung angesetzt hatte. Zwischen ihr fanden sich auch einige Limnäen und Bythinellen und mehrere stattliche Exemplare des Süßwasserschwammes (Spongilla fluviatilis). Die Tiere müssen durch das mit einem engmaschigen Siebe versehene Stichrohr als winzige Brut an ihre heutige Wohnstätte gekommen sein. Von Interesse ist es, dass sie trotz der völligen Dunkelheit, in der sie hier zu leben gezwungen waren, sich so gut wie gar nicht geändert haben. Nur ein wenig kleiner und dicker werden die Dreissenen als in der offenen Müggel." (Hans Menzel (1875-1914): Geologisches Wanderbuch für die Umgegend von Berlin. Verlag von Ferdinand Enke, Stuttgart 1912, S. 20 f. und S. 22 f.)
  60. "Hier wird unter Leitung von Prof. Dr. Schiemenz die künstliche Züchtung und Veredlung der Fischarten auf wissenschaftlicher Grundlage betrieben. Zu diesem Zwecke enthält einerseits das schmucke Häuschen, in dem die Station ihr Unterkommen gefunden hat, im Erdgeschoss eine Reihe von künstlichen Wasserbehältern, zum anderen sind in weiterer oder geringerer Entfernung am Ufer des Sees oder im Walde Fischteiche angelegt worden, und schließlich bietet die Müggel selbst ein reiches Beobachtungsmaterial dar." (Hans Menzel (1875-1914): Geologisches Wanderbuch für die Umgegend von Berlin. Verlag von Ferdinand Enke, Stuttgart 1912, S. 21) – Zum Institut für Binnenfischerei siehe Werner Steffens: "Fischereiforschung am Müggelsee" (= Friedrichshagener Hefte Nr. 30), Berlin-Friedrichshagen 2003, zu beziehen beim Antiquariat Brandel, Berlin-Friedrichshagen. Das Grab von Prof. Paulus Schiemenz (1856-1936) auf dem Christophorus-Friedhof in Köpenick ist erhalten.
  61. Bis ins 19. Jh. war es in Deutschland, anders als in Schweden oder den Niederlanden, nicht gelungen, die Seezeichen des eigenen Staates auf einen einheitlichen Standard festzulegen. Da Preußen das deutsche Land mit der größten Küsten- und Wasserstraßenlänge war, errichtete das Technische Dezernat für Seezeichenwesen 1913 auf dem Müggelsee das "Seezeichenversuchsfeld". Hier testete man verschiedenste Farben und Formen von Spieren, Baken, Toppzeichen, Tonnen, Leuchtfeuern, die teils in anderen deutschen Teilstaaten, teils im Ausland verwendet wurden, auf Erkennbarkeit, Farbe (Rot-Grün-Kontrast!), Wellen- und Eisresistenz usw. Die einheitlichen Markierungen heutiger deutscher Wasserstraßen gehen zum großen Teil auf diese Versuche zurück. Erst nach dem Ende des 2. Weltkriegs wurde das Versuchsfeld nach Stralsund verlegt. Interessenten können noch bis 2018 die Sonderausstellung "Seezeichen!" des Deutschen Technikmuseums in Berlin besichtigen.
  62. Nach dem Strandbad Wannsee (1907) war das 1912 eröffnete Strandbad Müggelsee die zweite große Badeanstalt Berlins, die die unter zunehmender Wasserverschmutzung leidenden Flussbadeanstalten im Stadtzentrum entlastete. (Noch in den 1920er Jahren sollen drei von vier Berliner Wohnungen kein eigenes Bad gehabt haben!) Die nahe "Zeltstadt" (der Begriff "Campingplatz" wurde erst nach 1945 übernommen) schrieb Campinggeschichte: um 1908 soll der Berliner Schneider Karl Kuschfeld, krankheitshalber in Fichtenau wohnend, an dieser Stelle aus Nesseltuch der eigenen Werkstatt und den Besenstielen seiner Frau einen Baldachin zum Übernachten gebastelt haben. Auch andere Großstadtflüchtlinge entwickelten zu dieser Zeit "Zelte", für Berlin aber war Kuschfeld der erste. Der Überlieferung nach soll er seine Zelte als Umkleidekabinen der schon damals hier badenden Familien verliehen und so sein Einkommen aufgebessert haben ("Der Morgen", 18. 5. 1968; "Der Kanu-Sport", Heft 7/1968, S. 14). War es bislang üblich gewesen, in Gasthäusern und Scheunen zu übernachten, verbreitete sich nun die Idee einer tragbaren Übernachtungsmöglichkeit, die unabhängig machte. – Manche Bezeichnungen übernahmen Paddler speziell für sich: "Negerdorf: Bezeichnung für eine Kanuten-Ferienkolonie. Einwohner sind vielfach Angehörige eines Nudisten-Stammes. Auf Sommersonnenwenden wird brauner Farbe mit Kaffeegrund nachgeholfen." (Albrecht Dethlefsen: Kanusportliches Alphabet. In: "Kanusport-Nachrichten" 9/1950, S. 202 f.)
  63. Die Tafeln, Bälle und Lattenzeichen (welche nur versuchsweise eingeführt sind) an den Ein- und Ausmündungen der einzelnen Wasserstrecken haben nicht die Bedeutung von Richtungsbaken (darum spielt auch die Farbe und Gestalt derselben keine Rolle), sondern zeigen nur die Stelle der Mündung an. Tonnen, Bober und Stangen dagegen bezeichnen die Fahrstraße, und zwar bleiben die roten Tonnen, Bober und Stangen bei Fahrten stromaufwärts immer rechts, die schwarzen demnach links liegen. Für diese Richtungszeichen wenden wir den einheitlichen Namen "Tonne" an. Die weißen Tonnen liegen nur im Frühjahre aus und bezeichnen, wie aus den oft auf diesen Tonnen angebrachten Tafeln ersichtlich ist, das Laichschonrevier. Schließlich sei noch bemerkt, dass die Lage der die Untiefen anzeigenden Tonnen öfter im Jahre wechselt. Gelbe Tonnen sind meistens Privattonnen (Regatta- und Badetonnen). (Anmerkung von Keller)
  64. Von der Ausfahrt aus dem Müggelsee ab dürfen Segelboote nicht mehr kreuzen. (Anmerkung von Keller)
  65. Der Wasserwanderer, der mehr Kilometerstationierungen wünscht, schaffe sich den für die Berufsschifffahrt bestimmten: Führer auf den Deutschen Schifffahrtsstraßen an. Bearbeitet im Reichsverkehrsministerium, Abt. für Wasserstraßen, Luft- und Kraftfahrwesen, in 6 Teilen. 1. Teil: Das Rhein-Donau-Gebiet. 2. Teil: Das Ems-Weser-Gebiet. 3. Teil: Das Elbe-Gebiet. 4. Teil: Das Gebiet der Märkischen Wasserstraßen. 5. Teil: Das Oder-Gebiet. 6. Teil: Das Weichsel-Gebiet und die östlichen Schifffahrtsstraßen. Gea-Verlag G. m. b. h., Berlin W 35, Potsdamer Str. 110. - Auch die Entfernungen dieses Führers stützen sich auf dieses Material, sind also amtlich. (Anmerkung von Keller)
  66. Oskar Rupertis "Führer für Wanderruderer", Wassersport-Verlag Berlin 1910, schreibt zum Neuen Krug: "von Ruderern sehr besucht" (S. 327). - Die genannte "Insel", der 3370 m² große "Schilfwall", ist heute mit mehreren Lauben bestanden und soll, da Bundeseigentum, an Privat verkauft werden (Berliner Zeitung, 9./10.8. 2014).
