Erlebnisse bei der TID in Bulgarien (Heyn 1988)

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Die TID - alles, was du schon immer wissen wolltest ;-) - ein netter Bericht von der größten Wanderfahrt der Welt
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Donaufahrt Ingolstadt - Wien (Brockmann 1985) - mit der Familie auf dem schönsten Teil der Donau
Auf der TID am Vorabend des Mauerbaus (Kühnisch 2009) - ein Erlebnisbericht von der 6. TID 1961
Erlebnisse bei der TID in Bulgarien (Heyn 1988)
"Njama Problema" oder "Man kann ja nie wissen!" (Tuch 1980) - Auf Iskar und Donau unterwegs
Schiffbruch im Donaudelta (Lüderitz 1974)
Zehn Tage Donaudelta (Buhl 1988)
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Inhaltsverzeichnis

Erlebnisse bei der TID in Bulgarien

Aus dem Bezirk Potsdam hatten sich 1987 zehn Kanuten zur Teilnahme an der TID in Bulgarien entschlossen. Nach der rechtzeitigen Anmeldung im Frühjahr war auch eine sorgfältige Vorbereitung erforderlich. Die Anreise sollte mit drei PKW erfolgen. Das Touristengepäck war auf das Notwendigste zu reduzieren, um möglichst Gewicht einzusparen. Einen Monat vor der Abreise fiel ein PKW wegen Erkrankung eines Sportfreundes aus. Dadurch übernahmen zwei PKW mit einem Anhänger den Bootstransport, und zwei Personen machten die Anreise mit der Bahn.

Am 7. 8. bzw. 8. 8. war die Abfahrt. Platzkarten waren alle vergeben. So hatten wir bis Děčín einen Stehplatz, dann bis Rumänien einen Sitzplatz und für die zweite Nacht einen Liegeplatz. Es ist auch ratsam, einen gefüllten Wasserkanister mitzunehmen, da das Wasser in den Waggons schnell verbraucht ist.

In Sofia wollten wir gleich für die Rückfahrt von Russe Platzkarten kaufen. Man erhält sie aber nicht am Bahnhof, sondern im Reisebüro. Das liegt unterirdisch am Kulturpalast.

Wir hatten den Zeltplatz am Rilakloster als Treffpunkt für unsere Gruppe ausgemacht. Nach langer Suche fanden wir den außerhalb Sofias liegenden Campingplatz "Varna" vom Balkantourist. Dort schlugen wir für 4 Tage unser Zelt auf. Am 11. 8. mussten wir um 4.00 Uhr aufstehen, um die Busfahrt zum Rilakloster 6.30 Uhr nicht zu verpassen. Nach drei Stunden Busfahrt waren wir dort. Sofort kauften wir Fahrscheine für die Rückfahrt 17.40 Uhr, sonst muss man übernachten. Auf dem Zeltplatz trafen wir unsere mit dem PKW angereisten Sportfreunde. Den Hänger und die Boote hatten sie in Vidin abgestellt. Gemeinsam besichtigten wir das Rilakloster. Es ist ein einzigartiges Bauwerk. Die Zeit verging schnell. Unseren Sportfreunden lagen auch noch die Strapazen der langen Autofahrt in den Knochen. Als nächster Treffpunkt wurde der TID-Zeltplatz in Vidin festgelegt.

Am folgenden Tag machten wir in Sofia einen Stadtbummel, und am 13. 8. unternahmen wir eine Tageswanderung in das bei Sofia liegende Vitoschagebirge. Unser Ziel war der Gipfel des "Cerni Vrah", 2290 m hoch. Durch die 30 Minuten Fahrt mit einem Kabinenlift konnten wir die Aufstiegzeit verkürzen. Es waren nur noch zwei Stunden zum Aufstieg über Wege und Felsblöcke notwendig. Auf dem Gipfel befindet sich nur eine meteorologische Station, keine Hütte oder Gaststätte.

Nach einer Mittagsrast ging es die Serpentinenwege hinab zur Seilbahnstation. Am nächsten Tag wurde das Zelt abgebaut, und mit unseren Rucksäcken fuhren wir von Sofia mit einem D-Zug nach Vidin, Fahrzeit ca. fünf Stunden. Dort angekommen, fuhren wir mit einem Taxi zum 5 km außerhalb Vidins gelegenen TID-Zeltplatz, Fahrpreis 3,60 Lewa.