  67. Von der Abzweigung der Rüdersdorfer Gewässer im Dämeritzsee bei km 11,7. (Anmerkung von Keller)
  68. Schild: W.-R.-V. bedeutet, dass der Wanderruder-Verband die Besitzer verpflichtet hat, für gute Instandhaltung der Steganlagen, Umkleidegelegenheit und Waschutensilien zu sorgen; einige Reparaturgeräte bereit zu halten. Bei den weiter entfernten Wirtshäusern kommt hinzu die Verpflichtung, Unterkunft für Boote zu gewähren und nicht zu teure Quartiere und Verpflegung zu bieten. (Anmerkung Kellers in der 2. Auflage 1909, S. 11)
  69. Wie unbedeutend Erkner noch zum Ersten Weltkrieg war, zeigt die Kürze der Notiz im "Wanderbuch für die Mark Brandenburg und angrenzende Gebiete, Erster Teil: Nähere Umgegend Berlins" von Emil Albrecht (1856-1920), Alexius Kießling Buch- und Landkartenverlag Berlin, 10. Aufl. 1912, S. 92: "Erkner, Dorf im Kreise Nieder-Barnim (3847 E.), liegt freundlich zwischen dem Flakensee (n.; 75,5 ha, 9,8 m t.) und dem Dämeritzsee (w.; 112,6 ha, 4,4 m t.). Südl. geht von der Bahnhofstraße alsbald r. ab die Chaussee nach Hessenwinkel und Friedrichshagen (Berliner Str.). L., jenseit der Brücke über den beide Seen verbindenden Kanal, führt die Friedrichstraße zu der got. Genezarethkirche von Leitnitz (über dem Eingang in Bronze der Erzengel Michael, von Mor. Wolff); davor das hübsche Kriegerdenkmal (Krieger mit der siegreich verteidigten Fahne heimkehrend; am Sockel das Medaillonbild Kaiser Wilhelms I.), gleichfalls von Mor. Wolff (15 Min. vom Bahnhof)."
    Näheres zum Umfeld der nachfolgend beschriebenen Seen in:
    • Jörg Lüderitz: Orts- und Wanderführer Erkner und Umgebung. Verlag Bock & Kübler, Erkner 2002, ISBN 978-3-86155-066-2
    • Jörg Lüderitz: Orts- und Wanderführer Rüdersdorf und Umgebung. Verlag Bock & Kübler, Erkner 2000, ISBN 978-3-86155-098-3
    • Jörg Lüderitz: Orts- und Wanderführer Woltersdorf / Schleuse und Umgebung. Verlag Bock & Kübler, Erkner 2006, ISBN 978-386155-083-9
    • Jörg Lüderitz: Orts- und Wanderführer Grünheide und Umgebung. Verlag Bock & Kübler, Erkner 1997, ISBN 978-3-86155-065-5
      (Der Autor, seines Zeichens Buchhändler, lebte vier Jahrzehnte in Grünheide und war nicht nur Heimatforscher, sondern auch begeisterter Radfahrer und Paddler.)
  70. Von der Abzweigung der Rüdersdorfer Gewässer im Dämeritzsee. (Anmerkung von Keller)
  71. Dazu und zum damaligen Erlebnis der Löcknitz siehe auch den Artikel "Die Löcknitz" des Schriftstellers Richard Nordhausen (1868-1941), erschienen im "Berliner Lokal-Anzeiger" 1901/02. Die Verbreitung des Blattes (es war die erste richtige Massenzeitung Berlins) dürfte dem Rudersport Zulauf gegeben haben, denn der Herausgeber "erzog nach seinem Bilde Unmassen von Kleinbürgern" (Heinz Knobloch). Zur Bedeutung Nordhausens für den Berliner Rudersport, die dem Rang Kellers gleicht, siehe die Festschrift "100 Jahre Märkischer Ruderverein 1901-2001" ab S. 20. - Zur Geschichte der Ausflugslokale entlang der Löcknitzseen siehe Holger Lehmann: Berliner Ausflüge. Unterwegs zu den schönsten Zielen des alten Berlin. Verlag für Berlin-Brandenburg 2011, ISBN 978-3-942476-02-7, S. 116-119.
  72. Der Südteil des Flakensees rund um die Löcknitzmündung heißt in Wanderführern der Jahrhundertwende geradezu "der Moder" (z. B. "Das kleine Wanderbuch - 100 Beliebte Ausflüge und Wanderungen in die nähere und weitere Umgebung von Berlin", Verlag für Heimatliche Kultur Willy Holz, 3. Aufl. ca. 1910, S. 99; "Wanderbuch für die Mark Brandenburg und angrenzende Gebiete, Erster Teil: Nähere Umgegend Berlins" von Emil Albrecht, Alexius Kießling Buch- und Landkartenverlag Berlin, 10. Aufl. 1912, S. 99).
  73. Dass diese Anordnung eine preußische war, beleuchtet das "Märkische Ruderbuch", Verlag für heimatliche Kultur Willy Holz Berlin, 4. Auflage ca. 1924, S. 42: "Zum Befahren der Löcknitz mit Motorbooten verlangt das Wasserbauamt in Cöpenick eine strom- und schifffahrtspolizeiliche Genehmigung, welche auf Wunsch unentgeltlich - jedoch gegen 3 M. Stempelgebühr - gewährt wird."
  74. Von der Einmündung der Schiffbaren Löcknitz in den Flakensee. (Anmerkung von Keller)
  75. Die Lyraecke dürfte im ersten großen Mäander gelegen haben, der, vom Abzweig am Wupatzsee gerechnet, an der Alten Löcknitz 700 m stromauf liegt. Rund 25 km von den Berliner Vereinen entfernt, war dieser Abschnitt als Übernachtungsplatz so populär, dass selbst die sonst zurückhaltenden Messtischblätter der 1920er/1930er Jahre die Ufer als "Zeltplätze" kennzeichnen. Paula Foerster schreibt in ihrem "Märkischen Wanderkamerad" der 1920er Jahre, dass der Unterlauf der Löcknitz "manchmal so dicht mit Ruderbooten belebt ist, dass man von Weitem das Wasser kaum sieht", und "ein Wochenendzelt neben dem anderen im Sommer am Ufer aufgeschlagen ist" (Band 2, S. 15 f.) (Noch das DDR-"Wasserwanderbuch" von 1953 lockt auf S. 137: "sehr schöne Zeltplätze".) Heute verstecken sich auf den früheren Uferwiesen Bungalows der 1970er Jahre; auch die Lyraecke ist damit zugebaut worden. Interessant ist, dass der Absatz zur Lyraecke in der 1. Auflage 1897 im Präsens, in der 2. Auflage 1909 aber schon im Präteritum steht und in der 3. Auflage 1919 ganz gestrichen ist. - Dass sich Keller als "Erknerianer" bezeichnet, obwohl er die 1920er Jahre über in Köpenick lebte, kommt daher, dass er zur Zeit der 1. Auflage 1897 im zu Erkner gehörenden Neu-Rahnsdorf (dem heutigen Viertel um den Püttbergeweg) gewohnt hatte. - Aloys Hennes (1827-1889), Musikprofessor in Berlin und "Vater der eigentlichen Wegweiser für die Mark", schrieb 1878 unter dem Titel "100 Ausflüge in die Umgegend von Berlin" den ersten Berliner Umland-Wanderführer. (Zu dieser Zeit waren gerade mal zwei der fünf "Wanderungen"-Bände Fontanes erschienen!) "Das Buch, mit Lust und Liebe angefertigt, erfreute sich bald großer Verbreitung. Freilich hatte es manche Mängel; vor allem war es vielfach zu weitschweifig, ja geschwätzig. Erheblich verbessert wurde es in den folgenden Auflagen. ... Ein anderes Büchlein '32 Ausflüge in die weitere Umgegend von Berlin' (Biesenthal, Eberswalde, Chorin, Oderberg, Freienwalde und Buckow) hatte derselbe Verfasser bereits 1880 herausgegeben." (Emil Albrecht: Wie Kießlings Wanderbuch entstand. In: "Die Mark, Illustrierte Zeitschrift für Heimatwandern und Landeskunde der Mark Brandenburg", XVI. Jahrg., Heft 12 / Mitte Juli 1920, S. 108 f.) Keller schreibt in der 1. Auflage 1897 das genannte Zitat den "100 Nachmittags-Ausflügen" zu, obwohl er Hennes in den Quellenangaben im Vorwort der 1. Auflage sonst nicht aufzählt. Da er in der 2. Auflage keine Quellenangabe mehr macht, ist es denkbar, dass Hennes' Buch schon Allgemeingut war.
  76. Schon Wasserwanderkarten der Zeit um 1935 verzeichnen den Oberlauf zwischen Kienbaum und Klein Wall als "gesperrt". Zu DDR-Zeiten war dieser Abschnitt nicht direkt gesperrt, aber beschwerlich zu befahren. Seit 1993 ist der Oberlauf der Löcknitz zwischen Fangschleuse und Kienbaum aus Naturschutzgründen erneut gesperrt und, da nicht beräumt, nicht mehr befahrbar. Damit ist die beschriebene Tour unmöglich geworden.
  77. Nachdem auf der Löcknitz schon um 1850 eifrig geflößt worden war, wurde das Fließ 1873-75 für Ziegelkähne ausgebaut. Allerdings hatten bei einer Fahrwassertiefe von 1 m nur 90-Tonnen-Schiffe Raum. Die Dampfergesellschaft Stern, die 1902 kleine Motorschiffe erwarb, befuhr ab diesem Jahr auch die noch ganz unbebauten und unberührten Löcknitzseen mit Ausflugsdampfern. Mit dem Aufschluss des Kiessees um 1912 bauten die Märkischen Sandwerke die Löcknitz auf 2 m Wassertiefe und 18,50 m Breite aus. Da ihre Schlepper vier Frachtschuten zogen, war die Begradigung einer großen Windung nötig. Ausbau und Begradigung müssen kurz vor den Ersten Weltkrieg geschehen sein, denn während Emil Albrechts "Wanderbuch für die Mark Brandenburg - Nähere Umgebung Berlins" von 1912 noch nichts verlauten lässt, schreibt die 1917er Auflage schon vom "neuen Löcknitzkanal". — Die Fangschleuse, die dem Ort den Namen gab, "wurde in den 70er Jahren des 19. Jahrhunderts beseitigt, als der Abflussgraben der Seen und die untere Löcknitz für größere Kähne schiffbar gemacht wurden, und an ihre Stelle trat eine Holz-, jetzt steinerne Brücke." (2. Auflage 1909, S. 23)
  78. Der Maler Walter Leistikow (1865-1908), ein Zeitgenosse Kellers, entwickelte um die Jahrhundertwende eine neue, sensible Sicht auf die Stimmungen der Natur. Er suchte seine Motive an den Seen nahe der Großstadt, die jedem Ausflügler bekannt waren. Leistikows "Grunewaldsee" kam sogar in die Nationalgalerie und war bei Berlinern sehr beliebt; dass dem Kaiser die Bilder missfielen, dürfte ihre Popularität unter Bildungsbürgern noch erhöht haben. Seine Bilder sind so suggestiv, "dass jeder Besucher des Grunewaldes, der einmal ein Leistikowsches Grunewaldbild gesehen hat, ganz außerstande ist, diesem Bild nicht auf Schritt und Tritt in der Natur zu begegnen" (Lovis Corinth). "Leistikowmotive" sind noch unter Wassersportlern der nächsten Generation ein geflügeltes Wort gewesen. Wahrscheinlich hat auch Keller die Bilder des Malers verinnerlicht. - Der Name der Brücke rührt von Aufenthalten Leistikows in Grünheide 1907/08 her, bei denen mehrere Bilder der Löcknitzseen entstanden, und wird schon 1909, nur ein Jahr nach Leistikows Tod, in Straubes "Märkischem Wanderbuch" (Teil III, S. 18) gebraucht. Man sollte mit den Augen des Malers von der Brücke aus die Sonne über Löcknitz und Wupatzsee untergehen sehen.
  79. Siehe dazu "Straubes Märkisches Wanderbuch Teil III", Geographisches Institut und Landkarten-Verlag Jul. Straube Berlin 1909, S. 22 f.: "Im W breitet sich der herrliche Werlsee aus, in dessen Mitte die von einem Baumkranze umzogene Insel Lindwall liegt, auf der einst ein Jagdschloss Joachims II. (Sage vom vergrab. Schatz) bestanden hat. ... Von der Brücke u. vom Garten des Gasth. zum Werlsee hübscher Blick auf den See, den Lindwall und Grünheide."