Neben bereits anwesenden Sportfreunden aus Leipzig wurde unser Zelt aufgebaut. Am nächsten Tag mussten wir zum Einkauf in die Stadt. Ein freundlicher bulgarischer Bauer nahm uns auf seinem Eselskarren mit. Der Busverkehr endet zwei km vor dem Zeltplatz. In den Abendstunden des 15. 8. trafen auch unsere Sportfreunde mit dem PKW vom Rilagebirge aus ein. Nach dem Zeltaufbau setzte Regen ein, und starke Windböen kündigten ein Gewitter an. Gegen 22.00 Uhr brachen in 20 m Entfernung mehrere Pappeln durch den Wind ab. Außer einem Dachschaden an der Rezeption entstand an Personen, Fahrzeugen und Zelten kein Schaden.

Am Sonntag wurden die Boote geholt und aufgebaut. Gegen 14.00 Uhr trafen die ersten TID-Fahrer ein. Viele Bekannte, die wir von der Strecke Bratislava - Mohács her kannten, wurden begrüßt. Am Nachmittag fuhren wir mit einem Bus zur Stadtbesichtigung nach Vidin (68 000 Einwohner), eine der ältesten Städte des Donaugebietes. Die ehemalige Festung "Baba Vida" wurde besichtigt. Der 17. 8. war ein Ruhetag. Wir nahmen an der Busfahrt nach Belogradtschik teil. Diese kleine Stadt ist durch ihre im Sandstein von Wind und Wetter geformten Figuren bekannt. Im Sandsteingebirge befindet sich auch eine alte Burganlage. 50 km entfernt, besuchten wir die 1968 erschlossene 2,5 km lange Höhe "Magurata". Am Abend fand auf dem Zeltplatz ein Folkloreabend mit bulgarischer Musik, Tanz und Gesang statt.

Der 18. 8. war dann der Starttag zur ersten 50-km-Etappe bis Lom. Das Wetter war sonnig, die Temperatur lag um 30 °C. Da die Donau ein Grenzfluss zwischen Rumänien und Bulgarien ist, gehören auch die vielen kleinen und größeren Inseln zu Rumänien bzw. Bulgarien. Es ist darauf zu achten, dass nur auf bulgarischem Territorium angelegt wird. Da am Ufer oft nur Lehm vorhanden ist, wurden zur Rast und zum Baden die Sandstrände der Inseln vorgezogen.

Am 20. 8. war am Morgen in Kozloduj ein starker böiger Wind , der sich aber als Rücken- und Seitenwind vorteilhaft ausnutzen ließ. Unsere vier Boote bildeten ein Paket, eine Zeltbahn diente als Segel, und die 43 km bis Ostrov wurden mit ca. 10 km/h gesegelt. Der nächste Tag war mit 20 km auch keine Anstrengung. In Bajkal (1264 Einwohner) besichtigten wir eine alte orthodoxe Kirche. Am Abend gab es ein großes Folkloreprogramm unserer freundlichen Gastgeber.

Der 22. 8., ein Ruhetag, war der einzige Regentag in unserem über drei Wochen dauernden Urlaub. Wir nahmen an einer Busfahrt nach Pleven teil (110.000 Einwohner.) Dort befindet sich ein großes Panoramadenkmal zu Ehren der für die Freiheit Bulgariens 1877-1878 gefallenen russischen und bulgarischen Soldaten. Es ist ein 115 m langes Bild von der Schlacht, die ausschlaggebend für die Beendigung der 400 Jahre dauernden Herrschaft der Türken in Bulgarien war. Bei der Rückfahrt besuchten wir noch römische Ausgrabungen.

Über Nikopol und Svistov ging in den nächsten Tagen die Wasserwanderfahrt weiter nach Russe. Dort war am 26. 8. wieder ein Ruhetag, an dem wir eine Stadtbesichtigung der 200.000 Einwohner zählenden Stadt unternahmen. Am Fernsehturm befindet sich eine ehemalige römische Zitadelle aus dem Jahre 68, jetzt als Restaurant eingerichtet, das folkloristisch eingerichtete Räumlichkeiten aus allen Donauländern besitzt. Russe ist die viertgrößte Stadt Bulgariens und hat den größten Donauhafen. Heute ist Russe ein wichtiges nationales und internationales Verkehrszentrum.