  80. Schild: W.-R.-V. bedeutet, dass der Wanderruder-Verband die Besitzer verpflichtet hat, für gute Instandhaltung der Steganlagen, Umkleidegelegenheit und Waschutensilien zu sorgen; einige Reparaturgeräte bereit zu halten. Bei den weiter entfernten Wirtshäusern kommt hinzu die Verpflichtung, Unterkunft für Boote zu gewähren und nicht zu teure Quartiere und Verpflegung zu bieten. (Anmerkung Kellers in der 2. Auflage 1909, S. 11)
  81. Das Lokal wirbt auch im "Märkischen Ruderbuch", Verlag für heimatliche Kultur Willy Holz Berlin, 4. Auflage ca. 1924: "Bergluch bei Fangschleuse: Restaurant u. Logierhaus Zum Seeblick. Gute Anlegestelle für Ruderer, Segel- und Motorboote. Für gute Verpflegung und Unterkunft ist best. gesorgt. Fernsprecher: Amt Erkner Nr. 207. Inhaber Max Hiller." (Anzeigenteil, S. 8)
  82. Die Nachkriegszeit scheint dem renommierten Haus zugesetzt zu haben. In der 3. Auflage 1919 heißt es "das frühere Sanatorium Seeeck, jetzt Kurhaus Petersen" (S. 25). Im "Märkischen Ruderbuch", Verlag für heimatliche Kultur Willy Holz Berlin, 4. Auflage ca. 1924, wirbt es wieder selbstbewusst: "Grünheide i. d. Mark, Bahnstation Fangschleuse. Kurhaus am Petzsee, Inhaber Richard Crahé. Altrenommiertes Haus. Für Erholungsbedürftige ruhiges Wohnen bei reichlicher, vorzüglicher Verpflegung. Für Passanten angenehmer Aufenthalt in schattigem Garten mit wunderbarer Aussicht über den Petzsee. Gutgepflegte Weine und Biere. Anlegestelle der Dampfschiffsges. Stern. Für Sport- wie Motorboote besondere Anlegestelle. Speisen nach der Karte zu jeder Tageszeit. Diners in jeder Preislage. Zimmer mit und ohne Pension. Fernsprecher: Erkner Nr. 15." (Anzeigenteil, S. 8) Heute steht das "Hotel am Peetzsee" an seiner Stelle, "das traditionsreichste Gasthaus in Grünheide".
  83. Im "Märkischen Ruderbuch", Verlag für heimatliche Kultur Willy Holz Berlin, 4. Auflage ca. 1924, wirbt das "Hotel Werlnixe" mit den Worten: "Inhaber L. Bensing. Gute Anlegestelle f. Ruder- und Motorboote. Zimmer mit und ohne Pension." Daneben lockt die Anzeige von "Vater Fielitz" (den heutigen "Seeterrassen"): "Gute Anlegestelle f. Ruder- und Motorboote. Beste Unterkunft und Verpflegung. Großer Tanzsaal. Schattiger, gross. Garten direkt a. Wald und Wasser." Eine Seite weiter lobt sich das "Hotel und Restaurant 'Zum Werlsee'": "Besitzer Karl Glase, [...], Großer Saal, schattiger Garten, Kegelbahn. Zimmer für Vereine und Festlichkeiten. Speisen nach der Karte zu mäßigen Preisen. Motorbootstation. Bootsschuppen für Ruderer. Ausspannung. Eigener Omnibus. Fuhrwerk zu jeder Zeit." (Anzeigenteil, S. 8-10) Der Ton dieser und weiterer Anzeigen lässt spüren, welchen Rang die Seenkette in den 20er Jahren als Ausflugsziel am Wochenende hatte.
  84. Schild: W.-R.-V. bedeutet, dass der Wanderruder-Verband die Besitzer verpflichtet hat, für gute Instandhaltung der Steganlagen, Umkleidegelegenheit und Waschutensilien zu sorgen; einige Reparaturgeräte bereit zu halten. Bei den weiter entfernten Wirtshäusern kommt hinzu die Verpflichtung, Unterkunft für Boote zu gewähren und nicht zu teure Quartiere und Verpflegung zu bieten. (Anmerkung Kellers in der 2. Auflage 1909, S. 11)
  85. Der Artikel "Nachtfahrt" des Schriftstellers Richard Nordhausen, erschienen im "Berliner Lokal-Anzeiger" 1901/02, beschreibt eindrücklich die Stimmung, die nächtliche Ruderer am Müggelsee empfanden. Interessant dabei ist aber, dass die Passage in dieser Form schon in Kellers 1. Auflage von 1897 auftaucht (S. 23)! Wer inspirierte hier wen?
  86. Wie die Villen der Erkneraner "Reihe" vor dem Bombenangriff 1944 einmal ausgesehen haben, kann man anhand des einzig erhaltenen heutigen Rathauses noch erahnen.
  87. Welcher Verkehr sich durch das Flakenfließ wälzte, ist aus den untenstehenden Verkehrszahlen der Woltersdorfer Schleuse abschätzbar. Noch 60 Jahre später warnte der DDR-"Wasserwanderatlas Märkische Gewässer": "Im Flakenfließ besteht Überholverbot. Nicht auf gleicher Höhe mit den Frachtschiffen fahren." – Der Teerproduktion in Erkner ist es zu verdanken, dass das Flakenfließ unter Wassersportlern jahrelang "Teerkanal" hieß: noch um 1980 "zog man ein gelbes Paddel, das man ins Wasser steckte, grau wieder hinaus". Erst mit dem Bau von Kläranlagen Mitte der 1980er Jahre besserte sich die Wasserqualität.
  88. Bis zur 5. Auflage 1925 war es noch das "Kaiser-Wilhelm-Bad". Offenbar wechselten Namen und politische Moden schon damals.
  89. Dampf- oder Motorschlepper kamen um Berlin in größerer Zahl erst in den 1920er Jahren auf. Bis dahin wurden die schweren Lastkähne gesegelt oder gestakt (ein einzelner Mann kann durchaus einen 600-Tonnen-Kahn vorwärts staken). Da die hohen Hügel rund um Flaken- und Stienitzsee den Segelwind abschirmten und beide Seen zu tief zum Staken waren, mussten sich die Schiffer an einer Reihe von in 3 m Abstand eingerammten Pfählen vorwärts ziehen.
  90. Alle Beschreibungen Kellers, auch die in früheren Auflagen, gehen unausgesprochen von langem Warten an der Woltersdorfer Schleuse aus. Damals nämlich wurde der in den Brüchen gewonnene Kalk und Zement per Schiff an die Baustellen der rasant wachsenden Stadt gefahren. Ohne das nahe Rüdersdorf, den einzigen Kalksteinbruch Brandenburgs, hätte Berlin nie die Größe erreicht, die es hat. Rüdersdorfer Steine stecken im Turm der Marienkirche am Alexanderplatz (um 1230) ebenso wie in den Terrassen von Schloss Sanssouci (um 1745) und im Brandenburger Tor (um 1790), der ab 1885 produzierte Zement in den zahllosen Mietshäusern und in der Rüdersdorfer Autobahnbrücke. Die Bedeutung des Wasserwegs ist daran ersichtlich, dass die Staustufe Woltersdorf schon um 1550 erbaut wurde, und zwar nicht, wie sonst, vorrangig zum Mühlantrieb, sondern bewusst dazu, die Schifffahrt zu verbessern! Zusammen mit den Schleusen von Brandenburg, Spandau und Berlin-Mitte zählt die Woltersdorfer zu den ältesten der Gegend. Um 1850 sind bis zu 216.000 m³ gewonnener Kalkstein durch die Schleuse verschifft worden, was 15.000 - 16.000 Großplauermaßschiffe und dazu noch einige hundert Holztransportkähne pro Jahr bedeutete. Durchschnittlich sind das (bei zwei Eismonaten) 50-52 Schiffe pro Tag - in einer Richtung. Das war noch vor dem Bauboom der Gründerzeit! (Siehe dazu Frank Retzlaff: Schuben - Staken - Steenekieper. Zur Geschichte der Lastschifffahrt um Erkner (= Erkneraner Hefte Nr. 4), Heimatverein Erkner 2002, zu beziehen beim Antiquariat Brandel, Berlin-Friedrichshagen.) - Ruderer früherer Zeiten werden Kellers Wandervorschläge zum Zeitvertreib gerne begrüßt haben. Erst mit der Errichtung der Bootsschleppe mussten sich Wassersportler nicht mehr "hinten anstellen". Der 1967 errichtete Gleisanschluss des Kalkwerks senkte dann den Frachtschiffverkehr auf rund 7 Frachtschiffe pro Tag. Der 1991-95 neu erbaute Frachthafen am Kriensee hat daran nichts geändert.
  91. Motorboote und Dampfer dürfen bei allen Laichschonrevieren in einer Entfernung bis 30 m von der Grenze des Laichschonreviers mit einer Geschwindigkeit von nicht mehr als 4 km in der Stunde vorbeifahren. Ruderboote dürfen nicht anlegen! (Anmerkung von Keller)
  92. 1931, zwei Jahre nach Kellers Tod, schlossen sich die Siedlungen Kalkberge, Tasdorf und Rüdersdorf zur Gemeinde Kalkberge zusammen, die sich weitere drei Jahre später in "Rüdersdorf" umbenannte.
  93. In den Jahren zuvor muss der Kalkgraben aber ein begehrtes Fahrtziel gewesen sein. Die 1. Auflage 1897 klang noch ganz anders: "Die meisten Ruderer nehmen ihren Kurs über den Kalksee gerade aus, durch den Kalkgraben nach dem Kessel und kehren in dem 'Gasthof z. deutschen Hause' oder dem 'Rest. z. Dampfboot' ein." (S. 16) Offenbar war Keller mehr an Natur- als an Biergenuss gelegen, denn er fährt fort: "Sie sind dann wohl in den sogenannten Rüdersdorfer Kalkbergen gewesen, aber deren Schönheit haben sie nicht kennen gelernt!"
  94. Nach der Renaturierung der 1990er Jahre führt der Kalkgraben "nur" zu einem verwunschenen Waldweiher; die umliegenden früheren Abraumhalden sind heute bewaldet. Wer den Tagebau sehen will, muss im Kesselsee anlegen und zu der Hangmulde des Nordufers gehen, die lange Zeit den Redenkanal barg.
  95. Die Inschrift des 1883 errichteten Denkmals bezog sich nicht auf den 1. Weltkrieg, sondern auf die deutschen Einheitskriege 1864-1871. Deshalb wird "nur" der König und nicht der Kaiser erwähnt. - Nach der Erfahrung zweier Bombenangriffe wenige Stunden vor dem sowjetischen Einmarsch 1945 dürften sich die Kalkberge-Rüdersdorfer klaglos von dem Stein getrennt haben.
  96. "Das kleine Wanderbuch, 100 beliebte Ausflüge von Berlin", Verlag für heimatliche Kultur Willy Holz, Berlin, 3. Auflage ca. 1910, hat auf S. 93 wörtlich denselben Satz, nur dass es Gewinnanteil und Belegschaft auf 1907 statt auf 1910 datiert. Wer schrieb hier von wem ab? - Um die Werte einschätzen zu können, muss man wissen, dass es hier nicht um DM, sondern um Deutsche Goldmark geht; die Anrechte des Berliner Senats wurden erst 1934 abgelöst.
  97. Das "Wanderbuch für die Mark Brandenburg und angrenzende Gebiete, Erster Teil: Nähere Umgegend Berlins" von Emil Albrecht (1856-1920), Alexius Kießling Buch- und Landkartenverlag Berlin, 10. Aufl. 1912, widmet sich auf S. 94 und 96-98 ausführlich den Kalksteinbrüchen:
    "Kalkberge (bis 1903 Kalkberge Rüdersdorf; 3499 E.) bildet eine aus dem 'Alten Grund' und den 'Hinterbergen' (w. davon) vereinigte Gemeinde im Kreise Nieder-Barnim. Die aus Kalksteinen erbaute Kirche, die Post und das Amtsgericht liegen in jenem, alle in der Nähe der Hst. Seestraße. Freundliche Anlagen auf den Höhen ringsum verleihen dem wegen der Kalksteinbrüche sehr besuchenswerten Orte einen besonderen Reiz. [...]
    Den Höhenzug, der den Alten Grund von den w. und nö. gelegenen Brüchen trennt, durchbricht n. vom Kessel eine Chaussee, die, an einer Sonnenuhr (r.) vorbei, über die Kreuzbrücke nach Tasdorf führt. (Der Bahnhof [von Rüdersdorf, bei Tasdorf gelegen] ist von den Tunnels am SW.-Ende des Tiefbaues 35 Min. entfernt: bei der (5 Min.) Brücke die Chaussee r. an der großen Adler-Portland-Zementfabrik vorbei nach Kol. Schulzenhöhe, Ortsteil von Tasdorf; hier jenseit der kath. Kirche die 2. Straße l. (Schulstr.) abwärts nach den Hinterbergen, zuletzt über das Mühlenfließ ('Privatweg')). — Rechts vor dem Durchbruch der Chaussee (Friedrichstraße) steigt man auf den Schulzenberg (79 m) mit Aussichtsturm (10 Pf.); unterwegs prächtiger Blick auf das enge Tal, oben weite Aussicht bis nach Strausberg, den Rauenschen Bergen, Woltersdorfer Schleuse, dem Gosenberge, den Müggelbergen, w. und nö. auf die Brüche; Abstieg vom Turme auch nach der Sonnenuhr. Links vom Durchbruch erhebt sich der auf seinen diesseitigen Abhängen mit Weingärten bedeckte Arnimsberg (76 m), unter dem bis 1897 der Redenkanal die Gewässer des Alvenslebenbruches mit dem Kessel verband (jetzt gesperrt). Vor dem Tunnel der freundliche kleine Redenpark. Über dem Ausgang des Tunnels die Büsten von Friedrich II., Friedrich Wilhelm II. und III. sowie der Minister v. Heinitz und v. Reden. Vom Redenpark – oder von der Sonnenuhr – aufwärts zum Turnplatz (Blick in den Tiefbau) und sw. durch eine Allee zu einem Pavillon (dabei eine kleine Steinpyramide zur Erinnerung an den schwed. Geologen Torell) und zum Kriegerdenkmal, beide ebenfalls mit schöner Aussicht; unweit auch die Hohe Halde, ein weithin sichtbarer, z. T. bewachsener Schuttkegel (nicht besteigbar). Nördl. von ihr führt ein Weg am Rande des Tiefbaues zum SW.-Ende desselben.