Nun begannen die letzten drei Tage unserer Fahrt. Bis Popina war noch einmal eine lange Etappe von 61 km zu paddeln. Am Abend gab es bulgarische Fischsuppe vom Wels, die recht kräftig gewürzt war. Dann kamen die letzten 28 km, die wir ohne Pause bis Silistra gepaddelt sind. Beim Abbau der Boote kam aus einem eine Maus, aus einem anderen eine Ratte zum Vorschein, die schnell das Weite suchen. Auf einer Sportanlage war ein guter Zeltplatz vorhanden. Silistra ist eine malerische Stadt aus der Zeit der bulgarischen Renaissance und hat 57.550 Einwohner. Gegen 18.00 Uhr fand am Denkmal der Befreiung eine Kranzniederlegung statt. Anschließend wurde in der Stadt ein Folkloreprogramm von Kindern aufgeführt. In einer Strandgaststätte war dann die Abschlussfeier mit einem bulgarischen Essen organisiert. Die Fahrtenleiter der teilnehmenden Staaten sprachen Worte des Dankes an unsere Gastgeber und überreichten Souvenirs. Umrahmt wurde die Veranstaltung mit bulgarischer Musik und Folkloredarbietungen. Dann hieß es Abschiednehmen von vielen Bekannten, denn in der Nacht und am nächsten Morgen begann für viele Sportfreunde die Heimreise. Unsere sechs Sportfreunde brachen auch am frühen Morgen auf, um mit Bus und Bahn nach Vidin zu fahren, wo die Fahrzeuge abgestellt waren. Wir hatten noch zwei Tage Zeit , da unsere Platzkarten für den 1. 9. gebucht waren. Wir unternahmen in Silistra einen ausgedehnten Stadtbummel. Am 31. 8. fuhren wir mit dem Bus nach Russe und am 1. 9. mit der Bahn zurück in unsere Heimatstadt.

Ein schöner erlebnisreicher Urlaub war vergangen. Ein besonderer Dank gilt unserem Sportfreund Heinz Kühnisch, der als Fahrtenleiter der DDR-Gruppe viel zum Gelingen der Fahrt getan hat. Ebenfalls hat der Sportfreund Lilko Lilkow aus Vidin als Dolmetscher und Organisator zum planmäßigen Ablauf der Fahrt beigetragen. Wir sprachen ihm unseren Dank aus und hoffen, dass wir uns bei einem Besuch und einer Fahrt in die DDR einmal revanchieren können.


Quelle

Dieser Artikel stammt von Ruth und Martin Heyn, Luckenwalde, und erschien in der Zeitschrift "Der Kanusport, Mitteilungsblatt des Deutschen Kanu-Sport-Verbandes der Deutschen Demokratischen Republik", 35. Jahrgang 1/1988, S. 5-7.

Der Text wurde aus der Zeitschrift übertragen, lediglich die kyrillische Schreibweise der Ortsnamen wurde hinzugefügt, da es verschiedene lateinische Umschriftvarianten der kyrillischen Ortsnamen gibt.

Eine weitere Aktualisierung der Fakten auf heutigen Stand wurde nicht durchgeführt. Neue Fahrtberichte der letzten Jahre werden gerne entgegengenommen!

Vielen Dank an die Heyns für ihre Genehmigung zur Veröffentlichung im Faltbootwiki.


Siehe auch folgende Artikel


Literatur

  • DKV-Auslandsführer Band 5: "Südosteuropa". DKV-Wirtschafts- und Verlags-GmbH Duisburg, 4. Auflage 2012, ISBN 978-3-937743-26-4, S. 107-119 (eingehende Beschreibung des bulgarischen Ufers)
  • DKV-Auslandsführer Band 9: "Donau und Nebenflüsse", 2. Auflage 2018, ISBN 978-3-937743-54-7, Autor: Otto Kaufhold. (Donau von der Quelle bis zur Mündung, einschl. ihrer Nebenflüsse, Vereinsanschriften der Kanuvereine an der Donau in Deutschland und Österreich. "Das Buch ist sehr hilfreich. Alle Orte, Brücken und Zeltmöglichkeiten sind auf hundert Meter genau verzeichnet, dazu kommen kurze, nützliche Hinweise und Flußverlaufsskizzen, die Staustufen sind sogar mit kleinen Karten versehen und am Ufer stehen links und rechts Schilder, weiße Zahl auf schwarzem Grund, die die Flußkilometer anzeigen. ... Nach einem kurzen Blick in das Buch weiß ich immer, wo ich bin." (Daniel Weißbrodt: Regensburg am Schwarzen Meer. Engelsdorfer Verlag Regensburg 2013, ISBN 978-3-95488-097-3, S. 26))
  • Krahmer, Elfi: Dober den Bulgarien. "Kanu-Sport" 12/2008, S. 34-36 (TID-Erlebnisse entlang des bulgarischen Ufers, dazu gibt’s einen Kurz-Sprachführer und zwei leckere Rezepte - das eine ist dem Rezensenten aus den Hütten des Pirin-Gebirges noch gut in Erinnerung.)


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