    Jenseit des Höhenzuges liegen die Kalkbrüche: l. (sw.) von der Kreuzbrücke an Stelle des ehem. Reden- und Heinitzbruches seit 1873 der Tiefbau, dessen Kalkstein unter dem Wasserspiegel liegt; r. (ö.) im Niveau der umgebenden Gewässer der Alvenslebenbruch, der nach dem Kriensee zu seit 1903 gleichfalls als Tiefbau ausgebaut und mit großartigen Anlagen versehen ist. [...] Im allgemeinen wird eine Wanderung am Rande des Tiefbaues (die Wege sind jedoch bisweilen gesperrt!) und ein Blick von der Kreuzbrücke in den Alvenslebenbruch genügen. [...] Der Abbau erfolgt durch das sog. 'Stürzen', indem das betreffende Lager allmählich derartig unterhöhlt wird, dass es nur noch auf dünnen Pfeilern ruht, und diese dann gleichzeitig abgeschossen werden. Die Abfuhr der Steine, die man zu Kalk brennt oder für Grundmauern, in neuester Zeit auch als Zusatz zu Sand bei der Herstellung des Kalksandsteins verwendet, geschieht aus dem Bruch (Aufzugsmaschine) durch die Bahn oder auf dem Wasserwege (Mühlenfließ). Die Knappschaft der Kalkberge (etwa 1000 Mann) steht unter einer kgl. Berginspektion und feiert seit 1841 jährlich ihr Kalkfest im August. – Dem Naturforscher bieten die Brüche ein hervorragendes Interesse durch die 1875 bzw. 1879 erfolgte Auffindung von Gletscherschrammen und Gletschertöpfen am östl. Ende des Alvenslebenbruches. Der bestimmte Nachweis der ersteren durch Torell (s. o.) hatte die Aufstellung der Inlandeistheorie für Norddeutschland zur Folge. Infolge der Erweiterung des Bruches nach O. sind diese Spuren der Eiszeit jetzt leider fast ganz verschwunden.
    Am SW.-Ende des Tiefbaues fallen die malerischen Ruinen alter Kalköfen ins Auge, diesseit wie jenseit des Höhenzuges. Durch diesen selbst gehen hier zwei Tunnels nach den Hinterbergen: r. unten direkt nach der kgl. Berginspektion; l. oben, am Ende des direkten Weges von Hst. Seestraße, der Tunnel, der den Hauptverkehr vermittelt (r. daneben der ehem. Bülowkanal, jetzt gesperrt). Jenseit des Tunnels (Heinitzstr.): r. gleichfalls zur Berginspektion und weiter zum Rest. zum Bergwerk (Motorboote nach Erkner); - geradeaus Weg zum Bhf. Rüdersdorf; - l. nahebei das Gasth. zur Linde. Sofort jenseit dieses Tunnels führt ein Pfad aufwärts, der sich bald teilt: r. zum Denkmal für den ehem. Bergrat v. d. Decken (Obelisk mit Medaillonporträt) (ein 1889 verstorbener Nachfolger Graf v. Redens, d. Abtipper); - l. auf den Glockenberg, von dessen Tempelchen man die Hinterberge mit dem aus dem Stienitzsee kommenden Mühlenfließ überblickt. Ein anderer Aufstieg auf den Berg beginnt gegenüber der Berginspektion. – Nö. unterhalb des Glockenberges, am Rande des Tiefbaues, hübsche Anlagen, dann die Maschinenhäuser und ein Aufzug, endlich an der Tasdorfer Chaussee die neueren Kalköfen und jenseits ein riesiger Ringofen, gleichfalls fiskalisch; neben diesem das Zementwerk von Wagner.
    Will man noch die neuen Anlagen im Alvenslebenbruch besuchen, in denen wochentags viel Leben herrscht, so geht man vom Ringofen hinüber nach dem Kriensee, dann an ihm entlang, weiter durch einen Tunnel zum alten Bruch und r. zur Kreuzbrücke. Die Wanderung ist interessant, aber ziemlich unbequem."
    "Allerlei seltene Blumen blühen hier: dänischer Tragant, gelber Huflattich, Wundklee, das blaublümige Wintergrün, Astern und Anemone sylvestris, an allen Hängen Heckenrosen... und eine botanische Seltenheit: es ist dem auch sonst um Kalkberge Rüdersdorf wohlverdienten Direktor der Rüdersdorfer Dampfschiff-AG., Winkler, gelungen, Edelweiß zur Blüte zu bringen, die Blume, die sonst nur in den Alpen gedeiht." (Märkisches Wanderbuch. Ausflüge rund um Berlin und nach den schönsten Punkten der Mark. Ullstein & Co., Berlin 1911, S. 130.)
    Die Rüdersdorfer Bergbaulandschaft hat sich seitdem stark verändert. Kannte Keller den Kalksteinbruch noch in zwei Teilen, den ursprünglichen Heinitzbruch unter dem Namen "Tiefbau" als tiefen, mit Wasser gefüllten See ("Cremersee") und den in Betrieb befindlichen Alvenslebenbruch als östlich anschließendes Loch mit Sohle über dem Wasserspiegel, so änderte sich das Bild, als der Ertrag des Alvenslebenbruches in den 60er Jahren des 20. Jh. zur Neige ging. Als Ausweg blieb nur das Trockenlegen des Cremersees, die Vereinigung des alten "Heinitzbruches" mit dem angrenzenden Alvenslebenbruch und der nun mögliche Aufschluss neuer, tieferer Abbausohlen. Der Heinitzbruch war 1914 stillgelegt worden und in der Folge mit 6.5 Mill. m³ Grundwasser vollgelaufen (in dessen azurblauer Klarheit gern gebadet und Indianerfilm gedreht wurde). Die gigantische Wassermenge musste 1975 abgepumpt werden. Damit nicht genug: dem neuen Aufschluss fiel neben Arnimsberg und Hoher Halde auch die Siedlung "Alter Grund" an der Redenstraße zum Opfer, die 1972-77 eingeebnet wurde; die Bewohner wurden in die Neubaublocks zwischen Brückenstraße und Autobahn gesetzt. Die Reste des Redenparkes am Nordhang des Kalkgrabens versanken im Gestrüpp. Schornsteine der Kalkwerke überzogen die Umgebung so dick mit Kalkstaub, dass Botaniker ein Wachstum der Orchideenwiesen registrierten. Besichtigungen, wie hier aus der Vorkriegszeit beschrieben, waren zu DDR-Zeiten undenkbar: alle großen Industrieanlagen unterlagen dem "Geheimnisschutz" und waren Betriebsfremden nicht zugänglich. Erschwerend kam dazu, dass in Rüdersdorf Häftlinge zur Zwangsarbeit eingesetzt wurden.
    Heute sind Heinitz- und Alvenslebenbruch in einem riesigen, 4 × 1 km großen Tagebauloch aufgegangen. Derzeit bricht man Kalkstein auf vier Sohlen: in +35 m ü. NN, + 5 m ü. NN, -25 m unter NN und -55 m unter NN, was eine Tagebautiefe von 140 m bedeutet - tiefer als die Lausitzer Kohlegruben! Die "Blühenden Landschaften" der deutschen Vereinigung erwiesen sich jedoch auch hier als Ruderalflora: von den 3200 Beschäftigten 1989 blieben 1994 noch ganze 750 übrig.
  98. Von der Einmündung des Stolpgrabens in die Rüdersdorfer Gewässer (Kalksee) bei km 6,5. (Anmerkung von Keller)
  99. Angesichts des mächtigen Werkes scheint Keller die alten Brennöfen des rechten Ufers kaum bemerkt zu haben. Dabei bilden diese heute als "Museumspark Rüdersdorf" ein vielbesuchtes Freilichtmuseum, dessen Kran-Sammlung auch vom Wasser auffällt. - Die Readymix-Gruppe, die den Steinbruch 1990 kaufte, zog es vor, ein völlig neues Werk "auf die grüne Wiese" zu bauen und die bisherigen Standorte zu schließen. Das hier genannte spätere "Zementwerk I" an der Ernst-Thälmann-Straße wurde stillgelegt und abgerissen.
  100. Der Wasserweg zum Stienitzsee diente nicht dem Kalktransport, sondern der Abfuhr der Ziegel aus den Tasdorfer Ziegeleien. Eine weitere Vertiefung der Tauchtiefe auf 1,85 m geschah im Rahmen des Ausbaus der Rüdersdorfer Gewässer 1957-1959.
  101. Von der Einmündung des Mühlenfließes in den Stolpgraben bei km 5,3. (Anmerkung von Keller)
  102. Ob der Halt in Tasdorf so angenehm war? "Straubes Märkisches Wanderbuch Teil III", Geographisches Institut und Landkarten-Verlag Jul. Straube Berlin 1909, verrät auf S. 72, dass der Ort "seit 1906 Rieselgut von Lichtenberg b. Berlin ist". Auch wenn die eigentliche Verrieselung auf den Feldern zwischen Schulzenhöhe und Petershagen erfolgte, wird die Wassergüte im nahen Hohlen See (in den die Sickergräben führten) nicht berauschend gewesen sein.
  103. In der 3. Auflage 1919 hatte der Ton noch anders geklungen: "Die Erlaubnis zum Befahren des Stienitzsees wird kostenlos erteilt. Das Befahren wird nur mit Erlaubnisschein gestattet; es findet in dieser Beziehung strengste Kontrolle statt. Es ist ratsam, die Erlaubnis bereits 8 Tage vorher einzuholen. (Diese erteilt also das Rittergut Rüdersdorf, Post Tasdorf, F.: Kalkberge 75, Kreis Niederbarnim. Retourmarke beilegen!)" (S. 40) Weshalb überhaupt ein Wegezoll erhoben werden konnte, erklärt die gleiche Auflage auf S. 41: "Die (an den Flakensee) anschließenden Gewässer sind nicht öffentlich." Noch das "Deutsche Fluss- und Zeltwanderbuch" von 1939 mahnt kurz: "Erlaubnis einholen" (S. 163). Erst die Wasserwanderbücher der DDR von 1952 und 1953 verzeichnen den Anachronismus nicht mehr. - Von der Zahlstelle ist ebenso wie vom Bootsschuppen nichts mehr vorhanden. Der nachstehend erwähnte "herrliche, alte Park" hinter der Brücke ist zugewachsen, das schöne alte Gutshaus seit dem Auszug der letzten Nutzer 1986 verfallend und jetzt Ruine.
  104. Während die Beschreibung des Hegermühlenfließes auch heute zutrifft, ist der Stranggraben im Frühjahr, wenn geräumt wurde, theoretisch etwa 2 km stromauf befahrbar. Da aber der Uferwald des Stienitzsees Baumhindernisse birgt, die Straßenbrücke in Torfhaus umtragen werden muss und sich oberhalb Torfhaus das NSG "Lange-Damm-Wiesen und Unteres Annatal" erstreckt, sollte, auch wenn es kein förmliches Befahrungsverbot gibt, im Rahmen einer "freiwilligen Selbstbeschränkung" vom Befahren abgesehen werden.
  105. Industrieruinen im Gebüsch vermitteln heute ein anderes Bild vom Kriensee: mit ihren zwei markanten Schornsteinen wacht die alte Düngemittelfabrik noch an der Einfahrt des Krienkanals, doch durch die hohe Halle weht der Wind. Trotzdem ist der Kriensee für Naturfreunde bedeutsam, denn ihm strömen täglich 32.000 m³ klares, kühles Grundwasser aus der Tagebauentwässerung zu, dem See einen türkisblauen Ton verleihend; im Winter nutzen Wasservögel die offene Fläche als Refugium. Womit Keller bestimmt nicht rechnete: die kalkhaltigen Tagebauwasser sind nützlich - zur Forellenzucht ("Heinitzforelle")!
  106. Mit der fortschreitenden Eintiefung des "Tiefbaues" endete 1897 auch dessen Schifffahrtsgeschichte: die drei Kanäle, auf denen fast zwei Jahrhunderte lang der Kalkstein aus dem Bruch zu den Brennöfen gefahren wurde, wurden gesperrt und zugeschüttet. Der Heinitzkanal hatte ab 1804, der Bülowkanal ab 1816 den Tiefbau mit dem Stolpgraben / Langerhanskanal nahe des heutigen Museumsparkes verbunden. Dazu kam der 1820-1827 erbaute Redenkanal, der vom Kesselsee in den Nordostteil des Tiefbaues geführt hatte. Das Besondere an ihnen: sie durchtunnelten die angrenzenden Hügel! Zwei der drei Tunnelportale sind im Bereich des Museumsparkes heute noch zu sehen. Im 2. Weltkrieg suchten tausende Menschen vor Bomben und Häuserkampf Schutz in den Stollen, und die Geschichte der Nazi-Rüstungsfirma und des Stasibunkers, die im Tunnel des Redenkanals steckten, kann man bei Paul Bergner, "Befehl 'Filigran'", Paul Bergner Selbstverlag Basdorf, 4. Auflage 2002, S. 18-21 und S. 106, nachlesen. - Keller selbst hat offenbar nur den Alvenslebenbruch vom Kriensee aus gesehen. Man stelle sich vor, wie sein Ruderboot aus dem Dunkel des Kanaltunnels heraus in die gleißende Helle des Tiefbaues gefahren wäre...
  107. Das 6 km nordöstlich von Trebbin liegende Dorf wurde 1937 in "Märkisch Wilmersdorf" umbenannt. Solche Umbenennungen der Nazis sollten als "undeutsch" empfundene Orts-, Flur- und Gewässernamen slawischen und anderen Ursprungs durch deutsch klingende ersetzen. So ist ein vertrauliches Schreiben des Oberpräsidenten der Provinz Brandenburg, Emil Stürtz, vom 14. Juni 1937 überliefert:
    "Betrifft: Wendische Bezeichnungen für Ortschaften, Fluren, Flußläufe usw. - Aus nationalpolitischen Gründen ist es dringend erwünscht, daß, soweit irgendwie vertretbar, die bestehenden wendischen Namen und Bezeichnungen für Ortschaften, Ortsteile, Flüsse und Bäche sowie insbesondere für die sogenannten Spreewaldfließe nach und nach verschwinden und durch rein deutsche Namen und Bezeichnungen ersetzt werden. Ähnliches hat für die noch bestehenden Flurnamen zu gelten."
    1936-39 wurden auf dem Gebiet des heutigen Landes Brandenburg 49 Orte umbenannt oder ihre Schreibweise "aufgenordet" (Stürtz selbst hatte seinen ursprünglich ostpreußischen Familiennamen Sturtzimil "eindeutschen" lassen!) In Schlesien und Ostpreußen betraf das noch viel mehr Orte. Vermutlich lag die Umsetzung in der Hand der Verantwortlichen vor Ort, wobei auffällt, daß manche slawischen Namen ins Deutsche übersetzt, andere sprachlich neu geschaffen wurden, aber kaum Begriffe gewählt wurden, die sich auf die Ideologie jener Zeit beziehen. Die Kriegsvorbereitungen ließen ab 1938 keinen Raum mehr für weitere Umbenennungen. (Für Zitat und Inhalt Reinhard E. Fischer: Die Ortsnamen der Länder Brandenburg und Berlin. Alter-Herkunft-Bedeutung. be.bra wissenschaft verlag Berlin 2005, ISBN 978-3-937233-30-7, S. 216 f.) Die Umbenennungen der Nazis wurden zu DDR-Zeiten beibehalten und sind – selbst im Spreewald – auch heute nicht rückgängig gemacht worden.


Erklärung der Abkürzungen:

  • Abzw. = Abzweigung.
  • Br. = Brücke. Die den Brücken beigesetzten Zahlen (im Text in runden Klammern) geben die freie Durchfahrtshöhe der Brücke, wenn nichts anderes angegeben ist, über Mittelwasser an.
  • D.-St. = Dampferstation, Dampfersteg, Motorbootsteg.
  • E. = Eisenbahnstation. Bei zum Faltbootauf- und -abbau günstig gelegenen Bahnhöfen ist die Entfernung vom Bahnhof zum Wasser in Klammern angegeben, z. B.   E. (400 m).
  • F. = Fernsprecher.
  • Hot. = Hotel.
  • H.W. = Hoher Wasserstand.
  • J.H. = Jugendherberge.
  • K-Br. = Klappbrücke.
  • K-G. = Kanu-Gesellschaft.
  • K-Kl. = Kanu-Klub.
  • l. = links.
  • M.W. = Mittlerer Wasserstand.
  • M.N.W. = Mittleres Niedrigwasser.
  • Mdg. = Mündung.
  • N.-W. = Normalwasserstand (auf Kanälen).
  • P. = Post.
  • P-V. = Paddel-Verein.
  • R-Cl., R.-Kl. = Ruderklub.
  • R.-G. = Rudergesellschaft.
  • R.-Vg. = Rudervereinigung.
  • r. = rechts.
  • Rest. = Restaurant.
  • S.-Cl. = Segelklub.
  • Schl. = Schleuse.
  • T. = Telegraph.
  • U. = Unterbringung von Booten.
  • Y.-Cl. = Yachtklub.
  • [1,20] = Die Zahlen in den eckigen Klammern bezeichnen die Fahrwassertiefe.

  **) = lohnender Abstecher.

Die Zahlen hinter den Brücken geben die freie   D u r c h f a h r t s h ö h e   bei einem Mittelwasserstande an, wenn durch Fußnote nichts anderes gesagt ist.

Die übrigen angewandten Abkürzungen werden ohne weiteres verständlich sein.




Quellenvermerk und Bearbeitungsbericht

Dieser Text wurde von Friedrich Eduard Keller verfasst und erschien 1929 im Wasserwanderführer "Hip Hip Hurra! Straube's Führer für Wasser-Wanderer 1. Teil: Brandenburg und Oder", Geographisches Institut und Landkarten-Verlag Jul. Straube Berlin, 6. Auflage, S. 1-34 (Löcknitz) und S. 35-42 (Rüdersdorf). Der Text wurde unter Berücksichtigung der neuen deutschen Rechtschreibung aus dem Werk übertragen. Offenkundige Rechtschreib- und Kommafehler wurden dabei stillschweigend korrigiert (z.B. das originale "Johannistal" in "Johannisthal", "Müggelsheim" in "Müggelheim" geändert). Die Gliederung, die Hervorhebungen und die Sperrungen im Text folgen dem Original. Die Anmerkungen von 1929 wurden sämtlich übernommen; sie sind nach Wikipedia-Manier als anklickbare Ziffern gestaltet und leiten zu den Referenzen am Schluss des Textes. Beschreibungen von Gewässern, die heute für den Wassersport gesperrt sind, wurden weggelassen; die Auslassungen sind sämtlich im Text genannt.

Jede Auflage des Führers ist von Keller grundlegend überarbeitet und auf den neuesten Stand gebracht worden. An ausgewählten Stellen sind daher Textpassagen älterer Auflagen eingefügt, die 1929 oder schon früher aus tagesaktuellen oder politischen Gründen entfallen sind. Sie ergänzen und vertiefen das Bild der Wasserstraßen in der Rückschau. Diese Passagen sind zur Unterscheidung zum Originaltext kursiv gesetzt.

Links wurden nur dort eingefügt, wo die Erläuterung eines Sachverhaltes aus heutiger Sicht unumgänglich schien. Die Anmerkungen von 1929 wurden sämtlich übernommen; sie sind nach Wikipedia-Manier als anklickbare Ziffern gestaltet und leiten zu den Referenzen am Schluss des Textes. Für zeitgenössische Textzitate wurde bevorzugt auf Bücher zurückgegriffen, die den damaligen Wassersportlern auch zur Verfügung gestanden haben dürften.

Sämtliche Namen und Beschreibungen der Verhältnisse entsprechen dem Originaltext von 1929. Eine Aktualisierung des Textes auf heutigen Stand wurde nicht durchgeführt.


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